Landgericht Lüneburg
Urt. v. 08.10.2004, Az.: 4 S 48/04
Bibliographie
- Gericht
- LG Lüneburg
- Datum
- 08.10.2004
- Aktenzeichen
- 4 S 48/04
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2004, 42683
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGLUENE:2004:1008.4S48.04.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Lüneburg - AZ: 12 C 2/04
In dem Rechtsstreit
...
hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg auf die mündliche Verhandlung vom 17.09.2004 durch ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Lüneburg vom 13.05.2004 - Az. 2/04 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Beschwer wird festgesetzt auf 2.000,00 €.
Tatbestand
I.
Die Parteien bewohnen benachbarte Grundstücke in ... , die - wie in dieser Gegend üblich - eine Größe von ca. 1.000 m2 haben. Die Beklagten halten jedenfalls 3 Katzen, die sich frei auf den Grundstücken dieses Wohngebietes bewegen dürfen. Dabei laufen sie - wie bei Katzen üblich - nicht nur auf dem eigenen Grundstück der Beklagten, sondern u.a. auch auf demjenigen des Klägers.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, mehr als 1 Katze mit freiem Auslauf auf dem Grundstück ... zu halten bzw. in Pflege zu nehmen.
Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Amtsgericht Lüneburg hat durch das angegriffene Urteil die Beklagten verurteilt, es bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, mehr als 2 Katzen mit freiem Auslauf auf dem Grundstück ... in ... zu halten, bzw. in Pflege zu nehmen. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen.
Mit der Berufung wiederholen die Beklagten ihre Auffassung, bei einer angemessenen Interessenabwägung, die sie im angegriffenen Urteil vermissen, erscheine bei den vorliegenden Grundstücksgrößen das Halten von 3 Katzen keineswegs als übermäßige Tierhaltung. Außerdem tragen die Beklagten insoweit erstmals vor, ihre Katzen seien frühzeitig kastriert, weswegen es nicht zu Beschmutzungen der Nachbargrundstücke durch Markieren komme. Darüber hinaus vertreten sie die Auffassung, der Kläger habe etwaige Unterlassungsansprüche verwirkt, da er die streitgegenständliche Katzenhaltung jahrelang geduldet habe; außerdem beschränke das angegriffene Urteil das Grundrecht der Beklagten gem. Art. 14 GG (Eigentum).
Die Beklagten beantragen,
das Urteil des Amtsgerichts Lüneburg vom 13.05.2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten kostenpflichtig zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg.
Der Kläger kann aus § 1004 Abs.1 Satz 2 BGB den Anspruch herleiten, dass sein Grundstück nicht durch die freilaufenden Katzen der Beklagten beeinträchtigt wird. Vom Grundsatz her gilt insoweit sogar ein uneingeschränkter Schutz vor Beeinträchtigungen des Eigentums. Der Kläger hat auch das Grundrecht aus Art. 14 GG bezüglich seines Grundstückes. Die Beklagten verkennen bei dem Verweis auf ihr Recht gem. Art. 14 GG, das dies auch nur ihr eigenes Grundstück betrifft, nicht die (Mit-)Benutzung des fremden Eigentums des Klägers. Eine Beeinträchtigung durch die freilaufenden 3 Katzen der Beklagten ist jedenfalls darin zu sehen, dass diese Tiere - was letztlich unstreitig ist -frei in der Gegend umherstreifen, dabei auch das Grundstück des Klägers betreten oder überqueren, weswegen bereits nach der Lebenswahrscheinlichkeit unterstellt werden kann, dass jedenfalls gelegentlich die Katzen auf dem Grundstück des Klägers auch Kot und Urin absetzen. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob die Tiere wegen frühzeitiger Kastration nicht dazu neigen, darüber hinaus ihr Revier zu markieren. Dies wurde zudem in erster Instanz nicht vorgebracht und wäre somit als neuer Tatsachenvortrag grundsätzlich in der Berufungsinstanz nicht zu berücksichtigen.
Der Kläger ist unter dem Gesichtspunkt des § 1004 Abs.2 BGB allerdings verpflichtet, das Betreten seines Grundstückes durch 2 Katzen der Beklagten zu dulden. Nach den örtlichen Gegebenheiten, insbesondere den für heutige Verhältnisse relativ großzügig bemessenen Grundstücksgrößen ist eine Duldungspflicht des Klägers als Nachbar der Beklagten in diesem Umfange gegeben. Auf die Ausführungen im
angegriffenen Urteil, die die Kammer teilt, wird insoweit Bezug genommen. Damit wird den Beklagten über das in vielen Entscheidungen festgesetzte Maß von einer Katze hinaus bereits eine umfangreichere Katzenhaltung zugestanden und den Wohnverhältnissen der Parteien in einer ländlichen Gegend Rechnung getragen. Die von den Beklagten angegriffene Entscheidung des Amtsgerichtes ist ihnen gegenüber mithin gemessen an der sonstigen Rechtsprechung großzügig.
Die Haltung von mehr Katzen mit Freilauf kommt dem gegenüber jedoch nicht in Betracht. Auch die Haltung der derzeit vorhandenen 3. Katze der Beklagtenmit unbegrenztem Freilauflässt sich nicht herleiten, vor allen Dingen nicht auf Bestandsschutz stützen. Soweit die Beklagten sich auf Verwirkung durch erfolgte Duldung der von ihnen betriebenen Katzenhaltung durch den Kläger berufen, greift dieses Rechtsinstitut nicht ein. Vortrag zu den tatsächlichen Voraussetzungen, nämlich der zeitlichen Komponente, sowie den Umständen dafür, dass der Kläger keinen Anstoß an den vorhandenen Verhältnissen genommen hat (und welche das im übrigen während dieser Zeit waren), haben sie erster Instanz nicht gehalten. In zweiter Instanz sind sie einerseits mangels des Vorliegens der Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO damit ausgeschlossen, anderseits tragen sie im einzelnen noch immer nicht dazu vor.
Auch aus Gründen des Bestandschutzes kommt es nicht in Betracht, den Beklagten die Haltung einer dritten Katze mit unbegrenztem Freilauf jedenfalls für die Zeit, die die Beklagten die im Augenblick vorhandenen 3 Tiere bei sich haben, zu gestatten. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass durch das angegriffene Urteil den Beklagten nicht die Haltung von insgesamt 3 Katzen als solche untersagt wird, sondern sie lediglich mehr als 2 Katzen nicht in der Nachbarschaft frei laufen lassen dürfen. Dem Verbleib der 3. vorhandenen Katze im Haushalt der Beklagten steht damit nichts entgegen. Es liegt bei den Beklagten, die Haltungsbedingungen ihrer Katzen so zu gestalten, dass nicht mehr als 2 von ihnen sich außerhalb des eigenen Grundstückes bewegen. Hierfür stehen diverse, auch mit den Grundsätzen einer artgemäßen Tierhaltung in Einklang zu bringende Möglichkeiten zur Verfügung. Die Beklagten können eines ihrer Tiere als sogenannte reine "Wohnungskatze" halten, sofern sich eines der Tiere für diese im Übrigen auch von Tierschutzorganisationen anerkannte und immer wieder für bestimmte Tiere anempfohlene Haltung eignen sollte. Sie können ihren Katzen bzw. einer davon jedoch auch auf dem eigenen Grundstück einen sogenannten "gesicherten Auslauf" anbieten, sei es durch geeignete Einfriedungsmaßnahmen ihres Grundstückes oder Teilen davon, sei es durch Beaufsichtigung der Katze in Zeiten des Freiganges und Verhinderung ihres Umherstreifens.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht in entsprechender Anendung der §§708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision war mangels der Voraussetzungen von § 543 ZPO nicht zuzulassen; die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichtes.