Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 29.07.2014, Az.: 12 B 1652/14

Auswahlkriterium; Konkurrentenverdrängungsklage

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
29.07.2014
Aktenzeichen
12 B 1652/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 42529
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Bei der Vergabe sämtlicher Plätze muss der abgelehnte Bewerber grundsätzlich zumindest eine der Zulassungen anfechten, wenn er seine Zulassung begehrt (sog. Konkurrentenverdrängungsklage).
2. Zu den Anforderungen einer bloßen Neubescheidungsklage.
3. Die Anwendung der Auswahlkriterien Attraktivität und bekannt und bewährt darf nicht dazu führen, dass Neubewerber praktisch keine Zulassungschance haben.

Tenor:

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Der Streitwert wird auf 1.800,-- € festgesetzt.

Gründe

Die Anträge des Antragstellers,

„1. dass die Bescheide der Beklagten für die nachfolgenden Mitbewerber

a. für die Zulassung zum Stoppelmarkt 2014 für die Nr. 8 …,

b. für die Zulassung zum Stoppelmarkt 2014 für die Nr. 19 …,

c. für die Zulassung zum Stoppelmarkt 2014 für die Nr. 20 …

    GmbH,

d. für die Zulassung zum Stoppelmarkt 2014 für die Nr. 21 …  und

e. für die Zulassung zum Stoppelmarkt 2014 für die Nr. 22 H.

vorläufig aufgehoben und erst mit diesem Rechtsstreit rechtskräftig entschieden werden,

2. dem Antragsteller auf dem diesjährigen Stoppelmarkt 2014 für den Zeitraum vom 14.08. bis zum 19.08.2014 einen Standplatz für den Ausschank von Getränken zuzuweisen,“

haben keinen Erfolg.

1. Der Antragsteller begehrt zunächst (Antrag zu 1)) die an fünf namentlich benannte Mitbewerber gerichteten Bescheide „vorläufig aufzuheben“. Dieser Antrag ist unzulässig. Er richtet sich im wohlverstandenen Interesse des Antragstellers gegen den Vollzug der Zulassungen von fünf Mitbewerbern. Vorläufiger Rechtsschutz richtet sich dann nach § 80 Abs. 5 VwGO. Mangels Klageerhebung ist dieser Rechtsschutz aber unzulässig:

Bei dem Stoppelmarkt der Antragsgegnerin handelt es sich um ein nach § 69 S. 1 GewO festgesetztes Volksfest (§ 60 b GewO). Potenzielle Beschicker haben grundsätzlich gem. § 60 b Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 70 Abs. 1 GewO nach Maßgabe der für alle Veranstaltungsteilnehmer geltenden Bestimmungen einen Anspruch auf Zulassung zu dem nach § 69 GewO festgesetzten Volksfest der Antragsgegnerin. Dieser im Grundsatz freie Zugang zum Markt folgt aus der allgemeinen Gewerbefreiheit und der aus Art. 12 GG geschützten Berufsfreiheit und ermöglicht so allen potenziellen Interessenten die Marktteilnahme. Die Antragsgegnerin hat unter der Vielzahl von Bewerbern nach ihren Vergaberichtlinien über die Zulassung zum Stoppelmarkt (Stand: 9. Dezember 2013) im Angebotssegment „Ausschank“ 22 Bewerber zugelassen. Da die in diesem Segment vorgesehenen 22 Plätze somit an Mitbewerber vergeben sind, konnte der Antragsteller nicht mehr zum Zuge kommen. Um sein Verpflichtungsbegehren im Antrag zu 2) zu stützen, beantragte er im Antrag zu 1) die „vorläufige Aufhebung“ der Zulassungsbescheide. Eine Aufhebung der Bescheide lässt sich aber allein durch eine Klageerhebung erreichen. Eine solche Klageerhebung liegt nicht vor. Der Antragsteller führt in der Überschrift seines Antragsschriftsatzes zwar nicht nur an, dass er einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 123 VwGO stelle. Er verwendet auch den Begriff „Konkurrentenverdrängungsklage“ und den Begriff des Beklagten. Eine ausdrückliche Klageerhebung gegen die Zulassungsbescheide der genannten Mitbewerber ist darin aber nicht zu sehen. Grundsätzlich ist das Gericht zwar nicht nur befugt, sondern zur Erteilung eines Hinweises verpflichtet, wenn eine Prozesssituation i.S. des § 86 Abs. 3 VwGO besteht, die der Bereinigung durch einen gerichtlichen Hinweis bedarf. Das gilt etwa dann, wenn ein Antrag wegen mangelnder Klarheit eine Erläuterung nötig macht oder ein nicht sachdienlicher Antrag gestellt ist. Denn das Antrags-/Klagebegehren als das wirkliche Rechtsschutzziel ist von Amts wegen zu ermitteln (BVerwG, Urteil vom 12.02.1981 - 2 C 42/78-, NVwZ 1982, 103). Der Auslegung oder gar Umdeutung von Anträgen sind aber Grenzen gesetzt. Das gilt insbesondere dann, wenn die Beteiligten anwaltlich vertreten sind. Hieran gemessen muss sich der anwaltlich vertretene Antragsteller vorliegend an der Formulierung seines Antrages in der Antragsschrift und seinen Ergänzungen festhalten lassen. Seine in der Antragsschrift wie auch in den weiteren Schriftsätzen sind insoweit eindeutig und unmissverständlich und können nicht im Sinne der Erhebung einer Konkurrentenverdrängungsklage ausgelegt werden.

Der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers ist auf das Versäumnis der Klageerhebung wiederholt hingewiesen worden. Schon in der gerichtlichen Verfügung vom 13. Mai 2014 ist angefragt worden, ob er auch Klage erheben wolle. Dabei ist auf die genannten Anhaltspunkte („Konkurrentenverdrängungsklage“ und die Formulierungen im Antrag) hingewiesen worden. Im Antwortschreiben vom 19. Mai 2014 gibt der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers dann an, „dass natürlich gegen die genannten Mitbewerber auch Klage erhoben werden soll“. Im Schreiben vom 23. Mai 2014 stellt er klar, dass mit dem Antrag vom 12. Mai 2014 „natürlich auch fristgerechte Klage (Konkurrentenverdrängungsklage) erhoben wurde gegen den Bescheid der Beklagten vom 04.04.2014“. Bei diesem Bescheid handelt es sich um den an den Antragsteller gerichteten Ablehnungsbescheid. Daraufhin ist neben dem Eilverfahren auch das Klageverfahren 12 A 1778/14 eingetragen worden. Hierbei handelt es sich um die auf die Zulassung zum Stoppelmarkt 2014 gerichtete Verpflichtungsklage des Antragstellers. Gegen die genannten Mitbewerber hat der Prozessbevollmächtigte die Klagen zwar angekündigt („Klage erhoben werden soll“), diese aber bis heute nicht erhoben.

Auch die Antragsgegnerin hat schon im Schriftsatz vom 6. Juni 2014 auf das - weiterhin - undeutliche prozessuale Vorgehen des Antragstellers hingewiesen. Sie wiederholte den Hinweis im Schriftsatz vom 30. Juni 2014. Da der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers auf diese Hinweise nicht reagierte, wurde er mit gerichtlichem Schreiben vom 10. Juli 2014 noch einmal um Klärung der prozessualen Situation gebeten. Dabei wurde er auf die einschlägige Rechtsprechung des Nds. Oberverwaltungsgerichts, die ihm zudem aus den vorangegangenen gerichtlichen Verfahren bekannt war, zur Erforderlichkeit der Konkurrentenverdrängungsklage hingewiesen. Im Antwortschreiben verweist der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers wiederum nur darauf, dass der Antragsteller seine Zulassung zum Stoppelmarkt 2014 erstrebe und die Genehmigungen von fünf Mitkonkurrenten auszusetzen seien. Damit wiederholt wiederum sein Antragsvorbringen. Klage gegen die Zulassung von Mitbewerbern hat er nach wie vor nicht erhoben.

Hätte er gegen die Zulassungen der Mitbewerber Klage erhoben, handelte es sich um Anfechtungsklagen, so dass sich der vorläufige Rechtsschutz allein nach §§ 80 a, 80 VwGO richtete (§ 123 Abs. 5 VwGO). Mangels zugrundeliegender Klagen kommt dieser Rechtsschutz hier aber nicht in Betracht. Die Zulassungsbescheide sind weiterhin vollziehbar. Anders als der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers meint, sind rechtskräftige Entscheidungen in „diesem Rechtsstreit“ nicht zu erwarten.

Demnach ist der Antrag zu 1) mangels Klageerhebung unzulässig.

2. Mit seinem zweiten Antrag begehrt der Antragsteller seine Zulassung zum Stoppelmarkt 2014. Dieses Begehren richtet sich nach § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO. Danach kann auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ergehen, wenn sowohl ein Anordnungsgrund (die Eilbedürftigkeit der begehrten Regelung) als auch ein Anordnungsanspruch (der materiell-rechtliche Anspruch auf die begehrte Regelung) hinreichend glaubhaft gemacht worden sind (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).

Der Erlass der einstweiligen Anordnung scheitert an der hinreichenden Glaubhaftmachung des Verpflichtungsbegehrens.

Der vom Antragsteller beabsichtigte Ausschank von Getränken gehört zwar als volksfesttypisches Verkaufsgeschäft zum Gegenstand des festgesetzten Stoppelmarktes, so dass dem Antragsteller der Teilnahmeanspruch grundsätzlich zusteht. Dieser aus dem Grundsatz der Marktfreiheit abzuleitende Zulassungsanspruch ist aber durch § 70 Abs. 3 GewO eingeschränkt. Danach kann der Veranstalter aus sachlich gerechtfertigten Gründen, insbesondere wenn der zur Verfügung stehende Platz nicht ausreicht, einzelne Schausteller von der Teilnahme ausschließen. Ihm steht insoweit ein weiter Ermessensspielraum zu. Dieser umfasst nicht nur die Festlegung des für den Markt verfügbaren Platzes und die räumliche wie branchenmäßige Aufteilung dieses Platzes. Er schließt neben dieser Festlegung der Gesamtkonzeption und insbesondere der Platzkonzeption auch die Festlegung von Auswahlkriterien bei einem Bewerberüberhang ein (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Oktober 2005 – 6 B 63/05 -, GewA 2006, 81 = NVwZ-RR 2006, 786). Zu berücksichtigen ist aber, dass bei den Auswahlentscheidungen neben dem Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) insbesondere das Recht des Bewerbers auf Chancengleichheit (Art. 3 GG) und das Rechtsstaatsgebot (Art. 20 Abs. 3 GG) sowie der in § 70 Abs. 1 GewO verankerte Grundsatz der Marktfreiheit zu beachten ist. Sachlich gerechtfertigt ist deshalb eine Auswahlentscheidung im Falle eines Bewerberüberhangs nur, wenn sie auf der Grundlage eines für alle Bewerber einheitlichen, willkürfreien und nachvollziehbaren Verfahrens erfolgt. Das Verwaltungsgericht Oldenburg hat im Beschluss vom 17. Juni 2013 – 12 B 2119/13 – zum Verfahren der Beteiligten zur Zulassung zum Stoppelmarkt 2013 dann weiter ausgeführt:

„Es muss deshalb ein für alle Bewerber einheitliches, vorher festgelegtes Verfahren eingehalten werden. Die Verwirklichung der Grundrechte fordert eine dem Grundrechtsschutz angemessene Verfahrensgestaltung (ständige Rechtsprechung des BVerfG, vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.September 2002 - 1 BvR 819/01 und 1 BvR 826/01 -, DVBl. 2002, 1629 = NJW-RR 2003, 203). Ebenso erwächst aus der grundrechtlichen Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs. 4 S. 1 GG) die Verpflichtung, durch eine angemessene Verfahrensgestaltung auch dieses Grundrecht substantiell zur Geltung zu bringen. Innerhalb dieses gerichtlich überprüfbaren Verfahrens ist für die Bewerberauswahl ein bestimmter Auswahlmodus nicht vorgegeben, sodass die Veranstalter unterschiedliche Auswahlkriterien anwenden dürfen. Das Auswahlverfahren und die Auswahlentscheidung müssen durch entsprechende Vorgaben etwa in Vergaberichtlinien für alle Bewerber transparent und nachvollziehbar sein. Die Kriterien für die Auswahl und damit für die Zulassung zum Volksfest und ihr Verhältnis zueinander müssen jedenfalls vor der Entscheidung festgelegt sein, um eine einheitliche Anwendung gegenüber sämtlichen Bewerbern nachvollziehbar und damit auch im Hinblick auf die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes justiziabel zu machen. Was sachlich gerechtfertigt ist, bestimmt sich nach dem allgemeinen Gleichheitssatz unter Berücksichtigung des Lebenssachverhalts, in dessen Rahmen das Ermessen ausgeübt wird. Diese Grundsätze sind auch bei der Gewichtung und etwaiger Rangfolge der Auswahlkriterien zu beachten. Eine bestimmte Rangfolge etwa des Vorrangs der Attraktivität folgt daraus nicht. Allerdings muss der Veranstalter die für seine Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte der Konkretisierung und Beurteilung der Auswahlkriterien offenlegen, damit eine gerichtliche Nachprüfbarkeit der Entscheidung erfolgen kann. Es muss zudem jedem Bewerber die gleiche Zulassungschance eingeräumt werden (BVerwG, Beschluss vom 4. Oktober 2005, a.a.O.). Demnach ist eine Auswahlentscheidung nach einem System, das Neu- oder Wiederholungsbewerbern, die nicht auf dem Markt vertreten waren, weder im Jahr der Antragstellung noch in erkennbarem zeitlichen Turnus eine Zulassungschance einräumen, ermessenfehlerhaft (Nds. OVG, Urteil vom 16. Mai 2012 - 7 LB 52/11 -, GewArch 2012, 403 = NordÖR 2012, 566).“

Das Verwaltungsgericht hat in diesem Beschluss zum Begehren des Antragstellers, mit seinem Getränkestand zum Stoppelmarkt 2013 zugelassen zu werden, dann ausgeführt, dass die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin diesen Anforderungen nicht genügte. Die Ausgestaltung der Auswahlkriterien und ihre konkrete Umsetzung würden den Anforderungen an eine sachgerechte Auswahlentscheidung nicht gerecht. So würden insbesondere Neubewerber gegenüber Altbewerbern in unzulässiger Weise benachteiligt. Im Beschluss des Nds. Oberverwaltungsgerichts vom 7. Oktober 2013 – 7 ME 55/13 – wie auch im Beschluss des Nds. Oberverwaltungsgerichts vom 9. September 2013 – 7 ME 56/13 –  zum Beschluss des Gerichts vom 20. Juni 2013 - 12 B 5090/13 - wird zwar darauf hingewiesen, dass die Antragsgegnerin in den Beschwerdeverfahren zu den Beschlüssen des Verwaltungsgerichts vom 17. Juni 2013 bzw. 20. Juni 2013 den jeweils angefochtenen Bescheid ausführlich begründet habe. Im Beschluss vom 9. September 2013 (a.a.O.) heißt es:

„Der Antragsgegnerin ist es in ihrer umfangreichen Beschwerdebegründungsschrift gelungen, die Vergabeentscheidung nachvollziehbar zu machen und Kritikpunkte des Verwaltungsgerichts teilweise auszuräumen. Gleichwohl verbleiben gegenüber der Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin auch nach deren ergänzenden Erläuterungen deutliche Zweifel.“

Im Beschluss vom 7. Oktober 2013 (a.a.O.) führt das Nds. Oberverwaltungsgericht ergänzend an, dass der nicht berücksichtigte Bewerber durch die Begründung des ablehnenden Bescheides erfahren muss, mit welchen Abständen (innerhalb der Rangreihung der Bewerber sowie nach Punkten) er in der betroffenen „Unterkategorie“ hinter dem letzten erfolgreichen Mitbewerber zurücklag und aus welchen wesentlichen Gründen ihm gerade dieser Mitbewerber vorgezogen wurde. Die Antragsgegnerin hat diesen Kritikpunkt im angefochtenen Bescheid aufgenommen und dargelegt, weshalb der letzte noch zugelassene Bewerber insgesamt 111 Punkte erhalten hat und dieser Mitbewerber deshalb dem Antragsteller vorgezogen wurde, der insgesamt lediglich 97 Punkte erhalten hat. Darauf geht der Antragsteller im vorliegenden Verfahren nicht ein.

Die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin dürfte gleichwohl fehlerhaft sein. Zweifelhaft ist bereits, ob ein Vorfall vor der Gaststätte des Antragstellers am 9./10. März 2013 zum Anlass genommen werden darf, ohne Hinzuziehung weiterer Nachweise allgemein auf Polizeieinsätze und Körperverletzungsprozesse über den dokumentierten Vorfall hinaus zu schließen und damit die Zuverlässigkeit des Antragstellers für die Teilnahme am Stoppelmarkt negativ zu bewerten. Der Vorfall wird zudem doppelt negativ bewertet, weil er auch in der Unterkategorie „Anziehung“ zu Punktabzügen führt. Überdies führen die Unterkategorien der persönlichen Eignung und einige der Unterkategorien der Attraktivität (Anziehung, Tradition) zur Bevorzugung von Altbeschickern. Hervorzuheben ist erneut – wie im Beschluss vom 17. Juni 2013 (a.a.O.) ausgeführt -, dass die Unterkategorien des Erscheinungsbildes, des technischen Standards, der Anziehung, der Tradition/Neuheit, des Platzbedarfs und der Umweltfreundlichkeit des Geschäftes berücksichtigt werden dürfen. Diese Gesichtspunkte hängen von der Gesamtkonzeption der Verwaltung wie auch vom Waren- und Leistungsangebot der räumlichen Auslastung des zur Verfügung stehenden Platzes ab. Das gilt auch für das Auswahlkriterium der persönlichen Eignung, das im Wesentlichen auf die Bekanntheit und Bewährung bisheriger Beschicker abstellt. Auch dieses Auswahlkriterium „bekannt und bewährt“ ist grundsätzlich anerkannt. Denn es erlaubt dem Veranstalter, frühere Schwierigkeiten bei der Marktabwicklung zu berücksichtigen, die auch unterhalb der Schwelle der Unzuverlässigkeit liegen. Allerdings darf die Anwendung der Kriterien nicht dazu führen, dass der Kreis der Marktbeschicker derart begrenzt wird, dass Neubewerber praktisch keine Zulassungschance haben. Vielmehr muss Neubewerbern in einem erkennbaren zeitlichen Turnus eine Zulassungschance eingeräumt werden. Die Auswahlkriterien der Attraktivität und des Grundsatzes „bekannt und bewährt“ dürfen nicht dazu führen, dass letztlich ein Neubewerber kaum eine Chance hat, zugelassen zu werden und somit in den Status des Altbeschickers zu kommen.

Bei Anwendung dieser Grundsätze ist das Auswahlsystem der Antragsgegnerin weiterhin ermessensfehlerhaft. Die Anwendung der grundsätzlich zulässigen Auswahlkriterien führt dazu, dass ein Neubewerber nicht nur in der Kategorie der persönlichen Eignung, sondern auch in der der Attraktivität weitaus mehr Punkte erreichen muss als ein Altbeschicker, der in den Kategorien der Vertragserfüllung, der Volksfesterfahrung und Zuverlässigkeit höhere Punkte erreichen kann. Nach Ziffer 7.2. der Vergaberichtlinien der Antragsgegnerin sollen zwar bis zu 10 %, mindestens jedoch ein Neubewerber in jeder Kategorie ausgewählt werden. Hierzu hat das Verwaltungsgericht im Beschluss vom 17. Juni 2013 (a.a.O.) ausgeführt:

„Eingeschränkt wird diese Regelung aber durch die Formulierung, dass geeignete Neubewerber in der jeweiligen Kategorie vorhanden sein müssen. Neubewerber sind nach den Vorgaben in den Richtlinien allerdings nur dann geeignet, wenn sie in der jeweiligen Kategorie zu anderen Bewerbern Punktegleichheit aufweisen. Darauf wird auch in den Vollzugshinweisen zu den Vergaberichtlinien über die Zulassung zum Stoppelmarkt 2013 hingewiesen. Da ein Neubewerber in den einzelnen Kategorien etwa der Vertragserfüllung und der Volksfesterfahrung keine besonderen Punkte erreichen kann, muss er in den übrigen Kategorien etwa des Erscheinungsbildes und des technischen Standards zusätzliche Punkte erreichen. Demnach muss er bei den objektiven Kriterien gegenüber einem Altbeschicker zusätzliche Punkte erreichen. Dies ist nicht sachgerecht und damit ermessensfehlerhaft.“

Die Antragsgegnerin hat für die Zulassung zum Stoppelmarkt 2014 die Vergaberichtlinien geändert und die Neubewerberregelung um die Sätze ergänzt „Die erfolglose Bewerbung eine Neubewerbers soll bei zukünftigen Vergabeentscheidung honoriert werden...Als Neubewerber ist derjenige anzusehen, der im Jahr vor der aktuellen Bewerbung mit seinem beworbenen Geschäft oder als Betreiber eines Geschäftes nicht zum Stoppelmarkt zugelassen war.“ Die Art der Honorierung ist in den Vergaberichtlinien nicht näher festgelegt. Nach dem Bescheid vom 4. April 2014 wurde dem Antragsteller in der Kategorie Zuverlässigkeit aufgrund der erfolglosen Bewerbung zusätzlich ein Punkt zugestanden. Nach dem Bewertungsschema der Antragsgegnerin erhält damit ein Neubewerber einen Zusatzpunkt, der aber nur einfach gewertet wird. Gegenüber den in der Kategorie Attraktivität vergebenen Punkten, die dreifach gewertet werden, fällt diese „Honorierung“ mit unter 1 % kaum ins Gewicht. Dies zeigt auch die tatsächliche Vergabe der 22 Plätze. Die 22 zugelassenen Bewerber in der Kategorie „Ausschank“ waren nach der Auflistung im Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin sämtlich im letzten Jahr auf dem Stoppelmarkt 2013 vertreten. Ein Neubewerber ist nicht zugelassen worden. Damit bleibt es bei der vom Gericht schon im letzten Jahr beanstandeten Benachteiligung der Neubeschicker. Zutreffend beanstandet der Antragsteller damit die Nichtberücksichtigung von Neubewerbern.

Die rechtsfehlerhafte Ausübung des Ermessens führt aber - wie im letzten Jahr - nicht zur Verpflichtung der Antragsgegnerin, den Antragsteller im Wege einer einstweiligen Anordnung zum Stoppelmarkt 2014 zuzulassen. Es ist nicht erkennbar, dass allein die Zulassung des Antragstellers rechtsfehlerfrei ist, eine sogenannte Ermessensreduzierung auf Null liegt nicht vor.

Dem Begehren des Antragstellers steht zudem entgegen, dass die Antragsgegnerin die 22 zu vergebenen Plätze inzwischen an Mitbewerber vergeben hat. Dies ist im Rahmen des Verpflichtungsbegehrens grundsätzlich zu berücksichtigen. Der Antragsteller muss den von ihm erstrebten Zulassungsplatz, der einem Mitbewerber zuerkannt worden ist, zunächst wieder verfügbar machen. Dies geschieht im Hauptsacheverfahren durch die Anfechtungsklage gegen die Zulassung der Mitbewerber, der im Eilverfahren der vorläufige Rechtsschutz nach §§ 80, 80 a VwGO korrespondiert. Einer solchen Anfechtungsklage bedarf es nur dann nicht, wenn kein Bewerberüberhang besteht und die Platzkapazität noch nicht erschöpft ist. Bei der Vergabe sämtlicher Plätze muss der abgelehnte Bewerber aber zumindest eine der Zulassungen anfechten (sog. Konkurrentenverdrängungsklage, vgl. dazu BVerwG, Beschl. v. 14. Januar 2004, 1 BvR 506/03, GewA 2004, 296 = NVwZ 2004, 718 [BVerfG 14.01.2004 - 1 BvR 506/03] und juris; Nds. OVG, Beschl. v. 17. November 2009 – 7 ME 116/09 -, GewA 2010, 245 und juris, VGH München, Beschluss vom 12. Juli 2010 – 4 CE 10.1535 -, Bay. Verwaltungsblatt 2011, 23 und juris; jeweils m.w.N.). In der dem Antragsteller bekannten Entscheidung des Nds. Oberverwaltungsgerichts vom 27. November 2009 (a.a.O.) heißt es:

„Durch den Erlass der (positiven) Zulassungsbescheide an die berücksichtigten Bewerber wird (unter der regelmäßigen Voraussetzung der vollständigen Vergabe der vorhandenen Plätze) die Kapazität erschöpft. Will ein nicht berücksichtigter Bewerber um eine Marktzulassung den einem Mitbewerber zugesprochenen Standplatz erstreiten - erstrebt er also seine Zulassung "innerhalb der festgelegten Kapazität" unter Verdrängung eines bei der Vergabe berücksichtigten Konkurrenten ... -, muss er daher neben dem Verpflichtungsantrag grundsätzlich Anfechtungsklage erheben, um die dem begünstigten Konkurrenten erteilte Zulassung für eine erneute Auswahlentscheidung wieder verfügbar zu machen. … Unterlässt der abgelehnte Bewerber dies, kann sein Begehren auf Marktzulassung schon mangels verfügbarer Kapazität regelmäßig keinen Erfolg haben, weil mit der Vergabe des Kontingents der materielle Teilhabeanspruch erlischt. Ihn trifft daher insoweit eine Anfechtungslast. Ein ohne gleichzeitige Erhebung einer (Dritt-) Anfechtungsklage formulierter Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung geht "ins Leere", wenn keine freie Kapazität (mehr) vorhanden ist, die der Behörde seine Zulassung zu der Veranstaltung ermöglichen würde. Ein (alleiniger) Verpflichtungsantrag kommt nur dann in Betracht, wenn der Bewerber die Marktzulassung - etwa bei nicht ausgeschöpfter Kapazität - ohne Verdrängung eines zugelassenen Mitbewerbers erstrebt.“ (Zusammenfassung durch das Nds. OVG im Beschluss vom 24. September 2013 – 7 MC 85/13 -).

Nach diesen auch hier zu berücksichtigen Grundsätzen scheitert der Anordnungsanspruch des Antragstellers damit an der Erschöpfung der Platzkapazität, da er die Zulassung(-en) des/der Mitbewerber/s nicht angefochten hat und diese – wie ausgeführt – ihrerseits vollziehbar ist (sind).

3. Grundsätzlich kann es zur Wahrung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG) dem abgelehnten Bewerber nicht verwehrt werden, im Wege der einstweiligen Anordnung einen bloßen Bescheidungsantrag zu stellen. Wegen der Vorwegnahme der Hauptsache setzt dies aber voraus, dass der Betroffene nur so wirksamen Rechtsschutz erlangen kann. Auch hierzu hat das Nds. OVG in dem genannten Beschluss vom 17. November 2009 ausgeführt:

„Auf einen bloßen "Neubescheidungsantrag" - wie hier - über seine (abgelehnte) Bewerbung kann der nicht berücksichtigte Bewerber sich nur dann beschränken, wenn er darauf vertrauen will, dass die Behörde aufgrund der gerichtlichen Entscheidung über sein Rechtsschutzbegehren - von Amts wegen – sich entschließt, die Auswahlentscheidung(en) über die Zulassung der Marktteilnehmer zu überprüfen und die - abgeschlossenen - Verwaltungsverfahren der Mitbewerber nach §§ 48, 49 VwVfG mit dem Ziel einer Aufhebung der (positiven) Zulassungsakte wieder aufzugreifen … . Eine rechtliche Verpflichtung der Behörde zu einem umfassenden Wiederaufgreifen des Verfahrens wird indes durch den - im gerichtlichen Verfahren ausschließlich beantragten - Bescheidungsausspruch nicht begründet. Denn die Bindungswirkung der gerichtlichen Entscheidung reicht über den Gegenstand des konkreten Verfahrens, d.h. den gegenüber dem jeweiligen Antragsteller ergangenen Versagungsbescheid (der z.B. auch aus lediglich formellen Gründen rechtswidrig sein kann, s. §§ 28, 39, 40 VwVfG, ohne dass ein Zulassungsanspruch bestünde), nicht hinaus, während positive Zulassungsentscheidungen zu Gunsten von Mitbewerbern durch den bloßen Neubescheidungsantrag nicht zum Streitgegenstand des Verfahrens geworden sind und es - ohne Drittanfechtungsklage - auch nicht werden, auch nicht durch deren Beiladung (§ 65 VwGO) im gerichtlichen Verfahren. Durch einen Bescheidungsantrag vermag der übergangene Bewerber sich mithin nicht eine "anfechtungsgleiche" Rechtsstellung im Hinblick auf - sämtliche - (positiven) Zulassungsakte gegenüber konkurrierenden Bewerbern zu verschaffen, die ihm selbst bei einer erfolgten Drittanfechtung nur gegenüber dem jeweils angefochtenen Zulassungsakt zukommt. Die Frage, ob die zugrunde liegende Auswahlentscheidung rechtswidrig gewesen ist, ist als Vorfrage inzident zu prüfen - auch ihre Bejahung unterstellt, vermag die Erkenntnis der Rechtswidrigkeit des Versagungsbescheides dem Kapazitätsmangel, der einer nachträglichen Zulassung entgegensteht, aber nicht abzuhelfen, … (zumal) allein die - theoretische - Möglichkeit der Rücknahme der einem Konkurrenten erteilten Zulassung noch keine freie Kapazität schafft, wenn eine erneute Abwicklung des Auswahlverfahrens aus zeitlichen Zwängen praktisch ausscheidet. Vor einer Rücknahme oder einem Widerruf der einem Konkurrenten erteilten Marktzulassung muss dieser aus Gründen rechtlichen Gehörs angehört, ihm oder einem aufgrund dieser Ankündigung bestellten Verfahrensbevollmächtigten ggf. Akteneinsicht gewährt und Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden. In materieller Hinsicht ist zu beachten, dass die Aufhebung eines Marktzulassungsbescheides nach §§ 48, 49 VwVfG eine behördliche Ermessensentscheidung voraussetzt, bei der Dispositionen des zugelassenen Bewerbers (etwa Vorhalten von Personal, Anschaffung von Waren, Verzicht auf anderweitige Standplatzbewerbungen) im Rahmen des Vertrauensschutzes zu berücksichtigen sind. Stellt man weiter in Rechnung, dass der Rücknahme- oder Widerrufsbescheid seinerseits anfechtbar ist und eingelegte Rechtsmittel aufschiebende Wirkung haben, die nur durch die Anordnung des Sofortvollzuges überwunden werden kann, gegen den seinerseits gerichtlicher Rechtsschutz gegeben ist, und dass für die Abwicklung all dieser Vorgänge unter Rechtsschutzgesichtspunkten ausreichend Zeit zur Verfügung stehen sowie nach deren Abschluss auch noch eine Frist für den Aufbau des Fahrgeschäftes verbleiben muss, zeigt sich, dass schon aus faktischen Gründen bei einem solchen Verfahrensweg die Rechtsvereitelung droht. …“

Ob zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch ausreichend Zeit für die Abwicklung der genannten Vorgänge bleibt, ist schon zweifelhaft. Der Antragsteller hat zwar den gerichtlichen Antrag nicht zu spät gestellt, denn dieser ist bereits am 12. Mai 2014 beim Verwaltungsgericht eingegangen. Er hat es aber bis heute versäumt, die prozessuale Situation, die allein von seinen Anträgen abhängt, zu klären.

Der bloßen Neubescheidung bedarf es aber schon deshalb nicht, weil es dem Rechtsschutzinteresse des Antragstellers genügte, wenn er neben der Verpflichtungsklage gegen die Zulassung eines Mitbewerbers Klage erhoben hätte. Dies hat er – wie ausgeführt – nicht getan. Anders als in den Fällen, in denen der abgelehnte Bewerber über die zugelassenen Mitbewerber nicht informiert wird oder er im Fall der Information eine Vielzahl von Anfechtungsklagen erheben müsste (so in dem der Entscheidung des BVerwG vom 7. Oktober 1988 – 7 C 65/87 -, BVerwGE 80, 270, zugrundeliegenden Verfahren zum Güterkraftverkehrsgesetz mit insgesamt 542 erteilten Konzessionen) und für die Umsetzung des Begehrens noch genügend Zeit bleibt, hätte der Antragsteller gegen die Mitbewerber – wie in der Antragsschrift angekündigt – Klage erheben können. Dies gilt jedenfalls für den Mitbewerber H., zu dessen Zulassung im angefochtenen, an den Antragsteller gerichteten Bescheid vom 4. April 2014 im Einzelnen dargelegt worden ist, weshalb dieser Bewerber dem Antragsteller vorgezogen worden ist.

Der Antragsteller hat deshalb den Bescheidungsantrag auch nicht ausdrücklich gestellt. Sein Begehren ist in diesem Jahr nach den entsprechenden Hinweisen auch nicht so auszulegen, dass in seinem Verpflichtungsbegehren als minus ein Bescheidungsbegehren enthalten ist. Eine solche Auslegung verbietet sich, da das erforderliche Bescheidungsinteresse aus den genannten Gründen fehlt, der entsprechende Antrag wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses hätte abgelehnt werden müssen.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an dem Streitwertkatalog, der bei der Zulassung zu einem Markt den erwarteten Gewinn, mindestens jedoch 300,-- € pro Tag annimmt. Daraus ergibt sich für die Veranstaltung des Stoppelmarktes vom 14. bis zum 19. August 2014 ein Streitwert von 1.800,-- €. Eine Reduzierung des Streitwertes kam wegen der mit dem Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung verbundenen Vorwegnahme der Hauptsache nicht in Betracht.