Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 26.11.2009, Az.: L 8 SO 169/07
Gewährung von höheren Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung unter Berücksichtigung des Eckregelsatzes für den Haushaltsvorstand; Rechtsstreit über die Höhe der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung als einheitlichen Anspruch
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 26.11.2009
- Aktenzeichen
- L 8 SO 169/07
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2009, 31716
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2009:1126.L8SO169.07.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Hannover - 22.06.2007 - AZ: S 52 SO 745/06
- nachfolgend
- BSG - 09.06.2011 - AZ: B 8 SO 1/10 R
Rechtsgrundlagen
- Art. 3 Abs. 1 GG
- § 19 Abs. 1 SGB XII
- § 28 Abs. 1 S. 2 SGB XII
- § 41 Abs. 1 SGB XII
- § 41 Abs. 3 SGB XII
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 22. Juni 2007 sowie der im Namen und im Auftrag der Beklagten erlassene Bescheid der Stadt Garbsen vom 17. Juli 2006 und ihr Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2006 geändert. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 1. August 2006 bis zum 31. Juli 2007 Grundsicherungsleistungen im Alter und bei Erwerbsminderung unter Ansatz des Eckregelsatzes zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte erstattet der Klägerin 3/4 ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Gewährung von höheren Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, insbesondere unter Berücksichtigung des Eckregelsatzes für den Haushaltsvorstand statt des ihr zugestandenen Regelsatzes für einen Haushaltsangehörigen (80 v.H. des Eckregelsatzes) und die Gewährung von Grundsicherungsleistungen für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum 1. August 2006 bis 31. Juli 2007.
Die im Februar 1970 geborene Klägerin lebte in einer Wohnung zusammen mit ihrer im November 1941 geborenen Mutter, ihrem am 30. September 1935 geborenen und am 25. August 2007 verstorbenen Vater und ihrem volljährigen Bruder H ... Die Klägerin gehört ebenso wie ihr Bruder H. (geboren im Mai 1971) zum Personenkreis der behinderten Menschen; sie besitzt einen Grad der Behinderung (GdB) von 100 und die Merkzeichen "G", "H" und "B". Sie ist tätig im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM), ebenso wie der Bruder H ... Sie erhielt zunächst Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz (GSiG) in den Jahren 2003 und 2004; ab dem 1. Januar 2005 wurden ihr Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch Sozialhilfe (SGB XII) gewährt.
Die Klägerin begehrte mit Folgeantrag vom 12. Juni 2006 Grundsicherungsleistungen für die zwölf Monate ab 1. August 2006. Kosten für Unterkunft und Heizung waren wie in den Anträgen zuvor nicht angegeben. In dem Antrag vom 16. Mai 2003 hatte die Klägerin mitgeteilt, dass sie mietfrei bei ihren Eltern wohnt. Mit im Namen und im Auftrag der Beklagten erlassenen Bescheid der Stadt Garbsen vom 17. Juli 2006 wurden der Klägerin für den Zeitraum 1. August 2006 bis zum 31. Juli 2007 monatliche Grundsicherungsleistungen in Höhe von 254,37 EUR bewilligt. In dem Berechnungsblatt war angesetzt ein Regelsatz von 276,00 EUR (Regelsatz für einen Haushaltsangehörigen ab Vollendung des 14. Lebensjahres), eine Kürzung des Regelsatzes um 10% wegen der Möglichkeit für die Klägerin, das Mittagessen in der WfbM einzunehmen, keine Kosten für Unterkunft und Heizung; angerechnet wurde das Einkommen aus ihrer Tätigkeit in der WfbM (128,93 EUR abzüglich Arbeitsförderungsgeld 26,00 EUR, abzüglich Arbeitsmittel 5,20 EUR und abzüglich der Absetzung nach § 82 Abs. 3 SGB XII). Die Klägerin legte Widerspruch mit der Begründung ein, eine Kürzung wegen des Mittagessens in der WfbM dürfe nicht vorgenommen werden. Sie nehme in der Werkstatt kein Mittagessen ein. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2006 als unbegründet zurück. Darin wurde ausgeführt, dass wegen der Möglichkeit der Einnahme des kostenfreien Mittagessens in der WfbM der Bedarf der Klägerin insoweit gedeckt sei. Die Regelsatzkürzung sei daher gerechtfertigt.
Die Klägerin hat am 22. November 2006 Klage beim Sozialgericht (SG) Hannover erhoben. Sie hat vorgetragen, der Regelsatz dürfe wegen der Möglichkeit der Mittagessenteilnahme in der WfbM nicht gekürzt werden. Ihr stehe statt des Regelsatzes für einen Haushaltsangehörigen der Eckregelsatz wie für einen Haushaltsvorstand zu. Ihre Eltern erhielten keine Grundsicherungsleistungen. Außerdem habe die Beklagte die angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung zu übernehmen, deren Höhe nicht mitgeteilt wurde. Die Beklagte hat erwidert, dass ein Vorverfahren nur wegen der Kürzung des Regelsatzes wegen der Möglichkeit der Mittagessenteilnahme durchgeführt worden sei. Im Hinblick auf die anderen Punkte fehle es an einem Vorverfahren, sodass die Klage insoweit unzulässig sei. Für die Zeit vom 1. August 2006 bis 31. Juli 2007 werde der Regelsatz nur noch in Höhe von monatlich 26,58 EUR statt 27,60 EUR gekürzt. Dieses Teilanerkenntnis hat die Klägerin angenommen.
Das SG hat mit Urteil vom 22. Juni 2007 die streitbefangenen Bescheide insoweit aufgehoben, als der der Klägerin zugestandene Regelsatz um mehr als 26,58 EUR gekürzt worden sei. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass in Höhe des Teilanerkenntnisses noch kein Ausführungsbescheid vorliege, sodass eine entsprechende Tenorierung geboten sei. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die Gewährung eines Regelsatzes für einen Haushaltsvorstand. Auch diese Rechtsfrage sei Gegenstand des Verfahrens. Dem Prozesserfordernis des Vorverfahrens sei genügt, wenn die Verwaltung nur über einen Teil der belastenden Verfügungssätze entschieden habe. Es genüge, dass ein Vorverfahren überhaupt stattgefunden habe. Der Regelsatz für einen Haushaltsvorstand stehe der Klägerin nicht zu. Sie führe keinen eigenständigen Haushalt als Alleinstehende. Sie lebe vielmehr in einem gemeinsamen Haushalt mit ihren Eltern und gehöre damit zu deren Haushalt. Der Eckregelsatz stehe dem Haushaltsangehörigen zu, der Haushaltsvorstand sei. Das sei derjenige, der die Generalkosten des Haushalts trage. Das sei nicht die Klägerin, die dergleichen auch nicht behaupte. Anspruch auf Auszahlung eines ungekürzten Regelsatzes habe die Klägerin nicht, da sie in der Werkstatt die Möglichkeit zur Teilnahme an der kostenlosen Mittagsverpflegung habe. Das Urteil wurde der Klägerin am 9. Juli 2007 zugestellt.
Die Klägerin hat am 26. Juli 2007 Berufung eingelegt. Im Laufe des Berufungsverfahrens hat die Beklagte ein angenommenes Teilanerkenntnis wegen der Regelsatzkürzung im Hinblick auf die Möglichkeit der kostenlosen Mittagesseneinnahme abgegeben und eine entsprechende Nachzahlung geleistet. Die Klägerin hält ihr Begehren hinsichtlich der Gewährung des Eckregelsatzes aufrecht. In vergleichbaren Fallgestaltungen habe bereits das Bundessozialgericht (BSG) in ihrem Sinne entschieden. Der von ihr der Klägerin bewohnte Raum von 15 qm gehöre zum Wohnraum der Eltern. Dafür gebe sie einen monatlichen pauschalen Betrag von 115,00 EUR Warmmiete ab.
Die Klägerin beantragt,
- 1.
das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 22. Juni 2007 sowie den im Namen und im Auftrag der Beklagten erlassenen Bescheid der Stadt Garbsen vom 17. Juli 2006 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2006 abzuändern,
- 2.
die Beklagte zu verurteilen, ihr - der Klägerin - auf ihren Antrag vom 12. Juni 2006 für den Zeitraum 1. August 2006 bis 31. Juli 2007 Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung unter Ansatz des Eckregelsatzes und unter Berücksichtigung der angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtenen Entscheidungen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Stadt Garbsen und der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung waren.
Entscheidungsgründe
Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 (in der Fassung bis 31. März 2008), 151 SGG zulässige Berufung ist teilweise begründet. Die Klägerin hat Erfolg, soweit sie für den streitbefangenen Zeitraum vom 1. August 2006 bis zum 31. Juli 2007 den Regelsatz in Höhe des Eckregelsatzes begehrt. Soweit sie eine Kostenübernahme wegen der tatsächlichen Aufwendung für Unterkunft und Heizung begehrt, ist die Berufung erfolglos; insoweit fehlt es einerseits an der erforderlichen Durchführung eines Vorverfahrens, andererseits sind die Kosten dafür nicht nachgewiesen. Dementsprechend waren das angegriffene sozialgerichtliche Urteil und die Bescheide abzuändern und die Beklagte zur Gewährung des Eckregelsatzes unter Berücksichtigung des bereits bewilligten Regelsatzes für eine Haushaltsangehörige zu verurteilen ; im Übrigen war die Berufung zurückzuweisen.
Streitbefangenen ist der Zeitraum vom 1. August 2006 bis 31. Juli 2007. Diesen Zeitraum regelt der angegriffene Bescheid vom 17. Juli 2006; der Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2006 hat dies nicht geändert.
Der Rechtsstreit ist erledigt, soweit die Regelsatzkürzung wegen der Möglichkeit der kostenlosen Mittagesseneinnahme in der Werkstatt in Streit stand. Die Beklagte hat abgeholfen im Hinblick auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 11. Dezember 2007 ( B 8/9b SO 21/06 R BSGE 99, 252 = FEVS 59, 433), wonach eine Regelsatzherabsetzung wegen des kostenlosen Mittagessens nur möglich ist, wenn der Sozialhilfeempfänger tatsächlich von der Möglichkeit Gebrauch macht, an dem Mittagessen in der WfbM teilzunehmen. Da die Klägerin dies nicht tat, scheidet eine abweichende Festlegung des Regelsatzes nach § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII aus.
Das von der Beklagten aufgeworfene Vorverfahrensproblem stellt sich für die Regelsatzleistungen nicht, nur für die daneben begehrten Leistungen für Unterkunft und Heizung.
Für den Zeitraum 1. August 2006 bis 31. Juli 2007 ist wegen des Widerspruchs der Klägerin ein Vorverfahren durchgeführt worden, das sich lediglich nicht auf alle Punkte erstreckt hat, die jetzt im Klageverfahren geltend gemacht werden. Hierbei ist die Rechtsprechung des BSG zu beachten (Urteil vom 16. Oktober 2007 B 8/9b SO 2/06 R BSGE 99, Seite 131 = FEVS 59, Seite 249). Danach gilt: Bei einem Rechtsstreit über die Höhe der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung handelt es sich um einen einheitlichen Anspruch, bei dem grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen sind; der Rechtsstreit beschränkt sich folglich nicht auf den Regelsatz, sondern erfasst die gesamte Grundsicherungsleistung, wobei die Möglichkeit besteht, Teilelemente durch Teilvergleich oder Teilanerkenntnis unstreitig zu stellen. Das ist hier insoweit geschehen, als ein Teilanerkenntnis hinsichtlich der Kürzung des Regelsatzes wegen des Mittagessens abgegeben wurde. Allerdings ist auch eine Beschränkung nur auf den Regelsatz möglich (vgl BSG, Urteil vom 19. Mai 2009 B 8 SO 8/08 R NDV-RD 2009, Seite 119 Rdnr 13 im [...]Abdruck). Denn § 28 SGB XII unterscheidet ausdrücklich zwischen dem Regelsatz, den Leistungen für Unterkunft und Heizung und den Sonderbedarfen nach den §§ 30 bis 34 SGB XII. Vorausgesetzt wird, dass die Bewilligungsbescheide entsprechende gesonderte Verfügungssätze enthalten.
Danach war ohne Weiteres überprüfbar die abweichende Festlegung des Regelsatzes, die sich mittlerweile durch Abhilfe der Beklagten erledigt hat und die Frage, ob der Klägerin der Eckregelsatz oder nur der Regelsatz für eine Haushaltsangehörige zusteht. Hinsichtlich der geltend gemachten Kosten für Unterkunft und Heizung fehlt es an dem erforderlichen Vorverfahren. In den jeweiligen Anträgen ist in der Rubrik "Unterkunfts- und Heizkosten (bitte Nachweis/Abrechung beifügen)" niemals etwas geltend gemacht worden. In dem Antrag vom 16. Mai 2003 war sogar mitgeteilt, dass die Klägerin mietfrei bei ihren Eltern wohnt. Deshalb liegen keinerlei Unterlagen und Erkenntnisse über Unterkunfts- und Heizungskosten für den streitbefangenen Zeitraum vor, der Beklagte hat hierzu folgerichtig keine Ermittlungen angestellt und im Klage- und Berufungsverfahren wurde zu diesen Kosten trotz Aufforderung nichts Verwertbares vorgebracht. Die mit Schriftsatz (Fax) vom 25. November 2009 vorgelegten Unterlagen berühren nicht den streitigen Zeitraum. Die Rechnung der Firma I. betrifft eine Heizöllieferung vom 13. August 2008; der Bescheid über Abwassergebühren des Abwasserverbandes Garbsen/Neustadt am Rübenberge stammt vom 19. Januar 2009 für das Jahr 2008 , hat also keinen Bezug zu dem vorliegenden streitigen Zeitraum. Falls von dem Erfordernis des Vorverfahrens abgesehen werden sollte, ergibt sich deshalb die Unbegründetheit der Berufung im Hinblick auf die Kosten für Unterkunft und Heizung aus dem Umstand, dass entsprechende Kosten nicht nachgewiesen worden sind. Der Hinweis der Klägerin im Schriftsatz vom 25. November 2009, wonach sie für ihr Zimmer einen monatlichen Pauschalbetrag von 115,00 EUR Warmmiete abgebe, widerspricht den zeitnahen Antragsangaben für diesen streitigen Zeitraum. Er kann sich daher allenfalls Geltung für die jetzige Zeit beimessen, der hier nicht streitig ist.
Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 10. Juli 2007 L 8 SO 143/07 ER FEVS 59, Seite 12; Urteil vom 23. April 2009 L 8 SO 75/08 ) stünde der Klägerin bei einer Fallgestaltung wie der vorliegenden nicht der Eckregelsatz - hier 345,00 EUR bzw. 347,00 EUR ab 1. Juli 2007 - zu. Danach stünde ihr nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 Regelsatzverordnung (RSV) der Regelsatz für einen sonstigen Haushaltsangehörigen ab Vollendung des 14. Lebensjahres zu (80 v.H. des Eckregelsatzes), also 246,00 EUR bzw. 278,00 EUR ab Juli 2007. Denn die geistig behinderte Klägerin (und ihr geistig behinderter Bruder) leben in der Wohnung ihrer Eltern, die weder Arbeitslosengeld II (Alg II) nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuch Zweites Buch Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) noch Leistungen nach dem SGB XII bezogen. Der mittlerweile verstorbene Vater bezog eine Altersrente in monatlicher Höhe von 1.154,79 EUR (ab 1. Juli 2007 1.160,97 EUR) und die Mutter eine Altersrente in monatlicher Höhe von 333,95 EUR (ab 1. Juli 2007 335,74 EUR). Ihre große Witwenrente beträgt ab 1. September 2007 monatlich 696,59 EUR. Bei einer derartigen Konstellation wurde entweder der Vater oder die Mutter als Haushaltsvorstand angesehen, sodass der Klägerin der Regelsatz hierfür nicht hätte gewährt werden können. An dieser Rechtsprechung hält der Senat in Ansehung des Urteils des BSG vom 19. Mai 2009 - B 8 SO 8/08 R - NDV-RD 2009, Seite 119) nicht fest.
Die Klägerin gehört zum Kreis der Leistungsberechtigten nach dem SGB XII. Als im Arbeitsbereich in einer anerkannten WfbM tätige Person ist sie wegen einer dauerhaften vollen Erwerbsminderung anspruchsberechtigt, § 41 Abs. 3 SGB XII. Dies ist aus der Regelung in § 45 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 SGB XII herzuleiten. Da der Gesetzgeber hier ein Ersuchen auf Überprüfung der dauerhaften und vollen Erwerbsminderung ausschließt, muss angenommen werden, dass nach seiner Vorstellung im Fall des § 45 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 SGB XII die dauerhafte und volle Erwerbsminderung gemäß § 41 Abs. 1 SGB XII vorliegt (vgl dazu Senatsurteil vom 26. Februar 2009 8/13 SO 7/07 Sozialhilfe- und Asylbewerberleistungsrecht (SAR) 2009, Seite 74 Revision zum BSG Az: B 8 SO 8/09 R ). Die Klägerin kann weiterhin ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht vollständig aus ihrem Einkommen Arbeitseinkommen aus der Tätigkeit in der WfbM und Vermögen beschaffen,§§ 19 Abs. 2, 41 Abs. 1 SGB XII. Aus diesem Grunde hat die Beklagte bzw. die für sie handelnde Stadt Garbsen ergänzende Grundsicherungsleistungen bewilligt.
Der Umfang der Leistungen der Grundsicherung ist zu ermitteln, indem dem Leistungsanspruch nach § 41 SGB XII das nach den §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen gegenübergestellt wird. Im Vordergrund steht hier der Bedarf in Form des maßgeblichen Regelsatzes nach § 28 SGB XII. Nach der Verordnung über die Regelsätze nach dem SGB XII vom 1. Juli 2005 bis 30. Juni 2006 (Niedersächsisches (Nds) GVBl 2005, Seite 275) betrug der Eckregelsatz 345,00 EUR, diese Höhe blieb bis zum 30. Juni 2007 unverändert (Verordnung über die Regelsätze nach dem SGB XII, Nds GVBl 2006, Seite 465). Ab 1. Juli 2007 wurde der Eckregelsatz auf 347,00 EUR erhöht (Verordnung über die Regelsätze ab dem 1. Juli 2007, Nds GVBl 2007, Seite 451).
Der für die Klägerin maßgebliche Regelsatz ist der eines Haushaltsvorstandes bzw. eines Alleinstehenden in Höhe des Eckregelsatzes. Das BSG hat dazu in seinem Urteil vom 19. Mai 2009 (a.a.O.) ausgeführt, bei Bestehen einer bloßen Haushaltsgemeinschaft zwischen volljährigen Leistungsempfängern nach dem SGB XII hier die Klägerin und erwachsenen Personen, die Leistungen nach dem SGB II beziehen, sei zugunsten des Leistungsbeziehers nach dem SGB XII der Regelsatz eines Haushaltsvorstandes zugrunde zu legen. Insoweit seien die Leistungsbezieher nach dem SGB II und dem SGB XII gleich zu behandeln. Die typisierende Annahme einer Haushaltsersparnis auf der Grundlage der Regelsatzverordnung sei einschränkend auszulegen. Da es eine Differenzierung zwischen Haushaltsvorstand und Haushaltsangehöriger im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht gäbe, könnten Ersparnisse durch eine gemeinsame Haushaltsführung entgegen der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zum Bundessozialhilfegesetz (BSHG) und zur Regelsatzverordnung trotz der Übernahme der Differenzierung nach Haushaltsvorstand und Haushaltsangehörigen in das SGB XII und trotz Fortgeltung der Regelsatzverordnung nur dann angenommen werden, wenn die zusammenlebenden Personen eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des SGB II oder eine Einsatzgemeinschaft im Sinne von § 19 SGB XII bildeten. Mithin kommt es nicht mehr darauf an, wer nach seiner Stellung in der Haushaltsgemeinschaft für die Generalkosten der gemeinsamen Haushaltskosten aufzukommen hat, worauf bislang vom Senat abgestellt wurde.
Nach Auffassung des BSG (kritisch hierzu: Dillmann/Dannat, "Neue Besen kehren gut!?" - Eine Bestandsaufnahme von fünf Jahren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Sozialhilfe, Zeitschrift für das Fürsorgewesen (ZfF) 2009, Seite 241, 243) können seit dem 1. Januar 2005 nach Maßgabe des Gleichheitssatzes gemäß Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zwischen dem SGB II und dem SGB XII Einsparungen bei gemeinsamen Haushalt nur angenommen werden, wenn die zusammenlebenden Personen eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des SGB II oder eine Einsatzgemeinschaft im Sinne des § 19 Abs. 1 SGB XII bilden. In allen anderen Fällen müsse unter Beachtung des allgemeinen Gleichheitssatzes Artikel 3 Abs. 1 GG auch bei der Bestimmung des Begriffs Haushaltsangehöriger in der Regelsatzverordnung berücksichtigt werden, dass die Annahme einer Haushaltsersparnis nach den Regelungen desSGB II einer gegenüber den bisherigen Regelungen im BSHG abweichenden gesetzgeberischen Konzeptionen folge. Im Hinblick auf die im SGB II normativ unterstellten Kosten einer Haushaltsersparnis lasse sich ein sachlicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung für Leistungsempfänger des SGB II und des SGB XII weder den Gesetzesmaterialien entnehmen noch sei er sonst erkennbar. Insbesondere finde sich kein sachlicher Grund in dem Umstand, dass die Empfänger von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II grundsätzlich erwerbsfähig im Sinne des § 8 SGB II seien. Der Gesetzgeber habe sich hinsichtlich der Ermittlung der Regelleistung weitgehend an das Sozialhilferecht anlehnen wollen und sich von dem Gedanken leiten lassen, dass die Regelleistung des § 20 SGB II im Rahmen des ALG II das soziokulturelle Existenzminimum der insoweit als Referenzsystem für alle bedarfsorientierten und bedürftigkeitsabhängigen staatlichen Fürsorgeleistungen fungierenden Sozialhilfe abbilden soll.
Daraus folgt: Eine Einsatzgemeinschaft im Sinne von § 19 SGB XII liegt hier nicht vor. Eine solche besteht nur zwischen Ehegatten, sowie Eltern bzw. Elternteilen und ihren minderjährigen Kindern. Die Klägerin war im streitigen Zeitraum volljährig und es bestand auch keine Bedarfsgemeinschaft nach demSGB II.
Somit beträgt der maßgebliche Regelsatz für die Klägerin im streitigen Zeitraum bis Juni 2007 345,00 EUR und für den Monat Juli 2007 347,00 EUR.
Die Beklagte wird daher eine Neuberechnung für den streitigen Zeitraum vom 1. August 2006 bis 31. Juli 2007 vornehmen müssen und hierbei den Eckregelsatz in die Bedarfsberechnung einzustellen haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Die Klägerin war erfolgreich soweit die Regelsatzkürzung wegen der Möglichkeit der kostenlosen Teilnahme am Mittagessen in der WfbM betroffen war und hinsichtlich des Eckregelsatzes. Hinsichtlich der Kosten für Unterkunft und Heizung ist die Klägerin unterlegen. Hieraus rechtfertigt sich die Kostenverteilung, wonach die Beklagte der Klägerin 3/4 ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten hat.
Gerichtskosten werden in Sozialhilfeverfahren dieser Art gemäß § 183 SGG nicht erhoben
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen. Die grundsätzliche Bedeutung ist in der Frage zu sehen, ob bei einer Haushaltsgemeinschaft zwischen Eltern und über 25jährigen Kindern, die leistungsberechtigt nach § 41 SGB XII sind, von der Haushaltsvorstandslösung des § 3 Regelsatzverordnung abgesehen werden kann. -