Sozialgericht Hannover
Urt. v. 06.01.2015, Az.: S 6 R 901/12

Anspruch auf Leistungen der Kosten der Unterkunft nach einer rückwirkend bewilligten Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben und damit verbundenem Übergangsgeld

Bibliographie

Gericht
SG Hannover
Datum
06.01.2015
Aktenzeichen
S 6 R 901/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 10200
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:SGHANNO:2015:0106.S6R901.12.0A

Fundstelle

  • NZS 2015, 198

Tenor:

  1. 1.

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin (für den Zeitraum der Gewährung von Kosten der Unterkunft vom 15.04. - 31.05.2011 an die Versicherte G.) 373,11 Euro zu erstatten.

  2. 2.

    Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. 3. Der Streitwert wird auf 373,11 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Streitig ist, ob der Klägerin für Leistungen der Kosten der Unterkunft nach dem SGB II Erstattungsansprüche gegen die Beklagte vor dem Hintergrund einer rückwirkend bewilligten Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben und damit verbundenem Übergangsgeld zustehen.

Die Versicherte G. stand seit dem 01.01.2011 im Leistungsbezug der Klägerin. Sie erhielt monatlich 243,33 Euro als Kosten der Unterkunft. Im Zeitraum vom 27.01.2011 bis 30.04.2011 erhielt die Versicherte gleichzeitig Leistungen nach dem SGB III der Bundesagentur für Arbeit von täglich 20,14 Euro. Mit Bescheid vom 04.04.2011 bewilligte die Beklagte der Klägerin eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben, beginnend ab dem 15.04.2011 für 6 Monate.

Am 07.04.2011 erlangte die Klägerin Kenntnis von einem möglichen Übergangsgeldanspruch der Versicherten auf Grund der gewährten Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben. Mit Schreiben vom 11.04.2011, dessen Eingang seitens der Beklagten für den 21.04.2011 behauptet wird, machte die Klägerin gegenüber der Beklagten einen Erstattungsanspruch geltend. Diesen bezifferte sie nicht. Mit Bescheid vom 27.04.2011 hob die Bundesagentur für Arbeit ihre Leistungsbewilligung gegenüber der Versicherten wegen des möglichen Anspruchs auf Gewährung von Übergangsgeld für den Zeitraum vom 15.04. bis zum 30.04.2011 auf. Mit Schreiben vom 28.04.2011 machte die Bundesagentur für Arbeit gegenüber der Beklagten einen Betrag von 424,16 Euro als Erstattungsanspruch geltend.

Mit Schreiben vom 05.05.2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Versicherte Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalte. Im Zusammenhang mit diesen Leistungen habe die Beklagte der Versicherten Übergangsgeld wie folgt zu gewähren: vom 15.04.2011 bis 31.05.2011 in Höhe von 34,52 Euro kalendertäglich. Handschriftlich war dem Schreiben hinzugefügt: "Wir bitten, die Zahlung zum 01.06.2011 einzustellen!". Mit Bescheid vom 18.05.2011 gewährte die Beklagte der Versicherten Übergangsgeld für den Zeitraum vom 15.04.2011 bis 31.05.2011 in Höhe von kalendertäglich 34,52 Euro. Zeitgleich rechnete die Beklagte gegenüber der Bundesagentur für Arbeit den von dort geltend gemachten Erstattungsanspruch ab und zahlte 424,16 Euro an die Bundesagentur für Arbeit aus. Da die Beklagte annahm, dass es sich um die endgültige Abrechnung der Bundesagentur für Arbeit und der Klägerin handele, kehrte die Beklagte den Restbetrag in Höhe von 1.163,76 Euro an die Versicherte aus.

Mit Bescheid vom 24.05.2011 hob die Klägerin gegenüber der Versicherten den Leistungsbescheid ab dem 01.06.2011 wegen Wegfalls der Hilfebedürftigkeit auf. Mit Schreiben vom selben Tag machte die Klägerin gegenüber der Beklagten einen Erstattungsanspruch in Höhe von 373,11 Euro für den Zeitraum vom 15.04.2011 bis zum 31.05.2011 geltend. Mit Schreiben vom 03.08.2011 lehnte die Beklagte die Erstattung ab. Die Bundesagentur habe den Erstattungsanspruch bereits geltend gemacht und alle zur Verfügung stehenden Gelder erhalten.

Die Klägerin wandte sich erneut mit Schreiben vom 15.08. und 29.09.2011 an die Beklagte, mit der Bitte, dem Erstattungsanspruch in Höhe von 373,11 Euro Rechnung zu tragen.

Die Beklagte lehnte dies ab. Mit Schreiben vom 19.10.2011 machte sie deutlich, dass aus ihrer Sicht ein Erstattungsanspruch nicht bestehe, weil die Versicherte als Aufstockerin nur seitens der Klägerin Kosten der Unterkunft erhalten habe und diese nicht der Rentenversicherungspflicht unterlägen. Der Erstattungsanspruch der Bundesagentur sei auch als Erstattungsanspruch für das JobCenter angesehen worden. Der Rest sei vollständig an die Versicherte ausgezahlt worden. Zudem habe die Klägerin keine Rückforderung gegenüber der Versicherten geltend gemacht. Abschließend verwies die Beklagte auf die Entscheidung des BSG vom 31.10.2012 (B 13 R 11/11 R), woraus sich ergebe, dass aufstockende Leistungen der Grundsicherung keinen gleichrangigen Anspruch auf Erstattung auslösten.

Die Klägerin hält an ihrer Forderung fest. Sie habe vorrangig Leistungen erbracht, die die Beklagte erstatten müsse. Von einer etwaigen "Rentenversicherungspflicht" der Leistungen hänge dies nicht ab. Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen ihr für die Gewährung von Kosten der Unterkunft an die Versicherte G. im Zeitraum vom 15.04. bis zum 31.05.2011 373,11 Euro zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie lehnt eine Erstattung ab. Wegen des weiteren Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die sozialgerichtliche Akte und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die zur Beratung und Entscheidungsfindung vorlagen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung der an die Versicherte im Zeitraum vom 15.04.2011 bis zum 31.05.2011 gezahlten Kosten der Unterkunft in Höhe von 373,11 Euro.

I.

Anspruchsgrundlage dieses Erstattungsanspruchs ist § 104 SGB X. Dessen Voraussetzungen liegen vor. Hat danach ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 103 Abs. 1 SGB X vorliegen, ist der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, soweit der Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat (§ 104 Abs. 1 S. 1 SGB X). Nachrangig verpflichtet ist ein Leistungsträger gem. § 104 Abs. 1 S. 2 SGB X, soweit dieser bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung eines anderen Leistungsträgers selbst nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre.

Ein Erstattungsanspruch besteht nicht, soweit der nachrangige Leistungsträger seine Leistungen auch bei Leistung des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers hätte erbringen müssen (§ 104 Abs. 1 S. 3 SGB X). Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich gem. § 104 Abs. 3 SGB X nach den für den vorrangig verpflichteten Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften. Ein Erstattungsanspruch der Klägerin gem. § 103 SGB X ist nicht gegeben. Dieser setzt voraus, dass ein Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat und der Anspruch auf diese nachträglich ganz oder teilweise entfallen ist. Die Klägerin hat an die Versicherte im Zeitraum vom 15.04.2011 bis zum 31.05.2011 Sozialleistungen erbracht. Dabei handelte es sich um Leistungen nach dem SGB II, konkret Kosten der Unterkunft (§§ 19 Abs. 1, 22 SGB II). Die Auszahlungen der Klägerin an die Versicherte erfolgten Ende März für den Monat April und Ende April für den Monat Mai. Diese Leistungen standen der Versicherten auch rechtmäßig zu. Sie hatte einen Anspruch gegen die Klägerin auf aufstockenden Leistungen zu denjenigen der Bundesagentur für Arbeit nach § 117 SGB III. Der Anspruch auf diese Leistungen ist nicht nachträglich entfallen. Ein sozialrechtlicher Leistungsanspruch entfällt im Sinne von § 103 Abs. 1 Hs. 1 SGB X nur, wenn durch die Erfüllung des (zweiten) Leistungsanspruchs der von einem zuständigen Leistungsträger erbrachte (erste) Leistungsanspruch (durch eine "Wegfallregelung" oder "-bestimmung") zum Wegfall kommt (vgl. BSG, Urteil vom 31.10.2012, B 13 R 11/11 R, recherchiert in [...], Rn. 32).

Der Anspruch der Leistungsempfängerin auf die Leistungen nach dem SGB II ist durch die rückwirkende Gewährung des Übergangsgeldes an sie nicht nachträglich im Sinne von § 103 Abs. 1 SGB X entfallen. Im SGB II existiert keine Regelung, die den Wegfall, das Ende bzw. das Ruhen der Leistungen nach dem SGB II für den Fall anordnet, dass Übergangsgeld auf Grund einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben rückwirkend zeitgleich gewährt wird. Insbesondere liegt ein Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II nicht vor. Bei der Versicherten handelte es sich nicht um eine Auszubildende. Eine Hilfebedürftigkeit der Versicherten lag bis zum 31.05.2011 vor. Die Beklagte hat der Versicherten erst ab Juni 2011 Übergangsgeld gezahlt. Gemäß § 2 Abs. 3 S. 1 Alg-II-V sind Einnahmen erst von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Eine Einkommensanrechnung für den davor liegenden Zeitraum kann daher nicht erfolgen.

Die Klägerin hat als nachrangig verpflichtete Leistungsträgerin Sozialleistungen endgültig erbracht. "Nachrangig verpflichtet" ist gemäß § 104 Abs. 1 S 2 SGB X ein Leistungsträger nur, soweit er bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung eines anderen Leistungsträgers (hier: des Rentenversicherungsträgers) selbst nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre (BSG, Urteil vom 31.10.2012, B 13 R 11/11 R, recherchiert in [...], Rn. 43). Der Leistungsträger des SGB II ist mit den Leistungspflichten aufgrund des SGB II gegenüber denen anderer Sozialleistungsträgern nachrangig verpflichteter Leistungsträger, soweit für die einzelnen Leistungspflichten nichts anderes bestimmt ist. Nach der Gesetzesbegründung des SGB II regelt § 5 Abs. 1 SGB II das Rangverhältnis zu anderen Leistungen: "Verpflichtungen und Leistungen Anderer haben grundsätzlich Vorrang vor Leistungen nach diesem Buch" (Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Kater, § 104 SGB X, 83. Ergänzungslieferung 2014 unter Verweis auf BT-Drs. 15/1516 S. 51, recherchiert in [...], Rn. 58). Für die Kosten der Unterkunft, die die Klägerin vorliegend gewährte, ist nichts Anderes geregelt. Auf die Leistungen des SGB II ist das Übergangsgeld als Einkommen gem. § 11 SGB II anzurechnen. Auf diese Leistungen bestand seitens der Versicherten auch ein rechtmäßiger Anspruch (s.o.). Anders als in dem von der Beklagten zitierten und vom BSG entschiedenen Fall (BSG, Urteil vom 31.10.2012, B 13 R 11/11 R, recherchiert in [...], Rn. 38) war die Versicherte nicht von Anfang an voll erwerbsgemindert und damit vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgeschlossen. Die Versicherte war unstreitig erwerbsfähig. Auch sonstige Ausschlussgründe lagen nicht vor. Mit der Zahlung des Übergangsgeldes (Bescheid vom 18.05.2011) entfiel lediglich insoweit die Hilfebedürftigkeit der Versicherten (s.o.). Dem Grunde nach stand der Versicherten der Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II weiterhin zu. Die Leistungen sind kongruent. Aus der Funktion der Erstattungsansprüche, zweckidentische Doppelleistungen zu vermeiden, folgt als weiteres ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal für eine Erstattungslage, dass die erbrachte und geschuldete Leistung sachlich, zeitlich und persönlich gleichartig sind, d.h. die gleiche Bedarfslage befriedigen (PK, Prange, § 103 SGB X, Rn. 42, recherchiert in [...]).

An der zeitlichen und persönlichen Identität besteht kein Zweifel. Sachlich gleichartige Leistungen in dem Sinne stellen alle Leistungen dar, die dieselbe Bedarfssituation befriedigen, wobei auf den Zweck bzw. die Funktion der Sozialleistung abzustellen ist - während der Leistungsgrund nicht einheitlich sein muss (BSG, Urteil vom 26.09.1986, 2 RU 5/86, recherchiert in ). Dementsprechend sind alle Leistungen, denen eine Lohnersatzfunktion zukommt, kongruent zueinander (PK, a.a.O.). Das Übergangsgeld stellt die Absicherung des Lebensunterhalts während der Inanspruchnahme von Rehabilitations- oder Teilhabeleistungen dar und ist damit Lohnersatzleistung bzw. es tritt an die Stelle einer anderen Lohnersatzleistung. Der Versicherte soll während der aus gesundheitsbedingten Gründen erforderlichen Teilhabeleistungen und Leistungen zur Rehabilitation wirtschaftlich abgesichert sein, andernfalls bestünde wenig Bereitschaft zur Teilnahme bzw. das Ziel der Hauptleistung wäre gefährdet (vgl. PK, Haack, § 20 SGB VI, Rn. 4, recherchiert in [...]). Die Kammer kann offen lassen, ob dem Arbeitslosengeld II eine "Lohnersatzfunktion" zukommt (so jedenfalls BSG, Urteil vom 06.12.2007, B 14/7b AS 20/07 R, recherchiert in [...], Rn. 21).

Der Kammer ist bewusst, dass sich das Arbeitslosengeld II im Unterschied zur Arbeitslosenhilfe nicht an der Höhe des gewöhnlich erzielten Arbeitsentgelts orientiert, was gegen eine Lohnersatzfunktion spräche. Entscheidend ist jedoch für die Beurteilung der Zweckidentität, dass das Arbeitslosengeld II - ebenso wie das Übergansgeld - für den Leistungsberechtigten eine finanzielle Absicherung für den Zeitraum gewährleistet, in dem ein Wiedereinstieg in das Erwerbsleben beabsichtigt und gefördert wird. Dies ist beim Arbeitslosengeld II der Fall: Im Gegensatz zur Sozialhilfe entsteht der Anspruch auf Gewährung von Arbeitslosengeld II nicht schon durch die bloße Tatsache der Hilfebedürftigkeit. Vielmehr setzt er voraus, dass der Betroffene erwerbsfähig ist (§ 7 Abs. 1 Nr. 2 SGB II) und für die Eingliederung in Arbeit zur Verfügung steht (vgl. BGH, Urteil vom 25.06.2013, VI ZR 128/12, Rn. 21, unter Verweis auf § 7 Abs. 4a Satz 1, § 31 Abs. 1 Nr. 2, 3 SGB II, vgl. auch BT-Drs. 16/1696, S. 26; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, Einf. E 010 Rn. 88, 219 [Stand: Mai 2010]). Hauptziel des Sozialgesetzbuchs II ist es, arbeitsfähige Arbeitslose wieder in das Erwerbsleben einzugliedern. Um dieses Ziel zu erreichen, sieht das Sozialgesetzbuch II in sachlicher Hinsicht vielfältige Instrumente und Förderleistungen vor, vor allem solche, die sich im Bereich der Arbeitsförderung nach dem Sozialgesetzbuch III bewährt haben (vgl. BGH, Urteil vom 25.06.2013, VI ZR 128/12, Rn. 21 unter Verweis auf vgl. BSGE 104, 185 Rn. 14 [BSG 22.09.2009 - B 4 AS 13/09 R]; BSGE 105, 279 Rn. 39 [BSG 18.02.2010 - B 4 AS 29/09 R]; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, Einf. E 010 Rn. 210 [Stand: Mai 2010]; Gagel/Bieback, Vor § 1 SGB II Rn. 19 [Stand: Januar 2008]; BeckOK SGB II/Harich, § 16 Rn. 1, 9 f. [Stand: 1. März 2013]; S. Knickrehm in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 2. Aufl., § 16 SGB II Rn. 2, 4). Die Zwecke des Arbeitslosengeldes I, für das eine Lohnersatzfunktion unstreitig angenommen wird, und des Arbeitslosengeldes II stimmen damit in vielfältiger Weise überein. Sowohl das Arbeitslosengeld II als auch das Übergangsgeld wiederum geben den Versicherten die finanzielle Möglichkeit, um den Lebensunterhalt für eine Übergangsphase zur Wiedereingliederung in das Erwerbsleben zu bestreiten. Damit sind die Leistungen nach dem SGB II und das Übergangsgeld als zweckidentisch anzusehen. Das Arbeitslosengeld II umfasst dabei neben dem Regelbedarf und den Mehrbedarfen auch die Kosten der Unterkunft und Heizung allgemein als "Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts" (vgl. § 19 SGB II). Eine Unterscheidung zwischen diesen Leistungsarten ist daher nicht vorzunehmen. Die an die Versicherte gewährten aufstockenden Leistungen der Kosten der Unterkunft und Heizung dienen daher dem gleichen Zweck wie das Übergangsgeld. Die Entscheidung des BSG vom 31.10.2012 (B 13 R 11/11 R), hält die Kammer vorliegend nicht für weiterführend. Der dortigen Fallkonstellation lag die rückwirkende Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung bei einem von Beginn des SGB II-Leistungsbezugs an bestehenden aufgehobenen Leistungsvermögen der Versicherten zu Grunde. Eine Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 104 SGB X hat das BSG ausdrücklich offen gelassen. Die Frage einer bestimmten Rangfolge der Ansprüche, bspw. zwischen der Bundesagentur für Arbeit und der Klägerin, ist vorliegend nicht streitentscheidend. Der Beklagten standen ausreichende Mittel zur Verfügung, um den Anspruch der Klägerin neben demjenigen der Bundesagentur für Arbeit zu befriedigen. Dass die Beklagte die über den Erstattungsanspruch der Bundesagentur für Arbeit hinausgehenden Mittel an die Versicherte auskehrte, geht nicht zu Lasten der Klägerin. Die Beklagte deutete den am 28.04.2011 bezifferten Erstattungsanspruch der Bundesagentur für Arbeit fehlerhaft so, dass dieser auch für die Klägerin gelte. Weder die Klägerin noch die Bundesagentur für Arbeit haben einen Anlass für die Annahme gegeben, dass beide gemeinsam ihre Ansprüche beziffern würden. Dieser Irrtum beruhte allein auf einer Fehleinschätzung der Beklagten, den sie sich vorhalten lassen muss. Die Beklagte hatte auch nicht bereits selbst an die Leistungsempfängerin geleistet, bevor sie von der Leistungspflicht der Klägerin Kenntnis erlangt hatte (§ 104 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 SGB X). Die Klägerin hatte gegenüber der Beklagten bereits mit Schreiben vom 11.04.2011 ihren Erstattungsanspruch geltend gemacht. Die Beklagte machte mit Schreiben vom 05.05.2011 an die Klägerin, mit der sie die Aufforderung um Zahlungseinstellung zum 01.06.2011 verband, deutlich, dass sie erst ab dem 01.06.2011 leisten werde. Die laufende Zahlung nahm sie erst ab diesem Zeitpunkt auf. Einer Aufhebung der Leistungsbewilligung gegenüber der Versicherten im Zeitraum vom 15.04.2011 bis zum 31.05.2011 gegenüber der Versicherten durch die Klägerin bedurfte es nicht. Dies war der Klägerin auch nicht möglich. Es fehlt dafür an einer entsprechenden Anspruchsgrundlage. Die Versicherte hatte die Leistungen zu Recht erhalten. Deren Rechtsgrund war auch rückwirkend nicht entfallen (s.o.). Darüber hinaus ist die Kammer der Auffassung, dass sich die Beklagte durch die Zurückweisung des Erstattungsanspruches der Klägerin mit ihrem eigenen vorangegangenem Verhalten in Widerspruch setzt. Die Beklagte hatte die Klägerin mit Schreiben vom 05.05.2011 aufgefordert, die Zahlungen erst zum 01.06.2011 einzustellen. Insoweit ging sie selbst davon aus, dass die Versicherte durch die Leistungen der Klägerin und der Bundesagentur für Arbeit ausreichend versorgt würde. Eigene Leistungen wollte die Beklagte damit nicht bzw. nur teilweise erbringen. Wenn sie sich auf die Leistungsbereitschaft der Klägerin und der Bundesagentur für Arbeit verließ, erkannte sie damit gleichzeitig an, dass diese einen Erstattungsanspruch hatten. Der Erstattungsanspruch gem. § 104 SGB X ist schließlich nicht nach § 111 S. 1 SGB X ausgeschlossen. Die dort genannte Frist zur Geltendmachung ist eingehalten. Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den zuständigen Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften (§ 104 Abs. 3 SGB X). Dies sind die für die Beklagte geltenden Vorschriften des SGB IX und VI zur Höhe des Übergangsgeldes. Der von der Beklagten geleistete Übergangsgeldzahlbetrag im Zeitraum vom 15.04.2011 bis zum 31.05.2011 reicht aus, um die von der Klägerin gezahlten Leistungen in voller Höhe zu erstatten.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 S 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1, § 159 S 1 VwGO und § 100 Abs. 1 ZPO. Danach trägt der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens.

III.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs. 1 S 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 S. 1, § 52 Abs. 3, § 47 Abs. 1 S. 1 GKG.