Landgericht Lüneburg
Beschl. v. 10.08.2004, Az.: 3 T 58/04

Erlass eines Berichtigungsbeschlusses im Hinblick auf eine Einstellung des Insolvenzverfahrens mangels einer die Verfahrenskosten deckenden Masse (§ 207 Insolvenzordnung - InsO) und nicht mangels einer die Masseverbindlichkeiten deckenden Masse (§ 211 InsO)

Bibliographie

Gericht
LG Lüneburg
Datum
10.08.2004
Aktenzeichen
3 T 58/04
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2004, 40459
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGLUENE:2004:0810.3T58.04.0A

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers vom 17.06.2004 gegen den Beschluss des Amtsgerichts ... vom 08.06.2004 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Beschluss des Amtsgerichts ... vom 20.04.2004 wird auf die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers vom 27.04.2004 aufgehoben.

Beschwerdewert: jeweils bis zu 300,00 €

Gründe

1

I.

Mit seiner sofortigen Beschwerde vom 17.06.2004 wendet sich der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Amtsgerichts ... vom 08.06.2004. Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht ... seinen Beschluss vom 20.04.2004 insoweit in Tenor und Gründen berichtigt, als die Einstellung des Insolvenzverfahrens nicht gemäß § 211 InsO mangels einer die Masseverbindlichkeiten deckenden Masse, sondern gemäß § 207 InsO mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse eingestellt wird.

2

Die gemäß §§ 4 InsO, 319 Abs. 3 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

3

Der Berichtigungsbeschluss vom 08.06.2004 ist rechtmäßig ergangen.

4

Der Ursprungsbeschluss vom 20.04.2004 wies eine berichtigungsfähige offenbare Unrichtigkeit auf. Dies ergibt sich zunächst bereits aus dem widersprüchlichen Beschlusstenor selbst. Nachdem dort eine Einstellung des Verfahrens gemäß § 211 InsO erfolgte, wurde der Antrag auf Restschuldbefreiung mit der Begründung versagt, dass diese nur gewährt werden könne, wenn keine Einstellung nach § 207 InsO erfolgt sei. Dass hier eine offenbare Unrichtigkeit vorlag, hat letztlich auch der Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers zutreffend erkannt und in seinem Schriftsatz vom 27.04.2004 umfangreiche Ausführungen zu der Frage gemacht, warum eine Verfahrenseinstellung nach § 207 InsO nicht hätte erfolgen dürfen.

5

Die offenbare Unrichtigkeit ergibt sich zudem auch aus dem Protokoll über den Anhörungstermin vom 20.04.2004, in welchem ein Beschluss über die Einstellung des Verfahrens nach § 207 InsO bereits angekündigt worden war.

6

Die sofortige Beschwerde war daher zurückzuweisen.

7

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

8

II.

Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers vom 27.04.2004 richtet sich gegen den (berichtigten) Beschluss des Amtsgerichts ... vom 20.04.2004, durch den das Verfahren gemäß § 207 InsO eingestellt und der Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung zurückgewiesen worden ist.

9

Die gemäß § 216 Abs. 1 InsO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig und auch begründet.

10

Die Voraussetzungen des § 207 Abs. 1 InsO liegen nicht vor.

11

§ 207 Abs. 1 InsO setzt voraus, dass die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um die Kosten des Verfahrens zu decken.

12

Der Begriff der Kosten des Verfahrens wird in § 54 InsO definiert. Zu berücksichtigen sind danach ausschließlich die Gerichtskosten für das Insolvenzverfahren, die Vergütung und Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters und des Insolvenzverwalters sowie der Mitglieder des Gläubigerausschusses (Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl., § 207 Rn. 2). Nicht hierunter fallen hingegen entgegen der früheren Rechtslage unter Geltung der Konkursordnung die Ausgaben für die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Masse (Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl., § 207 Rn. 3).

13

Damit standen Einnahmen aus der Verwertung der Masse in Höhe von 18.035,10 € Verfahrenskosten in Höhe von 17.805, 87 € gegenüber (Vergütung vorläufiger Insolvenzverwalter: 7.574,08 €, festgesetzte Vergütung Insolvenzverwalter einschl. Auslagen: 8.731,47 € und vorläufig ermittelte Gerichtskosten: 1.500,32 €).

14

Nicht zu den Kosten des Verfahrens gehören etwa Steuerforderungen (Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl., § 209 Rn. 8), fremde Rechtsanwaltsgebühren für Masseprozesse und Masseverbindlichkeiten nach § 55 InsO.

15

Streitig ist, inwieweit unausweichliche Verwaltungskosten, zu denen insbesondere die Kosten für Steuererklärungen zählen sollen, entgegen dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung im Rahmen des § 207 InsO berücksichtigt werden können (vgl. Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl., § 207 Rn. 3, Eickmann u.a., InsO, 3. Aufl., § 207 Rn. 5 a ff.). Diese Frage und ob es sich bei den in der Schlussrechnung des Insolvenzverwalters aufgeführten Steuerberaterkosten um Kosten für die Erstellung notwendiger Steuerklärungen handelt, kann jedoch offen bleiben.

16

Selbst wenn diese Kosten bei der Beurteilung der Frage der Kostendeckung zu berücksichtigen wären, ist durch die unzulässige Einbeziehung der weiteren nicht unter den Begriff der Verfahrenskosten fallenden Positionen ein in erheblichem Maße überhöhter Massekostenvorschuss festgesetzt worden. Bereits dies führt zur Rechtswidrigkeit des Einstellungsbeschlusses (vgl. Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl., § 207 Rn. 15).

17

Ein Anspruch des Beschwerdeführers auf Ersatz seiner außergerichtlichen Kosten besteht insoweit nicht, so dass eine Kostenentscheidung nicht erfolgt (vgl. OLG Koblenz, Rpfleger 1989, 339).