Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 12.08.2009, Az.: L 2 R 271/09
Anspruch auf Rente wegen Alters bei Überschreiten der Höchstverdienstgrenzen; Privilegierung selbstständiger Rentner durch gleichmäßige rechnerische Aufteilung der aus der selbstständigen Tätigkeit erwirtschafteten Erträge; Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit als vom Anwendungsbereich der Vorschrift des § 34 Abs. 2 S. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) erfasst; Rentenkürzung aufgrund des Überschreitens der Höchstverdienstgrenzen in zwei aufeinanderfolgenden Monaten als einzige Verdienstmonate des betreffenden Kalenderjahres wegen Anwendung des Vormonatsprinzips; Möglichkeit der Ermittlung der monatlichen Einkünfte Selbstständiger i.W.e. Einnahme-Ausgabe-Überschussrechnung
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 12.08.2009
- Aktenzeichen
- L 2 R 271/09
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2009, 23387
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2009:0812.L2R271.09.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Bremen - 17.02.2009 - AZ: S 11 R 238/06
Rechtsgrundlagen
- § 15 Abs. 1 SGB IV
- § 34 SGB VI
- § 48 SGB X
- § 4 Abs. 3 EStG
- Art. 3 Abs. 1 GG
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers auch aus dem Berufungsverfahren. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der 1941 geborene Kläger wendet sich gegen eine Teilrückforderung der ihm gewährten Altersrente für den Monat Dezember 2004 aufgrund der Erzielung eines Hinzuverdienstes.
Mit Bescheid vom 27. Juni 2001 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab Juli 2001 Altersrente für Schwerbehinderte. Dabei wies sie ihn darauf hin, dass die Altersrente bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres nur bei Einhaltung der Hinzuverdienstgrenzen in voller Höhe zu gewähren sei; diese Hinzuverdienstgrenze betrage bei einer Rente wegen Alters als Vollrente monatlich 630 DM. Ergänzend erläuterte die Beklagte, dass die jeweils maßgebende Hinzuverdienstgrenze zweimal im Laufe eines jeweiligen Kalenderjahres bis zum Doppelten der für einen Monat geltenden Hinzuverdienstgrenze überschritten werden dürfe, wenn die Überschreitungen durch einmal gezahltes Arbeitsentgelt (z.B. Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld) bedingt seien.
Im November 2004 nahm der Kläger eine selbständige Tätigkeit als freiberuflicher Berater auf, die nach seinen Angaben mit 35 EUR je Stunde entlohnt werden sollte. Seinem Auftraggeber stellte er folgende Arbeitszeiten in Rechnung: November 2004: 70,75 Stunden; Dezember 2004: 21,25 Stunden; Januar 2005: 12,50 Stunden; Februar 2005: 20 Stunden. Erhalten hat der Kläger lediglich drei Abschlagszahlungen in Höhe von jeweils 690 EUR, und zwar am 2. Dezember 2004, 30. Dezember 2004 und am 29. März 2005, sowie erst im Jahre 2009 aufgrund eines im Zivilrechtsstreit mit seinem Auftraggeber abgeschlossenen Vergleiches eine Schlusszahlung von 250 EUR.
Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2004 sind als Einkünfte aus selbständiger Arbeit beim Kläger 1.035 EUR berücksichtigt worden, und zwar entsprechend den im Dezember 2004 erhaltenen Einnahmen von zweimal 690 EUR, d.h. von insgesamt 1.380 EUR, vermindert um den steuerrechtlich berücksichtigungsfähigen pauschalen Betriebsausgabenabzug von 25%. Entsprechend sind im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2005 Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 517 EUR berücksichtigt worden.
Mit Bescheid vom 25. April 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1. August 2006 hob die Beklagte gestützt auf § 48 SGB X die dem Kläger gewährte Altersrente für die Monate November 2004 bis Januar 2005 auf, soweit mehr als eine Teilrente in Höhe von zwei Dritteln der Vollrente zuerkannt worden war, da er bezüglich dieser Monate die für den Bezug einer Vollrente nach § 34 Abs. 2 und 3 SGB VI maßgebliche Hinzuverdienstgrenze von monatlich 345 EUR überschritten habe. Dem Kläger helfe auch nicht weiter, dass nach § 34 Abs. 2 Satz 1 SGB VI ein zweimaliges Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze im Laufe eines jeden Kalenderjahres außer Betracht zu bleiben habe. In einem Monat des erstmaligen Zusammentreffens der Rente mit einem Hinzuverdienst sei lediglich die einfache Hinzuverdienstgrenze maßgebend, es sei denn, ein höherer Hinzuverdienst sei "durch Besonderheiten , wie z.B. Weihnachtsgeld oder Mehrarbeit, " bedingt. Zugleich forderte die Beklagte den Kläger zur Erstattung des überzahlten Betrages von 1.497,18 EUR auf.
Mit der am 15. August 2006 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass nach § 34 Abs. 2 Satz 1 SGB VI ein zweimaliges Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze im Laufe eines jeden Kalenderjahres außer Betracht zu bleiben habe. Hiervon ausgehend habe er während jeweils zwei Monate innerhalb eines Kalenderjahres bis zu 690 EUR hinzuverdienen dürfen, ohne seinen Rentenanspruch zu tangieren. Diese Grenze sei für ihn in den Monaten November und Dezember 2004 sowie Januar 2005 jeweils maßgebend gewesen; er habe sie auch nicht überschritten.
Darüber hinaus habe die Beklagte versäumt, ihn vorher rechtzeitig darüber zu informieren, dass nach ihrer - im Gesetzeswortlaut keine Stütze findenden - Rechtsauffassung eine Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze nur nach einem vorangegangenen Monat mit einem Hinzuverdienst unterhalb dieser Grenze zulässig sei.
Mit Urteil vom 17. Februar 2009 hat das Sozialgericht Bremen die angefochtenen Bescheide abgeändert, soweit in diesen für die Monate November 2004 bis Januar 2005 nur eine 2/3-Rente festgesetzt worden ist. Zugleich hat es die Rückforderung über 1.497,18 EUR aufgehoben. Zur Begründung hat es darauf abgestellt, dass das Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze von 345 EUR durch den monatlichen Hinzuverdienst von 690 EUR in den Monaten November und Dezember 2004 nach § 34 Abs. 2 Satz 2 SGB VI privilegiert sei, da diese Vorschrift ein zweimaliges Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze im Laufe eines jeden Kalenderjahres gestatte. Da im Januar 2005 ein neues Kalenderjahr begonnen habe, habe der Kläger die Privilegierung erneut in Anspruch nehmen können.
Gegen dieses ihr am 30. April 2009 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 26. Mai 2009. Die Beklagte ist der Auffassung, dass auch ein bis zu zweimaliges Überschreiten der monatlichen Hinzuverdienstgrenze um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze nach § 34 Abs. 2 Satz 2 SGB VI nur dann nicht zu einer Rentenkürzung führe, wenn im jeweiligen Vormonat ein die Hinzuverdienstgrenze wahrender Hinzuverdienst erzielt worden sei. Das BSG habe diese Frage zwar im Urteil vom 26. Juni 2008 (B 13 R 119/07) ausdrücklich offen gelassen; in anderen Urteilen aber hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Privilegierung nur bei einem Hinzuverdienst unterhalb der Hinzuverdienstgrenze im Vormonat in Betracht komme.
Die Beklagte will allerdings diesen von ihr herangezogenen Grundsatz in folgenden Fällen nicht angewandt wissen: Auch wenn im Vormonat kein die Hinzuverdienstgrenze wahrender Hinzuverdienst erzielt worden sei, könne sich der Versicherte auf die Privilegierung des § 34 Abs. 2 Satz 2 SGB VI berufen, wenn es sich um die Vergütung von Mehrarbeit handele, wenn Sonderzahlungen gewährt worden seien, wenn es sich um den Monat des Rentenbeginns handele oder wenn der Verdienst aufgrund von "Besonderheiten" die Hinzuverdienstgrenze überschreite.
Nach Überprüfung ihres Rechtsstandpunktes hat die Beklagte ihre Berufung hinsichtlich der Monate November 2004 und Januar 2005 zurückgenommen und dementsprechend den vom Kläger zu erstattenden Betrag auf 499,06 EUR ermäßigt.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 17. Februar 2009 aufzuheben, soweit der Rentenbescheid vom 25. April 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 01. August 2006 auch hinsichtlich der Gewährung einer Rente für den Monat Dezember 2004 geändert worden ist und soweit die Rückforderung auch hinsichtlich eines Teilbetrages von 499,06 EUR aufgehoben worden ist.
Insoweit beantragt sie weiter,
die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat in seinem angefochtenen Urteil bezogen auf den nach der Teilrücknahme der Berufung allein noch zur Überprüfung stehenden Monat Dezember 2004 zutreffend die angefochtene mit einem Erstattungsbegehren verbundene Kürzung des Rentenzahlbetrages aufgehoben.
Das vom Kläger im Monat Dezember 2004 erzielte Einkommen aus einer selbständigen Beratertätigkeit ließ nach den gesetzlichen Vorgaben des § 34 SGB VI seinen Anspruch auf Weitergewährung der Altersrente in voller Höhe unberührt. Damit fehlte die erforderliche Grundlage für eine auf § 48 SGB X gestützte Teilaufhebung des Rentenbewilligungsbescheides hinsichtlich des Zahlbetrages für diesen Monat.
Nach § 34 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB VI (in der im streitbetroffenen Zeitraum maßgeblichen Fassung des d. Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes vom 21. Juli 2004, BGBl. I 1791) besteht Anspruch auf eine Rente wegen Alters vor Vollendung des 65. Lebensjahres nur, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten wird. Sie wird nicht überschritten, wenn das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen aus einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit oder vergleichbares Einkommen im Monat die in Absatz 3 genannten Beträge nicht übersteigt, wobei ein zweimaliges Überschreiten um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze nach Absatz 3 im Laufe eines jeden Kalenderjahres außer Betracht bleibt.
Die Hinzuverdienstgrenze betrug nach § 34 Abs. 3 SGB VI im streitigen Zeitraum bei einer Rente wegen Alters als Vollrente ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße, d.h. monatlich 345 EUR.
Für die Bestimmung, welches Einkommen als Arbeitseinkommen zu werten ist, ist nach § 15 Abs. 1 SGB IV allein das Einkommensteuerrecht maßgeblich. Damit wird eine volle Parallelität von Einkommensteuerrecht und Sozialversicherungsrecht sowohl bei der Zuordnung zum Arbeitseinkommen als auch bei der Höhe des Arbeitseinkommens erreicht. Es verbleibt kein Raum für die Begründung eines eigenen sozialversicherungsrechtlichen Begriffs des "Arbeitseinkommens aus selbstständiger Tätigkeit" neben dem steuerrechtlichen Begriff der Gewinneinkünfte aus selbstständiger Tätigkeit. Die steuerrechtliche Zuordnung ist sowohl für die Höhe des als Arbeitseinkommen zu wertenden Einkommens als auch für die Bewertung von Einkommen als Arbeitseinkommen (aus selbstständiger Tätigkeit) maßgeblich (BSG, U.v. 7. Oktober 2004 - B 13 RJ 13/04 R - SozR 4-2400 § 15 Nr. 2).
Zu dem danach zu berücksichtigenden Arbeitseinkommen zählt nach § 18a Abs. 2a Nr. 3 SGB IV insbesondere auch der Gewinn aus selbständiger Arbeit - hier in Form einer selbständiger Beratertätigkeit - im Sinne des § 18 Einkommensteuergesetzes (EStG). Steuerpflichtige, die, wie der Kläger, nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen, können nach § 4 Abs. 3 EStG als (Jahres-)Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen.
1.
Im Dezember 2004 hatte der Kläger Anspruch auf Gewährung einer Altersrente in Höhe der Vollrente. In diesem Monat lag das Arbeitseinkommen des Klägers ausgehend von den im Jahr 2004 erzielten Einkünften aus der selbständigen Tätigkeit zwar oberhalb der entsprechenden einfachen Hinzuverdienstgrenze, jedoch unterhalb des Doppelten dieser Grenze; in diesem Monat lagen auch die übrigen Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme der Privilegierung des § 34 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 SGB VI vor.
a)
Der nach den erläuterten Grundsätzen auch für die Ermittlung des sozialversicherungsrechtlich relevanten Arbeitseinkommens maßgebliche Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes Bremen-West vom 15. August 2005 weist für das Jahr 2004 Einkünfte des Klägers aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 1.035 EUR aus. Auch wenn der Jahressteuerbescheid entsprechend den einkommensteuerrechtlichen Vorgaben diesbezüglich nur die Jahreseinkünfte ausweist, sind diese angesichts der - auch vom Kläger angegebenen - erstmaligen Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit im November 2004 lediglich auf die beiden letzten Monate des Jahres 2004 aufzuteilen, so dass sich für jeden dieser beiden Monate ein Hinzuverdienst von jeweils 517,50 EUR ergibt.
Eine gleichmäßige rechnerische Aufteilung des Jahreseinkommens aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 1.035 EUR auf alle 12 Kalendermonate des Jahres 2004 ist nicht angezeigt. Sie würde zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Privilegierung Selbständiger im Vergleich zu abhängig Beschäftigten führen, bei denen die Lohnzahlungen monatlich erfasst werden und dementsprechend auch nicht auf Monate vor Beginn der abhängigen Beschäftigung verteilt werden können.
b)
Einer Anwendung der Privilegierung des § 34 Abs. 2 Satz 2 SGB VI steht zunächst nicht entgegen, dass der Kläger den Hinzuverdienst aufgrund selbständiger Tätigkeit erzielt hat. Die Regelung des § 34 Abs. 2 Satz 2 SGB VI bezieht sich nach ihrem klaren Wortlaut auf Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen, mithin entsprechend der Legaldefinition des § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV auch auf den Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit.
Dementsprechend ist auch in der Rechtsprechung des BSG anerkannt, dass von der Privilegierung des § 34 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 SGB VI im Grundsatz auch Selbständige Gebrauch machen können (BSG, U.v. 31. Januar 2002 - B 13 RJ 33/01 R - SozR 3-2600 § 34 Nr. 4), wenngleich nicht zu verkennen ist, dass die konkrete Interpretation der tatbestandlichen Voraussetzungen in der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine Inanspruchnahme erheblich erschwert.
Die Zweckbestimmung des Überschreitensrechts nach § 34 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 SGB VI wird allerdings in der Rechtsprechung auch damit beschrieben, dass der Gesetzgeber durch diese Regelung des privilegierten zweimaligen Überschreitens den Arbeitsvertragsparteien die Möglichkeit eröffnen wollte, Arbeitsverträge so zu gestalten, dass die maßgeblichen Hinzuverdienstgrenzen unabhängig von Schwankungen in Folge variabler monatlicher Arbeitszeiten oder Sonder- bzw. Einmalzahlungen eingehalten und somit gewissen (zweimaligen) "Verdienstspitzen" im Kalenderjahr - von vornherein - die rentenschädliche Wirkung genommen werden können (BSG, U.v. 26. Juni 2008 - B 13 R 119/07 R - unter Bezugnahme auf den Gesetzentwurf der Fraktionen CDU/CSU, SPD und FDP zum RRG 1992, BT-Dr 11/4124, S. 161). Dieser Ansatz kann jedoch nicht in dem Sinne weitergeführt werden, dass der Gesetzgeber im Ergebnis letztlich die Privilegierung des 34 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 SGB VI von vornherein auf Arbeitnehmer habe beschränken wollen, auch wenn dies im Wortlaut der Bestimmung keinen Ausdruck gefunden hat.
Einer solchen den Anwendungsbereich dieser Vorschrift auf Hinzuverdienst auf Arbeitsentgelt beschränkenden Interpretation ständen bereits die verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art. 3 Abs. 1 GG entgegen. Mit den rechtlichen Vorgaben im Steuerrecht hat der Gesetzgeber - entsprechend seiner verfassungsrechtlichen Verpflichtung - zum Ausdruck gebracht, dass ein nach den Bestimmungen des Einkommensteuerrechts ermitteltes Einkommen aus einer abhängigen Beschäftigung das gleiche wirtschaftliche Leistungsvermögen zum Ausdruck bringt wie ein ebenfalls nach den Bestimmungen des Einkommensteuerrechts ermitteltes Einkommen in gleicher Höhe aus selbständiger Tätigkeit.
Steuerrechtliche Regelungen sind so auszugestalten, dass Gleichheit im Belastungserfolg für alle Steuerpflichtigen hergestellt werden kann. Ein dem Art. 3 Abs. 1 GG genügender Vergleich muss in einem Gesamtvergleich die steuererheblichen Unterschiede zwischen den Lohneinkünften und den übrigen Einkunftsarten analysieren und bewerten und dabei die typischerweise zusammentreffenden Vor- und Nachteile für die Belastung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit beachten. Gleichheitserheblich ist insoweit der durch die Gesamtregelung hergestellte Belastungserfolg. In diesem Gesamtvergleich sind insbesondere die Verschiedenheiten in den Erklärungs- und Buchführungspflichten einschließlich ihrer Kostenfolge, die jeweiligen Zeitwirkungen der Maßstäbe für Gewinn- und Überschusseinkünfte, die gesetzlichen Regelungen zur Annäherung der Belastungszeitpunkte und zum Ausgleich von Liquiditätsunterschieden, Vereinfachungen und Typisierungen für die einzelnen Einkunftsarten zu beurteilen (BVerfG, B. v. 10. April 1997 - 2 BvL 77/92 - E 96, 1). So ist beispielsweise als Nachteil bei der Versteuerung von Einkünften aus selbständiger bzw. gewerblicher Tätigkeit zu berücksichtigen, dass die für Investitionen getätigten Aufwendungen ungeachtet dessen, dass die entsprechenden Mittel zwangsläufig nicht mehr für den allgemeinen Lebensunterhalt verwandt werden können, bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens im Investitionsjahr im allgemeinen nicht in voller Höhe, sondern nur zu einem sich aus den Abschreibungsregelungen ergebenden Bruchteil berücksichtigt werden können. Dies gilt auch dann, wenn mit der Investition keine (auf dem Markt durch einen Verkauf des Investitionsgutes bei Bedarf ernsthaft zu realisierende) Vermögensmehrung verbunden ist.
Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber im Rahmen der ihm obliegenden Typisierung diese verfassungsrechtlichen Vorgaben verfehlt hat. Hiervon ausgehend darf aber auch bei der Anwendung des Sozialrechts einem Einkommen aus selbständiger Tätigkeit kein höherer Wert beigemessen werden als einem gleich hohen Einkommen aus einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis.
Allerdings sieht das SGB IV sozialrechtlich insofern eine spezifische Benachteiligung der Arbeitnehmer im Vergleich zu Selbständiger vor, als nur bei den Selbständigen nach § 15 SGB IV das steuerrechtlich zu ermittelnde Einkommen heranzuziehen, wohingegen bei Arbeitnehmern nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV das tatsächlich bezogene Arbeitsentgelt zugrunde gelegt wird. Letzteres unterliegt nicht als solches der Steuerpflicht, zu versteuern ist vielmehr nach dem EStG nur der Teil des Arbeitsentgeltes, der dem Arbeitnehmer nach Abzug der Werbungskosten verbleibt (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG).
Während bei Selbständigen der Ermittlung des rentenschädlichen Hinzuverdienstes die erzielten Einnahmen nur nach Abzug der damit verbundenen Ausgaben und damit nur in Höhe des steuerrechtlichen Gewinns zugrunde gelegt werden, verwehren es die erläuterten gesetzlichen Vorgaben, die mit der Erzielung von Arbeitslohn verbundenen Ausgaben des Arbeitnehmers, also seine Werbungskosten, in Abzug zu bringen.
Inwieweit diese gesetzliche Differenzierung verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen könnte (vgl. verneinend BVerfG, B.v. 22. Mai 2001 - 1 BvL 4/96 - E 103, 392 - für die entsprechende Problematik bei der Heranziehung zu Krankenkassenbeiträgen, soweit ein Ausgleich typisierend durch Festsetzung einer besonderen Mindestbemessungsgrenze erfolgt), kann im vorliegenden Zusammenhang dahingestellt bleiben, da sie jedenfalls nicht den Kläger benachteiligt. Für die vorliegende Fallgestaltung ist lediglich klarzustellen, dass die herausgearbeitete Benachteiligung der Arbeitnehmer nicht dadurch behoben werden kann, dass im Gegenzug auch die Privilegierung des § 34 II 2 Halbs. 2 SGB VI auf Arbeitnehmer beschränkt wird.
Das BSG hat - in etwas anderem Zusammenhang - darauf hingewiesen, dass die Selbstständigen - zumindest typisierend und pauschalierend - von Vorteilen (allerdings auch von Nachteilen) bei der Berechnung des Hinzuverdienstes profitieren, welche systembedingt aus der unterschiedlichen Berechnungsweise des Arbeitsentgelts auf der einen und des Arbeitseinkommens auf der anderen Seite folgen, und die die Arbeitnehmer von vornherein nicht in Anspruch nehmen können (vgl. Urteil. v. 3. Mai 2005 - B 13 RJ 8/04 R - a.a.O.).
Es fehlt jedoch schon - abgesehen von der erforderlichen gesetzgeberischen Typisierungsentscheidung - an der Eignung einer abweichenden Interpretation im Sinne einer Beschränkung auf Arbeitsentgelt zur Behebung der dargelegten Benachteiligung bei der Ermittlung des berücksichtigungsfähigen Hinzuverdienstes. Zum einen trifft die angesprochene Benachteiligung nur diejenigen Arbeitnehmer, die zur Erzielung des Hinzuverdienstes (nennenswerte) Werbungskosten aufwenden müssen. Zum anderen können von der Privilegierung des § 34 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 SGB VI nicht alle Arbeitnehmer profitieren, sondern - jedenfalls nach Maßgabe der bisherigen Rechtsprechung des BSG - nur diejenigen, bei denen die rechtlichen und tarifvertraglichen Vorgaben und eine womöglich vorhandene Kooperationsbereitschaft des Arbeitgebers eine Gestaltung des Lohnzuflusses in der Form ermöglichen, dass durch eine geschickte Verteilung des Arbeitslohnes im Jahresablauf im Ergebnis über das Jahr gerechnet das 14fache der monatlichen Hinzuverdienstgrenze verdient werden kann, ohne dass eine Rentenkürzung erfolgt. Dabei besteht kein sachlicher Zusammenhang zwischen der erläuterten Benachteiligung und der Begünstigung. Es fehlt damit auch eine greifbare Grundlage, um im Rahmen einer typisierenden Betrachtung von einem sachgerechten Ausgleich des Nachteils durch die Anwendung der Privilegierung des § 34 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 SGB VI ausgehen zu können.
Im Zwischenergebnis ist damit festzuhalten, dass der Gesetzgeber in tatsächlicher Hinsicht bei der Regelung des § 34 Abs. 2 Satz 2 SGB VI zunächst den klassischen Beispielsfall eines Weihnachts- und Urlaubsgeld beziehenden Arbeitnehmers vor Augen gehabt hat, dass er aber davon abgesehen hat, den Anwendungsbereich dieser Vorschrift in diesem Sinne zu beschränken. Eine entsprechende Reduktion des Anwendungsbereichs lässt sich auch nicht im Wege der Gesetzesauslegung rechtfertigen.
c)
Ebenso wenig steht einer Heranziehung der Privilegierung des § 34 Abs. 2 Satz 2 2. Halbs. SGB VI bezogen auf die in den Monaten November und Dezember 2004 erzielten Hinzuverdienste in Höhe von jeweils 517,50 EUR im vorliegenden Fall entgegen, dass der Kläger in dem diesen beiden Monaten vorausgegangenen Monat, d.h. im Oktober 2004, überhaupt keinen Hinzuverdienst erzielt hat.
Die Auffassung der Beklagten, wonach sich der Kläger auf die erläuterte Vorschrift nur dann berufen könnte, wenn er auch im Monat Oktober 2004 einen - die Hinzuverdienstgrenze wahrenden - Hinzuverdienst erzielt hätte, findet im Gesetzeswortlaut keine Stütze. Das Gesetz stellt auf "ein zweimaliges Überschreiten um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze nach Absatz 3 im Laufe eines jeden Kalenderjahres" ab, bezüglich der in den vorausgegangenen Kalendermonaten erzielten Einkünfte macht das Gesetz im Übrigen aber keine Vorgaben.
Dabei kann sich die Frage nach der Maßgeblichkeit eines solchen Vormonatsprinzips im vorliegenden Rechtsstreit nach der Teilrücknahme der Berufung nur noch dann auf die Entscheidung auswirken, wenn Anwendung seiner nicht nur im ersten Monat nach einem hinzuverdienstfreien Monat einer Privilegierung des Hinzuverdienstes nach § 34 Abs. 2 Satz 2 2. Halbs. SGB VI entgegenstehen würde, sondern sich dieses Hindernis gewissermaßen in Fortentwicklung eines solchen Prinzips auch auf den nachfolgenden Monat erstrecken und damit (jedenfalls bei gleich bleibenden Einkünften) der Inanspruchnahme des Privilegs in den ersten beiden Monaten nach einem hinzuverdienstfreien Monat entgegenstehen würde.
Letztere Frage stellt sich allerdings aus der Sicht des Senates schon deshalb nicht, weil er in diesem Zusammenhang der Beklagten bereits im Ausgangspunkt nicht zu folgen vermag. Das Gesetz kennt kein Vormonatsprinzip in dem Sinne, dass eine Privilegierung des Hinzuverdienstes nach § 34 Abs. 2 Satz 2 2. Halbs. SGB VI zur Voraussetzung hat, dass im Vormonat ein Hinzuverdienst unterhalb der Hinzuverdienstgrenze erzielt worden ist.
Letztlich räumt die Beklagte selbst ein, dass das Gesetz keinen Hinzuverdienst im Vormonat (unterhalb der Hinzuverdienstgrenze) verlangt. Sie hat mit der Berufungsbegründung gleich eine ganze Reihe von Fallgestaltungen dargelegt, in denen der Versicherte auch nach ihrem Verständnis trotz Fehlens eines entsprechenden Hinzuverdienstes im Vormonat die Privilegierung des § 34 Abs. 2 Satz 2 SGB VI für sich in Anspruch nehmen kann. Entsprechende Ausnahmen bejaht sie für Fallgestaltungen, bei denen es sich um die Vergütung von Mehrarbeit handelt, wenn Sonderzahlungen gewährt worden sind, wenn es sich um den Monat des Rentenbeginns handelt oder wenn der Verdienst aufgrund von "Besonderheiten" die Hinzuverdienstgrenze überschreitet. Für dieses gesamte komplexe Regel-Ausnahme-Geflecht vermag der Senat dem Gesetzeswortlaut keine Hinweise zu entnehmen.
Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Beklagte ausgehend von Ihrem Rechtsstandpunkt zunächst im Einzelnen hätte herausarbeiten müssen, wann eine Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze ohne einen Hinzuverdienst im Vormonat bei einer selbständigen Tätigkeit durch "Besonderheiten" bedingt sein soll und weshalb es im vorliegenden Zusammenhang an solchen "Besonderheiten" fehlen soll. Diesbezüglich fehlt es an näheren Darlegungen der Beklagten; insbesondere bleibt völlig offen, unter welchen Voraussetzungen diese bei einem Selbständigen von einer "Besonderheit" in Form der Mehrarbeit ausgehen will, wie sie auch nach ihrer Einschätzung die Inanspruchnahme der Privilegierung auch im ersten Monat eines Hinzuverdienstes ermöglichen soll.
Erst recht ist nicht ersichtlich, dass das von der Beklagten befürwortete Regel-Ausnahme-Geflecht den gesetzgeberischen Zielvorstellungen Rechnung trägt. Vielmehr sprechen diese für eine Privilegierung auch solcher Monate mit Überschreitungen, denen Monate ohne Hinzuverdienst vorausgegangen sind.
Der Sinn und Zweck des zweimaligen Überschreitensrechts ist im Ausgangspunkt darin zu sehen, bei zweimal jährlichen, kurzfristigen Änderungen des Arbeitsentgelts die eigentlich erforderlichen Rentenminderungen zu vermeiden (BSG, U.v. 6. Feb. 2007 - B 8 KN 3/06 R - SozR 4-2600 § 96a Nr. 9). In diese Hinsicht deutet auch der - substanzarme - Hinweis in der Gesetzesbegründung, dass die Privilegierung "den Bedürfnissen der Praxis" Rechnung trage (vgl. BT-Drs. 11/4124, S. 161).
Dieser Ansatz kann im Ergebnis in zweifacher Hinsicht verstanden werden: Zum einen könnte der Gesetzgeber den mit der Feststellung einer Überschreitung einer Hinzuverdienstgrenze und einer daraus folgenden (Teil-)Rückforderung der Rentenzahlung verbundenen Verwaltungsaufwand - ungeachtet der damit einhergehende Mindereinnahmen für den Rentenversicherungsträger - für entbehrlich erachtet haben, soweit es sich um die ersten beiden Überschreitungen in einem Kalenderjahr handelt. Ob ein solcher Legitimationsansatz sich als verfassungsrechtlich tragfähig erweist, kann im vorliegenden Zusammenhang offen bleiben. Verwaltungstechnische Gründe können die Verschiedenbehandlung vergleichbarer Sachverhalte durch den Gesetzgeber nur unter der Voraussetzung rechtfertigen, dass bei einer Gleichbehandlung erhebliche verwaltungstechnische Schwierigkeiten entstünden, die nicht durch einfachere, die Betroffenen weniger belastende Regelungen behoben werden könnten (BVerfG, B. v. 8. Oktober 1991 - 1 BvL 50/86 - E 84, 348). Es dürfte kaum nachvollziehbar sein, dass die Vornahme einer Rentenkürzung auch für die ersten zwei Kalendermonate mit einer Überschreitung des zulässigen Hinzuverdienstes mit "erheblichen" verwaltungstechnischen Schwierigkeiten verbunden wäre. Sie dürfte vielmehr ebenso problemlos möglich sein, wie die ohnehin nach den gesetzlichen Vorgaben ab dem dritten Kalendermonat mit einer Überschreitung der einfachen Hinzuverdienstgrenze und in den ersten beiden Kalendermonaten mit einer Überschreitung der doppelten Hinzuverdienstgrenze vorzunehmenden (Teil )Aufhebungen der Rentenbewilligungsbescheide.
Im Ergebnis kommt es für die Entscheidung im vorliegenden Fall auf die angesprochenen Legitimationserwägungen jedoch schon deshalb nicht entscheidend an, weil auch unter Zugrundelegung einer Interpretation des Gesetzeszweckes im angesprochenen Sinne nichts dafür spricht, als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal einen Hinzuverdienst im Vormonat zu fordern: Die mit einem Verzicht auf eine Rentenkürzung ggfs. in Betracht kommende Vereinfachung im Verwaltungsablauf wird nicht dadurch tangiert, ob im jeweiligen Vormonat ein Hinzuverdienst erzielt worden ist.
Der Ansatz, dass bei zweimal jährlichen, kurzfristigen Änderungen des Arbeitsentgelts die eigentlich erforderlichen Rentenminderungen vermieden werden soll, kann ferner zum Ausdruck bringen, dass eine entsprechende Überschreitung vom Gesetzgeber noch als quantitativ geringfügig bewertet worden ist und dass er vor diesem Hintergrund eine Rentenkürzung in den privilegierten Fällen als unangemessene Härte angesehen hat. Ob bei einem solchen Ansatz der Gesetzgeber im Ergebnis unter Einbeziehung der verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 GG die Wertung getroffen hat, dass im Jahresverlauf eine Überschreitung der monatlichen Hinzuverdienstgrenze bis zum 14fachen zulässig ist, ehe eine Rentenkürzung als verhältnismäßig anzusehen ist, kann vorliegend offen bleiben. Jedenfalls wird auch eine so verstandene Hinnehmbarkeit einer Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze nicht dadurch berührt, dass im jeweiligen Vormonat ein Hinzuverdienst gänzlich gefehlt hat. Die Nichterzielung eines Hinzuverdienstes im Vormonat spricht sogar eher für als gegen die Unverhältnismäßigkeit einer Rentenkürzung im darauf folgenden Monat.
Aus dem Vorstehenden ergibt sich zugleich, dass es auch an einem sachlich gerechtfertigten Grund im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG für die von der Beklagten befürwortete Ungleichbehandlung des Überschreitens der Hinzuverdienste in Abhängigkeit von der Erzielung eines Hinzuverdienstes (unterhalb der Grenze) im jeweiligen Vormonat fehlt. Einem Versicherten, der während des ganzen Jahres sich monatlich 300 EUR hinzuverdient und während der Urlaubsmonate Juli und August aufgrund des dann erhöhten Vertretungsbedarfs monatlich weitere 300 EUR (dann insgesamt also monatlich 600 EUR) erzielt, will die Beklagte die Rente in voller Höhe bei einem Jahreshinzuverdienst von 4.200 EUR belassen. Einem Versicherten, der lediglich in den Urlaubsmonaten Juli und August eine mit monatlich 600 EUR bezahlte Aushilfstätigkeit erlangen kann und dessen Jahreshinzuverdienst sich damit lediglich auf 1.200 EUR beläuft, will sie hingegen die Altersrente anteilig kürzen. Für eine am Gerechtigkeitsgedanken orientierte Betrachtungsweise (BVerfG, B.v. 23. Mai 2006 - 1 BvR 1484/99 - E 115, 381) weisen die tatsächlichen Ungleichheiten keine Relevanz in dem Sinne auf, dass eine Benachteiligung des einen Hinzuverdienst lediglich während zweier Monate erzielenden Versicherten in Betracht kommen würde.
d)
Einer Heranziehung der privilegierenden Vorschrift des § 34 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 SGB VI im Monat Dezember 2004 und damit im zweiten Monat des Kalenderjahres 2004, in dem der Kläger die einfache (nicht jedoch die doppelte) Hinzuverdienstgrenze überschritten hat, steht auch nicht entgegen, dass bereits im vorausgegangenen Monat November 2004 die Hinzuverdienstgrenze überschritten worden ist.
Der 13. Senat des BSG vertritt die Auffassung, dass die Frage, ob ein Überschreiten vorliegt, an der zuvor, d.h. an der im jeweiligen, Vormonat eingehaltenen Hinzuverdienstgrenze zu beurteilen ist. Wird die Hinzuverdienstgrenze des Vormonats eingehalten, ist die Rente vom Rentenversicherungsträger ohne weiteres in der dieser Hinzuverdienstgrenze zugeordneten Höhe zu leisten (vgl. Urteil v. 26. Juni 2008 - B 13 R 119/07 R -). Auch der 8. Senat des BSG vertritt im Grundsatz dieses "Vormonatsprinzip", lässt aber ausdrücklich offen, ob nicht möglicherweise etwas anderes gilt, wenn der Verdienst lediglich in zwei aufeinanderfolgenden Monaten dieselbe Hinzuverdienstgrenze übersteigt und danach wieder darunter absinkt (vgl. Urteil vom 6. Februar 2007 - B 8 KN 3/06 R - SozR 4-2600 § 96a Nr. 9).
Mit letzterer Einschränkung dürfte der 8. Senat des BSG zunächst im Ergebnis selbst von der des Weiteren in dem o.g. Urteil vertretenen Auffassung abrücken, wonach von einem "Überschreiten" (als höchstens zweimalige Ausnahme zu dem der gesetzlichen Konzeption zu Grunde liegenden Regelfall des gleichmäßig unter einer Grenze liegenden Verdienstes) schon begrifflich nur gesprochen werden könne, wenn sich der Hinzuverdienst über die im jeweiligen Vormonat eingehaltene Hinzuverdienstgrenze hinaus erhöht (vgl. auch BSG, U.v. 26. Juni 2008 - B 13 R 119/07 R -). Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch besagt das Verb "überschreiten" nur, dass man sich nicht an das Festgelegte hält, sondern darüber hinausgeht (vgl. Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, Band 7, 2. Aufl. 1995, S. 3502). Es trifft keine Aussage dazu, ob das Festgelegte zuvor eingehalten worden ist. Ein Autofahrer, der bei Beginn der Ortsdurchfahrt nicht abbremst, sondern weiter mit 80 km/h fährt, "überschreitet" die Geschwindigkeitsgrenze auch dann, wenn er sie dort noch nie eingehalten hat.
Aus dem Wortlaut des § 34 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 SGB lässt sich daher nicht "begrifflich" ableiten, dass die Privilegierung nur in Anspruch genommen werden kann, wenn sich der Hinzuverdienst über die im jeweiligen Vormonat eingehaltene Hinzuverdienstgrenze hinaus erhöht. Es würde sich bei einem solchen Gesetzesverständnis vielmehr um eine teleologische Reduktion handeln, wobei jedoch jedenfalls bezogen auf Fallgestaltungen der vorliegenden Art nicht ersichtlich ist, dass der Gesetzeszweck eine entsprechende Einschränkung fordert.
Es ist kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, dass ein Versicherter, der bei einem gewöhnlichen monatlichen Hinzuverdienst von 300 EUR in den Monaten Juli und August durch Überstunden einen monatlichen Hinzuverdienst von 500 EUR erzielt, im Monat August (in Anwendung des sog. Vormonatsprinzips) eine Rentenkürzung erfahren soll, wohingegen eine solche Rentenkürzung unterbleiben soll, wenn die beiden Monate mit Überstunden nicht unmittelbar aufeinandergefolgt wären, sondern wenn zwischen ihnen jedenfalls ein Monat mit einem die Hinzuverdienstgrenze nicht überschreitenden Hinzuverdienst gelegen hätte (etwa Überstunden im Juli und September statt Überstunden im Juli und August). Keiner der bereits im Einzelnen dargelegten in Betracht kommenden gesetzgeberischen Ziele spricht für eine solche Differenzierung; einer entsprechenden Ungleichbehandlung würde damit auch ein sachlicher Grund im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG fehlen.
Insbesondere ist eine solche Differenzierung auch nicht erforderlich, um die Transparenz der jeweils maßgeblichen Hinzuverdienstgrenzen zu wahren. Die Rentenversicherungsträger und die Versicherten müssen nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil v. 26. Juni 2008 - B 13 R 119/07 R -) im Hinblick auf die möglicherweise erheblichen Rechtsfolgen die Möglichkeit haben, stets sofort überprüfen zu können, ob bei einer Änderung des Hinzuverdienstes die bislang maßgebliche Hinzuverdienstgrenze überschritten wird. Dies setze voraus, dass bereits im jeweiligen Kalendermonat feststeht, welche Hinzuverdienstgrenze (als Vergleichsmaßstab) heranzuziehen ist. Hieran anknüpfend werden die Rentenversicherungsträger sogar als verpflichtet angesehen, die jeweiligen Hinzuverdienstgrenzen genau zu benennen, damit es der Versicherte in der Hand hat, eine geringe Überschreitung der jeweiligen Grenze zu vermeiden, indem er diese bei der Gestaltung des Arbeitsverhältnisses (BSG, U.v. 6. Feb. 2007 - B 8 KN 3/06 R - SozR 4-2600 § 96a Nr. 9) oder bei der Ausübung seiner selbständigen Tätigkeit - soweit möglich - berücksichtigt.
Die strikte Anwendung eines Vormonatsprinzips erleichtert aber nicht den Überblick über die im jeweiligen Monat maßgebliche Hinzuverdienstgrenze, sondern erschwert diesen. Das Prinzip hat letztlich nur eine weitere (durch Gesetzeswortlaut und -zweck nicht vorgegebene) Einschränkung für die Inanspruchnahme der Privilegierung des § 34 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 SGB zur Folge.
Dementsprechend kann dahingestellt bleiben, ob unter Zugrundelegung der gegenteiligen Rechtsauffassung die gebotene "genaue Benennung" der Hinzuverdienstgrenzen durch den Rentenversicherungsträger auch eine - im vorliegenden Fall fehlende - Belehrung über das Vormonatsprinzip erfordern würde und welche Rechtsfolgen ggfs. aus einem solchen Belehrungsmangel zu ziehen wären.
Mit einem monatlichen Hinzuverdienst von 517,50 EUR im November und Dezember 2004 hat der Kläger zwar die "einfache" Hinzuverdienstgrenze von 345 EUR für die Vollrente überschritten. Da er diese Grenze jedoch nur um ca. 172,50 EUR im Monat und damit um weniger als die jeweilige Hinzuverdienstgrenze von 345 EUR überschritten hat und da es sich bei den Monaten November und Dezember um die ersten beiden Monate im Jahr 2004 mit einer solchen Überschreitung gehandelt hat, hatte die Überschreitung aufgrund der erläuterten Privilegierung des § 34 Abs. 2 Satz 2 SGB VI außer Betracht zu bleiben.
2.
Auch eine vom vorstehend herangezogenen Jahresprinzip abweichende Ermittlung des vom Kläger im Monat Dezember 2004 erzielten Hinzuverdienstes führt zu keinem für die Beklagte günstigeren Ergebnis.
a)
Eine Ermittlung des speziell im Dezember 2004 ermittelten Hinzuverdienstes entsprechend § 4 Abs. 1 des EStG hilft der Beklagten auch dann nicht weiter, wenn eine solche von Amts wegen vorzunehmende Berechnung für einen seinerseits nicht den Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG ermittelnden Versicherten überhaupt in Betracht kommen sollte. Nach dieser Vorschrift ist Gewinn der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen (nicht - wie im BSG-Urteil vom 3. Mai 2005, a.a.O., irrtümlich ausgeführt: Einnahmen) und vermindert um den Wert der Einlagen. In entsprechender Anwendung für eine Ermittlung des monatlichen Gewinns besagt diese Regelung mithin für den vorliegenden Zusammenhang: Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsmonates (hier: Ablauf des 31. Dezember 2004) und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsmonates (hier: Ablauf des 30. November 2004), vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen.
Im Laufe des Monats Dezember 2004 hat das Betriebsvermögen des Klägers nur insofern eine Änderung erfahren, als er in diesem Monat seine Beratertätigkeit für die Dauer von 21,5 Stunden ausgeübt hat und damit gegenüber seinem Kunden einen entsprechenden Honoraranspruch erworben hat. Der tatsächliche Erhalt der Abschlagszahlungen von insgesamt 1.380 EUR im Dezember 2004 führt hingegen nicht zu einer Erhöhung des Betriebsvermögens, da durch diese in gleicher Höhe das Vermögen in Form von Honorarforderungen reduziert worden ist; es ist mit dieser Zahlung lediglich ein Aktivposten gegen einen anderen ausgetauscht worden. Eventuelle Einlagen oder Entnahmen wirken sich nach den erläuterten gesetzlichen Vorgaben ergebnisneutral aus.
Der wirtschaftliche Wert des danach allein zu berücksichtigenden Honoraranspruchs für 21,5 Stunden belief sich allenfalls entsprechend den getroffenen Vereinbarungen auf 35 EUR je Stunde. Selbst unter Heranziehung dieses vereinbarten Satzes belief sich der im Januar 2005 erarbeitete Honoraranspruch nur auf 752,50 EUR. Von diesem Betrag sind noch die in diesem Monat getätigten Betriebsausgaben abzuziehen. Letztere sind steuerrechtlich - und damit angesichts der bereits erläuterten gesetzlich vorgegebenen Parallelität von Einkommensteuerrecht und Sozialversicherungsrecht - auch sozialrechtlich pauschal mit 25% in Ansatz zu bringen, was aufgrund der Pauschalierung zugleich beinhaltet, dass die Ausgaben auch jeweils der Periode der Einnahmenerzielung zuzuordnen sind. Nach Abzug dieser 25% verbleiben von den allenfalls in Ansatz zu bringenden 752,50 EUR lediglich 564,38 EUR, mithin ein Wert oberhalb der einfachen Hinzuverdienstgrenze von 345 EUR, aber unterhalb des Doppelten dieser Grenze.
Legt man hingegen die insgesamt in Höhe von 2320 EUR erhaltenen Zahlungen (drei Abschlagszahlungen zu jeweils 690 EUR zuzüglich einer Schlusszahlung von 250 EUR) der Berechnung des Honoraranspruchs zugrunde, dann ergäbe sich bei insgesamt erbrachten 124,5 Stunden lediglich ein Stundenlohn von 18,63 EUR. Hiervon ausgehend hätte der Kläger im Dezember 2004 lediglich 400,55 EUR erwirtschaftet, was nach Abzug der Unkostenpauschale in Höhe von 25% einem - unterhalb auch der einfachen Hinzuverdienstgrenze liegenden - Monatsgewinn von 330, 41 EUR entsprochen hätte.
b)
Ein anderes Ergebnis ließe sich allenfalls dann gewinnen, wenn auch die monatlichen Einkünfte im Wege einer Einnahme-Ausgabe-Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) zu ermitteln wären (und auch gegen den Willen des Versicherten in diesem Sinne von Amts wegen zu berechnen wären). Das BSG hat in seinem o.g. Urteil vom 3. Mai 2005 ausdrücklich offen gelassen, ob der Nachweis eines monatlichen Arbeitseinkommens auch mit den monatlich schwankenden Einkünften bei einer solchen Einnahme-Ausgabe-Überschussrechnung geführt werden kann.
Nach Auffassung des Senates ist letztere Frage zu verneinen, da sie dem eine selbständige Tätigkeit ausübenden Rentenbezieher in vielen Fällen Möglichkeiten zu einer Beeinflussung der dann in die Berechnung einzustellenden monatlichen Überschüsse aus einer solchen Einnahme-Ausgabe-Überschussrechnung eröffnen würde, die eine sachlich nicht gerechtfertigte Privilegierung gegenüber abhängig Beschäftigten zur Folge hätte. Der Selbständige hat spürbare Möglichkeiten, Einfluss darauf zu nehmen, in welcher zeitlichen Periode Einnahmen anfallen und Ausgaben getätigt werden. Er kann beispielsweise die Bestellung von Verbrauchsmaterialien auf bestimmte Monate konzentrieren oder die Begleichung von Rechnungen der Lieferanten so schnell wie möglich oder auch bewusst etwas zögerlich vornehmen. Auf der Einnahmenseite genügt es oft, mit der Erstellung der Rechnungen an die Kunden etwas abzuwarten und damit Einfluss auf den Zeitpunkt des Geldeinganges zu nehmen.
Mit diesen - legalen - Mitteln lässt sich zwar nicht im Gesamtergebnis das über längere Sicht zu versteuernde Einkommen manipulieren, es besteht aber doch in vielen Fällen eine spürbare Einflussmöglichkeit hinsichtlich der Frage, ob das Einkommen der früheren oder der nachfolgenden Wirtschaftsperiode zuzuordnen ist. Umso kürzer die maßgebliche Periode ist, umso größer werden die damit verbundenen Einflussmöglichkeiten. Dementsprechend ist die wirtschaftliche Relevanz entsprechender Einflussmöglichkeiten bei einer monatlichen Gewinnermittlung im Wege der Einnahme-Ausgabe-Überschussrechnung erheblich größer als wenn lediglich über das ganze Jahr hinweg eine solche Gewinnermittlung erfolgt.
Würde man eine Ermittlung der monatlichen Einkünfte auch im Wege einer Einnahme-Ausgabe-Überschussrechnung zulassen, dann hätte typischerweise ein Selbständiger, dessen durch 12 (oder sei es auch durch 14) zu teilendes Jahresarbeitseinkommen die monatliche Hinzuverdienstgrenze auch für die Gewährung einer Teilrente überschreitet, die Möglichkeit, dieses Jahreseinkommen so geschickt auf die einzelnen Kalendermonate zu verteilen, dass er in einigen Monaten jedenfalls eine Teilrente, wenn nicht sogar die Vollrente beanspruchen könnte. Dass er in den restlichen Monaten die Hinzuverdienstgrenzen umso deutlicher überschreiten würde, wäre für ihn bei einer solchen Betrachtungsweise nicht weiter nachteilig.
Die Eröffnung solcher Einflussmöglichkeiten würde zu einer sachlich nicht gerechtfertigten und dem Regelungsziel der Hinzuverdienstbestimmungen in § 34 SGB VI widersprechenden Privilegierung Selbständiger führen. Die monatlichen Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit dürfen daher nicht im Wege einer Einnahme-Ausgabe-Überschussrechnung ermittelt werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Soweit die Beklagte sich im Umfang der Teilrücknahme der Berufung gegen ihre Kostentragungspflicht mit der Erwägung wendet, dass "Umstände" ohne ihr Verschulden "erst nach Erteilung des angefochtenen Urteils rechtserheblich bekannt geworden" seien, vermag der Senat bereits in tatsächlicher Hinsicht nicht zu erkennen, welche "Umstände" der Kläger verschwiegen haben soll. Insbesondere hat dieser die seine Einnahmen ausweisenden Kontoauszüge bereits im Verwaltungsverfahren vorgelegt (vgl. Bl. 113 f. der Verwaltungsvorgänge).
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen. -