Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 21.06.2017, Az.: 1 A 454/17

Frist; Wahlprüfung; Wahlprüfungsklage; Wiedereinsetzung

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
21.06.2017
Aktenzeichen
1 A 454/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 53954
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die wahlrechtliche Spezialregelung in § 52b NKWG, wonach keine Verlängerung einer Frist bei einem Fristende am Wochenende oder einem Feiertag auf den nachfolgenden Werktag eintritt und eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausgeschlossen ist, gilt auch für die Frist zur Erhebung einer verwaltungsgerichtlichen Wahlprüfungsklage.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen eine Wahlprüfungsentscheidung des Beklagten betreffend die allgemeinen Neuwahlen der Abgeordneten der kommunalen Vertretungen am 11. September 2016 im Bereich der Samtgemeinde Grafschaft Hoya.

Der Kläger - nach eigener Bezeichnung Milchbauer und Mehrwegflaschenhändler sowie Lizenznehmer von "E. " - steht seit längerer Zeit im Streit mit der Samtgemeinde Grafschaft Hoya. Er kritisiert rechtliche Beziehungen zum Dualen System Deutschland. Die Firma "F. " sei von der Samtgemeinde sittenwidrig mit der Sammlung und dem Transport von Verpackungen beauftragt worden. Es fehle an einer vollen Gegenleistung für beauftragte Dienstleistungen, die Samtgemeinde Hoya erleide dadurch Schäden i. H. v. 300 EUR je Einwohner und Jahr. Der Kläger tritt für ein Recycling-Modell nach Vorbild des SERO-Systems ein, welches in der DDR betrieben wurde.

Am 12. Oktober 2016 legte der Kläger gegen die Gültigkeit der Neuwahlen der Abgeordneten der kommunalen Vertretungen in der Samtgemeinde Grafschaft Hoya sowie gegen die Gültigkeit der Wahl von Hauptverwaltungsbeamten einen Wahleinspruch ein. Zur Begründung machte er geltend, dass die Mitglieder des Wahlausschusses nicht ordnungsgemäß berufen worden seien und die Wahlbewerber wegen fehlender Neutralität und Objektivität von der Wahlteilnahme hätten ausgeschlossen werden müssen. Der Beklagte beschloss in seiner Sitzung am 3. November 2016, den gegen die Neuwahlen der Vertretungen gerichteten Wahleinspruch des Klägers als unbegründet zurückzuweisen. Die Wahlprüfungsentscheidung wurde dem Kläger in Gestalt eines Bescheides der Samtgemeinde Grafschaft Hoya - Der Samtgemeindewahlleiter - vom 16. November 2016 bekanntgegeben. Zur Begründung der Zurückweisung des Wahleinspruchs wurde ausgeführt, dass die sich mit Fragen der Abfallwirtschaft befassende Argumentation des Klägers in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Durchführung der Kommunalwahl stehe. Ein nachvollziehbarer Verstoß gegen wahlrechtliche Vorschriften sei nicht dargelegt worden. Wahlen von Hauptverwaltungsbeamten hätten nicht stattgefunden, so dass der Wahleinspruch insoweit unzulässig sei.

Der Kläger hat gegen die Wahlprüfungsentscheidung betreffend die Neuwahl der Abgeordneten der kommunalen Vertretungen am 18. Dezember 2016 zunächst "Rechtsbeschwerde" eingelegt. Nach Hinweis des Gerichts, dass eine "Rechtsbeschwerde" nicht der vorgesehene gerichtliche Rechtsbehelf gegen eine Wahlprüfungsentscheidung sei, sondern eine Klage, hat der Kläger am 29. Dezember 2016 ausdrücklich Klage erhoben. Zur Begründung der Klage macht der Kläger unter Vorlage zahlreicher Unterlagen umfangreiche Ausführungen zu Fragen der Verpackungsverordnung, dem Dualen System, dem Feilbieten von Milch in Einwegtüten sowie der von ihm angenommenen Rolle der Samtgemeinde Hoya in diesem Kontext. Die Abgeordneten erfüllten nicht die Voraussetzungen der Wählbarkeit, weil sie der sittenwidrigen Beauftragung "Dualer Systeme" zugestimmt hätten und für die rechtswidrige Durchführung der Müllentsorgung mit dem Finanzierungszeichen "Der Grüne Punkt" mitverantwortlich seien. Es handele sich um Betrug in mittelbarer Täterschaft. Zielsetzung der strafbaren und schadensersatzpflichtigen Handlungen sei die Beschaffung von illegalem Parteivermögen und nicht der Umwelt- und Gesundheitsschutz. Es gebe verfassungswidrige Steuersubventionen "Der Grüne Punkt" und "Der blaue Engel" an begünstigte Wirtschaftskreise "G. " gegen Zahlung von Parteispenden. Die DSD-Akteure stünden mit der Gerichtsbarkeit im gegenseitigen Erpressungsverhältnis. Die DSD-Akteure schreckten nicht mal davor zurück, politische Gegner und Betreiber von Tante-Emma-Läden durch Ordnungshaftstrafen betriebswirtschaftlich "plattzumachen". Dem könne der Kläger nur entgegenwirken, wenn er Parteien wähle, die keine Dankeschönspenden erhielten, was von Funktionären der H. versprochen werde. Das vom Kläger praktizierte SERO-Pfandsystem nach dem Vorbild der Ex-DDR könne nicht ausreichend um Wähler für die H. und damit um Sitze zur Aufhebung von Verträgen mit Betreibern des Dualen Systems werben. Es liege ein Verstoß gegen die Chancengleichheit im politischen Wettbewerb vor. Die angegriffene Kommunalwahl sei in unzulässiger Weise beeinflusst worden. Die Wahl vom 11. September 2016 sei für ungültig zu erklären.

Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,

die angefochtene Wahl vom 11. September 2016 für ungültig zu erklären und die Wiederholungswahl anzuordnen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Klage sei wegen Verfristung bereits unzulässig. Den Bescheid habe ein Mitarbeiter der Samtgemeinde am 17. November 2016 dem zwölfjährigen Enkel des Klägers übergeben, der versprochen habe, das Schriftstück noch am selben Abend an seinen Großvater weiterzugeben. Der Enkel habe auch die notwendige Reife und Einsicht gehabt, das Schriftstück wie zugesagt zu übergeben. Fristablauf für die Klage sei daher der 17. Dezember 2016 gewesen, die "Rechtsbeschwerde" sei aber erst am 18. Dezember 2016 bei Gericht eingegangen. Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Einen nachvollziehbaren Verstoß gegen wahlrechtliche Vorschriften habe der Kläger nicht dargelegt; auch eine unzulässige Beeinflussung des Ergebnisses werde nicht belegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vom Kläger mit seinen Schriftsätzen eingereichten Anlagenkonvolute (Beiakten 001 - 010) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Über die Klage konnte trotz Ausbleibens des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung am 21. Juni 2017 entschieden werden. Nach § 102 Abs. 2 VwGO kann beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden; hierauf wurde der Kläger bei der Ladung zur mündlichen Verhandlung auch ausdrücklich hingewiesen. Es bestand auch kein Anlass, den Termin aufzuheben oder zu verlegen. Zwar hat der Kläger am 19. Juni 2017 unter Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mitgeteilt, dass er an dem Termin wegen Krankheit nicht teilnehmen könne. Wird indessen lediglich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ohne Angabe einer Diagnose vorgelegt, die für sich betrachtet nicht auf eine Reise- oder Verhandlungsunfähigkeit schließen lässt, besteht kein Anspruch auf Verlegung eines Termins (vgl. etwa OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 29.01.2016 - 12 A 3077/15 -, juris Rn. 8). Einen Aufhebungs- oder Verlegungsantrag hat der Kläger zudem nicht gestellt.

Die Klage hat keinen Erfolg; sie ist bereits unzulässig.

Die nach der klarstellenden Antwort des Klägers vom 29./30. Dezember 2016 auf den Hinweis des Gerichts vom 19. Dezember 2016 als Klage aufzufassende "Rechtsbeschwerde" wäre zwar bei zweckentsprechender Auslegung des Klagebegehrens als Verpflichtungsklage statthaft (vgl. zur richtigen Klageart einer Wahlprüfungsklage: Nds. OVG, Urt. v. 26.03.2008 - 10 LC 203/07 -, juris Rn. 22; zu den früher vertretenen Sichtweisen: Thiele/Schiefel, Niedersächsisches Kommunalwahlrecht, 4. Aufl., § 49 Rn. 4.); auch ist der Kläger unabhängig von einer subjektiven Rechtsposition nach § 49 Abs. 1, 2 NKWG als Wahleinspruchsführer und damit Beteiligter des Wahlprüfungsverfahrens (§ 47 Abs. 2 Satz Nr. 2 NKWG) klagebefugt (vgl. zur Klagebefugnis: Thiele/Schiefel, a. a. O., § 49 Rn. 3).

Allerdings hat der Kläger die Wahlprüfungsklage nicht rechtzeitig erhoben. Nach § 49 Abs. 2 NKWG können gegen die Wahlprüfungsentscheidung diejenigen, denen die Entscheidung zuzustellen ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung Klage beim Verwaltungsgericht erheben. Zwar erfolgte die Zustellung der Wahlprüfungsentscheidung am 17. November 2016 durch einen Behördenbediensteten nach § 1 Abs. 1 Nds. VwZG i. V. m. § 5 VwZG und § 178 ZPO nicht ordnungsgemäß, da der Bescheid nicht einem erwachsenem Familienangehörigen, sondern dem zwölfjährigen Enkel des Klägers übergeben wurde. Indessen ist von einer Heilung des Zustellungsmangels nach § 8 VwZG auszugehen, da der Kläger nicht in Abrede stellt, dass ihm das Dokument noch am selben Tage ausgehändigt wurde und damit tatsächlich zuging. Ausgehend von einer Zustellung des Bescheides über die Wahlprüfungsentscheidung am 17. November 2016 ist die einmonatige Klagefrist aus § 49 Abs. 2 NKWG nach §§ 57 Abs. 2 VwGO, 222 Abs. 1 ZPO i. V. m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB am Sonnabend, den 17. Dezember 2016 abgelaufen. Eine Verlängerung der Frist auf den nächsten Werktag - Montag, den 19. Dezember 2016 - ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht eingetreten. §§ 57 Abs. 2 VwGO, 222 Abs. 2 ZPO, wonach eine Frist mit Ablauf des nächsten Werktages endet, wenn das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend fällt, finden keine Anwendung.

Nach der wahlrechtlichen Spezialregelung in § 52b Satz 1 NKWG verlängern oder ändern sich die "von diesem Gesetz" - also dem Niedersächsischen Kommunalwahl-gesetz - vorgesehenen Fristen und Termine nicht dadurch, dass der letzte Tag der Frist oder ein Termin auf einen Sonnabend, einen Sonntag oder einen gesetzlichen oder staatlich geschützten Feiertag fällt. Zudem ist nach Satz 2 der genannten Bestimmung eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausgeschlossen. Diese wahlrechtlichen Spezialregelungen gehen nach Auffassung der Kammer auch den verwaltungsprozessualen Regelungen zur Klagefrist vor und betreffen nicht etwa nur das Wahl- und Wahleinspruchsverfahren als solches. Nach dem Wortlaut der Regelungen ist dies eindeutig: Bei der in § 49 Abs. 2 NKWG geregelten Klagefrist handelt es sich um eine "von diesem Gesetz" vorgesehene Frist i. S. d. § 52b NKWG. Auch wenn die Fristbestimmung in § 49 Abs. 2 NKWG hinsichtlich der Länge deckungsgleich mit derjenigen in § 74 VwGO ist, kann nicht davon ausgegangen werden, dass § 52b NKWG insoweit entgegen des Wortlauts unanwendbar wäre. Den Gesetzgebungsmaterialien des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Kommunalwahlgesetzes vom 20. November 1995 (insbesondere der LT- Drs. 13/1452) lassen sich keine Hinweise dafür entnehmen, dass sich die Wirkungen des § 52b NKWG auf die Fristen für das Wahl- und Wahleinspruchsverfahren beschränken sollten. Im Entwurf des Gesetzes zur Reform des niedersächsischen Kommunalverfassungsrechts (LT-Drs. 13/1450, S. 136), in dem die Einfügung der §§ 52a, 52b NKWG (zunächst) ebenfalls vorgesehen war, heißt es, dass die Neuregelungen aus Gründen der Rechtssicherheit und der Harmonisierung mit den entsprechenden Regelungen in den §§ 53 und 54 NLWG ins Gesetz aufgenommen werden sollten. Auf Ebene des Landes- und des Bundeswahlrechts enthalten die dem § 52b NKWG entsprechenden Bestimmungen (§ 54 NLWG, § 54 BWahlG) zwar keine Vorgaben für das gerichtliche Verfahren, da dieses originär in anderen Gesetzeswerken geregelt ist (§ 22 ff. NStGHG, § 48 BVerfGG), jedoch handelt es sich etwa bei § 48 Abs. 1 BVerfGG anerkanntermaßen ebenfalls um eine Ausschlussfrist (Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG-Kommentar, Stand: Januar 2017, § 48 Rn. 34), was gerade dem Regelungsgehalt des § 52b Satz 2 NKWG entspricht. Es liegt daher die Annahme nahe, dass der Gesetzgeber in § 52b Satz 2 NKWG bewusst auch Vorgaben für gerichtliche Fristen schaffen wollte.

Die so verstandene Regelung des § 52b NKWG ist ungeachtet der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für das gerichtliche Verfahren (Art. 72 Abs. 1, 74 Abs. 1 Nr. 1 GG), von welcher der Bundesgesetzgeber bezüglich der verwaltungsprozessualen Fristenregelungen Gebrauch gemacht hat, von der Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers gedeckt. Die rechtlichen Regelungen zum Wahlverfahren und zur Wahlprüfung gehören nämlich zum staatsorganisatorischen Bereich, in welchem die Länder im Rahmen ihrer Bindung an die Grundsätze des Art. 28 GG Autonomie genießen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.07.1998 - 2 BvR 1953/95 -, juris Rn. 46). Nach Auffassung der Kammer steht es dem Landesgesetzgeber im Rahmen dieser staatsorganisatorischen Autonomie auch zu, dem körperschaftsinternen Wahlprüfungsverfahren auf Landes- und Kommunalebene ein gerichtliches Wahlprüfungsverfahren "nachzuschalten" und für dieses zugleich auch die allgemein geltenden prozessualen Bestimmungen zu modifizieren. Im Zusammenhang mit dem Vorbehalt des Wahlprüfungsverfahrens hat die Kammer bereits im Urteil vom 9. Februar 2016 - 1 A 12763/14 (juris Rn. 57) ausgeführt, dass im Ausgangspunkt bei Kommunalwahlen nicht an sich alle in der Verwaltungsgerichtsordnung vorgesehenen und dem Individualrechtsschutz dienenden Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen, die dann lediglich wahlrechtlich eine Beschränkung erfahren, sondern im Grundsatz im Zusammenhang mit der Durchführung von Wahlen von vornherein nur diejenigen Rechtsbehelfe möglich sind, die das Wahlrecht selbst einräumt, ohne dass dies per se gegen die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs 4 GG verstoßen würde (vgl. zum Verhältnis der Wahlprüfung zur Rechtsweggarantie auch: Staatsgerichtshof der Freien Hansestadt Bremen, Urt. v. 13.09.2016 - St 2/16 -, juris Rn. 58; Nds. OVG, Urt. v. 28.10.1997 - 5 L 7377/95 -, juris Rn. 14). Dieser Rechtsgedanke gilt nicht nur für das "Ob" von Rechtsbehelfen im Zusammenhang mit Wahlen, sondern auch für das "Wie". Der niedersächsische Landesgesetzgeber durfte daher die dem Wahlprüfungsverfahren der Vertretung "nachgeschaltete" gerichtliche Wahlprüfung bei Kommunalwahlen mit speziellen Maßgaben etwa zur Klagebefugnis oder zur Klagefrist der Verwaltungsgerichtsbarkeit überantworten. Die Verwaltungsgerichtsordnung findet mithin nur Anwendung, soweit das Wahlrecht selbst keine speziellen Regelungen trifft.

Auch wenn man annehmen wollte, dass jedenfalls keine das gerichtliche Verfahren modifizierende Regelungen getroffen werden dürfen, die zugleich die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG "aushöhlen", bestehen gegen § 52b NKWG keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Wahlprüfungsverfahren hat primär einen objektivrechtlichen Charakter, zudem besteht ein öffentliches Interesse an einer alsbaldigen Klärung der Gültigkeit oder Ungültigkeit der Wahl (vgl. Bayer. VGH, Urt. v. 22.10.2014 - 4 A 14.387 -, juris Rn. 13; BVerfG, Beschl. v. 11.04.1967 - 2 BvC 5/67 -, juris Rn. 6). Daher erscheint es ohne weiteres sachgerecht, (auch) die Klagefrist gegen eine Wahlprüfungsentscheidung der kommunalen Vertretung als Ausschlussfrist auszugestalten, wie es in § 52b Satz 2 NKWG geschehen ist. Ohne den Ausschluss einer Wiedereinsetzungsmöglichkeit könnte auch nach einem längeren Zeitpunkt die Gültigkeit einer Wahl noch auf den Prüfstand gestellt werden. Das Interesse am Bestand der Wahl nach Ablauf der Einspruchs- und Klagefristen ist aber ersichtlich höher zu bewerten als das Interesse eines Einzelnen, Wiedereinsetzung in eine ohne Verschulden versäumte Frist erlangen zu können. Auch wenn für die in § 52b Satz 1 NKWG getroffene Modifikation der verwaltungsprozessualen Fristberechnungsregelung (§ 57 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 222 Abs. 2 ZPO) kein vergleichbar starkes öffentliches Interesse streiten mag, ist die Bestimmung gleichwohl vom weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers im Rahmen seiner staatsorganisatorischen Autonomie gedeckt.

Die Klage ist zudem auch in der Sache nicht begründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte die angefochtenen Wahlen der Abgeordneten der kommunalen Vertretungen in der Samtgemeinde Grafschaft Hoya für ungültig erklärt. Der Beklagte hat den Wahleinspruch des Klägers mit seiner Wahlprüfungsentscheidung vom 3. November 2016 in der Gestalt des Bescheides vom 16. November 2016 zu Recht zurückgewiesen. Nach § 48 NKWG wird ein Wahleinspruch zum einen zurückgewiesen, wenn er unzulässig ist, zum anderen, wenn er unbegründet ist (§ 48 Abs. 1 Nr. 1 NKWG) oder zum anderen, wenn er zwar zulässig und begründet ist, aber der Rechtsverstoß auch im Zusammenhang mit anderen Rechtsverstößen das Wahlergebnis nicht oder nur unwesentlich beeinflusst hat (§ 48 Abs. 1 Nr. 2 NKWG). Der Wahleinspruch wurde zutreffend als unbegründet zurückgewiesen. Ein Wahleinspruch ist (nur) begründet, wenn die Wahl nicht den Vorschriften des Niedersächsischen Kommunalwahlgesetzes oder der Niedersächsischen Kommunalwahlordnung entsprechend vorbereitet oder durchgeführt oder in unzulässiger Weise in ihrem Ergebnis beeinflusst worden ist (§ 46 Abs. 1 Satz 2 NKWG).

Die vom Kläger vorgetragenen Gründe für seinen Wahleinspruch, auf deren Prüfung sich das Gericht im Rahmen der Wahlprüfungsklage zu beschränken hat (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 07.01.2013 - 10 LA 138/12 -, juris Rn. 22), bieten auch unter Berücksichtigung des vertiefenden Vorbringens zur Klagebegründung weder hinreichende Anhaltspunkte für eine vorschriftswidrige Vorbereitung oder Durchführung der Wahl noch für eine unzulässige Beeinflussung des Wahlergebnisses. Der Kläger macht - soweit sich sein streckenweise nur schwer verständliches Vorbringen inhaltlich überhaupt erschließt - keine konkreten Wahlfehler geltend, sondern leitet solche in abstrakt bleibender Weise aus einem von ihm sicherlich als real empfundenen Wirtschafts-, Politik- und Justizskandal rund um Fragen des Verpackungsrecyclings ab, in den aus seiner Sicht auch Rat und Verwaltung der Samtgemeinde Grafschaft Hoya involviert sind.

Soweit er in diesem Zusammenhang (wiedergewählte) Ratsmitglieder wegen der von ihm angenommen Verstrickung in Straftaten für nicht wählbar erachtet, lässt sich dieses Vorbringen rechtlich am ehesten den Vorschriften zum passiven Wahlrecht in §§ 49 Abs. 2, 48 Abs. 2 NKomVG zuordnen, wonach insbesondere Personen nicht wählbar sind, die durch Entscheidung eines Gerichts nach deutschem Recht kein (aktives) Wahlrecht besitzen oder infolge einer solchen Entscheidung nicht wählbar sind oder kein öffentliches Amt innehaben dürfen. Der Ausschluss vom aktiven und/oder passiven Wahlrecht nimmt dabei Bezug auf die strafrechtlichen Vorschriften über die Nebenfolgen einer Verurteilung (§§ 45 ff. StGB) oder eines Grundrechtsverwirkungsverfahrens nach Art. 18 Satz 2 GG (vgl. Meyer in KVR-NKomVG, Stand: September 2016, § 49 Rn. 13 ff.). Ein bereits eingetretener Wählbarkeitsverlust einzelner (wiedergewählter) Ratsmitglieder als Nebenfolge einer bereits erfolgten strafrechtlichen Verurteilung ist vom Kläger nicht einmal behauptet worden. Sofern ihm vorschweben sollte, dass im Rahmen der Wahlprüfungsklage inzident zu prüfen ist, ob sich (wiedergewählte) Ratsmitglieder aus den von ihm behaupteten Gründen strafbar gemacht haben, ginge diese Auffassung fehl. Das (gerichtliche) Wahlprüfungsverfahren ist kein Strafverfahren und kann ein solches auch nicht ersetzen. Solange eine Person strafgerichtlich nicht verurteilt ist, greift die im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 GG wurzelnde Unschuldsvermutung, die sich auch auf strafrechtliche Nebenfolgen bezieht. Der Ausschluss der Wählbarkeit einer Person infolge von Straftaten greift mithin erst, wenn in einem Strafverfahren eine entsprechende gerichtliche Entscheidung gefallen ist. Es bedarf aus diesen Gründen daher schon im Ansatz keiner Auseinandersetzung mit den umfangreichen tatsächlichen und rechtlichen Ausführungen des Klägers, mit denen er ein angeblich strafrechtlich relevantes Verhalten von Mandatsträgern zu belegen versucht.

Soweit sich der Kläger mit Parteispenden durch Akteure des DSD-Systems an im Samtgemeinderat vertretene Parteien als Gegenleistung für eine sittenwidrige Beauftragung befasst, die einen Verstoß gegen die Chancengleichheit darstellen sollen, ist damit eine unzulässige Beeinflussung der angegriffenen Wahlen i. S. d. § 46 Abs. 1 Satz 2 NKWG nicht ansatzweise hinreichend dargetan. Die Ausführungen des Klägers lassen einen hinreichend konkreten Bezug gerade zu den Kommunalwahlen in der Samtgemeinde Grafschaft Hoya am 11. September 2016 vermissen. Dass etwa die Wahlberechtigten ihre Stimmen bei dieser Wahl nicht unbeeinflusst hätten abgeben können, lässt sich aus den Erwägungen des Klägers nicht zu schließen. Der von ihm erblickte Wirtschafts-, Politik- und Justizskandal hatte zudem offenbar bislang keinerlei strafrechtliche oder sonstige rechtliche Konsequenzen. Im Rahmen des (gerichtlichen) Wahlprüfungsverfahrens können und müssen die gleichsam verschwörungstheoretischen Vorwürfe des Klägers auch unabhängig von der Frage einer strafrechtlichen Relevanz nicht aufgeklärt werden, da es an einem konkreten Bezug zur Kommunalwahl mangelt. Selbst wenn man dem Gedankengebilde der Klägers zu Parteispenden aus der Verpackungs- und Recyclingbranche an etablierte politischen Parteien nahetreten würde, bestünden keine greifbaren Anhaltspunkte für eine unzulässige Beeinflussung der Kommunalwahl. Der Kläger muss sich vor Augen halten, dass Parteispenden aus Wirtschaftskreisen keineswegs per se unzulässig sind, sondern Spenden einen gesetzlich geregelten Teil der Parteienfinanzierung darstellen. Dies gilt auch, soweit kommunale Gliederungen der Parteien von Spenden profitieren und sich infolgedessen im Wahlkampf möglicherweise besser profilieren können. Eine Wahl wird dadurch nicht fehlerhaft.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.