Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 07.07.2014, Az.: 3 A 416/14

Beschleunigung; Fristbeginn; subjektives Recht; Rechtsbehelf; Rechtsverletzung; Schutznormcharakter; aufschiebende Wirkung

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
07.07.2014
Aktenzeichen
3 A 416/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2014, 42519
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Ist Klagen gegen Bescheide gemäß § 34 a Abs. 1 AsylVfG nicht ausnahmsweise durch stattgebende gerichtliche Entscheidungen gemäß § 80 Abs. 5 VwGO aufschiebende Wirkung verliehen worden, beginnt die sechsmonatige Überstellungsfrist stets, also ungeachtet zwar rechtzeitig gestellter, jedoch unbegründeter Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO, unterbrechungslos sechs Monate nach Annahme des Übernahmegesuchs. Daran hat auch das Inkrafttreten des § 34 a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG n. F. nichts geändert (wie u. a. VG Oldenburg, Beschluss vom 21. Januar 2014, 3 B 7136/13, zit. n. juris; a. A. u. a. VG Oldenburg, Beschluss vom 20. Juni 2014, 12 B 1903/14, zit. n. juris).

2. Nach Ablauf einer Überstellungsfrist darf eine Überstellung in den anderen Mitgliedstaat grundsätzlich in erster Linie deshalb nicht mehr erfolgen, weil dadurch eine auch dem Schutz und den Interessen des Asylbewerbers dienende Fristenregelung verletzt würde. Einer solchen (verspäteten) Überstellung fehlt, umgekehrt, die Wirkung einer Verletzung subjektiver Rechte des betroffenen Asylbewerbers nicht allein deshalb, weil als Folge der Fristüberschreitung der um Aufnahme ersuchte Mitgliedstaat "lediglich" an sich gar nicht mehr (sondern vielmehr inzwischen der um Aufnahme ersuchende Staat selbst) zuständig ist, aber ggf. dennoch zumindest ursprünglich der Aufnahme des Asylantragstellers zugestimmt hatte (keine Übertragbarkeit der EuGH-Entscheidung vom 10.12.2013, C-394/12, insoweit; a. A. VG Oldenburg, Beschluss vom 20. Juni 2014, 12 B 1903/14, zit. n. juris).

Tatbestand:

Die Kläger sind iranische Staatsangehörige. Ihre Asylanträge wertete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 27. Januar 2014 als unzulässig (Ziffer 1 der dortigen „Entscheidung“). Gleichzeitig ordnete es die Abschiebung der Kläger nach Italien an (Ziffer 2). Zur Begründung führte das Bundesamt aus, nach seinen Erkenntnissen lägen Anhaltspunkte vor für die Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß der Dublin II-VO. Am 24. Oktober 2013 sei ein Übernahmeersuchen an Italien gerichtet worden. Die italienischen Behörden hätten mit Schreiben vom 4. November 2013 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung der Asylanträge der Kläger gemäß Art. 9 Abs. 4 Dublin II-VO erklärt. Da Italien aufgrund der ausgestellten Visa gemäß Art. 9 Abs. 4 der Dublin II-VO für die Bearbeitung der Asylanträge zuständig sei, seien diese Anträge gemäß § 27 a AsylVfG unzulässig. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 der Dublin II-VO auszuüben, seien weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.

Der Bescheid wurde den Klägern am 30. Januar 2014 zugestellt.

Am 6. Februar 2014 haben die Kläger Klage erhoben, mit der sie sich gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 27. Januar 2014 wenden.

Die Kläger haben zugleich beantragt, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage anzuordnen. Diesen Antrag hat das Gericht mit Beschluss vom 10. Februar 2014 (3 B 417/14) abgelehnt.

Zur Begründung ihrer Klage machen die Kläger u. a. geltend, in ihrem Falle dürften die Voraussetzungen für die Wahrnehmung des Selbsteintrittsrechts durch die Beklagte nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO bzw. die Voraussetzungen für ein Gebrauchmachen von der humanitären Klausel nach Art. 15 der Verordnung erfüllt sein, da entgegen der Auffassung der Beklagten besondere Umstände vorlägen, aufgrund deren ihre - der Kläger - Überstellung nach Italien sich aller Wahrscheinlichkeit nach als rechtswidrig darstellen würde. Die gegenwärtig bestehenden systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für die überstellten Asylbewerber in Italien seien ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme, dass sie - die Kläger - tatsächlich Gefahr liefen, im Falle einer Überstellung nach Italien dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union bzw. Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention ausgesetzt zu werden.

Die Kläger beantragen,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 27. Januar 2014 zu verpflichten, ihr - der Kläger - Asylverfahren weiterzuführen und ihre Asylbegehren in der Sache zu prüfen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verteidigt den angefochtenen Bescheid und nimmt zur Begründung auf dessen Inhalt Bezug.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter anstelle der Kammer sowie ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Er ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage, über die mit Einverständnis der Beteiligten der Berichterstatter anstelle der Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§§ 87 a Abs. 2 und 3, 101 Abs. 2 VwGO), ist z. T. zulässig und insoweit auch begründet.

Die Klage ist unzulässig, soweit die Kläger (auch) begehren, die Beklagte zu verpflichten, ihr Asylverfahren weiterzuführen und ihre Asylbegehren in der Sache zu prüfen. In Fällen wie dem vorliegenden ist grundsätzlich nur die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) statthaft. Denn die Aufhebung eines Bundesamtsbescheides, mit dem ein Asylantrag gemäß § 27 a AsylVfG als unzulässig gewertet und eine Abschiebung des Asylbewerbers in einen anderen Dublin-Staat angeordnet wird, erreicht der Asylbewerber sein Klageziel, nicht in den anderen Staat überstellt zu werden sowie sicherzustellen, dass über sein Asylbegehren im nationalen Verfahren (also in der Bundesrepublik Deutschland) entschieden wird, in der Regel bereits dann, wenn das Gericht im Klageverfahren den Bescheid des Bundesamtes aufhebt. Dies gilt jedenfalls in den Fällen, in denen eine solche gerichtliche Entscheidung entscheidungstragend auf der - in der Begründung der Entscheidung auch zum Ausdruck gebrachten - Erwägung beruht, dass die nach den Vorschriften der Dublin II-VO geltenden Überstellungsfristen mit der Folge verstrichen seien, dass die Bundesrepublik Deutschland für die Prüfung des Asylbegehrens zuständig geworden sei. Denn in diesen Fällen ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das für die Beklagte tätig werdende Bundesamt für Migration und Flüchtlinge tatsächlich eine solche Prüfung nunmehr vornehmen und im weiteren nun auch selbst über das Asylbegehren in der Sache entscheiden wird. Hierzu bedarf es grundsätzlich daher nicht mehr einer ausdrücklichen, im Wege einer Verpflichtungs- oder Bescheidungsklage zu erstrebenden, Verpflichtung der Beklagten. Vielmehr kann für eine auf dieses Ziel gerichtete Verpflichtungs- oder Bescheidungsklage des Asylbewerbers ausnahmsweise nur dann ein Rechtsschutzinteresse bestehen, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das Bundesamt seiner sich schon allein aus der Aufhebung des angefochtenen Bescheides ergebenden Verpflichtung zur Prüfung und sachlichen Bescheidung nicht nachkommen wird. Etwas derartiges wollen die Kläger dieses Verfahrens jedoch ersichtlich gar nicht geltend machen und ist auch sonst nicht ersichtlich.

Hinsichtlich des Begehrens der Kläger, die Beklagte zu einer sachlichen Bescheidung ihres - der Kläger - Asylantrages zu verpflichten, ist die Klage somit - mangels Rechtsschutzinteresses - bereits unzulässig (vgl. zum ganzen auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. April 2014 - A 11 S 1721/13 -, zit. n. juris; ferner OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, zit. n. juris).

Die danach (nur) statthafte Anfechtungsklage ist auch sonst zulässig. Ihrer Zulässigkeit steht insbesondere - worauf an dieser Stelle nur deshalb ausdrücklich eingegangen wird, weil die Beklagte in einem anderen bei dem erkennenden Gericht anhängig gewesenen Verfahren zur Begründung eines Berufungszulassungsantrages den Schutznormcharakter der die Überstellungsfristen betreffenden Vorschriften der Dublin II-VO in Frage gestellt hat - auch nicht entgegen, dass den Klägern etwa die Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) fehlte, d. h. dass ein Asylbewerber nicht geltend machen könnte, durch eine Abschiebung in einen anderen Dublin-Staat nach Ablauf der geltenden Überstellungsfrist in seinen (subjektiven) Rechten verletzt zu sein.

Der EuGH hatte schon in einem Urteil vom 21. Dezember 2011 (C-411/10 und C-493/10) hervorgehoben, gerade aufgrund des Prinzips des gegenseitigen Vertrauens der Mitgliedstaaten des europäischen Asylsystems untereinander habe der Unionsgesetzgeber die Dublin II-VO (nichts anderes dürfte im Hinblick auf die inzwischen in Kraft getretene Dublin III-VO gelten!) erlassen und die daran anknüpfenden (bilateralen) Übereinkommen und Abkommen geschlossen, um die Behandlung der Asylanträge zu rationalisieren und zu verhindern, dass das System dadurch stocke, dass die staatlichen Behörden mehrere Anträge desselben Antragstellers bearbeiten müssten, und um die Rechtssicherheit hinsichtlich der Bestimmung des für die Behandlung des Asylantrags zuständigen Staates zu erhöhen und damit dem „forum-shopping“ zuvorzukommen, wobei all dies hauptsächlich bezwecke, die Bearbeitung der Anträge im Interesse sowohl der Asylbewerber als auch der teilnehmenden Staaten zu beschleunigen.

In seinem Urteil vom 10. Dezember 2013 (C-394/12) hat der EuGH sodann u. a. ausgeführt, es sei daran zu erinnern, dass gemäß Art. 288 Abs. 2 AEUV die Verordnung (gemeint ist ersichtlich die Dublin II-VO) allgemeine Geltung habe, in allen ihren Teilen verbindlich sei und unmittelbar in jedem Mitgliedstaat gelte. Daher könne sie schon nach ihrer Rechtsnatur und ihrer Funktion im Rechtsquellensystem des Gemeinschaftsrechts Rechte der Einzelnen begründen, die die nationalen Gerichte schützen müssten.

Im übrigen heißt es in dem Urteil des EuGH vom 10. Dezember 2013 noch an anderer Stelle, es bestehe schließlich einer der Hauptzwecke der Dublin II-VO, wie auch aus ihren Erwägungsgründen 3 und 4 hervorgehe, in der Schaffung einer klaren und praktikablen Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten und das Ziel einer zügigen Bearbeitung der Asylanträge nicht zu gefährden.

Schon aus alledem folgt ohne weiteres, dass die Vorschriften der Dublin II-VO, namentlich also auch diejenigen über die zu beachtenden Überstellungsfristen, jedenfalls nicht „offensichtlich und eindeutig nach jeder denkbaren Betrachtungsweise“ ungeeignet und nicht dazu bestimmt sein können, auch dem Schutz der Interessen eines von der Anwendung der Verordnung betroffenen Asylantragstellers zu dienen, d. h. dass die Verletzung eigener Rechte durch  seine Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat trotz Ablaufs der hierfür geltenden Frist nach diesen Maßstäben zumindest nicht „unmöglich erscheint“ (vgl. zur geltenden „Möglichkeitstheorie“ Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 17. Aufl., § 42 Rn. 65 f.; zu der in diesem Zusammenhang auch anzuwendenden „Schutznormtheorie“: ders., Rn. 78 und 83).

Zwar stellt der EuGH in der genannten Entscheidung vom 10. Dezember 2013 - worauf im folgenden unter dem rechtlichen Gesichtspunkt einer tatsächlichen Rechtsverletzung gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO im einzelnen noch einzugehen sein wird - im Ergebnis auch fest, dass sich ein Asylbewerber auf eine Verletzung der für die Bestimmung des für die Prüfung seines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats (u. a.) geltenden Vorschrift des Art. 10 Abs. 1 der Dublin II-VO dann nicht mit Erfolg berufen könne, wenn ein anderer Mitgliedstaat in der Annahme, er sei tatsächlich der Staat der ersten Einreise des Asylbewerbers in das Unionsgebiet, seiner - des Asylbewerbers - Aufnahme zustimme. Dass indessen eine solche Zustimmung des anderen Mitgliedstaates auch dann eine (erfolgreiche) Geltendmachung der Verletzung eigener, subjektiver Rechte im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO durch den Asylbewerber ausschlösse, wenn nicht ein Verstoß gegen das Zuständigkeitskriterium des Art. 10 Abs. 1 der Dublin II-VO, sondern eine Überschreitung der (u. a. gemäß Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Dublin II-VO) geltenden Überstellungsfrist in Rede steht, drängt sich jedenfalls nicht in einer nach den aufgezeigten Maßstäben bereits die Klagebefugnis ausschließenden Weise auf.

Dies bedarf keiner weiteren Erörterung.

Auch im übrigen sind Zweifel an der Zulässigkeit der (Anfechtungs-) Klage nicht veranlasst.

Die somit (insoweit) zulässige Klage ist auch begründet. Der angefochtene Bundesamtsbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Kläger auch in ihren Rechten. Der Bescheid kann deshalb keinen Bestand haben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Der Bescheid ist insgesamt rechtswidrig und daher aufzuheben, weil inzwischen nicht mehr der italienische Staat, sondern die Bundesrepublik Deutschland für die Prüfung der Asylanträge der Kläger, die bislang nicht nach Italien abgeschoben worden sind, zuständig ist. Dies folgt aus Art. 19 Abs. 3 und 4 der Dublin II-VO. Nach Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Dublin II-VO erfolgt die Überstellung eines Antragstellers von dem Mitgliedstaat, in dem der Asylantrag gestellt wurde (hier: Deutschland), in den zuständigen Mitgliedstaat (hier: nach Art. 9 Abs. 4, 16 Abs. 1 a Dublin II-VO: Italien) gemäß den nationalen Rechtsvorschriften des ersteren Mitgliedstaats nach Abstimmung zwischen den beteiligten Mitgliedstaaten, sobald dies materiell möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab der Annahme des Antrags auf Aufnahme oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat. Nach Art. 19 Abs. 4 Dublin II-VO geht die Zuständigkeit auf den Mitgliedstaat über, in dem der Asylantrag eingereicht wurde (hier: Deutschland), wenn die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt wird. Diese Frist kann höchstens auf ein Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung des Asylbewerbers nicht erfolgen konnte, oder höchstens auf 18 Monate, wenn der Asylbewerber flüchtig ist.

Das Aufnahmegesuch des Bundesamtes vom 24. Oktober 2013 ist von den italienischen Behörden am 4. November 2013 im Sinne dieser Vorschriften angenommen worden. Danach endete die Überstellungsfrist (spätestens) mit Ablauf des 4. Mai 2014 (vgl. jetzt auch § 42 b Dublin III-VO). Insbesondere kann der Fristbeginn nicht etwa auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts über die vorliegende Klage als „verschoben“ gelten. Denn diese Klage, bei der es sich um „den Rechtsbehelf“ i.S.d. (u. a.) Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Dublin II-VO handelt, entfaltet keine aufschiebende Wirkung, wie dies in dieser Vorschrift für den Fall eines von dem Entscheidungszeitpunkt abhängig gemachten späteren Fristbeginns ausdrücklich vorausgesetzt wird. Denn gemäß Art. 19 Abs. 2 Satz 4 Dublin II-VO hat ein gegen die Entscheidung des Bundesamtes eingelegter Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung für die Durchführung der Überstellung, es sei denn, die Gerichte oder zuständigen Stellen entscheiden im Einzelfall nach Maßgabe ihres innerstaatlichen Rechts anders, wenn es nach ihrem innerstaatlichen Recht zulässig ist. Eine solche Entscheidung ist im vorliegenden Falle nicht ergangen. Vielmehr hat das Gericht den Antrag der Kläger auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 27. Januar 2014 mit Beschluss vom 10. Februar 2014 (3 B 417/14) abgelehnt. Auch liegen keine sonstigen Anhaltspunkte dafür vor, dass die in dem Bundesamtsbescheid angeordnete Abschiebung als ausgesetzt zu gelten gehabt haben könnte.

Zur weiteren Begründung der gleichlautenden Feststellung, also der Annahme, dass sonstige Anhaltspunkte für eine anderweitige Aussetzung der Abschiebung nicht vorlägen, hatte das Gericht aus Anlass eines ähnlichgelagerten Falles bereits in dem früheren Verfahren 3 A 5875/13 in seinem Urteil vom 13. Dezember 2013 - nachdem es zuvor den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage mit Beschluss vom 5. September 2013 (3 B 5876/13) ebenfalls abgelehnt hatte - ausgeführt:

„Davon kann namentlich nicht etwa deshalb ausgegangen werden, weil sich das Bundesamt allein durch die Beantragung vorläufigen Rechtsschutzes durch die Klägerinnen an einem Vollzug der Abschiebungsanordnung gehindert gesehen haben mag. Dadurch allein hatte die vorliegende Klage (der Rechtsbehelf i.S.d. Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Dublin II-VO) keine aufschiebende Wirkung im Sinne der einschlägigen Rechtsvorschriften entfaltet. Insbesondere erschließt es sich nicht, wie die Beklagte eine solche Rechtsfolge des Eilrechtsschutzbegehrens der Klägerinnen aus den Grundsätzen des Urteils des EuGH vom 29. Januar 2009 (C-19/08) glaubt herleiten zu können (so ihr Schriftsatz vom 29. November 2013). Aus dieser Entscheidung ergibt sich vielmehr nur, dass die Überstellungsfrist von sechs Monaten (dort gemäß Art. 20 Abs. 1 d Dublin II-VO, der insoweit dem hier zur Anwendung kommenden Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Dublin II-VO entspricht) ‚nicht bereits ab der vorläufigen gerichtlichen Entscheidung läuft, mit der die Durchführung des Überstellungsverfahrens ausgesetzt wird, sondern erst ab der gerichtlichen Entscheidung, mit der über die Rechtmäßigkeit des Verfahrens entschieden wird und die dieser Durchführung nicht mehr entgegenstehen kann‘. D. h. mit a. W. im vorliegenden Fall, dass die Sechsmonatsfrist ungeachtet der vorliegenden Klage mit der Annahme des Übernahmeersuchens durch die italienischen Behörden zu laufen begonnen hatte, weil die Klage keine aufschiebende Wirkung entfaltet hat, ihr insbesondere durch die gerichtliche Eilentscheidung vom 5. September 2013 in dem Verfahren 3 B 5876/13 eine solche Wirkung ausdrücklich nicht zugewiesen worden ist. Nur dann, wenn das Gericht in diesem Eilverfahren dem Eilrechtsschutzbegehren der Klägerinnen stattgegeben, also die aufschiebende Wirkung der vorliegenden Klage angeordnet hätte, wäre für den Fristbeginn der Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft der Entscheidung über die vorliegende Klage maßgeblich.

Mit der von der Beklagten offenbar erwogenen Möglichkeit, dass einer Klage gegen einen Bescheid gemäß § 34 a Abs. 1 AsylVfG bereits dann gleichsam i.S.d. Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Dublin II-VO aufschiebende Wirkung beizumessen sei, wenn der betroffene Asylantragsteller einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt habe, weil dann grundsätzlich vor Vollzug der Abschiebungsanordnung die gerichtliche Entscheidung im Eilverfahren abzuwarten sei und damit die Abschiebung de facto - ungeachtet des Inhalts der Eilentscheidung (Antragsablehnung oder -stattgabe) - als ausgesetzt gelten müsse, zieht der EuGH a.a.O. überhaupt nicht in Betracht und kann nach der Rechtssystematik auch nicht ernstlich in Betracht gezogen werden.

Eine solche Annahme lässt sich im übrigen im vorliegenden Fall auch nicht etwa aus § 34 a Abs. 2 Satz 2 AsylVfGn. F. herleiten, wenn danach nunmehr die Abschiebung bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig sein soll. Auch auf diese Vorschrift lässt sich die Auffassung der Beklagten in diesem Falle schon deshalb nicht stützen, weil im vorliegenden Verfahren noch das alte Recht (§ 34 a AsylVfGa. F.) anzuwenden ist.“

Hieran hält das Gericht nach erneuter sorgfältiger Prüfung der Sach- und Rechtslage weiterhin mit der Maßgabe fest, dass auch infolge des zwischenzeitlichen Inkrafttretens des § 34 a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG im Ergebnis keine abweichende Beurteilung gerechtfertigt oder geboten ist. Namentlich zu letzterem, d. h. zu der z. T. vertretenen Annahme einer zumindest infolge der Rechtsänderung allein durch einen Aussetzungsantrag (§ 80 Abs. 5 VwGO), also auch bei dessen Ablehnung, eintretenden Verschiebung des Beginns der Überstellungsfrist bis zur gerichtlichen Entscheidung im Eilverfahren, hat das Gericht vielmehr schon mit Urteil vom 21. März 2014 (3 A 6727/13), an dem ebenfalls festzuhalten ist, im einzelnen ausgeführt:

„Eine solche Annahme lässt sich im übrigen auch nicht etwa aus § 34 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG n. F. herleiten, wenn danach nunmehr die Abschiebung bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig sein soll. Zu dieser Vorschrift hat das Gericht im gegebenen Zusammenhang bereits in seinem Beschluss vom 21. Januar 2014 (- 3 B 7136/13 -, zit. n. juris) ausgeführt, dass auch sie nicht dazu führe, eine Aussetzungsentscheidung im Sinne von Art. 20 Abs. 1 e Dublin II-VO (gemeint war Art. 20 Abs. 1 e Satz 5 Dublin II-VO, welcher dem in diesem Falle zur Anwendung kommenden Art. 19 Abs. 2 Satz 4 Dublin II-VO entspricht) annehmen zu müssen. Diese Vorschrift, die sich nicht an das Bundesamt, sondern an die die Überstellung vollziehende Ausländerbehörde richte, bewirke keine aufschiebende Wirkung im Sinne des Art. 20 Abs. 1 e Dublin II-VO (entsprechend Art. 19 Abs. 2 Satz 4 Dublin II-VO), da eine solche nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nicht kraft Gesetzes, sondern ausschließlich durch eine Entscheidung der Gerichte oder zuständigen Stellen angeordnet werden könne.

Hieran ist weiterhin festzuhalten, wobei ergänzend noch hinzuzufügen ist, dass nach wohl herrschender Auffassung § 34 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG n. F. ohnehin keine eigentliche Aussetzungswirkung, hier im Sinne einer „aufschiebenden Wirkung für die Durchführung der Überstellung“, erzeugt, was sich ohne weiteres u. a. auch aus der Kommentierung von Funke-Kaiser im GK-AsylVfG (Stand November 2013) ergibt, wenn dort auf die gleichlautende Bestimmung des § 36 Abs. 3 Satz 8 AsylVfG verwiesen und hierzu ausgeführt wird (§ 34 a Rdnr. 100, § 36 Rdnr. 43, § 34 Rdnr. 102): Die Aussetzung der Abschiebung (gemeint ist an dieser Stelle die nach § 36 Abs. 3 Satz 8 AsylVfG) lässt die Ausreiseplicht und deren Vollziehbarkeit unberührt. Das spezielle Abschiebungsverbot des § 36 Abs. 3 Satz 8 hebt die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung nicht auf, sondern stellt lediglich ein vorübergehendes Vollstreckungsverbot dar, wie auch eine Aussetzung der Abschiebung nach § 60 a Abs. 2 AufenthG nicht nur die Ausreisepflicht, sondern auch deren Vollziehbarkeit sowie die Vollziehbarkeit der darauf aufbauenden Abschiebungsandrohung unberührt lässt. Ordnet das Verwaltungsgericht gemäß § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung an, so entfällt hingegen die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung ex tunc und der Aufenthalt ist weiter ununterbrochen gestattet.

Dass sich eine rechtliche Gleichsetzung der von einem Gericht oder einer anderen zuständigen Stelle im Sinne von Art. 19 Abs. 2 Satz 4 bzw. 20 Abs. 1 e Satz 4 Dublin II-VO getroffenen Entscheidung, dass ein Rechtsbehelf gegen einen gemäß § 34 a Abs. 1 AsylVfG ergangenen Bescheid ‚aufschiebende Wirkung für die Durchführung der Überstellung‘ habe, mit der Rechtsfolge des § 34 a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG n. F. verbietet, liegt mit Rücksicht auf diese (zutreffenden) Erwägungen auf der Hand und bedarf keiner weiteren Erörterung. Dies bedeutet also auch, dass in Fällen wie dem vorliegenden, in denen den Klagen gegen Bescheide gemäß § 34 a Abs. 1 AsylVfG n. F. trotz dahingehender Anträge nicht ausnahmsweise durch deren Stattgabe, d. h. durch stattgebende gerichtliche Entscheidungen gemäß § 80 Abs. 5 VwGO, aufschiebende Wirkung verliehen worden ist, die sechsmonatige Überstellungsfrist stets, also ungeachtet zwar rechtzeitig gestellter, aber unbegründeter Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO, unterbrechungslos sechs Monate nach Annahme des Übernahmegesuchs endet.“

Das Gericht sieht keinen Anlass, diese Rechtsprechung (so auch nochmal: Beschluss vom 13. Juni 2014 - 3 B 1866/14 -) aufzugeben oder zu verwerfen. Vielmehr stellt es fest, dass die darin zum Ausdruck kommende rechtliche Beurteilung inzwischen oder weiterhin auch von einer Anzahl anderer Gerichte vertreten wird (vgl. z. B. VG Düsseldorf, Beschluss vom 24. März 2014 - 13 L 644/14.A -; VG Karlsruhe, Beschluss vom 15. April 2014 - A 1 K 25/14 -; VG Hannover, Beschluss vom 13. Mai 2014 - 6 B 9277/14 - und insbesondere nochmals VG Magdeburg, Beschluss vom 2. Juni 2014 - 9 B 207/14 -; alle zit. n. juris), wobei sich diese Gerichte umfassend und eingehend sowie mit überzeugenden Erwägungen mit allen letztlich beurteilungsrelevanten Gesichtspunkten, namentlich auch mit der von anderen Gerichten zur Begründung der Gegenauffassung u. a. geäußerten (aber letztlich nicht gerechtfertigten) Befürchtung einer unangemessenen Verkürzung der Überstellungsfristen sowie z. T. auch nochmals damit auseinandersetzen, dass nach Art. 19 Abs. 2 Satz 4 (ebenso Art. 20 Abs. 1 e Satz 5) der Dublin II-VO Rechtsbehelfe nur dann „für die Durchführung der Überstellung“ aufschiebende Wirkung im Sinne der Verordnung haben können, wenn ihnen diese durch Entscheidungen der Gerichte oder zuständigen Stellen des jeweiligen Staates im Einzelfall zugewiesen worden sind, während ein rechtzeitiger Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO aufgrund des § 34 a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG n. F. nur kraft Gesetzes und generell (also nicht aufgrund einer Einzelfallentscheidung eines Gerichtes oder einer Behörde) eine einem Suspensiveffekt auch nur ähnliche Wirkung, d. h. also keine aufschiebende Wirkung im Rechtssinne, und somit ein (noch nicht abgelehnter) Aussetzungsantrag allein auch noch nicht einen Aufschub des Beginns der Überstellungsfrist bewirken kann. Insoweit wird ausdrücklich nochmals auf die oben beispielhaft erwähnten Entscheidungen anderer Gerichte Bezug genommen.

Schließlich hat im Falle der Kläger die Überstellungsfrist auch nicht etwa deshalb als noch nicht abgelaufen zu gelten, weil sie sich womöglich nach Art. 19 Abs. 4 Satz 2 Dublin II-VO auf ein Jahr oder sogar auf 18 Monate verlängert hätte. Denn dass die Kläger noch nicht nach Italien abgeschoben worden sind, beruht - soweit ersichtlich - weder darauf, dass sie inhaftiert, noch darauf, dass sie flüchtig gewesen wären.

Ist nach alledem im vorliegenden Fall nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 Dublin II-VO zwischenzeitlich - wegen Ablaufs der für die Kläger geltenden Überstellungsfrist von sechs Monaten gemäß Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Dublin II-VO - die Bundesrepublik Deutschland für die Prüfung der Asylanträge der Kläger zuständig geworden, so stellen sich diese Anträge nicht mehr gemäß § 27 a AsylVfG als unzulässig dar, wie sich demgemäß andererseits auch die Anordnung der Abschiebung der Kläger nach Italien nunmehr als rechtswidrig erweist.

Hierdurch werden die Kläger auch in eigenen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Dem steht einerseits die Rechtsprechung des EuGH, namentlich dessen Urteil vom 10. Dezember 2013 (C-394/12), nicht entgegen. Mit dieser Entscheidung hat der EuGH ausschließlich und ausdrücklich festgestellt, dass sich der Asylbewerber dann, wenn ein zweiter Mitgliedstaat seiner - des Asylbewerbers - Aufnahme nach Maßgabe des in Art. 10 Abs. 1 der Dublin II-VO festgelegten Kriteriums, also als der Mitgliedstaat der ersten Einreise des Asylbewerbers in das Unionsgebiet, zugestimmt habe, dieser - der Asylbewerber - einer Überstellung in diesen Staat nur noch damit entgegentreten könne, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in diesem Mitgliedstaat geltend mache, d. h. m.a.W. dass er sich unter dieser Voraussetzung nicht mehr mit Erfolg darauf berufen könne, die Voraussetzungen des Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO seien im Hinblick auf den aufnahmebereiten Mitgliedstaat gar nicht erfüllt. Dies begründet der EuGH a.a.O. u. a. maßgeblich mit der Erwägung, dass grundsätzlich von allen an dem gemeinsamen europäischen Asylsystem beteiligten Staaten, ob Mitgliedstaaten oder Drittstaaten, die Grundrechte, einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK fänden, beachtet würden, was in der Tat dafür spricht, dass ein Asylbewerber nicht allein deshalb in seinen Rechten verletzt sein kann, wenn sein Asylbegehren in einem anderen als dem gemäß Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO an sich zuständigen, die genannten rechtlichen Standards aber ebenso erfüllenden Mitgliedstaat geprüft wird.

Zwar bezweifelt das Gericht nicht, dass diese Rechtsprechung des EuGH ohne weiteres auch auf die anderen in dem - tatsächlich auch insgesamt Gegenstand der der EuGH-Entscheidung zugrundeliegenden Vorlagefrage gewesenen - Kapitel III der Dublin II-VO enthaltenen Zuständigkeitskriterien übertragbar ist. Hierzu gehören die Vorschriften über die in einem Überstellungsfalle zu beachtenden Fristen (Art. 19 Abs. 3 Satz 1 sowie Art. 20 Abs. 1 d Dublin II-VO) indessen nicht. Sie sind vielmehr Teil des Kapitels V der Dublin II-VO, in dem das Verfahren der Aufnahme und Wiederaufnahme geregelt ist.

Den wesentlichen Zweck der in diesem Kapitel enthaltenen Fristbestimmungen, namentlich also auch der dortigen Regelung der Überstellungsfristen, sieht das Gericht darin, gerade auch im Interesse des Asylbewerbers eine zügige Bestimmung des für die Bearbeitung seines Asylantrages zuständigen Mitgliedstaates und eine schnellstmögliche Zugänglichmachung und Durchführung (ggf. - in Fällen der Wiederaufnahme - auch Weiterführung) des Asylverfahrens in diesem Mitgliedstaat sicherzustellen. Dieser Zweck wäre allerdings nur bedingt erreichbar, wenn die an sich verbindlichen Fristen jederzeit gleichsam sanktionslos von den beteiligten Staaten überschritten werden könnten. Allein in diesem Kontext gewinnt es nach Ansicht des Gerichts Bedeutung, dass nach (sozusagen fruchtlosem) Ablauf bestimmter Fristen ein Zuständigkeitsübergang eintreten soll, so bei nicht rechtzeitiger Überstellung ein Übergang der Zuständigkeit von dem ersuchten auf den ersuchenden Staat gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 und 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO. Dies verleiht diesen an die Fristbestimmungen nur anknüpfenden Rechtsfolgennormen indessen nicht den Charakter weiterer, mit den Bestimmungen des III. Kapitels der Dublin II-VO vergleichbarer und damit womöglich auch eine entsprechende Anwendung der Entscheidung des EuGH vom 10. Dezember 2013 nahelegender, gewissermaßen fristabhängiger, Zuständigkeitskriterien. Vielmehr erschöpft sich die Bedeutung dieser Vorschriften nach der hier vertretenen Ansicht in ihrer der Geltung und Verbindlichkeit der Fristenregelungen Nachdruck verleihenden Funktion.

Aus alledem folgt m.a.W.: Nach Ablauf einer Überstellungsfrist darf eine Überstellung in den anderen Mitgliedstaat grundsätzlich in erster Linie deshalb nicht mehr erfolgen, weil dadurch eine auch dem Schutz und den Interessen des Asylbewerbers dienende Fristenregelung verletzt würde. D. h. umgekehrt, einer solchen Überstellung fehlt die Wirkung einer Verletzung subjektiver Rechte des betroffenen Asylbewerbers nicht allein deshalb, weil als Folge der Fristüberschreitung der um Aufnahme ersuchte Mitgliedstaat „lediglich“ an sich gar nicht mehr (sondern vielmehr inzwischen der um Aufnahme ersuchende Staat selbst) zuständig ist, aber - ggf. - dennoch zumindest - wie hier - ursprünglich der Aufnahme des Asylantragstellers zugestimmt hatte.

An einer Rechtsverletzung im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO fehlt es andererseits aber auch nicht deshalb, weil das den bisherigen Ausführungen zufolge nach Ratio und Normzweck mit der Dublin II-VO insgesamt (u. a.) verfolgte Ziel, die Bearbeitung auch der Asylanträge der Kläger zu beschleunigen, d. h. auch den Klägern dieses Verfahrens möglichst rasch Zugang zu einem Asylverfahren in einem bestimmten Mitgliedstaat und damit zu einer Prüfung und Bescheidung ihrer Asylanträge zu verschaffen, trotz der Überschreitung der Überstellungsfrist jedenfalls auf andere Weise noch erreichbar wäre.

Dies wäre sicher dann nicht der Fall, wenn schon jetzt feststünde, dass Italien in Kenntnis des inzwischen eingetretenen Übergangs der Zuständigkeit auf Deutschland nunmehr ausdrücklich zu erkennen gegeben hätte, sich an die Annahme des Übernahmeersuchens vom 4. November 2013 nicht mehr gebunden zu fühlen. Denn in diesem Falle bestünde - wenn dennoch die in diesem Verfahren angefochtene Abschiebungsanordnung Bestand haben müsste - die Gefahr, dass die Asylanträge in keinem Mitgliedstaat materiell geprüft würden, was weder mit Art. 18 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union noch mit dem Grundsatz in Art. 3 Abs. 1 Satz 1 der Dublin II-VO vereinbar wäre (vgl. insoweit auch VG Hamburg, Beschluss vom 8. April 2014 - 17 AE 1762/14 -, zit. n. juris). Eine solche ausdrückliche, die früher erteilte Zustimmung gleichsam zurücknehmende Erklärung der italienischen Behörden liegt hier nach Lage der Akten allerdings bisher nicht vor. Vielmehr hat sich Italien seit der damaligen Annahme des deutschen Übernahmeersuchens überhaupt nicht mehr zu diesem Verfahren geäußert. Auch dieser Umstand lässt es indessen nicht als gesichert erscheinen, dass Italien die Kläger weiterhin, trotz Ablaufs der Überstellungsfrist, tatsächlich auch aufnehmen würde. Dagegen spricht vielmehr die praktische Erwägung, dass ein Mitgliedstaat schon im Hinblick auf die mit jedem Asylverfahren verbundenen Belastungen (Unterbringung und Versorgung der Asylbewerber, mit der Bearbeitung von Asylanträgen verbundener Verwaltungsaufwand usw.) sich in der Regel schwerlich entschließen wird, Asylbewerber auch dann noch aufzunehmen, wenn er - dieser  Staat - für die Bearbeitung und Prüfung der Asylanträge nach den einschlägigen Vorschriften gar nicht mehr zuständig ist.

Gerade mit Rücksicht auf letztere Erwägung zieht das Gericht die Möglichkeit, dass ein Asylbewerber durch eine Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat trotz Ablaufs der Überstellungsfrist nicht mehr im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in seinen Rechten verletzt sein kann, allenfalls unter der Voraussetzung in Betracht, dass der andere Mitgliedstaat nochmals nach dem Ablauf der Frist und dem damit eingetretenen Übergang der Zuständigkeit auf den um Aufnahme ersuchenden Staat in einer zu keinen Zweifeln Anlass gebenden Weise zu erkennen gibt, dass er nach wie vor bereit ist, den Asylbewerber aufzunehmen. Diese Bereitschaft muss, m.a.W., abschließend geklärt sein. Nur unter dieser Voraussetzung ist eine zeitnahe Prüfung des Asylantrages durch den übernehmenden Mitgliedstaat i.d.R. gewährleistet, d. h. es wird jedenfalls durch die - unter diesen Umständen auch alsbald möglich werdende - Überstellung eine wesentliche Verzögerung nicht mehr verursacht und auf diese Weise dem der Dublin II-VO zugrunde liegenden Beschleunigungsgedanken noch hinreichend Rechnung getragen werden können, weshalb in diesen Fällen eine Berufung auf die Frist möglicherweise nicht mehr gerechtfertigt erschiene (vgl. Funke-Kaiser, Gemeinschaftskommentar zum Asylverfahrensgesetz, Loseblattsammlung, Stand November 2013, § 27 a AsylVfG, Rn. 234). Eine ausdrückliche Erklärung dieses Inhalts ist im vorliegenden Fall - soweit ersichtlich - nicht erfolgt.

Allerdings wird - wohl zu Recht - auch die Auffassung vertreten, dass der andere Mitgliedstaat auch konkludent zustimmen könnte, letztlich also auch sogar in Form des Schweigens (vgl. Funke-Kaiser, a.a.O., Rn. 233). Bestehe nämlich zwischen den jeweils betroffenen Mitgliedstaaten eine entsprechende Übung, die dahin gehe, dass der jeweils zuständige Mitgliedstaat eine bestimmten Mindestanforderungen (substantiierte und nachvollziehbare Darlegung der Hinderungsgründe) genügende schriftliche Mitteilung akzeptiere und dann auch noch nach Fristablauf die Übernahme vollziehe, so könne hierin eine konkludente Zustimmung erblickt werden, wenn diese Mitteilung vor Fristablauf bei ihm eingehe und der Mitgliedstaat regelmäßig dann, wenn er die Mitteilung nicht billige, unverzüglich widerspreche. Eine solche Übung müsse aber, um von einer konkludenten Zustimmung ausgehen zu können, positiv festgestellt werden.

Diese Voraussetzungen sind indessen im vorliegenden Falle nicht erfüllt. Von einer verlässlichen Übung oder Verwaltungspraxis der beschriebenen Art zwischen den italienischen Behörden und der Bundesrepublik Deutschland ist aus den Akten nichts ersichtlich und dem Gericht auch sonst nichts bekannt. Es kommt hinzu, dass die Beklagte im gerichtlichen Verfahren zwar noch mitgeteilt hat, sie habe mit Schreiben vom 10. Februar 2014 und damit noch vor Ablauf der ursprünglichen Überstellungsfrist die italienischen Behörden über das Vorliegen eines Überstellungshemmnisses informiert, dieses (der schriftsätzlichen Mitteilung der Beklagten in Durchschrift beigefügt gewesene) Schreiben an den italienischen Staat vom 10. Februar 2014 jedoch die - nach der hier vertretenen Auffassung unzutreffende - Mitteilung enthält, die Überstellung sei nicht möglich, weil „Rechtsmittel mit aufschiebender Wirkung eingelegt“ worden seien. Es liegt auf der Hand, dass namentlich aus dem bisherigen Schweigen der italienischen Behörden auf diese, nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen in bezug auf den Beginn der Überstellungsfristen irreführende, Mitteilung nicht geschlossen werden kann, dass Italien inzwischen (konkludent) einer Übernahme der Kläger trotz Ablaufs der Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Übernahmeersuchens zugestimmt hätte.

Nach alledem ist der angefochtene Bundesamtsbescheid insgesamt aufzuheben.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO, 83 b AsylVfG.

Danach sind die nur anfallenden außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der Beklagten insgesamt aufzuerlegen, weil dem Begehren der Kläger, die Beklagte zu verpflichten, ihre Asylanträge im nationalen Verfahren zu prüfen und zu bescheiden, im Verhältnis zu dem Aufhebungsbegehren (Anfechtung des Bundesamtsbescheides vom 27. Januar 2014) praktisch - wie sich ohne weiteres auch schon aus den vorangegangenen Ausführungen zur Unzulässigkeit der Verpflichtungsklage ergibt - keine eigenständige Bedeutung zukommt, die Kläger also mit der Abweisung dieses Teils ihres Klageantrages im Sinne des § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO „nur zu einem geringen Teil unterlegen sind“.