Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 28.12.1995, Az.: 1 U 139/95

Zulässigkeit einer Klausel über die Abwerbung von Mitarbeitern nach Beendigung eines Handelsvertretervertrages; Legaldefinition einer Wettbewerbsabrede; Grundlagen einer wirtschaftlich unbedeutenden Wettbewerbsbeschränkung

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
28.12.1995
Aktenzeichen
1 U 139/95
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1995, 28980
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1995:1228.1U139.95.0A

Amtlicher Leitsatz

Eine Klausel, die ein Vertragsversprechen für die Abwerbung von Mitarbeitern des Unternehmers auch nach Beendigung des Handelsvertretervertrages beinhaltet, verstößt gegen § 90 a Abs. 1 HGB.

Gründe

1

Denn die Klausel Ziff. 7.6., die ein Vertragsstrafeversprechen für die Abwerbung eines Mitarbeiters der Klägerin binnen zwei Jahren nach Beendigung des Handelvertretervertrages beinhaltet, verstößt gegen § 90 a Abs. 1 HGB und ist daher gemäßc nichtig.

2

Der zwischen den Parteien maßgebliche Handelsvertretervertrag stammt von August 1992, sodass er der Neufassung des § 90 a HGB unterfällt.

3

Nach der Vorschrift des § 90 a Abs. 1, Satz 2, 2. Halbs. HGB sind Wettbewerbsabreden zwischen Unternehmer und Handelsvertreter nur mit einem bestimmten Inhalt zulässig. Sie dürfen sich nur auf den dem Handelsvertreter zugewiesenen Bezirk, Kundenkreis und auch nur auf die Gegenstände erstrecken, auf die sich die Bemühenspflicht des Handelsvertreters bezieht.

4

Nach der Legaldefinition des § 90 a Abs. 1 HGB ist eine Wettbewerbsabrede eine Vereinbarung, die den Handelsvertreter nach Beendigung des Vertragsverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt. Davon erfasst wird jede den Handelsvertreter irgendwie in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkende Regelung (Baumbach/Hopt HGB 29.·Aufl., § 90 a Rz. 12). Denn nach der Zielsetzung des §·90 a HGB soll der Handelsvertreter von allen über den Rahmen des § 90 a Abs. 1 Satz 2 HGB hinausgehenden Wettbewerbsbeschränkungen frei bleiben (Baumbach/Hopt a.a.O. Rz. 17).

5

Durch die umstrittene Klausel wird der Beklagte zwar nicht in seiner gewerblichen Tätigkeit als solcher unmittelbar eingeschränkt. Jedoch gehört zu der gewerblichen Tätigkeit eines Handelsvertreters notwendigerweise auch die Rekrutierung seiner Mitarbeiter. Diese sind notwendiges Mittel zur Ausübung der gewerblichen Tätigkeit des Handelsvertreters, mit der Folge, dass der Handelsvertreter in seiner Tätigkeit eingeschränkt wird, wenn er hinsichtlich der Rekrutierung seiner Mitarbeiter Beschränkungen unterworfen wird. Bei dem mit der umstrittenen Klausel 7.6. vereinbarten Abwerbungsverbot handelt es sich demnach um eine Wettbewerbsabrede im Sinne des § 90 a Abs. 1 Satz 1 HGB.

6

Entgegen der Ansicht der Klägerin handelt es sich bei dieser Klausel nicht um eine wirtschaftlich unbedeutende Wettbewerbsbeschränkung (vgl. Schlegelberger 5. Aufl. § 90 a Rz. 7). Dass eingearbeitete und qualifizierte Mitarbeiter für eine Handelsvertretung wirtschaftlich von großer Bedeutung sind, liegt auf der Hand und bedarf keiner weiteren Begründung.

7

Da das mit der Klausel 7.6. vereinbarte Abwerbungsverbot sich nicht auf die in § 90 a Abs. 1 Satz 1 2. Halbs. HGB aufgeführten und allein zulässigen Beschränkungen bezieht, und gemäß § 90 a Abs. 4 HGB abweichende Vereinbarungen zu Ungunsten des Handelsvertreters nicht getroffen werden dürfen, verstößt die erwähnte Klausel gegen § 90 a HGB und ist daher nichtig (§ 134 BGB).