Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 20.12.1995, Az.: 2 U 167/95
Vereinbarung im Hinblick auf die Fälligkeit eines Architektenhonorars; Aufnahme eines Projekts in das Krankenhausinvestitionsprogramm
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 20.12.1995
- Aktenzeichen
- 2 U 167/95
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1995, 29193
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1995:1220.2U167.95.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- NULL
Rechtsgrundlagen
- § 8 Abs. 1 HOAI
- § 242 BGB
- § 9 Abs.l Nds.KHG
- § 2 Abs. 2 Nds. KHG
Fundstellen
- BauR 1997, 891 (amtl. Leitsatz)
- IBR 1997, 337 (Volltext mit red. LS u. Anm.)
- NJW-RR 1997, 785-786 (Volltext mit amtl. LS)
Amtlicher Leitsatz
Hinfälligkeit von Abrede über Fälligkeit eines Architektenhonorars erst nach Aufnahme des Projekts in das Krankenhausinvestitionsprogramm, wenn mit letzterer in absehbarer Zeit nicht mehr zu rechnen ist.
Tatbestand:
A.
Die Klägerin macht gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung eines Architektenhonorars geltend.
Ende l989 nahm der Beklagte Kontakt mit der Klägerin auf, da er beabsichtigte, das Krankenhaus O aus- und umzubauen. Im Frühjahr l990 wurde ein erstes Abstimmungsgespräch zwischen den Parteien unter Beteiligung des ... Ministeriums für Soziales geführt. In der Folgezeit erbrachte die Klägerin zahlreiche Planungsleistungen.
Am 3. 6. l992 schlossen die Parteien einen Architektenvertrag, welchen die Klägerin bereits unter dem Datum des 29.8.l990 unterzeichnet hatte. § l5 des Architektenvertrages lautet wie folgt:"Zusätzliche Vereinbarungen Bei der Durchführung der Baumaßnahmen gemäß § l AbSatz 1 dieses Vertrages in mehreren Bauabschnitten ist das Architektenhonorar wie folgt fällig: l. 20.000,- DM nach Genehmigung der gesamten Baumaßnahme gem. § l Abs. 1 Satz 1 dieses Vertrages und Hereinnahme des l. Bauabschnittes in das Investitionsprogramm, 2. je nach Baufortschritt der einzelnen Bauabschnitte." In § l des Vertrages wird der Vertragsgegenstand wie folgt beschrieben: "Sanierung, Umbau und Erweiterung des Krankenhauses O, in mehreren Bauabschnitten, gemäß in Abstimmung mit dem Sozialministerium aufgestellten Raumprogramm, einschließlich eventueller Zwischenlösungen und Bearbeitung des Förderantrages zur Aufnahme in das Förderprogramm des Landes." ...
Entscheidungsgründe
B.
Das Landgericht hat zu Recht einen Honoraranspruch der Klägerin gemäß § 8 Abs. 1 HOAI gegen den Beklagten dem Grunde nach bejaht. Der Vergütungsanspruch der Klägerin ist nicht durch § l5 des Architektenvertrages vom 3.6.l992 ausgeschlossen. Die genannte Vertragsregelung ist vielmehr gemäß § 242 BGB wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage hinfällig geworden.
l.
§ l5 des Architektenvertrages enthält lediglich eine Fälligkeitsvereinbarung für den Honoraranspruch der Klägerin und nicht etwa eine Bedingung für die Entgeltlichkeit der von ihr erbrachten bzw. zu erbringenden Leistungen. Gegen die Annahme, dass der Klägerin kein Honoraranspruch zustehe, falls durch das Sozialministerium des Landes das Bauvorhaben nicht genehmigt werde und die Aufnahme des Projektes in das Investitionsprogramm nicht erfolge, spricht bereits der Wortlaut der Vereinbarung. Die Parteien haben nämlich nicht etwa festgelegt, dass ein Honorar für bereits vor Abschluss des Architektenvertrages erbrachte und noch in Zukunft zu erbringende Architektenleistungen nur dann zu zahlen ist, wenn eine Förderung des geplanten Umbaus des Krankenhauses O durch das Land erfolgt. Vielmehr wird vom Wortlaut her lediglich eine Regelung hinsichtlich der Fälligkeit der Vergütung getroffen.
Eine Auslegung der Vereinbarung dahingehend, dass für den Fall mangelnder Genehmigung des Bauvorhabens durch das Sozialministerium und nicht gewährter Förderung durch das Land die Klägerin sich zur unentgeltlichen Leistung verpflichten wollte, würde auch dem für den Beklagten erkennbaren und objektiv gerechtfertigten Interesse der Klägerin widersprechen. Zwar kommt es vor, dass Architekten zunächst auf eigenes Risiko arbeiten und eine Vergütung für ihre Leistungen nur bei Eintritt bestimmter Voraussetzungen erhalten sollen. Erfahrungsgemäß ist jedoch regelmäßig davon auszugehen, dass Architekten üblicherweise nur entgeltlich tätig werden (BGH NJW l987, 2742; KG NJW-RR l988, 2l; OLG Stuttgart, NJW l989, 24O2; OLG Düsseldorf, NJW RR l992, ll72; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 7.
Aufl., Rdn. 556 m.w.N.).
Auch hier stehen die besonderen Umstände des Einzelfalls der genannten Regel nicht entgegen. Zwar mag mit der Berufung davon auszugehen sein, dass der Klägerin vor Abschluss des Architektenvertrages bekannt war, dass der Beklagte aus eigenen Mitteln nicht in der Lage sein würde, das Projekt zu finanzieren und Honorarforderungen der Klägerin zu befriedigen. Dies rechtfertigt jedoch keineswegs den Schluss, dass § l5 des Architektenvertrages dahingehend zu verstehen ist, dass im Fall mangelnder Förderung des Bauvorhabens durch das Land kein Vergütungsanspruch für erbrachte Architektenleistungen bestehen soll. Es ist grundsätzlich Sache des Auftraggebers, die Finanzierung eines Bauvorhabens sicherzustellen. Die Tatsache, dass vorliegend das Bauvorhaben des Beklagten ohne Bewilligung von Landesmitteln nicht hätte durchgeführt werden können, ändert nichts an dieser grundsätzlichen Risikoverteilung. Wenn der Beklagte Leistungen in Auftrag gibt, ohne über die notwendigen finanziellen Mittel zu verfügen, hätte er durch eine eindeutige vertragliche Regelung dem Rechnung tragen müssen. Daran fehlt es indes.
Gegen die Annahme, die Klägerin habe sich durch den Architektenvertrag zur unentgeltlichen Leistung für den Fall mangelnder Förderung des Projektes durch das Land verpflichtet, spricht ferner der Umfang der von ihr vor und nach Abschluss des Architektenvertrages erbrachten Leistungen. Eine honorarfreie Architektentätigkeit kann insbesondere bei geringfügigen Arbeiten aus kleineren Bereichen der Leistungsphasen l und 2 des § l5 HOAI vorliegen (BGH a.a.O.; Werner/Pastor a.a.O.). Die von der Klägerin erbrachten Leistungen gehen darüber aber weit hinaus. Schon vor Unterzeichnung des Architektenvertrages wurden zahlreiche Besprechungen mit dem Beklagten sowie Vertretern der Oberfinanzdirektion und des Sozialministeriums geführt. Ferner fertigte die Klägerin in erheblichem Umfang Entwürfe des geplanten Objekts an. Spätere Änderungswünsche des Beklagten wurden in vorliegende Pläne eingearbeitet. Letztlich hat die Klägerin die in den Leistungsphasen l bis 3 des § l5 HOAI erfassten Arbeiten vollständig und die Arbeiten der Leistungsphase 4 zumindest teilweise erbracht. Unter diesen Umständen wäre eine Bereitschaft der Klägerin zur unentgeltlichen Leistung gänzlich ungewöhnlich gewesen.
Schließlich wäre der Abschluss des Architektenvertrages durch Unterzeichnung am 3.6.l992 auch wenig sinnvoll gewesen, hätte die Entgeltlichkeit der Architektenleistungen von der Bedingung der Förderung des Bauvorhabens durch das Land abhängen sollen. Wäre dies der übereinstimmende Wille der Parteien gewesen, hätte es vielmehr nahe gelegen, auf die Unterzeichnung des Architektenvertrages zunächst ganz zu verzichten und die Entscheidung über die Förderung des Bauvorhabens abzuwarten.
Gegen die Vereinbarung einer entgeltlichen Tätigkeit der Klägerin spricht entgegen der Auffassung der Berufung auch nicht der Ablauf der Verhandlungen über die Gestaltung des Architektenvertrages. Im Gegenteil wird aus § l5 in der Fassung des von der Klägerin gefertigten "l. Entwurfs" deutlich, dass diese nur in begrenztem Umfang bereit war, zeitweise auf die Geltendmachung ihrer Vergütung zu verzichten. In der ursprünglichen Fassung des § l5 heißt es nämlich insoweit nur: "Der Architekt tritt bezüglich der Antragstellung zur Aufnahme ins Förderprogramm in Vorleistung." In dem später von der Klägerin gefertigten "2. Entwurf" heißt es sodann:"Der Architekt tritt bezüglich der Antragstellung zur Aufnahme ins Förderprogramm in Vorleistung, längstens jedoch bis zum 3l.6.l992, soweit weitere Verzögerungen nicht von ihm zu vertreten sind." Aus dieser Formulierung ergibt sich gleichfalls, dass die Klägerin entgeltlich tätig werden wollte und nur bis zur Antragstellung zur Aufnahme in das Förderungsprogramm bereit war, keine Honoraransprüche geltend zu machen.
Auch in den vorgenannten Entwürfen ging es mithin lediglich um eine Fälligkeitsvereinbarung und nicht etwa um eine Vereinbarung über die eventuelle Unentgeltlichkeit der Architektenleistungen der Klägerin. Dies spricht ebenfalls dafür, dass die endgültige Fassung des § l5 entsprechend dem Wortlaut nur als Fälligkeitsregelung zu verstehen ist.
2.
Diese Fälligkeitsregelung ist gemäß § 242 BGB hinfällig geworden. Eine Fälligkeitsbestimmung ist nur dann und insoweit sinnvoll, als die von den Parteien bestimmten Voraussetzungen für den Eintritt der Fälligkeit überhaupt jemals oder doch zumindest in absehbarer Zeit noch eintreten können. Andernfalls hätte eine Fälligkeitsbestimmung zur Folge, dass die Leistung letztlich gar nicht oder zumindest erst in unabsehbar langer Zeit zu erbringen wäre. Das belegen eindeutig die Formulierungen auf Seite 8 Mitte des Schriftsatzes vom l9.l2.l995. Dies würde einer Bedingung für die Entgeltlichkeit für die Leistung faktisch nahezu gleichkommen, also zu einem Ergebnis führen, das von der vertraglichen Regelung nicht gedeckt ist. In einem derartigen Fall ist die Fälligkeitsbestimmung der Parteien im Wege der Vertragsanpassung wegen Fehlens der Geschäftsgrundlage zu beschränken und als hinfällig von dem Zeitpunkt an anzusehen, in welchem feststeht, dass die Fälligkeitsvoraussetzung in angemessener Zeit nicht eintreten wird (BGH NJW-RR l992, ll4O, ll4l; OLG Hamm MDR l977, 928, OLG Frankfurt BB l982, 2O8; OLG Hamm NJW-RR l993, l8l).
Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. dass in absehbarer Zeit mit der Durchführung des Bauvorhabens nicht zu rechnen ist, hat das Landgericht bereits auf Grund der Aussage des im ersten Rechtszug vernommenen Zeugen K zutreffend festgestellt. Danach besteht für die Jahre l995 und l996 keine Chance, dass Mittel für den Ausbau des Krankenhauses zur Verfügung gestellt werden. Auf Grund der allgemein bekannten angespannten Finanzlage des Landes ist zudem auch nach l996 eine Förderung in absehbarer Zeit zumindest höchst unwahrscheinlich. Aufgrund der Einführung des Pflegegesetzes und der damit verbundenen Notwendigkeit der Einrichtung von Pflegeheimen ist zudem der Bestand des Krankenhauses O überhaupt fraglich und die Umgestaltung zu einem Pflegeheim wahrscheinlich.
Eine andere Bewertung ergibt sich entgegen der Ansicht der Berufung auch nicht aus der Tatsache, dass das Krankenhaus seit l987 in den Krankenhausplan aufgenommen ist (§ 9 Abs.l Nds.KHG). Damit ist keineswegs gewiss, dass jemals Investitionsmittel für den Ausbau des Krankenhauses bereitgestellt werden, denn dies bleibt der Festsetzung in dem jeweiligen Haushaltsplan des Landes vorbehalten (§ 2 Abs. 2 Nds. KHG). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 9 Abs. 1 KHG. Ein Anspruch auf Förderung besteht danach nur, soweit und solange das Krankenhaus in den Krankenhausplan und das Investitionsprogramm aufgenommen ist. An letzterer Voraussetzung fehlt es hier gerade.