Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 02.09.2008, Az.: 4 W 66/08

Schadensersatzverlangen eines neuen Insolvenzverwalters gegen Mitglieder des Gläubigerausschusses wegen einer Pflichtverletzung des alten Insolvenzverwalters; Umfang der Darlegungslast des Insolvenzverwalters bei einem Prozesskostenhilfeantrag; Geltung des Erfordernisses der Unzumutbarkeit der Kostenaufbringung durch wirtschaftlich Beteiligte i. R. d. § 116 Nr. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) für den Steuerfiskus

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
02.09.2008
Aktenzeichen
4 W 66/08
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2008, 32266
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2008:0902.4W66.08.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 06.03.2008 - AZ: 18 O 2/08
LG Hannover - 28.03.2008 - AZ: 18 O 2/08
LG Hannover - 15.04.2008 - AZ: 18 O 2/08

Fundstellen

  • OLGR Celle 2009, 275-278
  • ZIP 2009, 936

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Der Insolvenzverwalter hat zur Darlegung der wirtschaftlichen Voraussetzungen im Rahmen eines Prozesskostenhilfeantrags dazu vorzutragen, wie hoch die Insolvenzmasse ist, um welchen Betrag sie sich vermehren würde, wenn der beabsichtigte Prozess gewonnen würde, und zu berechnen, welcher Gläubiger ggfls. welchen Betrag erhalten würde. In Schadensersatzprozessen nach § 71 InsO gegen Mitglieder des Gläubigerausschusses wegen einer Pflichtverletzung des Insolvenzverwalters kommt eine Ausnahme hiervon wegen eines vermeintlichen Versagens der staatlichen Aufsicht nicht in Betracht.

  2. 2.

    Das Erfordernis der Unzumutbarkeit der Kostenaufbringung durch wirtschaftlich Beteiligte gilt auch für den Steuerfiskus.

In der Beschwerdesache
...
hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... sowie
die Richter am Oberlandesgericht ... und ...
am 2. September 2008
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der 18. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 6. März 2008 in Verbindung mit deren Berichtigungsbeschluss vom 28. März 2008 und deren Nichtabhilfebeschluss vom 15. April 2008 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Beschwerdewert: 312.399,56 EUR

Gründe

1

I.

Der Antragsteller ist an Stelle des zuvor bestellten Insolvenzverwalters M. zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der Gemeinschuldnerin bestellt worden. M. hatte in großem Umfang in diesem wie anderen Insolvenzverfahren Veruntreuungen von Massegeldern begangen und ist deswegen zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Der Antragsgegner war Mitglied des Gläubigerausschusses und Kassenprüfer. Der Antragsteller beabsichtigt, den Antragsgegner nach § 89 InsO auf Schadensersatz in Höhe von 312.399,56 EUR in Anspruch zu nehmen, weil der Antragsgegner die ihm obliegenden Pflichten bei der Kassenprüfung verletzt habe. Dafür beantragt er Prozesskostenhilfe. Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegen getreten. Die Parteien streiten um die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage sowie weitere Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.

2

Das Landgericht hat den Antrag zurückgewiesen, weil die separate Klagerhebung gegen Mitglieder des Gläubigerausschusses im Sinne der Verursachung überhöhter Kosten mutwillig sei. eine streitgenössische Klage insbesondere in Verbindung mit einer Klage gegen die Commerzbank hätte auf der Seite des Antragstellers und des Gerichts die Kosten erspart, für die er jetzt Prozesskostenhilfe aus der Staatskasse begehrt. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.

3

Mit der Beschwerde bekämpft der Antragsteller die Begründung des Landgerichts: Es sei sachgerecht, die Klagen gegen Gläubigerausschussmitglieder von Klagen gegen die Commerzbank zu trennen, weil wegen unterschiedlicher Sachverhalte die Verfahren sonst unübersichtlich wären und ganz anders strukturiert werden müssten. In erster Instanz hatte er sich ferner auf den - vom Landgericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung folgerichtig nicht für erheblich und deshalb auch nicht beschiedenen - Standpunkt gestellt, den Gläubigern sei grundsätzlich nicht zuzumuten, irgendwelche Kosten für die Klagen gegen Mitglieder des Gläubigerausschusses vorzuschießen, denn hier gehe es nicht um die Einklagung ausstehender Forderungen eines Gemeinschuldners, sondern um die Wiederbeschaffung von Geldern, die einmal in der Masse vorhanden waren, vom früheren Insolvenzverwalter aber veruntreut worden seien. Es werde grundsätzlich die Auffassung vertreten, dass es Gläubigern nicht zuzumuten sei, eine Vorschussleistung auf die Prozesskosten zu leisten, wenn es um Ansprüche aufgrund von veruntreuenden Handlungen des vom Gericht eingesetzten Konkursverwalters bzw. gegen die diesen nicht überwachenden aber dafür gewählten Gläubigerausschussmitglieder gehe. Aus diesem Grunde hatte er vor dem Landgericht zur Frage der Zumutbarkeit der Kostenaufbringung gemäß § 116 Nr. 1 ZPO nicht detailliert vorgetragen. Der Senat hat durch Verfügung des Vorsitzenden vom 17. Juli 2008 die Parteien auf die in einer anderen Sache vertretene Auffassung des Senats hingewiesen, dass er diese Auffassung von grundsätzlicher Unzumutbarkeit nicht teile. der Antragsteller müsse daher zu Vorteilen des Prozesserfolges für Gläubiger vortragen. Im Zusammenhang mit der vom Antragsteller begehrten und gewährten Fristverlängerung für solchen Vortrag hat der Senatsvorsitzende die Parteien ferner durch weitere Verfügung vom 13. August 2008 auf die Problematik der durch § 71 InsO nur geschützten Gläubiger hingewiesen. Binnen der gesetzten Frist hat darauf der Antragsteller mit Schriftsatz vom 28. August 2008 die Auffassung vertreten, dass angesichts der Konkurseröffnung nach altem Recht auch die Haftung der Mitglieder des Gläubigerausschusses sich nach § 89 KO - und nicht nach § 71 InsO - richte und daher alle Gläubiger geschützt seien. Er hat ferner im Einzelnen zu den Vorteilen eines Prozesserfolgs vorgetragen, was wie folgt zusammengefasst wird: Bei einem Prozesserfolg in Höhe der begehrten 312.399,56 EUR verblieben nach vollständiger Befriedigung von Masseschulden 244.344,08 EUR. Nach Befriedigung nicht vorschusspflichtiger Konkursgläubiger der "Rangklasse I" (BfA und Sozialversicherungsträger) verbliebe eine Verteilungsmasse von ca. 189.000 EUR für die Befriedigung von Konkursgläubigern der "Rangklasse II" (Abgabengläubiger wie Stadtkassen und Finanzamt), die sich auf insgesamt 695.574,88 EUR beliefen und daher zu 27% beglichen werden könnten. Der Antragsteller meint, die Gläubiger dieser Rangklasse II seien nicht vorschusspflichtig, denn zum alten Recht der KO sei dies in der Rechtsprechung so vertreten worden (OLG Frankfurt ZIP 1993, 1250). die nach Einführung der InsO ergangene Rechtsprechung zur Zumutbarkeit i.S.v. § 116 Nr. 1 ZPO sei auf die nach der KO noch bestehenden Rangklassen nicht anwendbar.

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Der Antragsgegner hat Zurückweisung der Beschwerde beantragt. Er verteidigt den angefochtenen Beschluss und misst nach wie vor der beabsichtigten Klage keine Erfolgsaussicht bei.

5

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

6

II.

Die Beschwerde ist nicht begründet. Nach den eigenen nunmehr substantiierten Darlegungen des Antragstellers ist den Gläubigern der sog. "Rangklasse II" die Aufbringung der Kosten nach § 116 Nr. 1 ZPO zuzumuten. Ob dem Prozesskostenhilfeantrag auch andere Gründe entgegen stehen, etwa die Erhebung einer streitgenössischen Klage, worauf die Kammer im angefochtenen Beschluss abgestellt hat, kann ebenso dahin stehen wie weitere Fragen, etwa zu den Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage nach § 114 ZPO und der Haftungsgrundlage und den jeweils geschützten Gläubigern (§ 71 InsO bzw. § 89 KO).

7

1.

Der Senat geht - mit dem Landgericht - davon aus, dass die Kosten der beabsichtigten Prozessführung aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können. Die weiteren Voraussetzungen des § 116 Nr. 1 ZPO, insbesondere die Unzumutbarkeit der Kostenaufbringung durch die Beteiligten, hat der Prozesskostenhilfe beantragende Insolvenzverwalter darzulegen. Er hat dazu vorzutragen, wie hoch die Insolvenzmasse ist, um welchen Betrag sie sich vermehren würde, wenn der beabsichtigte Prozess gewonnen würde, und zu berechnen, welcher Gläubiger ggfs. welchen Betrag erhalten würde. Erst wenn das dargelegt ist, kann überhaupt geprüft werden, ob einem Gläubiger zuzumuten ist, Kosten vorzuschießen (Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 116, Rdnr. 7 a m.w.N.).

8

2.

Der jedenfalls im Schriftsatz vom 14. April 2008 vertretenen Auffassung des Antragstellers, dass es wegen der besonderen Umstände dieses Falles - Veruntreuungen des Insolvenzverwalters - grundsätzlich und ohne Rücksicht auf etwa verbesserte Aussichten auf Befriedigung keinem Gläubiger zuzumuten sei, Kosten aufzubringen, vermag der Senat nicht zu folgen. Schon den Ansatz des Antragstellers, der gewissermaßen dem Staat die Verantwortung für die Handlungen des Insolvenzverwalters und des Gläubigerausschusses zuschieben will, weil die Aufsicht versagt habe, und es deshalb letztlich darum gehe, mit Hilfe der Gewährung von Prozesskostenhilfe aus der Staatskasse wieder Gelder herein zu holen, die bereits einmal vorhanden waren, teilt der Senat so nicht. Zwar wird der Insolvenzverwalter vom Insolvenzgericht bestellt, jedoch können die Gläubiger einen anderen Insolvenzverwalter wählen, dessen Bestellung das Gericht in aller Regel nicht versagen darf, § 80 KO. Insbesondere in der Frage, ob ein Gläubigerausschuss überhaupt eingesetzt werden und wer ihm angehören soll, steht den Gläubigern ein weit reichendes Bestimmungsrecht zu, § 87 KO. Ungeachtet der Aufsicht des Insolvenzgerichts haben auch die Gläubiger eine - wie § 87 Abs. 2 KO zeigt: die des Gerichts sogar übersteigende - Kompetenz bei der Auswahl der Mitglieder des Gläubigerausschusses.

9

Aber auch der besondere Gegenstand des beabsichtigten Rechtsstreits rechtfertigt es nicht, andere als die sonst üblichen wirtschaftlichen Maßstäbe anzulegen, unter denen Gläubigern die Kostenaufbringung nach § 116 Nr. 1 ZPO zumutbar ist. Denn es geht nach dem Klageziel darum, ein Mitglied des Gläubigerausschusses für ein angebliches Versagen in die Haftung zu nehmen. Dann muss aber angesichts der Modalitäten, unter denen Mitglieder des Gläubigerausschusses bestellt werden und bei denen die Auswahl maßgeblich vom Willen der Gläubiger abhängt, bedacht werden, dass es sich beim Gläubigerausschuss um ein "Organ der Gläubiger" handelt, wie die Überschrift des 3. Abschnitts der Insolvenzordnung ihn nennt. Es ist daher keineswegs unzumutbar, wenn Beteiligte des Insolvenzverfahrens in Fällen, in denen die Masse verbessert werden soll, indem Mitglieder des Gläubigerausschusses haftbar gemacht werden, in gleicher Weise an der Kostenaufbringung für die Prozessführung heran gezogen werden wie in anderen "normalen" Prozessen. Um es bildhaft auszudrücken: Es geht bei dem Versuch, Masseschmälerungen durch vom Insolvenzgericht und vom Gläubigerausschuss nicht verhinderte Veruntreuungen des früheren Insolvenzverwalters wieder auszugleichen, gewissermaßen darum, dass die Gläubiger "die Suppe auslöffeln müssen, die sie sich bei der Bestimmung der betreffenden Personen selbst eingebrockt haben".

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Nach alledem besteht kein Anlass, von den grundsätzlich gebotenen Anforderungen an die Darlegung zur wirtschaftlichen Unzumutbarkeit einer Kostenaufbringung durch Beteiligte nach § 116 Nr. 1 ZPO Abstriche zu machen.

11

3.

Der Senat hat deshalb vor einer Entscheidung Gelegenheit gegeben, insoweit ergänzend vorzutragen.

12

Das hat der Antragsteller mit seinem Schriftsatz vom 28. August 2008 getan. Die darin gemachten Angaben belegen aber zweifellos, dass es zahlreiche wirtschaftlich Beteiligte gibt, denen die Kostenaufbringung zuzumuten ist.

13

a)

Angesichts der Tatsache, dass - abgesehen von dem mit 56.040 EUR angesetzten Anteil für die Verwaltervergütung, für die unstreitig keine Vorschusspflicht des Insolvenzverwalters in Betracht kommt (BGH NJW 1998, 1229) - Masseschulden nur in - im Vergleich zur einzuklagenden Forderung von 312.399,56 EUR - vernachlässigenswerter Höhe bestehen, ist entscheidend, ob den Konkursgläubigern der Rangklassen I und II die Kostenaufbringung zuzumuten ist. Dabei geht der Senat mit dem Antragsteller und der h.M. davon aus, dass wegen ihrer besonderen Aufgaben eine Kostenvorschusspflicht für die Bundesanstalt für Arbeit und Sozialversicherungsträger nicht besteht (BGHZ 119, 372 ff.. Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 116, Rdnr. 8 m.w.N.).

14

b)

Entscheidend ist daher, ob entgegen der Auffassung des Antragstellers den Gläubigern der "Rangklasse II", bei denen es sich ausweislich der Aufstellung des Antragstellers ausschließlich um öffentliche Abgaben handelt (Stadtkassen und Finanzamt), die Aufbringung der Kosten zuzumuten ist. Das ist der Fall. Denn der Gesamtbetrag der für ihre Befriedigung verbleibenden Verteilmasse von ca. 189.000 EUR würde nach den eigenen und zutreffenden Angaben des Antragstellers zu ihrer Befriedigung mit 27% führen (anstatt einer Quote von "0"). Da es bei diesen Gläubigern nicht nur um "Kleingläubiger" geht, sondern sich unter ihnen auch einige mit beträchtlichen Forderungen befinden (z.B. Stadtkasse L. mit 223.000 DM, weiteren 209.770,25 DM, Finanzamt B. mit 170.796,03 DM, L. H. mit 143.449,32 DM), kann kein Zweifel bestehen, dass nach Maßgabe allgemeiner Zumutbarkeitskriterien im Rahmen des § 116 Nr. 1 ZPO zahlreiche größere Gläubiger zur Kostenaufbringung beitragen könnten. Das gilt bei der gebotenen Gesamtabwägung auch mit Rücksicht darauf, dass in dieser Sache - anders als in den heute entschiedenen Parallelsachen - die Gläubiger der Rangklasse II keine vollständige, sondern nur eine Befriedigung in Höhe von 27% (statt einer Quote "0" ohne den Prozess) erwarten können. Denn nach den unten noch näher dargestellten Grundsätzen des Bundesgerichtshofs (BGHZ 138, 188 ff. [BGH 24.03.1998 - XI ZR 4/98]) kommt es darauf an, ob den zur Finanzierung heranzuziehenden Gläubigern der Prozesserfolg auch weitgehend zugute kommt (und nicht etwa im Wesentlichen für die Befriedigung von Gläubigern verwertet werden müsste, die vorrangig vor den finanzierenden Gläubigern stünden).

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Das ist hier der Fall. Denn nach den eigenen Darlegungen des Antragstellers entfiele von den eingeklagten 312.399,56 EUR nach Befriedigung von Masseforderungen lediglich ein Betrag von 10.798,82 EUR auf Gläubiger der Rangklasse I. Der "Bärenanteil" eines Prozesserfolgs, nämlich 189.000 EUR stünde für die Befriedigung von Gläubigern der Rangklasse II zur Verfügung, die also gerade deswegen ein eigenes Interesse an einem Prozesserfolg haben müssten (wenn sie denn an ihn glauben). So würde allein die Stadt L. auf ihre rd. 215.000 EUR betragenden Forderungen (209.770,25 DM und 223.012 DM) ein knappes Drittel, also rd. 70.000 EUR bekommen, also einen Betrag, der ein Vielfaches höher als die vorzuschießenden Kosten für eine Klage auf 312.000 EUR wäre. Erst recht wäre die Finanzierung des Rechtsstreits Gläubigern der Rangklasse II zumutbar, wenn sich daran noch einige weitere Gläubiger mit höheren Forderungen beteiligten, etwa das Finanzamt, das auf rd. 85.000 EUR gut 25.000 EUR oder die L. H., die auf rd. 70.000 EUR gut 20.000 EUR zu erwarten hätten (also auch jeweils für sich genommen schon mehr als die einzusetzenden Prozesskostenvorschüsse). Wenn es also unter den Gläubigern der Rangklasse II trotz zahlreicher kleinerer Gläubiger allein mindestens 3 größere Gläubiger gibt, von denen jeder für sich bei einem Prozesserfolg weit mehr, z.T. sogar ein Vielfaches von dem zu erwarten hätte, was er mit der Kostenaufbringung riskieren würde, ist die Kostenaufbringung zumutbar (BGH NJW 1991, 40 = MDR 1991, 334. OLG Nürnberg MDR 2005, 589 [OLG Nürnberg 30.11.2004 - 5 W 3947/04]. OLG Hamm MDR 2006, 171 - Nachweise bei Zöller/Philippi, a.a.O., § 116, Rdnr. 7). Wenn diese Gläubiger die Kostenaufbringung scheuen sollten, weil sie z.B. die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung vielleicht skeptischer beurteilen als der Antragsteller, rechtfertigt das nicht, dass der Staat durch Gewährung von Prozesskostenhilfe einspringt, vielmehr, so hat es der Bundesgerichtshof lapidar ausgedrückt, unterbleibt dann eben der Prozess (BGHZ 138, 188 [BGH 24.03.1998 - XI ZR 4/98] = NJW 1998, 1868 = MDR 1998, 737).

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Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist aber längst durch die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 138, 188 ff. [BGH 24.03.1998 - XI ZR 4/98] = NJW 1998, 1868 = MDR 1998, 737) und der ihm folgenden h.M. in Rechtsprechung (z.B. OLG Schleswig MDR 1998, 1306 [OLG Schleswig 07.05.1998 - 5 U 209/97]) und Literatur (Zöller/Philippi, a.a.O. § 116, Rdnrn. 9 und 10. MüKo/Motzer, ZPO, 3. Aufl., § 116, Rdnr. 16. Stein/ JonasBork, ZPO, 22. Aufl., § 116, Rdnr. 10 je m.w.N.) entschieden, dass im Rahmen des § 116 Nr. 1 ZPO das Erfordernis der Unzumutbarkeit der Kostenaufbringung durch wirtschaftlich Beteiligte auch für den Steuerfiskus gilt. eine generelle Freistellung des Fiskus von der Kostenaufbringung gibt es nicht. Dabei hat der Bundesgerichtshof in seiner Grundsatzentscheidung vom 24. März 1998 (BGHZ 138, 188 ff. [BGH 24.03.1998 - XI ZR 4/98]) sich auch mit der gegenteiligen Entscheidung des OLG Frankfurt ZIP 1993, 1250, auf die sich der Antragsteller beruft, befasst (BGHZ 136, 188 f. [BGH 03.07.1997 - V ZB 2/97] im 4. Absatz der Veröffentlichung in [...]). Ausschlaggebend für die Auffassung des Bundesgerichtshofs war, dass die Bevorzugung, die der Steuerfiskus durch seine Aufnahme in die Rangklasse des § 61 Abs. 1 Nr. 2 KO vor anderen Konkursgläubigern erfahren habe, es nicht rechtfertige, ihn darüber hinaus noch zusätzlich zu privilegieren, dass man ihn im Rahmen des § 116 Nr. 1 ZPO unter Verzicht auf die grundsätzlich einzelfallbezogene Zumutbarkeitsprüfung von vorneherein von jeder Kostenaufbringungslast freistelle. Dem stehe nicht nur die Eigenständigkeit der zivilprozessualen Vorschriften über die Prozesskostenhilfe gegenüber den konkursrechtlichen Regeln über die Rangfolge der Konkursforderungen entgegen. die Privilegierung des Steuerfiskus nach § 61 Abs. 1 Nr. 2 KO könne auch deshalb kein Maßstab für die Auslegung des § 116 ZPO sein, weil die Berechtigung dieses Privilegs aus guten Gründen bezweifelt werde und seine Abschaffung durch die am 1. Januar 1999 in Kraft tretende Insolvenzordnung bevorstehe (BGHZ 136, 188 ff., 9 [BGH 03.07.1997 - V ZB 2/97]. Absatz in der Veröffentlichung in [...]). Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof in jener Entscheidung sich im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung ausdrücklich dafür ausgesprochen, dass dem Steuerfiskus die Kostenaufbringung für einen Rechtsstreit dann zuzumuten ist, wenn der Prozesserfolg ihm ganz überwiegend zugute kommt. Soweit der Antragsteller im Schriftsatz vom 28. August 2008 meint, die nach Einführung der InsO ergangene Rechtsprechung zur Zumutbarkeit i.S.v. § 116 ZPO sei wegen der unter der Geltung der KO ergangenen Rechtsprechung nicht übertragbar, weil noch nach der KO bestehende Rangklassen zu berücksichtigen seien, hat er ganz offensichtlich übersehen, dass die zitierte BGHEntscheidung schon unter der Geltung der KO im Jahre 1998 ergangen ist und sich gerade ausdrücklich auf die Gläubiger der Rangklasse II (§ 61 Abs. 1 Nr. 2 KO) bezieht. Wenn aber die betreffenden Gläubiger (Steuerfiskus) bei einem Prozesserfolg eine wesentliche Verbesserung ihrer Befriedigung (27% statt 0) erlangen könnten, ist ihnen die Finanzierung des Rechtsstreits aus den oben näher ausgeführten Gründen auch zumutbar.

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4.

Die weiteren Fragen, über die die Parteien streiten, sind aus den obigen Gründen nicht erheblich, sodass der Senat von Ausführungen dazu absieht. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die Haftung der Gläubigerausschussmitglieder wegen einer erst im Jahre 2003 beginnenden Tätigkeit sich wegen der Eröffnung des Verfahrens im Jahre 1993 nach § 89 KO oder nach § 71 InsO richtet (grundsätzlich hat zwar der Gesetzgeber der InsO eine scharfe Zäsur zwischen Altverfahren - Geltung der KO - und nach dem 1.

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Januar 1999 beantragten Verfahrenseröffnungen - Geltung der InsO - vorgesehen, jedoch gilt dies nicht ausnahmslos und ist für einzelne Vorschriften gesondert zu prüfen, vgl. MüKo/Schmahl InsO, 2. Aufl., § 359, Rdnrn. 23 ff.. dabei könnte man diskutieren, ob die Milderung der Haftung der Mitglieder des Gläubigerausschusses nur noch für "Konkursgläubiger" als neues milderes Gesetz jedenfalls dann in Betracht käme, wenn es um Tätigkeiten lange nach Inkrafttreten der InsO geht). Ebenso bedarf - schon wegen ihrer vernachlässigenswerten Größenordnung - keiner Entscheidung die Frage, ob den Gläubigern von Masseforderungen die Kostenaufbringung zuzumuten ist. Und auch der von Landgericht zur Grundlage seiner Entscheidung gemachte Gesichtspunkt der Mutwilligkeit einer separaten Klage, wenn eine streitgenössische Klage möglich wäre, kann offen bleiben. Insoweit genügt folgender Hinweis: Grundsätzlich entspricht es durchaus der h.M., dass mutwillig i.S.v. § 114 ZPO handelt, wer statt einer möglichen einzigen streitgenössischen Klage mehrere jeweils selbständige Klagen erhebt (OLG Hamm MDR 2005, 350 [OLG Hamm 16.09.2004 - 27 W 50/04]. Zöller/Philippi. a.a.O., § 114, Rdnr. 34 a). es wäre ja auch nicht einzusehen, weshalb der Staat z.B. wegen des naheliegenden Gebühreninteresses von Klägervertretern über die Prozesskostenhilfe eine kostenträchtige Vielzahl von Prozessen finanzieren sollte, wenn das wirtschaftlich gleiche Ergebnis auch billiger erreicht werden könnte. Andererseits gilt dies nicht grenzenlos und der Senat hätte durchaus eine gewisse Skepsis, ob sich die Prozesse der jeweiligen Insolvenzverwalter gegen die Commerzbank noch praktikabel abwickeln ließen, wenn ihnen die Vielzahl der Ansprüche gegen Mitglieder der Gläubigerausschüsse noch aufgepfropft würde. die Kammern des Landgerichts, die die Gewährung von Prozesskostenhilfe für gesonderte Klagen gegen Mitglieder des Gläubigerausschusses mit dieser Argumentation verweigert haben, mögen bedenken, was sie damit als Kehrseite ihren Kollegen in der Kammer, die für die Klagen gegen die Commerzbank zuständig sind, zugemutet hätten. Auch über die Möglichkeit der Aussetzung der Verfahren gegen Mitglieder von Gläubigerausschüssen bis zur Entscheidung in CommerzbankVerfahren nach § 148 ZPO kann jedenfalls nicht die Entscheidung über die Gewährung von Prozesskostenhilfe "umgangen" werden, denn wegen der drohenden Verjährungsgefahr müsste eine Klage gegen Mitglieder des Gläubigerausschusses auch dann schon jetzt erhoben werden, wenn die dann laufenden Klageverfahren - was gewiss zweckmäßig wäre - mit Rücksicht auf die wirtschaftlich vielleicht vorrangigen gleich gerichteten Ansprüche gegen die Commerzbank alsbald ausgesetzt werden würden.

19

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 127 Abs. 4 ZPO i.V.m. KV Nr. 1812 der Anlage 1 zum GKG.

20

Der Beschwerdewert ist mit Rücksicht auf die anwaltlichen Gebühren nach dem für die Hauptsache maßgebenden Gegenstandswert festgesetzt (Nr. 3335 Abs. 1, 1. Hs. des Vergütungsverzeichnisses zu § 2 Abs. 2 RVG).

21

Anlass zur Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht nicht, denn der Senat hat im Kern auf die bereits feststehende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 138, 188 ff. [BGH 24.03.1998 - XI ZR 4/98]) abgestellt und alle Fragen, die von über diesen Einzelfall hinausweisender Bedeutung sein können, nicht entschieden.