Sozialgericht Hannover
Urt. v. 11.09.2015, Az.: S 43 AS 227/13

Rückerstattung der Gewährung von Kosten der Unterkunft bei wesentlicher Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen

Bibliographie

Gericht
SG Hannover
Datum
11.09.2015
Aktenzeichen
S 43 AS 227/13
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 37456
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:SGHANNO:2015:0911.S43AS227.13.0A

Fundstelle

  • InfAuslR 2016, 19-20

In dem Rechtsstreit
...
hat die 43. Kammer des Sozialgerichts Hannover auf die mündliche Verhandlung vom 11. September 2015 durch den Richter L. sowie die ehrenamtliche Richterin M. und der ehrenamtliche Richter N. für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 1. Oktober 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Januar 2013 wird insoweit aufgehoben als der Anteil der Kosten der Unterkunft für Herrn O. aufgehoben und erstattet verlangt wird.

  2. 2.

    Der Beklagte wird verpflichtet, den Änderungsbescheid vom 25. Juni 2012 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 21. August 2012 dahingehend abzuändern, dass der Anteil der Kosten der Unterkunft, der für Juli 2012 abgezogen wurde, anteilsmäßig für den Zeitraum vom 1. Juli 2012 bis 29. Juli 2012 nachbewilligt wird.

  3. 3.

    Der Beklagte hat die notwendig außergerichtlichen Kosten der Kläger zu tragen.

  4. 4.

    Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich mit den zwei Klagen gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid und gegen einen Änderungsbescheid, bei denen der Anteil der Kosten der Unterkunft deshalb vom Beklagten zurückverlangt bzw. nicht mehr gewährt wurde, weil der nicht leistungsberechtigte Zeuge O. diesen nach dessen Einzug in die Wohnung der Kläger zu tragen hätte.

Die Kläger stehen seit Oktober 2010 im Leistungsbezug bei der Beklagten (Bl. 1, 10 ff. der Leistungsakte).

Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 10. August 2011, eingegangen am 11. August 2011 (Bl. 237 ff. der Leistungsakte), hin bewilligte der Beklagte mit Bewilligungsbescheid vom 15. August 2011 (Bl. 242 der Leistungsakte) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) für den Zeitraum vom 1. Oktober 2011 bis 31. März 2012. Mit Änderungsbescheid vom 9. November 2011 (Bl. 259 der Leistungsakte) wurden die Leistungen für den Zeitraum 1. November 2011 bis 31. März 2012, mit Änderungsbescheid vom 26. November 2011 (Bl. 48 der Gerichtsakte Az. S 43 AS 3579/12) die Leistungen für den Zeitraum 1. Januar 2012 bis 31. März 2012, mit Änderungsbescheid vom 20. Februar 2012 (Bl. 269 der Leistungsakte) die Leistungen für den Zeitraum 1. Januar 2012 bis 31. März 2012 und mit Änderungsbescheid vom 25. Juni 2012 (Bl. 323 der Leistungsakte) die Leistungen für Februar 2012 entsprechend angepasst.

Aufgrund des Weiterbewilligungsantrags vom 1. März 2012, eingegangen am 1. März 2012 (Bl. 273 ff. der Leistungsakte), wurden mit vorläufigem Bewilligungsbescheid vom 2. März 2012 (Bl. 280 der Leistungsakte) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1. April 2012 bis 30. September 2012 vorläufig bewilligt, da bezüglich der Klägerin zu 2. noch Unterlagen fehlten, die mit Schreiben des Beklagten vom 20. Februar 2012 (Bl. 272 der Leistungsakte) angefordert wurden.

Mit Änderungsbescheid vom 20. März 2012 (Bl. 296 der Leistungsakte) wurden die Leistungen für denselben Zeitraum wegen der Berücksichtigung von Elterngeld geändert und neu bewilligt.

Am 13. April 2012 ist der Zeuge O., Vater der Klägerin zu 2. (Bl. 48 der Asylbewerberleistungsakte), der bis 30. Juli 2012 über keinen Aufenthaltstitel verfügte und keinen Asylantrag stellte (Bl. 330, 343 f. der Leistungsakte), in die Wohnung der Kläger eingezogen, was dem Beklagten von dem Prozessbevollmächtigten der Kläger am 24. Mai 2012 mitgeteilt wurde (Bl. 312 f. der Leistungsakte). Daraufhin änderte der Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 2. März 2012 mit dem hier angegriffenen Änderungsbescheid vom 25. Juni 2012 (Bl. 330 der Leistungsakte) u.a. dahingehend, dass zum einen die Regelleistung aufgrund § 20 Abs. 4 SGB II reduziert wurde und zum anderen die Kosten der Unterkunft um einen Kopfteil gekürzt wurde, und bewilligte die Leistungen vorläufig; zur Begründung wurde angeführt, dass die Kürzung sich daraus ergebe, dass der Zeuge O. als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft anzusehen sei und da er mangels Aufenthaltstitels keine Leistungen nach dem SGB II erhalte, eine entsprechende Kürzung vorgenommen werden müsse. Hinsichtlich der Vergangenheit wurde auf ein zu ergehendes gesondertes Schreiben verwiesen, welches der ebenfalls hier angegriffene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 1. Oktober 2012 darstellt.

Gegen diesen Änderungsbescheid vom 25. Juni 2012 legten die Kläger sodann mit Schreiben vom 4. Juli 2012, eingegangen am selben Tag (Bl. 348 der Leistungsakte), Widerspruch ein. Als Begründung wurde vorgebracht, dass Herr O. keine Leistungen erhalte und mithin sich nicht an den Kosten der Unterkunft beteiligen könne, was zu dem verfassungswidrigen Ergebnis führe, dass den Klägern weniger als das Existenzminimum zur Verfügung stehe.

Herr A. sprach am 30. Juli 2012 bei der Landeshauptstadt Hannover, Fachbereich Soziales, vor (Bl. 3 der Asylbewerberleistungsakte) und beantragte Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (Bl. 47 der Vorheftung der Asylbewerberleistungsakte), die ihm mit Bescheid vom 8. August 2012 für die Zeit vom 30. Juli 2012 bis 30. November 2012 bewilligt wurden (Bl. 40 der Vorheftung der Asylbewerberleistungsakte).

Mit Bescheid vom 21. August 2012 wurde dem Widerspruch insoweit abgeholfen, als dass für den Zeitraum vom 1. April 2012 bis 30. September 2012 der ungekürzte Regelsatz für Alleinstehende in Höhe von 374 Euro nach § 20 Abs. 2 SGB II statt dem reduzierten Regelsatz für Partner gewährt wurde (Bl. 366 ff., 369 der Leistungsakte). Im Übrigen wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27. August 2012 (Bl. 377 der Leistungsakte) als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen wurde mit Schriftsatz vom 25. September 2012, eingegangen am 27. September 2012, Klage (Bl. 1 der Gerichtsakte Az.: S 43 AS 3579/12) erhoben. Zur Begründung wurde im Wesentlichen der Vortrag aus der Widerspruchsbegründung wiederholt.

Mit Schreiben vom 30. August 2012 (Bl. 385 der Leistungsakte) wurden die Kläger u.a. zur Nachzahlung von Elterngeld und zum Einzug des Zeugen A. und der sich daraus ergebenden Überzahlung für die Vergangenheit angehört.

Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 1. Oktober 2012 (Bl. 388 der Leistungsakte) wurden dann die Leistungen - unter Aufhebung der Bescheide vom 15. August 2011, 9. November 2011, 26. November 2011, 20. Februar 2012, 2. März 2012, 20. März 2012, 25. Juni 2012 und 21. August 2012 - für den Zeitraum vom 1. März 2012 bis 30. Juni 2012 aufgehoben und insgesamt 1562,95 Euro zurückverlangt. Als Begründung wurde angeführt, dass die Kosten der Unterkunft aufgrund des Einzugs des Zeugens O. am 13. April 2012 anteilig zu mindern seien.

Hiergegen legten die Kläger mit Schreiben vom 9. Oktober 2012, eingegangen am 11. Oktober 2012 (Bl. 411 der Leistungsakte), Widerspruch ein, wobei zur Begründung auf den Widerspruch bzw. die Klage gegen den Änderungsbescheid vom 25. Juni 2012 Bezug genommen wurde.

Mit Widerspruchbescheid vom 8. Januar 2013 (Bl. 424 der Leistungsakte) wurde der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 1. Oktober 2012 dahingehend geändert, als dass nur noch die Bescheide vom 15. August 2011, 26. November 2011, 09. November 2011, 20. Februar 2012, 2. März 2012 und 20. März 2012 für den Zeitraum vom 1. März 2012 bis 30. Juni 2012 aufgehoben und Leistungen nur noch in Höhe von 1355,33 Euro erstattet verlangt wurden. Zur Begründung wurden im Wesentlichen die Argumente aus dem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid wiederholt.

Hiergegen wurde mit Schriftsatz vom 15. Januar 2013, eingegangen am 21. Januar 2013, Klage erhoben (Bl. 1 der Gerichtsakte Az.: S 43 AS 227/13), welche in der mündlichen Verhandlung zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung mit der Klage gegen den Änderungsbescheid vom 25. Juni 2012 (Az. S 43 AS 3579/12) verbunden worden ist.

Der Prozessbevollmächtigte der Kläger beantragte zuletzt,

  1. 1.

    den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 01. Oktober 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08. Januar 2013 insoweit aufzuheben, wie er für die Monate April bis Juni 2012 den Anteil der Kosten der Unterkunft, die den Zeugen O. betreffen, zurückverlangt.

  2. 2.

    den Bescheid vom 25. Juni 2012 in Gestalt des Bescheids vom 21. August 2012 dahingehend abzuändern, dass der abgezogene Anteil des Zeugens O. nachbewilligt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klagen abzuweisen.

Zur Begründung verweist der Beklagte auf den Vortrag in den Widerspruchsbescheiden.

Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugens O. (Bl. 30 der Gerichtsakte Az. S 43 AS 227/13).

Hinsichtlich des übrigen Vorbringens wird auf die Gerichtsakten, die Leistungsakten der Beklagten sowie auf die Asylbewerberleistungsakten der Landeshauptstadt Hannover Bezug genommen, die dem Gericht zur Entscheidung vorlagen.

Entscheidungsgründe

Die zulässigen (A.) Klagen sind begründet. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 1. Oktober 2012 (B. I.) und der Änderungsbescheid vom 25. Juni 2012 (B. II.) sind insoweit rechtswidrig als sie einen Abzug des Anteils der Kosten der Unterkunft, der auf den Zeugen O. entfällt, vornehmen und verletzen insoweit die Kläger in ihren Rechten.

A.

Entgegen des Vorbringens des Beklagten liegen keine Klageänderungen i.S.d. § 99 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) vor. Die Klagen sind so auszulegen, dass sie als für alle Kläger erhoben anzusehen sind. Denn es sind weder im Widerspruchsverfahren noch in der Klageschrift Anhaltspunkte erkennbar, dass auf die Geltendmachung von Rechten für die Kinder der Klägerin zu 1. verzichtet worden ist.

B.

I.

Die Klage gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid ist erfolgreich, da der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid, soweit er noch angegriffen ist, rechtswidrig ist und die Kläger in ihren Rechten verletzt.

1. Hinsichtlich des Aufhebungsverwaltungsaktes liegen die Voraussetzungen nach § 48 Abs. 1 SGB X nicht vor.

§ 48 SGB X ist die richtige Rechtsgrundlage für die Aufhebung, da mit Änderungsbescheid vom 20. März 2012 die Leistungen ohne Vorläufigkeitsklausel bewilligt wurden und insoweit den vorläufigen Bescheid vom 2. März 2012 verdrängt haben. Die erneute Änderung mit Änderungsbescheid vom 25. Juni 2012 betraf einen anderen Zeitraum und konnte die Vorläufigkeit nicht wiederherstellen.

a) Nach den Aufhebungsvoraussetzungen nach § 48 SGB X fehlt es bereits an der wesentlichen Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen:

aa) Zwar ist mit Einzug des Zeugen O. am 13. April 2012 eine Änderung in den Tatsachen erfolgt. Diese Änderung ist jedoch nicht wesentlich.

Wesentlich ist eine Änderung, soweit der Verwaltungsakt nach den nunmehr eingetretenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen so, wie er ergangen ist, nicht mehr erlassen werden durfte (Bundesozialgericht, Urteil vom 19.2.1986 - 7 RAr 55/84 - SozR 1300 § 48 Nr. 22). Es muss sich die Änderung nach dem zu Grunde liegenden materiellen Recht auf den Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes auswirken, bei tatsächlichen Änderungen müssen diese so erheblich sein, dass sie rechtlich zu einer anderen Bewertung führen (Schütze in von Wulffen/Schütze, Kommentar zum SGB X, 8. Auflage 2014, Rn. 12).

bb) Vorliegend hat die tatsächliche Änderung hinsichtlich der Kosten der Unterkunft keine andere rechtliche Bewertung als zuvor in den Bewilligungsbescheiden erfahren. Denn für den Zeugen O. ist keine Kürzung des Anteiles für die Kosten der Unterkunft vorzunehmen:

Zwar ist bei mehreren Nutzern einer Unterkunft grundsätzlich von der Aufteilung der Kosten auf die nutzenden Personen angezeigt (sog. Kopfteilprinzip; vgl. BSG 15.4.2008 - B 14/7 b AS 58/06 R = SozR 4-4200 § 9 Nr. 5); allerdings gilt dieser Grundsatz nicht ohne Ausnahme:

In der Literatur und Rechtsprechung ist eine Ausnahme vom Kopfteilprinzip bereits dann anerkannt, soweit und solange die Person der Bedarfsgemeinschaft nicht über bereite Mittel verfügt:

In der Literatur (Lauterbach in Gagel, SGB II / SGB III, 58. Ergänzungslieferung Juni 2015, § 22, Rn. 29) wird eine Abweichung von der "Pro-Kopf-Verteilung" für geboten gehalten, wenn ein nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehörender Mitbewohner aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nur begrenzt oder überhaupt nicht für eine Beteiligung an den Wohnungskosten herangezogen werden kann. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 08. Dezember 2005 - L 14 B 38/05 AS ER -, ) hat dies für den Fall bejaht, in denen Enkeln, die bei ihren Großeltern wohnen, im Rahmen des Verwandtenpflegegeldes nach § 28 Abs. 5 SGB XII lediglich Unterhaltsleistungen gewährt werden. Das Bundessozialgericht (BSG 23.5.2013 - B 4 AS 67/12 R) hat aus bedarfsbezogenen Gründen eine Ausnahme für den Fall anerkannt, dass ein Bedarfsgemeinschaftsmitglied wegen einer Pflichtverletzung nach § 31 SGB II sanktioniert wurde und deshalb keine Leistungen erhalten hat.

Hiesiger Fall ist mit dem der Entscheidung des Bundessozialgerichts vergleichbar, und entspricht der Ansicht in der Literatur, sodass vorliegend eine Ausnahme zum Kopfteilprinzip angezeigt ist:

Vorliegend hatte der Zeuge A. im streitgegenständlichen Zeitraum von 13. April bis 30. Juli 2012 keine bereiten Mittel:

Er war nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 5, § 50 (bis 30. Juli 2012) bzw. i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 4, § 60a Asylbewerberleistungsgesetz (ab 30. Juli 2012) von den Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz hat er von der Landeshauptstadt Hannover mit Bewilligungsbescheid vom 8. August 2012 erst ab 30. Juli 2012 erhalten. Der glaubwürdige Zeuge hatte auch nach glaubhafter Einlassung kein Einkommen und Vermögen in den Monaten zuvor zur Verfügung.

Mithin war ihm eine Deckung des auf ihn anfallenden Bedarfs für die Unterkunft tatsächlich nicht möglich.

Dies ist vergleichbar mit dem Bedarfsgemeinschaftsmitglied, das deshalb keine Leistungen nach dem SGB II erhält, weil es vollständig sanktioniert wurde. Auch bezüglich des Argumentes des Beklagten, dass der Zeuge O. schuldhaft die Asylbewerberleistungen nicht vorher beantragt hatte, mithin eine Art Obliegenheit zur Antragstellung verletzt hätte, kann eine Parallele zu dieser Entscheidung des Bundessozialgerichts gezogen werden: Auch die Sanktion nach § 31 SGB II setzt eine Pflichtverletzung voraus. Das Bundessozialgericht hat offensichtlich eine Pflichtverletzung als unerheblich angesehen. Entscheidend ist, dass die anderen Bedarfsgemeinschaftsmitglieder nicht in eine Bedarfsunterdeckung geraten.

Dafür spricht auch, dass hypothetische Erwägungen im SGB II grundsätzlich unberücksichtigt bleiben müssen, da die Deckung des grundrechtlich geschützten Existenzminimums - wie sich aus den Rechtsgedanken der §§ 33 f. SGB II ableiten lässt - aktuell gesichert sein muss; es wird also in der Regel auf die vorhandene tatsächliche Einkommens- und Vermögenslage abgestellt und nicht darauf, welche Ansprüche oder welche Selbsthilfemöglichkeiten der Hilfebedürftige oder ein Dritter gehabt hätte. Dies wird von der Rechtsprechung auch im Rahmen der Einkommensberücksichtigung so gesehen, denn fiktives Einkommen wird vom Bundessozialgericht (BSG, Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 161/11 R - RdNr. 18; Urleil vom 29.11.2012 - B 14 AS 33/12 R - RdNr. 14; Urteil vom 17.10.2013 -B14AS 38/12 R - RdNr. 13; BSG, Urteil vom 22.08.2013 - B 14 AS 1/13 R) nicht angerechnet und zwar selbst dann nicht, wenn Ansprüche aufgrund des Verhaltens des Hilfebedürftigen nicht in Form von Einnahmen realisiert werden (vgl. Schmidt in: Eicher, SGB II, 3. Aufl., § 11 RdNr. 26); es werden nur die bereiten Mittel, also Mittel die auch tatsächlich vorliegen - ungeachtet dessen, ob es sich um Einkommen des Antragsteller selbst oder des Bedarfsgemeinschaftsmitglieds handelt - berücksichtigt. Für ein Bedarfsgemeinschaftsmitglied, das von den Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen ist, können keine anderen Grundsätze gelten.

b) Mithin sind die Voraussetzungen für eine Aufhebung nach § 48 SGB X nicht erfüllt. Der Aufhebungsverwaltungsakt ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten.

2. Da bereits der Aufhebungsverwaltungsakt rechtswidrig ist, kann dahinstehen, ob der Bewilligungsbescheid vom 11. August 2012 nach Abänderung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheid im Widerspruchsbescheid überhaupt aufgehoben wurde und ob nicht der Erstattungsverwaltungsakt aufgrund der fehlenden Aufhebung zumindest teilweise rechtswidrig ist, da die Bewilligung in diesem Bewilligungsbescheid der Erstattung entgegensteht (vgl. BSG, Urteil vom 29. November 2012 - B 14 AS 196/11 R - SozR 4-1300 § 33 Nr. 2, SozR 4-1300 § 45 Nr. 11, SozR 4-1300 § 48 Nr. 25, Rn.19).

II.

Hinsichtlich des Änderungsbescheides vom 25. Juni 2012 bezüglich des Monats Juli 2012 wird auf die obigen Ausführungen unter I. Bezug genommen, wonach eine Abweichung von dem Kopfteilprinzip angezeigt ist.

Die Kürzung durch den Änderungsbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, da diese Anspruch auf Leistungen zur Grundsicherung mit Anerkennung des ungekürzten Bedarfs der Kosten der Unterkunft nach §§ 19 Abs. 1, 7 Abs. 1 S. 1 SGB II haben.

C.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG, wobei aufgrund des Obsiegens der Kläger in der Sache (A. und B.) die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger vom Beklagten zu erstatten sind.

D.

Die Berufung wird auf Anregung der Beteiligten nach § 144 Abs. 2, Abs. 3 SGG zugelassen.

I.

Die Berufung ist nach § 144 Abs. 1 S. 1 SGG zulassungsbedürftig, da der Wert der möglichen Beschwer den Betrag von 750 Euro mit den nach § 202 S. 1 SGG i.V.m. § 5 der Zivilprozessordnung (ZPO) zusammenzurechnenden Beträgen von 69,75 Euro (13. bis 30. April 2012), zwei Mal 116,25 Euro (1. Mai bis 30. Juni 2012) und 112,38 Euro (1. Juli bis 29. Juli 2012) - insgesamt 414,63 Euro - nicht übersteigt und die Ausnahme nach § 144 Abs. 1 S. 2 SGG nicht greift.

II.

Die Berufung ist nach § 144 Abs. 2 Nr.1 SGG zuzulassen, da die Rechtsfrage der Abweichung von dem Kopfteilprinzip in Fällen, in denen das Bedarfsgemeinschaftsmitglied, hier ein Asylbewerberleistungsberechtigter, tatsächlich oder rechtlich keine verfügbaren Mittel zur Deckung der Kosten der Unterkunft zu Verfügung hat, klärungsbedürftig und -fähig ist. Diese Rechtsfrage ist nach Ansicht der erkennenden Kammer klärungsbedürftig, da die Klärung im allgemeinen Interesse steht, um die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern.