Landgericht Lüneburg
Beschl. v. 23.11.2004, Az.: 3 S 61/04

Bibliographie

Gericht
LG Lüneburg
Datum
23.11.2004
Aktenzeichen
3 S 61/04
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2004, 42685
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGLUENE:2004:1123.3S61.04.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Soltau - 01.07.2004 - AZ: 4 C 309/04
nachfolgend
BGH - 27.09.2007 - AZ: IX ZB 302/04

In dem Rechtsstreit

...

hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht ... die Richterin am Landgericht ... und den Richter am Landgericht ... am 23.11.2004 beschlossen:

Tenor:

  1. Der Antrag der Beklagten vom 14.10.2004 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wird zurückgewiesen.

  2. Die Berufung der Beklagten, gegen das Urteil des Amtsgerichts Soltau vom 1.7.2004 wird verworfen.

  3. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden den Beklagten auferlegt. Streitwert des Berufungsverfahrens: 1 820,33 €

Gründe

1

Das Amtsgericht hat die Beklagten durch Urteil vom 1. Juli 2004 verurteilt, an den Kläger restliches Anwaltshonorar in Höhe von 1 820,33 € zu zahlen. Gegen das ihnen am 6.7.2004 zugestellte Urteil haben die Beklagten am 21.7.2004 Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung vom 3.9.2004 ist dann am Dienstag, den 7. September 2004, beim Landgericht eingegangen. Nach Hinweis der Vorsitzenden vom 7.10.2004 auf die verspätete Berufungsbegründung hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten mit Schriftsatz vom 14.10.2004 wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Wegen der Begründung im einzelnen wird auf den genannten Schriftsatz sowie den nachgereichten Schriftsatz vom 18.10.2004 Bezug genommen.

2

Die Berufung war gemäß § 522 Abs. 1 ZPO zu verwerfen. Sie ist unzulässig, weil sie nicht binnen zwei Monaten nach Zustellung des Urteils, nämlich bis Montag, den 6.9.2004, begründet worden ist (§ 519 Abs. 2 ZPO).

3

Der Antrag vom 14.10.2004 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Begründungsfrist hat keinen Erfolg, weil die Beklagten nicht hinreichend glaubhaft gemacht haben, dass sie bzw. ihre Prozessbevollmächtigten, deren Handeln ihnen gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zugerechnet wird, ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist zur Berufungsbegründung gehindert wären.

4

Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat seinen Wiedereinsetzungsantrag damit begründet, dass die Berufungsbegründung frühzeitig genug, nämlich am Freitag, den 3.9.2004, in den Postgang des zuständigen Hauptpostamtes Sindelfingen gegeben worden sei und bei normaler Postlaufzeit das Schriftstück rechtzeitig beim Landgericht habe eintreffen müssen. Die Berufungsbegründung sei am 3.9.2004 von der Rechtsanwaltsfachangestellten ... geschrieben worden, das Diktat sei als Fristensache gekennzeichnet gewesen.

5

Frau ..., die in diesem Fall auch für den ordnungsgemäßen Postausgang verantwortlich sei, habe den Briefumschlag mit der Berufungsbegründung gegen 17.00 Uhr der Auszubildenden ... übergeben und danach die Frist im Fristenkalender gestrichen. Frau ... habe das Büro wenige Minuten nach 17.00 Uhr mit der gesamten Post verlassen und das Hauptpostamt in Sindelfingen nach einer Wegstrecke von weniger als 10 min. erreicht. Dort habe sie die gesamte Post ordnungsgemäß abgegeben. Postausgang dort sei 17.30 Uhr.

6

Bereits dieser Sachvortrag als solcher ist recht pauschal. Denn die Behandlung der Berufungsbegründung im Hause des Prozessbevollmächtigten der Beklagten wird hinsichtlich der Büroorganisation und Ausgangskontrolle allgemein und im konkreten Fall nur oberflächlich dargestellt. Unabhängig davon wird der Vertrag des Prozessbevollmächtigten der Beklagten durch die vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen nicht hinreichend bestätigt. Die Rechtzeitigkeit der Aufgabe der Berufungsbegründung zur Post kann danach nicht mit für eine Wiedereinsetzung erforderlichen Sicherheit nachvollzogen werden.

7

Die zunächst vorgelegte anwaltliche Versicherung vom 14.10.2004 verhält sich zu der Frage des Ausgangs der Berufungsbegründung und des Eintreffens derselben beim Hauptpostamt nicht. Der eidesstattlichen Versicherung der Auszubildenden ... vom 13.10.2004 kann lediglich entnommen werden, dass sie allgemein die Tagespost vom 3.9.2004 abends vor dem Postausgang zum Hauptpostamt Sindelfingen verbracht hat. Dass ihr (auch) die Berufungsbegründung in dieser Sache in einem Briefumschlag eigens von der Fachangestellten ... gegen 17.00 Uhr übergeben worden ist, wie das vom Prozessbevollmächtigten vorgetragen worden ist, bestätigt sie nicht.

8

Auch die eidesstattliche Versicherung der Rechtsanwaltsfachangestellten ... vom 18.10.2004 bringt nicht die erforderliche Klarheit. Diese versichert lediglich, dass sie "sich vergewissert habe", dass die Berufungsbegründung der im Büro tätigen Auszubildenden. Frau ..., zum Verbringen an die Post "übergeben worden war". Diese Formulierung kann nur so verstanden werden, dass die Rechtsanwaltsfachangestellte nicht selbst, wie vom Prozessbevollmächtigten dargestellt, die Berufungsbegründung an die Auszubildende weitergereicht hat. Worin das vergewissern bestanden haben soll, bleibt offen.

9

Im Widerspruch dazu gibt sie danach an, dass sie am 6.9.2004 dem Prozessbevollmächtigten u.a. mitgeteilt habe, dass sie die Berufungsbegründung Frau ... "zum Überbringen an die Post übergeben" habe. Das wiederum spricht für eine persönliche Übergabe. Wie letztlich die Berufungsbegründung in dieser Sache in das Postausgangsfach der Kanzlei oder (?) direkt in die Hände der Auszubildenden ... gelangt ist, bleibt unklar.

10

Auch dazu, zu welcher Uhrzeit die Vergewisserung oder(?) persönliche Übergabe der Berufungsbegründung an die Auszubildende erfolgt sein soll, findet sich nichts in der eidesstattlichen Versicherung der Frau .... Besondere Hinweise auf die Eilbedürftigkeit der Sache sind an die Auszubildende offensichtlich nicht erfolgt. Im Ergebnis kann danach nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden, dass die Berufungsbegründung tatsächlich noch rechtzeitig am 3.9.2004 das Büro des Prozessbevollmächtigten der Beklagten verlassen und zur Post aufgegeben worden ist. Es bleibt die Möglichkeit offen, dass die Berufungsbegründung erst später die Kanzlei verlassen hat und damit die Fristversäumung verschuldet gewesen ist. Dieses Ergebnis geht zu Lasten der Beklagten.

11

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.