Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 27.10.2016, Az.: 6 A 464/15

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
27.10.2016
Aktenzeichen
6 A 464/15
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 43340
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Kosten der Unterbringung von Tieren, die aufgrund eines strafprozessualen Beschlagnahmebeschlusses in Obhut genommen wurden, können nicht auf der Grundlage des TierSchG durch Verwaltungsakt gegen den Halter festgesetzt werden.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Auferlegung von Kosten für die Fortnahme, anderweitige Unterbringung sowie tierärztliche Versorgung bei ihr beschlagnahmter Tiere.

Die Klägerin war Halterin einer Vielzahl von Tieren auf ihrem in B. gelegenen Grundstück.

Aufgrund von Anzeigen entstand der Verdacht, die Klägerin verstoße bei der Haltung der Tiere gegen das TierSchG. Daraufhin leitete der Beklagte ein Bußgeldverfahren gegen die Klägerin ein. Er erwirkte mit Beschluss vom 07.08.2013 einen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss des Amtsgerichts Dannenberg (Elbe) (10 OWi 311/13, Bl. 1 VV). Darin war die „Beschlagnahme bzw. Sicherstellung sämtlicher Hunde sowie von Katzen und weiterer Tiere, die tierschutzwidrig gehalten werden“ angeordnet. Als Rechtsgrundlage für die „Beschlagnahme bzw. Sicherstellung“ wurde § 46 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) i.V.m. den §§ 94, 98, 111b der Strafprozessordnung (StPO) im Beschluss genannt. Bei der anschließenden Durchsuchung am 13.08.2013 beschlagnahmte der Beklagte 48 Tiere und brachte sie im Tierheim in C. unter.

Mit Schreiben vom 15.08.2013 beantragte der Beklagte beim Amtsgericht Dannenberg (Elbe) die richterliche Bestätigung der Beschlagnahme der Tiere, und benannte als Rechtsgrundlage sowohl die zitierten Vorschriften als auch „§ 16a Nummer 2 TierSchG i.V.m. § 25 NdsSOG“. Das Amtsgericht wies den Antrag mit Beschluss vom 16.08.2013 mit der Begründung ab, dass es neben dem Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss vom 13.08.2013 für die Beschlagnahme – soweit noch aufrecht erhalten – keines gerichtlichen Beschlusses bedürfe.

Mit Bescheid vom 10.09.2013 untersagte der Beklagte der Klägerin nach vorheriger Anhörung die Haltung und Betreuung von Tieren (Ziffer 1). Ferner ordnete er die Fortnahme der Tiere und die Unterbringung auf Kosten der Klägerin an (Ziffer 2). Diesbezüglich beinhaltete der Bescheid den Zusatz: „Die Einziehung der Tiere am 13.08.2013 durch mich geht dabei in die Fortnahme über.“ Neben weiteren – hier nicht relevanten – Anordnungen eröffnete der Beklagte die befristete Möglichkeit, für eine anderweitige Unterbringung der Tiere zu sorgen (Ziffer 3). Zudem ordnete er im gleichen Bescheid für die vorgenannten Regelungen die sofortige Vollziehung an (Bl. 9 VV). Der Bescheid wurde der Klägerin am 12.09.2013 zugestellt (Bl. 18 VV).

Die Klägerin erhob gegen diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgericht Lüneburg Klage (6 A 171/13) und beantragte, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen. Mit Beschluss vom 21.10.2013 wies das Gericht diesen Antrag zurück (6 B 47/13) (Bl. 25 VV). Die gegen diesen Beschluss erhobene Beschwerde vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht (11 ME 299/13) nahm die Klägerin später zurück (Bl. 38 VV). Ein Antrag an das Verwaltungsgericht, den Beschluss vom 21.10.2013 abzuändern, blieb ebenfalls ohne Erfolg (6 B 150/14, Bl. 48 VV).

Die Klage gegen den Bescheid vom 10.09.2013 wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 30.10.2014 ab (Bl. 61 VV). Mit Beschluss vom 16.09.2015 lehnte das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht den Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung ab (Bl. 79 VV).

Mit Urteil des Amtsgerichts Dannenberg (Elbe) vom 06.01.2014 (10 OWi 3105 Js 27858/13 (490/13)), rechtskräftig seit dem 26.03.2014, wurde die Klägerin wegen vorsätzlicher Zuwiderhandlung gegen eine vollziehbare Anordnung nach dem Tierschutzgesetz zu einer Geldbuße verurteilt (Bl. 40 ff. VV). Ihr wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt.

Mit Rechnungen vom 01.10.2013 (Bl. 23 VV) und vom 18.11.2013 (Bl. 36 VV) stellte das Tierheim in C. die Kosten für die Unterbringung, zum Teil auch für Behandlungen der Tiere, mit insgesamt 25.192,00 EUR in Rechnung.

Nach Anhörung der Klägerin mit Schreiben vom 11.11.2014 (Bl. 77 VV) setzte der Beklagte die Kosten mit Bescheid vom 22.09.2015 gegen die Klägerin als Gesamtschuldnerin neben einer weiteren, gesondert in Anspruch genommenen Person fest (Bl. 88 VV). Gegen diesen Bescheid, der Klägerin am 24.09.2015 zugestellt (Bl. 90 VV), richtet sich die am 22.10.2015 erhobene Klage.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Festsetzung der Kosten sei unverhältnismäßig. Sie sei über die Höhe der Kosten vom Beklagten nicht informiert worden, obwohl dieser von der Höhe seit November 2013 wusste. Hätte sie die Höhe der auf sie zukommenden Kosten gekannt, hätte sie von der im Bescheid vom 10.09.2013 eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Tiere anderweitig unterzubringen oder zu veräußern. Bereits durch das Amtsgericht Dannenberg sei festgestellt worden, dass einige Tiere verkauft worden seien. Sie hätten lediglich wegen der Beschlagnahme nicht an die Käufer übergeben werden können. Die Kostenauferlegung habe enteignenden Charakter. Zudem sei die Beschlagnahme selbst nicht rechtmäßig erfolgt. Eine Gutachterin, mit der die Klägerin zusammenarbeite, könne bestätigen, dass die Tiere nicht verwahrlost gewesen sein. Infolge dessen müsse der Bescheid vom 10.09.2013 und dem folgend auch der hier angefochtene Bescheid aufgehoben werden. Müsse die Klägerin indes die Kosten der Unterbringung tragen, würden ihr auch die Mittel fehlen, um eine Aufhebung des Bescheids zu erreichen. Dies beschneide sie unzulässig in ihrer Möglichkeit, ihre Rechte geltend zu machen. Die Geltendmachung pauschaler Tierarztkosten entspreche auch nicht der für Tierärzte geltenden Gebührenordnung.

Die Klägerin beantragt,

den Kostenfestsetzungsbescheid der Beklagten vom 22.09.2015 über 25.192,00 EUR aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verteidigt den angefochtenen Bescheid.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nur zum Teil begründet.

Der Bescheid vom 22.09.2015 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), soweit der Klägerin die durch die Unterbringung der Tiere angefallenen Kosten vor dem 12.09.2013 auferlegt worden sind (dazu unter 1). Im Übrigen ist der Bescheid rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (dazu unter 2).

1. Die Festsetzung der Kosten für die Unterbringung und Versorgung vor dem 12.09.2013 ist rechtswidrig, da die Beschlagnahme nicht aufgrund des Tierschutzgesetzes erfolgt war.

Ermächtigungsgrundlage für den Erlass eines Kostenfestsetzungsbescheids für die Unterbringung von fortgenommenen Tieren ist § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 des Tierschutzgesetzes (TierSchG). Gemäß § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG trifft die Behörde die zur Beseitigung festgestellter Verstöße gegen Vorschriften des TierSchG notwendigen Anordnung. Sie kann gemäß § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Hs. 1 TierSchG insbesondere ein Tier unter den dort genannten Voraussetzungen dem Halter fortnehmen und so lange auf dessen Kosten anderweitig pfleglich unterbringen, bis eine den § 2 TierSchG entsprechende Haltung des Tieres durch den Halter sichergestellt ist. Nach Halbsatz 3 der gleichen Norm kann die Behörde unter den dort genannten Umständen auch das Tier auf Kosten des Halters unter Vermeidung von Schmerzen töten lassen.

Durch den Kostenfestsetzungsbescheid wird somit die durch die Fortnahme begründete Kostenerstattungspflicht lediglich der Höhe nach konkretisiert (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.08.2008, 7 C 7/08).

Voraussetzung für die Kostenerstattungspflicht ist demnach jedoch, dass die Unterbringung der Tiere auf einer im Mindesten wirksamen Unterbringungsanordnung gemäß § 16a Satz 2 Nr. 2 TierSchG erfolgt. Denn nur dann, wenn eine Unterbringung auf der Grundlage dieser Norm auf Kosten des Tierhalters erfolgt, können die Kosten anschließend gegen den Halter festgesetzt werden. Daran fehlt es hier für die Zeit vor Wirksamwerden des Bescheids vom 10.09.2013 gegenüber der Klägerin. Die Beklagte hat die Tiere nämlich in dem Zeitraum vor Wirksamwerden des Bescheids im Rahmen des Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts des Verstoßes gegen Straf- und Ordnungswidrigkeitstatbestände nach dem TierSchG beschlagnahmt, nicht aber aufgrund der Ermächtigungsgrundlage des § 16a Satz 2 Nr. 2 TierSchG.

Die Beschlagnahme ist eine doppelfunktionale Maßnahme, die sowohl der Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten als auch dem präventiven Schutz bedrohter Rechtsgüter dienen kann. Welches dieser Ziele im Einzelfall mit einer Beschlagnahme verfolgt wird, lässt sich anhand einer isolierten Betrachtung der Maßnahme als solcher regelmäßig nicht eindeutig feststellen, da sie ihrem äußeren Erscheinungsbild nach neutral ist. Für die Bestimmung der Rechtsnatur der Maßnahme entscheidend ist dabei zum einen das Schwergewicht des ordnungsbehördlichen oder polizeilichen Handelns und zum anderen der damit verbundene Zweck (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.10.2015, I-3 Wx 254/15, juris, Rn. 9 ff. m.w.N.).

Gemessen daran sind die Tiere zunächst auf der Grundlage des Beschlusses des Amtsgerichts Dannenberg (Elbe) beschlagnahmt worden. Damit erfolgte die Sicherstellung der Tiere aber nicht auf der Grundlage des Tierschutzgesetzes, sondern auf der Grundlage des Strafprozessrechts. Dafür spricht schon, dass der Beklagte selbst beim Amtsgericht die Anordnung der Beschlagnahme der Gegenstände auf der Grundlage des Ordnungswidrigkeiten- bzw. Strafprozessrechts erwirkte. Hätte der Beklagte beabsichtigt, auf der Grundlage des TierSchG oder des Polizei- und Ordnungsrechts tätig zu werden, hätte es einer richterlichen Anordnung oder Bestätigung der Beschlagnahme nämlich gar nicht bedurft. Der Beklagte hätte von vornherein durch Verwaltungsakt handeln können. Es wäre Sache der Klägerin gewesen, gegen die Beschlagnahme Rechtsschutz vor den Verwaltungsgerichten zu suchen. Ferner spricht für dieses Verständnis, dass der Beklagte in dem späteren Bescheid vom 10.09.2013 ausdrücklich verfügte, die bereits erfolgte „Einziehung der Tiere“ gehe in die „Fortnahme“ über. Dabei wird mit dem Begriff „Fortnahme“ schon dem Wortlaut nach auf den Gesetzestext gemäß § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG Bezug genommen. Der Beklagte selbst ging danach davon aus, dass erst mit Wirksamwerden des Bescheids vom 10.09.2013 die Sicherstellung dem Rechtsregime des Gefahrenabwehrrechts unterfiel.

Gegen diese Bestimmung des Charakters der Beschlagnahme spricht auch nicht, dass in dem Beschluss des Amtsgerichts Dannenberg (Elbe) die Durchsuchung (nicht die Beschlagnahme) auch aus dem Grund angeordnet wird, dass die Durchsuchung zum „Auffinden von Beweismitteln, nämlich Hunden, Katzen sowie gegebenenfalls weiterer Tiere führen wird, §§ 16, 16a TierSchG; 102, 105 StPO i. V. m. § 46 OWiG“. Allein die Erwähnung der §§ 16, 16a TierSchG lässt den strafprozessualen (bzw. ordnungswidrigkeitsrechtlichen) Schwerpunkt der Beschlagnahme nicht entfallen. Da es der Mitwirkung des Amtsgerichts gar nicht bedurft hätte, um die Fortnahme gemäß § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG anzuordnen und auch zu vollstrecken, ist schon nicht erkennbar, weshalb das Amtsgericht eine Beschlagnahme hätte anordnen wollen oder auch nur können. Vielmehr steht das Zitat der Vorschriften des TierSchG völlig unvermittelt neben der Erwähnung der eigentlichen Ermächtigungsgrundlagen für die Durchsuchung gemäß den §§ 102, 105 StPO. Aufgrund dieser Ermächtigungsgrundlagen (i.V.m. § 46 OWiG) erfolgt die Durchsuchung aber bei dem Täter oder Teilnehmer einer Ordnungswidrigkeit, wenn zu vermuten ist, dass die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führt. Dies unterstreicht den strafprozessualen Charakter. Bei der Anordnung der – hier allein relevanten – Beschlagnahme erfolgt überdies kein Verweis auf Vorschriften des TierSchG.

An der Beschlagnahme aufgrund Vorschriften der StPO i.V.m. Normen des OWiG hat sich vor Wirksamwerden des Beschlusses vom 10.09.2013 auch nichts geändert.

Für den Zeitraum vor dem 10.09.2013 fehlt es bereits an einer wirksamen, zumindest aber rechtmäßigen Anordnung der Sicherstellung auf der Grundlage des Tierschutzgesetzes. Der Beklagte hat selbst nicht behauptet, eine solche Anordnung gegenüber der Klägerin, gegebenenfalls mündlich vor Erlass des Bescheids vom 10.09.2013, erlassen zu haben. Auch von Amts wegen ist nichts dafür ersichtlich, dass eine solche Anordnung erging.

Die Beschlagnahme ist auch nicht im Wege des Sofortvollzugs, also ohne einen vorangehenden Verwaltungsakt erfolgt. Zumindest wäre ein solcher Sofortvollzug rechtswidrig gewesen. Das TierSchG beinhaltet keine Ermächtigungsgrundlage für einen derartigen Sofortvollzug (dazu unter a). Die Voraussetzungen für einen Sofortvollzug nach dem Niedersächsischen Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG) lagen nicht vor (dazu unter b). Im Einzelnen:

a) Die rein tatsächliche Beschlagnahme der Tiere durch den Beklagten ohne einen vorherigen Verwaltungsakt kann nicht auf § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG gestützt werden. § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Hs. 1 TierSchG ermächtigt die Behörde nur zum Erlass von Verwaltungsakten und nicht zum Handeln im Wege der unmittelbaren Ausführung. Das Bundesverwaltungsgericht hat zur gleichlautenden Norm des § 16a Satz 2 Nr. 2 Hs. 1 TierSchG in der bis zum 12.07.2013 geltenden Fassung ausgeführt:

„Nach Wortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte und Sinn und Zweck der Vorschrift ermächtigt § 16a Satz 2 Nr. 2 TierSchG die zuständige Behörde grundsätzlich nur zum Erlass einer Fortnahme- und Veräußerungsverfügung, die nach Landesrecht zu vollstrecken ist. Auch die verfassungsrechtlichen Schranken behördlichen Eingreifens sprechen für dieses Ergebnis.

Nach Wortlaut und Gesetzessystematik konkretisiert § 16a Satz 2 TierSchG, wie die Formulierung ‚insbesondere‘ zeigt, für die dort genannten Fallgruppen - ohne erkennbare Differenzierung - die aus der Generalklausel des § 16a Satz 1 folgende Befugnis, Anordnungen zu treffen. Der Begriff der Anordnung deckt sich nach dem Sprachgebrauch des Gesetzgebers regelmäßig mit dem der Regelung im Sinne des § 35 Abs. 1 Satz 1 VwVfG und verweist damit auf die Handlungsform des Verwaltungsakts. Für Anordnungen nach § 16a Satz 2 Nr. 1, 3 und 4 TierSchG folgt diese Gleichsetzung zudem zwingend aus § 18 Abs. 1 Nr. 2 TierSchG. Danach handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer ‚vollziehbaren‘ Anordnung nach § 16a Satz 2 Nr. 1, 3 oder 4 zuwiderhandelt. Vollziehbar sind nur Verwaltungsakte. Es spricht unter systematischen Gesichtspunkten nichts dafür, dass aus dem Maßnahmenkatalog des Satzes 2 nur die Nummer 2 nicht als Befugnisnorm ausgestaltet sein soll. Noch weniger leuchtet ein, dass besonders grundrechtsintensive Maßnahmen wie die Veräußerung und die Tötung eines Tieres generell ohne vorherige behördliche Anordnung gestattet werden sollten.21Für eine einheitliche Auslegung des Satzes 2 als Ermächtigungsgrundlage für den Erlass von Verwaltungsakten spricht - worauf der Vertreter des Bundesinteresses zu Recht hinweist - auch die Entstehungsgeschichte des § 16a TierSchG. Die Norm ist § 69 Arzneimittelgesetz (AMG) nachgebildet (vgl. BRDrucks 195/86 S. 6). Danach treffen die zuständigen Behörden die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie können insbesondere das Inverkehrbringen von Arzneimitteln oder Wirkstoffen untersagen, deren Rückruf anordnen und diese unter bestimmten Voraussetzungen sicherstellen. Für diese Vorschrift ist anerkannt, dass sie zum Erlass von Verwaltungsakten ermächtigt (vgl. Urteil vom 19. Oktober 1989 - BVerwG 3 C 35.87 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 20 S. 2). Jenes Verständnis des § 69 AMG stand dem Gesetzgeber des § 16a TierSchG vor Augen.

Auch bestand bereits bei Erlass des Gesetzes ein differenziertes System des Verwaltungsvollstreckungsrechts in den Bundesländern, nach dem grundsätzlich vor einem Eingriff in Rechte von Bürgern ein Verwaltungsakt notwendig ist und ein solcher nur ausnahmsweise entbehrlich ist (vgl. unten). Wenn der Bundesgesetzgeber von diesem System eine Ausnahme durch Bundesrecht hätte schaffen wollen, hätte dies deutlich zum Ausdruck kommen müssen.“

(BVerwG, Urteil vom 12. Januar 2012 – 7 C 5/11 –, BVerwGE 141, 311-324, Rn. 22)

Dem schließt sich der hier zur Entscheidung berufene Einzelrichter an.

b) Ob ein Tier ohne vorausgehenden Verwaltungsakt fortgenommen und veräußert werden darf, bestimmt sich somit nicht nach dem TierSchG, sondern nach dem Verwaltungsvollstreckungsrecht der Länder (BVerwG, a.a.O.). Eine solche Maßnahme hätte aber gar nicht rechtmäßig vorgenommen werden dürfen. Dies hat auch Auswirkungen auf die hier zu beurteilende Kostenfestsetzung. Ist nämlich eine (im Falle des Sofortvollzugs – wie hier – nur gedachte) Fortnahme- und Unterbringungsverfügung rechtswidrig, führt dies dazu, dass die Kosten gegen den Halter nicht geltend gemacht werden können (Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 3. Aufl., 2016, § 16a, Rn. 39).

Die Rechtmäßigkeit einer (unterstellten) Sicherstellung der Tiere vor Wirksamwerden des Beschlusses vom 10.09.2013 stünde zunächst nicht bereits aufgrund des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 30.10.2014 (6 A 171/14) bindend fest, § 121 Nr. 1 VwGO. Aufgrund des Urteils steht lediglich mit Bindungswirkung für das hiesige Verfahren fest, dass die Sicherstellung auf der Grundlage des Bescheids vom 10.09.2013 für die Zeit nach dessen Wirksamwerden rechtmäßig erfolgte (dazu später). Ein etwaiger Sofortvollzug ohne voran gehenden Verwaltungsakt im Zeitraum davor war nicht Gegenstand der damaligen gerichtlichen Prüfung.

Ein Sofortvollzug müsste sich somit an den Vorschriften des niedersächsischen Landesrechts messen lassen.

Gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 Nds. SOG i.V.m. §§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 70 Abs. 1 des Nds. Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (NVwVG) können Zwangsmittel – soweit hier relevant – ohne vorausgehenden Verwaltungsakt angewendet werden, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr, insbesondere weil Maßnahmen gegen Personen nach den §§ 6 bis 8 Nds. SOG nicht oder nicht rechtzeitig möglich sind oder keinen Erfolg versprechen, erforderlich ist. Diese Tatbestandsvoraussetzungen liegen aber nicht vor.

Insbesondere wäre ein Sofortvollzug nicht erforderlich gewesen. Die Klägerin und Halterin der Tiere war – wie sich schon aus der Sachverhaltsschilderung des Bescheids vom 10.09.2013 ergibt – bei der Beschlagnahme anwesend. Es ist somit nicht erkennbar, warum der Beklagte nicht schon seinerzeit ihr gegenüber einen Verwaltungsakt mit dem Inhalt, die betreffenden Tiere herauszugeben (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 12.01.2012, 7 C 5/11, NVwZ 2012, 1184), hätte erlassen können. Für die Zeit nach der ersten Beschlagnahme bis zum Erlass des Bescheids vom 10.09.2013 gilt dies erst recht. Da die Tiere in diesem Zeitraum bereits sichergestellt waren, bestand zudem auch keine gegenwärtige Gefahr mehr im Sinne der §§ 64 Abs. 2 Satz 1, 2 Nr. 1 Buchst. b Nds. SOG.

Sind die Kosten somit vor Wirksamwerden des Bescheids vom 10.09.2013 Kosten der Beschlagnahme der Tiere im Ordnungswidrigkeitenverfahren, so handelt es sich um Auslagen und damit um Kosten des Strafverfahrens. Nach Nr. 9009 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz zählen zu den Auslagen auch an Dritte zu zahlende Beträge für die Verwahrung und Fütterung von Tieren. Sie sind daher im Kostenfestsetzungsverfahrens gemäß § 464b StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG geltend zu machen. Antragsberechtigt dürfte jedoch allein die Staatsanwaltschaft sein. Diese hat mit der Übersendung der Akten durch den Beklagten an sie gemäß § 69 Abs. 4 Satz 1 OWiG die Verfahrensherrschaft erlangt hat (vgl. auch Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschl. v. 15.05.2009, 3 D 124/08, juris).

Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 670, 677, 683 BGB Ersatz der Aufwendungen schon vor der Unterbringung der Tiere auf der Grundlage des TierSchG verlangen zu können. Bestehen – wie hier – gesetzliche Sonderregelungen für das Verhältnis zwischen Geschäftsführer und Geschäftsherrn, schließen diese die Anwendung der §§ 677 ff. BGB aus (Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 30.01.2013 – 3 L 93/09 –, Rn. 85, juris).

2. Für die Zeit ab Wirksamwerden des Bescheids vom 10.09.2013 hat die Klägerin hingegen die Kosten der Sicherstellung der Tiere zu tragen. Aufgrund der Ermächtigung gemäß § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 des Tierschutzgesetzes (TierSchG) hat ihr der Beklagte diesbezüglich die Kosten der Fortnahme und anderweitigen Unterbringung zu Recht auferlegt.

Die Klägerin kann von vornherein nicht mit dem Einwand durchdringen, die Auferlegung der Kosten der Unterbringung sei rechtswidrig, weil die Unterbringung der Tiere selbst rechtswidrig erfolgt sei. Wird gegenüber demjenigen, den die Behörde für den Halter hält, die Fortnahme und anderweitige Unterbringung von Tieren wegen der in § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG genannten tierschutzwidrigen Zustände angeordnet, steht mit Bestandskraft (§ 43 Abs. 2 VwVfG) bzw. rechtskräftiger Bestätigung dieses Bescheids die Kostenerstattungspflicht des Adressaten dem Grunde nach fest. Dass die Tiere erheblich vernachlässigt waren und dass der Adressat des Bescheids Halter der Tiere war, hat das Gericht somit ohne weitere Prüfung seiner Entscheidung zugrunde zu legen. In dem nachfolgenden Leistungsbescheid wird die Kostenerstattungspflicht lediglich hinsichtlich der Höhe konkretisiert. Wird der Leistungsbescheid angefochten, können daher nur noch Einwendungen gegen die Höhe der Unterbringungskosten geltend gemacht werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 07. August 2008 – 7 C 7/08 –, BVerwGE 131, 346-352, Rn. 23). Mit Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts ist die Rechtskraft dieses Urteils, dessen Gegenstand der Bescheid vom 10.09.2013 war, eingetreten, § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO.

Einwände gegen die Höhe der Kosten, also etwa Rügen, dass bestimmte Tiere günstiger oder für einen kürzeren Zeitraum hätten untergebracht werden müssen, hat die Klägerin indes nicht erhoben.

Soweit die Klägerin geltend macht, über die Höhe der Kosten im Unklaren gewesen zu sein, berührt dies nicht die Rechtmäßigkeit des Leistungsbescheids. Es hätte der Klägerin oblegen, sich über die mit der Unterbringung der Tiere verbundenen Kosten zu vergewissern und im eigenen Interesse nach Alternativen zu suchen. Der Beklagte hatte der Klägerin im Bescheid vom 10.09.2013 diese Möglichkeit ausdrücklich eröffnet. Es ist vor dem Hintergrund der Regelungen des Bescheids auch unverständlich, warum die Klägerin dem Beklagten nicht seinerzeit anbot, die verkauften, aber noch nicht übereigneten Tiere an die Erwerber zu übergeben.

Die Auferlegung der Kosten steht auch mit Verfassungsrecht in Einklang. Sie hat keine enteignende Wirkung. Abgesehen davon, dass dieser Einwand sich gegen die Kostenpflicht an sich richtet, dessen Rechtmäßigkeit bindend feststeht, ist der Einwand in der Sache nicht gerechtfertigt. Eine Enteignung ist die Entziehung eines vermögenswerten Gegenstandes unter gleichzeitiger Übertragung auf den Staat. Die Auferlegung von Kosten, also die Belastung mit einer Verbindlichkeit, ist somit keine Enteignung.

Die Auferlegung der Kosten ist auch ansonsten nicht unverhältnismäßig. Insbesondere verstößt die unbegrenzte Inanspruchnahme der Klägerin als Handlungsstörerin nicht gegen Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG. Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Opfergrenze von Zustandsstörern folgt nichts Gegenteiliges (vgl. Beschl. v. 16.02.2000, 1 BvR 242/91). Die Klägerin ist nicht Zustands-, sondern Handlungsstörerin. Sie wurde auch nicht für die Beseitigung einer nicht von ihr gesetzten Gefahr in Anspruch genommen, sondern als Halterin, die diese Gefahr aktiv durch die Vernachlässigung der Tiere hervorgerufen hat.

Die Auferlegung der Kosten verstößt auch nicht mittelbar gegen Art. 19 Abs. 4 GG, weil der Klägerin damit die Mittel entzogen werden, mit Hilfe eines Privatgutachtens erneut gegen den Bescheid vom 10.09.2013 vorzugehen. Von Verfassungs wegen verlangen Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 19 Abs. 4 GG lediglich, dass auch die unbemittelte Partei in die Lage versetzt wird, ihre Belange in einer dem Gleichheitsgebot gemäßen Weise im Rechtsstreit geltend zu machen. Diese Gelegenheit hatte die Klägerin in dem Verfahren, in dem der Verwaltungsakt vom 10.09.2013 Streitgegenstand war. Die zitierten Verfassungsnormen begründen aber darüber hinaus keine Ansprüche auf Belassung von Sachmitteln, die aus Sicht der unbemittelten Person notwendig sind, um über den gleichen Streitgegenstand nach rechtskräftiger Entscheidung eine neue gerichtliche Entscheidung herbeizuführen.

3. Die Klägerin trägt auf der Grundlage der dargelegten Differenzierung die Kosten der Sicherstellung ab dem 12.09.2013. An diesem Tag wurde ihr der Bescheid vom 10.09.2013 zugestellt und war ihr gegenüber wirksam, §§ 43 Abs. 1 Satz 1, 41 Abs. 1 Satz 1 VwVfG. Da der Beklagte die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet hatte, galten auch die Regelungen des Verwaltungsaktes unmittelbar.

Unter Zugrundelegung der Rechnungen des Tierheims C. ist danach wie folgt zu differenzieren:

Die Rechnung vom 18.11.2013 über einen Betrag von 6.582,00 EUR betrifft allein Aufwendungen für die Tiere in der Zeit vom 01. bis 22.10.2013. In der gesamten Zeit erfolgte die Unterbringung der Tiere auf Grundlage des TierSchG. Diese Kosten hat die Klägerin somit vollständig zu tragen.

Die Rechnung vom 01.10.2013 betrifft die Versorgung im Zeitraum vom 13.08. bis 30.09.2013. Sie beinhaltet mithin sowohl Kosten, die allein der Unterbringung im Rahmen des straf- bzw. ordnungswidrigkeitsrechtlichen Ermittlungsverfahrens zuzuschreiben sind, als auch in der Zeit der Unterbringung auf der Grundlage des TierSchG entstandene Kosten. Es ist somit zu differenzieren zwischen den – von der Klägerin nicht zu tragenden – Kosten, die bis zum 11.09.2013 einschließlich entstanden sind, und den – von der Klägerin zu tragenden – Kosten im Zeitraum danach. Daraus ergibt sich folgende Rechnung:

Die Beteiligten haben sich insofern im Rahmen eines Zwischenvergleichs darauf verständigt, dass die von der Klägerin zu erstattenden Kosten für die tierärztliche Behandlung der fortgenommenen Tiere auf 1.250,00 EUR zu bemessen sind. Dies ist in der Protokollierung allerdings nur unvollständig zum Ausdruck gekommen. Laut Protokoll haben sich die Beteiligten dahin gehend verglichen, dass die Kosten für die Behandlung durch den Tierarzt auf 1.250,00 EUR festgesetzt werden sollen. Es handelt sich indes gerade um die Kosten im Zeitraum vom Wirksamwerden des Bescheids vom 10.09.2013 bis zum Stellen der ersten Zwischenrechnung durch das Tierheim am 01.10.2013. Dies ergibt sich aus dem Kontext. Aus der protokollierten Zeugenvernehmung geht hervor, dass mit Hilfe der Zeugin zuvor versucht wurde, die Kosten für genau diesen Zeitraum zu ermitteln. Da dies nicht oder nur erschwert möglich war, schlossen die Beteiligten sodann den nachfolgenden Zwischenvergleich, um diesbezüglich eine weitere Sachaufklärung entbehrlich zu machen.

Dem Gericht ist dabei bewusst, dass ein Vergleich auf Grundlage der Verwaltungsgerichtsordnung grundsätzlich keine unselbständigen Elemente oder Vorfragen des Rechtsstreits betreffen kann (Kopp/Schenke, 20. Aufl., § 106, Rn. 14a). Nach Auffassung des Gerichts ist ein solcher Vergleich jedoch zulässig, wenn er in den Wirkungen eines stets zulässigen Teilvergleichs über einen Teil des Streitgegenstands, hier der Teilregelung des Festsetzungsbescheids hinsichtlich der Tierarztkosten, gleich kommt. Die Parteien hätten aber im Wege eines Teilvergleichs die Hauptsache bezüglich dieses Teils des angefochtenen Bescheids auch ohne Weiteres der gerichtlichen Entscheidung entziehen können.

Auch wenn man einen derartigen Vergleich für unwirksam erachten würde, wäre es aber gerechtfertigt, im Rahmen einer richterlichen Schätzung gemäß § 287 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 ZPO von einem Betrag von 1.250,00 EUR auszugehen, den die Klägerin zu erstatten hat.

Gemäß § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO entscheidet das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung, wenn zwischen den Parteien streitig ist, ob ein Schaden entstanden ist und wie hoch der Schaden ist. Gemäß § 287 Abs. 2 VwGO gilt dies auch in anderen vermögensrechtlichen Streitigkeiten, soweit zwischen den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teils der Forderung in keinem Verhältnis stehen. Gemäß § 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO bleibt es dem Ermessen des Gerichts überlassen, ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen ist.

Die Vorschriften des § 287 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 ZPO sind gemäß § 173 Satz 1 VwGO auch im Verwaltungsprozess anwendbar (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 20.01.2005, 3 C 15/04, NVwZ-RR 2005, 446; Thüringer Oberverwaltungsgericht, Urt. v. 28.04.2015, 4 KO 392/08, juris; ferner Kopp/Schenke, 20. Aufl., § 86, Rn. 5d). Danach sind die Bestimmungen der ZPO entsprechend anzuwenden, wenn die Verwaltungsgerichtsordnung keine entsprechenden Bestimmungen über das Verfahren enthält und die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen. Letzteres ist nicht der Fall. Trotz Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO gilt der Grundsatz, dass das Verwaltungsgericht die Wahrheit zu ermitteln hat nicht absolut. Das Prozessrecht muss zugleich einen Ausgleich zwischen dem Anspruch der Beteiligten auf Ermittlung der Wahrheit und dem Anspruch auf eine Entscheidung innerhalb angemessener Frist herstellen. Je weniger der noch nicht vollends aufgeklärte Teil einer Forderung das Ergebnis des Rechtsstreits beeinflusst und je höher der Aufwand der vollständigen Ausermittlung ist, desto eher ist es gerechtfertigt, die Bestimmung der genauen Höhe des geschuldeten Betrages der pflichtgemäßen richterlichen Schätzung zu überantworten.

Die Tatbestandsvoraussetzungen der Normen liegen vor. Die Ermittlung der Kosten, die das Tierheim für die tierärztliche Behandlung aufgewandt hat, ist mit großen Schwierigkeiten verbunden. Auch die Vernehmung der Tierärztin oder des Tierarztes verspricht nicht notwendig eine volle Aufklärung der Kosten, die in der maßgeblichen Zeit nach Wirksamwerden des Bescheids vom 10.09.2013 bis zur Rechnungsstellung über die Abschlagszahlung in Höhe von 1.500,00 EUR angefallen sind. Die Behandlungen liegen lange zurück. Der Tierarzt wird sich nicht mehr an alle einzelnen Tiere erinnern können. Überdies wird ihm eine Zuordnung, welches von ihm behandelte Tier zu den von dem Beklagten fortgenommenen gehört, nicht möglich sein. Noch dazu machen die Tierarztkosten in Höhe von 1.500,00 EUR lediglich einen Anteil von nur knapp über 5 % der gesamten geltend gemachten Auslagen des Beklagten aus. Gemessen an der Bedeutung dieser Rechnungsposition wäre eine zeitaufwendige weitere Beweisaufnahme, deren Erkenntniswert ohnehin nicht hoch eingeschätzt werden kann, unangemessen.

Aufgrund der – wenn auch überschlägigen – Ausführungen der als Zeugin vernommenen ehemaligen Geschäftsführerin des Tierheims ergeben sich indes Anhaltspunkte für eine Schätzung in dieser Höhe. Nach den Angaben der Geschäftsführerin sind im gesamten Zeitraum vom 13.08. bis 18.11.2013 Kosten in Höhe von annähernd 4.500,00 EUR entstanden. Diese hätten sich auch über den gesamten Zeitraum verteilt, zumal es Tiere gegeben habe, die einer wiederholten Behandlung bedurft hätten. Nach Einschätzung der Mitarbeiterin wäre allein schon im hier maßgeblichen Zeitraum sogar die Veranschlagung von Tierarztkosten in Höhe von 1.500,00 EUR keinesfalls überhöht gewesen. Zudem handelte es sich – wie aus der Rechnung des Tierheims ersichtlich – um eine Abschlagszahlung, da zu diesem Zeitpunkt dem Tierheim noch gar nicht alle ärztlichen Leistungen in Rechnung gestellt worden waren. Dies beinhaltet auch die Möglichkeit, dass der Abschlag deutlich unterhalb der tatsächlichen Kosten lag. Allerdings muss das Gericht auch berücksichtigen, dass ein Anteil der mit der Zwischenrechnung geltend gemachten Kosten auf die Eingangsuntersuchung entfallen sein dürfte. Insofern geht das Gericht im Rahmen der Schätzung nicht davon aus, dass in dem Zeitraum vom 12.09.2013, also rund einen Monat nach Durchführung der Erstuntersuchungen, und dem 01.10.2013 die vollen 1.500,00 EUR angefallen sind, sieht andererseits aber nur Anlass zu einem geringen Abschlag. Dass eine Summe von 1.250,00 EUR eine angemessene Schätzung darstellt, wird schließlich auch dadurch indiziert, dass die Beteiligten, die ihrerseits Erfahrungen mit der Höhe üblicherweise erforderlicher Tierarztkosten haben, diesen Wert ihrem Zwischenvergleich zugrunde gelegt haben.

Die Klägerin muss somit die Kosten nur in Höhe von 13.831,00 EUR tragen (Summe aus 6.582,00 EUR und 7.249,00 EUR). Dies entspricht einem Anteil von nahezu exakt 55 %.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO durch das Verwaltungsgericht liegen nicht vor.