Landgericht Lüneburg
Urt. v. 30.12.2004, Az.: 3 S 69/04

30%; 70%; Dunkelheit; entgegenkommender Geradeausfahrer; entgegenkommendes Kraftfahrzeug; Fahrlicht; Haftungsverteilung; Kfz-Unfall; Kollision; Kraftfahrzeugbeleuchtung; Linksabbiegen; Linksabbieger; Nachtzeit; Nichteinschalten; Prozentsatz; Schadenersatzanspruch; Unabwendbarkeitsnachweis; unbeleuchtetes Kraftfahrzeug; Unvermeidbarkeit; Verkehrsunfallhaftung; Vorfahrtberechtigter; Vorfahrtverletzung; Zusammenstoß

Bibliographie

Gericht
LG Lüneburg
Datum
30.12.2004
Aktenzeichen
3 S 69/04
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 50908
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
AG - 28.07.2004 - AZ: 9 C 162/04

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Lüneburg vom 28.7.2004 - Az. 9 C 162/04 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.589,84 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6.3.2004 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung des Klägers und die Berufung der Beklagten werden zurückgewiesen.

Die Kosten der ersten Instanz tragen der Kläger zu 58 % und die Beklagten zu 42 %, die Kosten der Berufung tragen der Kläger zu 56 % und die Beklagte zu 44 %.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 4.489,70 € festgesetzt.

Tatbestand:

1

I. Der Kläger hat mit der Klage von den Beklagten nach einem Verkehrsunfall Schadensersatz in Höhe von 3.789,06 € verlangt. Mit Urteil vom 28.7.2004, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Ziff. 1 ZPO Bezug genommen wird, verurteilte das Amtsgericht Lüneburg die Beklagten unter Abweisung der Klage im übrigen zur Zahlung von 864,32 €.

2

Gegen dieses Urteil richten sich die Berufungen des Klägers und der Beklagten.

3

Der Kläger beantragt,

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die Beklagten unter Abänderung des am 28.7.2004 verkündeten Urteils als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger insgesamt 3.635,98 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 6.3.2004 zu zahlen.

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Die Beklagten beantragen,

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die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

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Weiterhin beantragen sie,

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das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

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Der Kläger beantragt,

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die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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II. Die zulässige Berufung des Klägers ist teilweise - in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang - begründet.

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Die Berufung des Beklagten ist unbegründet.

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Der Kläger kann von den Beklagten als Gesamtschuldnern gemäß §§ 823 Abs. 1 BGB, §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1 StVG, § 3 PflichtVG die Zahlung von insgesamt 1.589,84 € verlangen.

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1. Dem Kläger steht gegen die Beklagten dem Grunde nach ein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 70 % des ihm durch den Verkehrsunfall am 7.2.2004 entstandenen Schadens zu.

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Der Verkehrsunfall, bei dem der linksabbiegende Kläger mit dem ihm entgegenkommenden, versehentlich unbeleuchtet fahrenden Beklagten zu 3) kollidierte, war für keine der am Unfall beteiligten Parteien ein unabwendbares Ereignis im Sinne von § 17 Abs. 3 S. 1 StVG. Es hat daher gemäß § 17 Abs. 1 StVG eine Abwägung der Verursachungsbeiträge und eine entsprechende Quotierung zu erfolgen. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß der Verursachungsbeitrag des Beklagten zu 3), der das Fahrzeug nach einem Halt bei einer Tankstelle trotz Dunkelheit unbeleuchtet fuhr, überwiegt. Jedoch erscheint sein Verschulden nicht als derart schwerwiegend, daß der Verursachungsbeitrag des Klägers dahinter vollkommen zurückträte. Vielmehr ist auch eine erhöhte Betriebsgefahr des Klägers zu berücksichtigen, da er beim Linksabbiegen mit einem entgegenkommenden und damit gemäß § 9 Abs. 3 StVO vorfahrtsberechtigten Fahrzeug kollidierte. Der Kläger hätte seinen Abbiegevorgang nur einleiten dürfen, wenn er hinreichend erkennen konnte, daß er dies gefahrlos tun kann, zumal er im Stadtverkehr jederzeit mit Fußgängern und unbeleuchtet fahrenden Radfahrern rechnen mußte.

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Unter Abwägung der Verursachungsbeiträge erscheint eine Haftungsquote von 70:30 zu Lasten der Beklagten als angemessen.

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2. Es ist ein durch den Unfall entstandener Schaden des Klägers in Höhe von 6.230,72 € zugrundezulegen.

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a) Unstreitig sind insoweit der Fahrzeugschaden in Höhe von 4.900 €, die Umbaukosten in Höhe von 150 € und die Gutachterkosten in Höhe von 553,32 €.

19

b) Den geltend gemachten Nutzungsausfall für 14 Tage kann der Kläger nur in Höhe von 532 € verlangen. Das Fahrzeug des Klägers, das grundsätzlich in die Gruppe F der Nutzungsausfalltabelle einzustufen wäre, war fast 9 Jahre alt. Bei Fahrzeugen mit einem Alter von mehr als 5 Jahren ist die Entschädigung um eine Gruppe herunterzustufen, so daß von einem Nutzungsausfall von täglich 38 € auszugehen ist.

20

c) Die Unterstellkosten kann der Kläger nur in Höhe von 70,40 € für 10 Tage bis zum Erhalt des Sachverständigengutachtens erstattet verlangen. Die höheren Kosten für die längere Unterstellzeit von insgesamt 22 Tagen waren nicht erforderlich. Der Kläger hat hierzu vorgetragen, er habe nicht genügend Geld gehabt, um die Unterstellkosten früher tilgen zu können. In einem solchen Fall, in dem wegen fehlender Mittel ein höherer Schaden drohte, hätte er jedoch die Beklagten hiervon in Kenntnis setzen müssen, um ihnen die Gelegenheit zu geben, die Entstehung dieses höheren Schadens durch Zahlung eines Vorschusses zu vermeiden. Soweit der Kläger vorträgt, er habe 22 Tage benötigt, um mit der Bank über einen neuen Kredit für die Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges zu verhandeln, ist nicht ersichtlich, warum dies zu einer längeren Standzeit für das Altfahrzeug, das ausweislich des Sachverständigengutachtens einen Totalschaden erlitten hatte, führen mußte.

21

d) Ersatz für die ihm entstandenen Fahrt- und Telefonkosten im Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall kann der Kläger nur in Höhe von 25 € verlangen. Der Kläger hat die ihm entstandenen Kosten nicht im einzelnen dargelegt und unter Beweis gestellt, sondern als Pauschale geltend gemacht. Die angemessene Unfallkostenpauschale beträgt 25 € (vgl. OLG Celle, Schaden-Praxis 2004, 371).

22

Auf eine „höhere Pauschale“ wegen besonderer Umstände kann sich der Kläger nicht berufen, nachdem er sich für die pauschale Geltendmachung entschieden hat. Diese Umstände könnten nur bei einer konkreten Darlegung des gesamten ihm insoweit entstandenen Schadens berücksichtigt werden.

23

3. Bei Zugrundelegung dieser Haftungsquote und Schadenshöhe stand dem Kläger ursprünglich ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 4.361,50 € gegen die Beklagten zu. Diesen Anspruch hat der Kläger vorprozessual in Höhe eines Teilbetrages von 2.618,58 € an die ... abgetreten und mit der Klage nur den restlichen Schadensersatzanspruch geltend gemacht.

24

An den Kläger ist vorprozessual unstreitig eine Zahlung der Beklagten zu 1) in Höhe von 153,08 € geleistet worden, so daß ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 1.589,84 € verbleibt.

25

Die weitere Zahlung der Beklagten zu 1) in Höhe von 2.618,58 € ist ausweislich ihres Anschreibens vom 1.4.2004 (Anlage B 1, Bl. 32 d. A.) aufgrund der ihr mitgeteilten Abtretung direkt an die ... geleistet worden und daher von dem mit der Klage geltend gemachten Anspruch des Klägers nicht in Abzug zu bringen.

26

4. Der Zinsanspruch ergibt sich gemäß § 286 BGB aus Verzug.

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III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

28

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach § 708 Nr. 10 ZPO.

29

Die Revision war mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 543 ZPO nicht zuzulassen.