Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 22.06.2017, Az.: 5 A 993/16

Auswechslung des Verkehrsleiters; Gemeinschaftslizenz; Güterkraftverkehrsgenehmigung; Verkehrsleiter; Wegfall der Widerrufsvoraussetzungen

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
22.06.2017
Aktenzeichen
5 A 993/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2017, 53926
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Beim Widerruf der Gemeinschaftslizenz für den gewerblichen Güterkraftverkehr ist auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen. Nach erfolgtem Widerruf führt die Auswechselung des Verkehrsleiters nicht zum Wegfall des Widerrufsgrundes der Unzuverlässigkeit des Unternehmens. Die Prüfung ist ggf. einem Neuerteilungsverfahren vorbehalten.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin - eine GmbH - wendet sich gegen den Widerruf der Gemeinschaftslizenz für den grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr.

Die Firma der Klägerin wurde im Jahr H. in I. gegründet und bis 2015 dort geführt. Ihr Gegenstand ist der Transport von Gütern aller Art, Kombi-Verkehr im Güternah- und Fernverkehr, aber auch Handel von Fahrzeugen mitsamt An- und Verkauf. Gesellschafter sind Frau J. und ihr Ehemann, der zugleich Geschäftsführer ist und bis zum 30.06.2016 auch Verkehrsleiter war. Die Firma erwirtschaftet einen Jahresumsatz von ca. 14 Mio EUR mit 73 Lkw und 129 Mitarbeitern, wobei die Fahrer weit überwiegend aus dem europäischen Ausland stammen. Sie sind bei der Leiharbeitsfirma K. GmbH angestellt, die ihnen auch die Unterkunft stellt. Deren Geschäftsführerin ist Frau J..

Das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt I. teilte der Landeshauptstadt I. unter dem 31.05.2012 mit, dass es bei der Firma zahlreiche Verstöße wegen Überschreitung der Lenkzeit, Unterschreitung der Tagesruhezeit und Lenken der Fahrzeuge ohne Fahrerkarte gebe. Verglichen mit Güterkraftverkehrsunternehmen gleicher Größe sei die Firma besonders auffällig. Gleichwohl wurde von der Landeshauptstadt I. am 01.11.2013 die Gemeinschaftslizenz für den grenzüberschreitenden Güterverkehr bis zum 31.10.2018 neu erteilt und wurden 20 beglaubigte Kopien (eine je Fahrzeug) ausgestellt. Auf ihren Antrag wurden der Klägerin am 27.11.2014 zusätzlich 60 beglaubigte Kopien für weitere Lkw erteilt.

Aufgrund der Sitzverlagerung nach Isernhagen stellte die nunmehr zuständig gewordene Beklagte der Klägerin am 12.10.2015 die insoweit zu ändernde Lizenz und die 80 geänderten Kopien aus. Mit Schriftsatz vom 19.10.2015 teilte sie der Klägerin mit, dass für ihr Unternehmen im Rahmen des Risikoeinstufungssystems nach Art. 12 VO (EG) Nr. 1071/2009 ein „erhöhtes Risiko“ festgestellt worden sei. Dabei seien vier ab dem 24.01.2014 rechtskräftig gewordene Bußgeldentscheidungen des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamtes I. berücksichtigt worden. Dieses Amt setzte die Beklagte davon in Kenntnis, dass 58 OWiG-Anzeigen in dem Zeitraum vom 02.01.2015 bis zum 27.10.2015 gegen Fahrer der Firma eingegangen seien. Gegen den Geschäftsführer seien 21 OWiG-Verfahren eingeleitet worden. Die Klägerin kündigte daraufhin die Auswechselung des Verkehrsleiters an, setzte dieses Vorhaben aber nicht um.

Die Beklagte untersagte dem Verkehrsleiter und Geschäftsführer der Klägerin mit Verfügung vom 28.01.2016 die Führung von Güterkraftverkehrsgeschäften und ordnete die sofortige Vollziehung an. Dagegen wurde Klage erhoben (5 A 716/16). Nachdem der vorläufige Rechtsschutzantrag (5 B 718/16) mit Beschluss der Kammer vom 28.04.2016 abgelehnt worden war und die dagegen gerichtete Beschwerde vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 23.06.2016 - 7 ME 55/16 - zurückgewiesen worden war, des Weiteren die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde erfolglos geblieben war, wurde die Klage zurückgenommen.

Bereits vorher hörte die Beklagte die Klägerin unter dem 08.12.2015 zu dem beabsichtigten Widerruf der Gemeinschaftslizenz an, wozu diese schriftlich und mündlich Stellung nahm. Die Beklagte widerrief mit Verfügung vom 05.02.2016 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Gemeinschaftslizenz mit der Begründung, der Verkehrsleiter der Firma erfülle nicht mehr die Berufszugangsvoraussetzung der Zuverlässigkeit. Diese besitze ein Verkehrsleiter in der Regel nicht, wenn ein gegen ihn ergangener Bußgeldbescheid wegen eines sog. schwersten Verstoßes gegen Gemeinschaftsvorschriften im Sinne des Anhangs IV der VO (EG) Nr. 1071/2009 unanfechtbar geworden sei. Seit der erstmaligen Mitteilung durch das Gewerbeaufsichtsamt I. seien 22 Bußgeldentscheidungen gegen den Verkehrsleiter rechtskräftig geworden. Inhalt seien fast ausschließlich massive Verstöße gegen Sozialvorschriften im Straßenverkehr. Als Geschäftsführer und Verkehrsleiter habe er Fahrten und Arbeitseinsätze zugelassen oder angeordnet, obwohl die maßgeblichen, zum Schutz der Arbeitnehmer und der übrigen Verkehrsteilnehmer erlassenen Rechtsvorschriften (Arbeitszeitgesetz, Fahrpersonalgesetz) von den Fahrern nicht eingehalten werden konnten. Der Gewerbezentralregisterauszug vom 21.12.2015 enthalte 23 Entscheidungen. Seit der Anhörung seien zwei weitere Bußgeldentscheidungen rechtskräftig geworden. Es seien mehrere Verstöße i.S.d. Nr. 1 Buchst a) des Anhangs IV der VO (EG) Nr. 1071/2009 (Überschreitung der 6-tägigen oder 14-tägigen Höchstlenkzeiten um 25 % oder mehr) begangen worden, und zwar wegen Überschreitung der Gesamtlenkzeit während zweier aufeinander folgender Wochen um mindestens 22,5 Stunden. Ein Verstoß sei im Jahr 2010 und ein weiterer Verstoß im Jahr 2015 erfolgt. Ein weiterer „schwerster Verstoß“ i. S. d. Nr. 1 Buchst. b des Anhangs IV liege vor, wenn während der täglichen Arbeitszeit eine Überschreitung der maximalen Tageslenkzeit um 50 % oder mehr ohne Pause oder ohne ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 4,5 Stunden vorliege bzw. wenn er als Verkehrsleiter nicht dafür gesorgt habe, dass die zulässige Lenkzeit von 9 Stunden eingehalten wurde, bei einer Überschreitung um mindestens 4,5 Stunden. Hiervon seien 2010 und 2012 je ein Verstoß aktenkundig geworden. Ein Verstoß sei mit Bußgeldbescheid vom 22.05.2015 geahndet worden (14 Stunden und 41 Minuten), ein weiterer mit Bußgeldbescheid vom 27.05.2015 (9 Stunden und 6 Minuten). Der Verkehrsleiter habe nicht dafür gesorgt, dass die zulässige tägliche Lenkzeit von 10 Stunden eingehalten worden sei, wobei die Überschreitung mindestens 5 Stunden betragen habe. Dies stelle einen Verstoß nach Nr. 1 b des Anhangs IV dar. Hiervon seien im Jahr 2010 und 2012 Verstöße zu verzeichnen (Bußgeldbescheide vom 17.05.2010 und vom 12.04.2012), des Weiteren 2014 (Bußgeldbescheid vom 06.08.2014) und 2015 (zwei Bußgeldbescheide vom 22.10.2015, sowie ein Bußgeldbescheid vom 27.05.2015). Insgesamt seien 29 Verstöße rechtskräftig durch Bußgeldbescheide geahndet worden, davon 2014 drei Verstöße, und 2015 neun Verstöße. Die Klägerin erfülle damit den Regelfall der Unzuverlässigkeit, nämlich dass die persönliche Zuverlässigkeit des Verkehrsleiters nicht gegeben sei. Es handele sich nicht um einmalige Vorkommnisse. Es müsse davon ausgegangen werden, dass weitere gravierende Verstöße gegen Vorschriften, die die Gewerbeausübung regulierten, begangen worden seien. Damit lägen Tatsachen dafür vor, dass bei der Führung des Unternehmens gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen werde. Die angeordnete Maßnahme diene dem Schutz der Allgemeinheit. Der Arbeitseinsatz von nicht ausgeruhtem und überarbeitetem Fahrpersonal stelle für die Teilnehmer am Straßenverkehr ein erhöhtes Sicherheitsrisiko dar. Es sei zu erwarten, dass das Personal nicht mehr mit der notwendigen Konzentration im Straßenverkehr agiere. Der Widerruf sei zum Schutz der Verkehrsteilnehmer und der Arbeitnehmer vor Unfällen und der damit verbundenen Gefährdung bedeutender Rechtsgüter wie Leben und körperlicher Unversehrtheit geboten. Zudem verschaffe sich die Firma gegenüber den Unternehmen, die auf die Einhaltung der geltenden Rechtslage achten würden, einen unerlaubten Wettbewerbsvorteil. Als Nebenfolgen ordnete die Beklagte die Abgabe der Gemeinschaftslizenz mit den Abschriften bis spätestens drei Wochen nach der Zustellung des Bescheides an und drohte für den Fall der Nichtbefolgung ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,00 EUR an.

Die Klägerin hat dagegen am 15.02.2016 Klage erhoben. Sie trägt vor, die Beklagte habe es unterlassen, im Rahmen des Ermessens jeden Einzelfall dahingehend zu prüfen, ob nicht besondere Umstände vorliegen, die zu einer abweichenden Bewertung Anlass geben würden. Wegen der fehlenden Verhältnismäßigkeitsprüfung sei der Widerruf der Gemeinschaftslizenz rechtswidrig. Neun Verstöße im Jahr 2015 bei 73 Fahrern seien bei einem Verkehrsleiter als „unauffällig“ zu werten. Die Bußgeldbescheide hätten keine Auswirkungen auf die persönliche Eignung des Verkehrsleiters und Geschäftsführers der Firma. Es werde die Verletzung von Art. 12 GG und von Art. 14 GG gerügt. Es hätte geprüft werden müssen, ob nicht mildere Mittel hätten gewählt werden können. Die den Bußgeldentscheidungen zugrunde liegenden Verstöße seien zum Teil entstanden, weil ein Fahrer die Lenkzeit infolge Unachtsamkeit eigenmächtig verlängert habe, er Schwierigkeiten bei der Bedienung des EG-Kontrollgerätes und Probleme bei der Bedienung des Navigationssystems gehabt habe. Lange Rangierzeiten sowie das damit einhergehende häufige Starten des Motors während der Ruhezeiten hätten zu einem „Weiterlaufen als Fahrzeit“ geführt. Eigenmächtig seien Ruhepausen von Fahrern verkürzt worden, z. B. wegen notwendig gewordenen Umparkens auf einem Autobahnparkplatz, ohne dass eine schriftliche Notiz hierüber gefertigt worden sei. Eigenmächtig seien Fahrer in das Wochenende gefahren, eigenmächtig zu früh losgefahren; es seien Privatfahrten mit dem Lkw vorgenommen worden; Rangierfahrten seien durch den Hofdienst auf dem Betriebsgelände bei Aufzeichnung durch das EG-Kontrollsystem vorgenommen worden. Aktenkundig sei eine Provokation durch fünf Fahrer, um zu erreichen, dass der Verkehrsleiter mit Bußgeldbescheiden torpediert werde. Die Tourenplanung sei jeweils dergestalt gewesen, dass die Fahrer die Lenk- und Ruhezeiten hätten einhalten können. Seit dem Umzug nach Isernhagen verfüge das Unternehmen über eine GPS-Überwachung sämtlicher Lkw und sämtlicher Fahrer. Es sei nunmehr möglich, jegliches Einhalten von Ruhezeiten zu überwachen. Die Fahrer würden per Telefon und per SMS über das TomTom-Gerät gewarnt. Es seien zwei Mitarbeiter eingestellt worden, die rund um die Uhr dafür Sorge tragen würden, dass die Pausenzeiten eingehalten würden. Zukünftig fänden wöchentliche Betriebskontrollen der Fahrer und der Lkw statt. Es würden sowohl die Fahrerkarten als auch die EG-Kontrollgeräte in den Lkw ausgelesen. Auffällige Mitarbeiter würden wöchentlich geschult. Dem Verkehrsleiter sei die ihm von der Landeshauptstadt I. erteilte Lizenz vom 22.11.2014 bis zum 31.10.2018 verlängert worden, wodurch seine Zuverlässigkeit bestätigt worden sei. Die Firma habe enorme Vermögensdispositionen getroffen. Zur Zeit würden eine Tankstelle und eine Waschstraße gebaut. Das Investitionsvolumen umfasse 10 Mio EUR, das zum größten Teil fremdfinanziert werde. Der Widerruf habe existenzvernichtende Auswirkungen für den Verkehrsleiter und seine Familie, denn auch seine Kinder würden in der Firma arbeiten. Eine besondere Gefährdung schutzwürdiger Rechtsgüter der Allgemeinheit liege nicht vor. Die Fahrzeuge seien gegenwärtig nicht in Verkehrsunfälle verwickelt. Der Verkehrsleiter habe eine ausgezeichnete Versicherungsquote, da sich die Lkw unauffällig im Verkehr bewegten. Die Beklagte hätte zunächst eine angemessene Frist von längstens sechs Monaten gewähren können, in der die Rücknahmegründe zu beheben seien. Die Beklagte habe weder das Bundesamt für Güterverkehr noch beteiligte Verbände des Verkehrsgewerbes vor dem Widerruf angehört. Die Aberkennung der Zuverlässigkeit könne unterbleiben, da sie in Anbetracht der speziellen Gegebenheiten eine unverhältnismäßige Reaktion darstellen würde. Da keine Ermessensentscheidung getroffen worden sei, sei die Entscheidung fehlerhaft.

Die erkennende Kammer lehnte mit Beschluss vom 28.04.2016 - 5 B 994/16 - den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage ab. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 23.06.2016 - 7 ME 54/16 - zurückgewiesen.

Die Klägerin teilte unter dem 06.07.2016 mit, dass der Geschäftsführer der Klägerin - L. - nicht mehr Verkehrsleiter der Firma sei. Ab dem 01.07.2016 sei der Sohn des Geschäftsführers - der 1990 geborene M. - Verkehrsleiter der Firma. Dazu wurden dessen Arbeitsvertrag mit der Firma vom 30.06.2016 und der IHK-Nachweis über seine fachliche Eignung für den Güterkraftverkehr vom 19.01.2016, ferner der Schulungsnachweis als Gefahrgutbeauftragter vorgelegt. Er sei auch für die Firma N. GmbH als Verkehrsleiter tätig. Unter Berufung auf den führenden Kommentar zum Güterkraftverkehrsrecht führte die Klägerin aus, die Ersetzung eines (möglicherweise) unzuverlässigen Verkehrsleiters führe dazu, dass alle notwendigen Berufszugangsvoraussetzungen wieder erfüllt seien und das Widerrufsverfahren einzustellen sei. Der frühere Verkehrsleiter sei zwar noch Geschäftsführer der Firma. In dieser Eigenschaft sei er aber nicht unzuverlässig zur Führung der Güterkraftverkehrsgeschäfte.

Die Klägerin beantragt,

den Widerrufsbescheid der Beklagten vom 05.02.2016 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie erwidert, aufgrund der Auswechselung des Verkehrsleiters sei der Widerrufsbescheid nicht aufzuheben. Denn das Unternehmen selbst besitze die Zuverlässigkeit für die Führung der Güterkraftverkehrsgeschäfte nicht. Dadurch, dass der Geschäftsführer und frühere Verkehrsleiter der GmbH seine Geschäftsführertätigkeit aufrechterhalte, bleibe es bei der Unzuverlässigkeit des Güterkraftverkehrsunternehmens.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

Ermächtigungsgrundlage für den Widerruf der Gemeinschaftslizenz ist Art. 7 Abs. 2 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 über gemeinsame Regeln für den Zugang zum Markt grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs - VO (EG) Nr. 1072/2009 -  i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Verordnung über den grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr und den Kabotageverkehr vom 28.12.2011 - GüKGrKabotageV - und § 3 Abs. 5 Güterkraftverkehrsgesetz - GüKG - entsprechend, ferner die auf § 6 GüKG beruhende Berufszugangsverordnung für den Güterkraftverkehr vom 31.12.2011 - GBZugV . Hiernach ist ein Unternehmer nur zuverlässig, wenn 1. keine Tatsachen vorliegen, dass bei Führung des Unternehmens gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen wird, oder 2. bei dem Betrieb die Allgemeinheit geschädigt oder gefährdet wird. Gemäß Art. 7 Abs. 2 lit. a VO (EG) Nr. 1072/2009 entziehen die zuständigen Behörden die Gemeinschaftslizenz, wenn der Inhaber u.a. die Voraussetzungen des Art. 4 Absatz 1 nicht mehr erfüllt. Erteilungsvoraussetzung für die Gemeinschaftslizenz ist hiernach, dass der Unternehmer in dem Niederlassungsmitgliedstaat gemäß den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft und gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats über den Zugang zum Beruf des Verkehrsunternehmers zur Durchführung des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs berechtigt ist.

Die Klägerin erfüllt nicht mehr die Voraussetzungen des Art. 4 Absatz 1 VO (EG) Nr. 1072/2009. Sie ist nicht mehr gemäß den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft über den Zugang zum Beruf des Verkehrsunternehmers zur Durchführung des grenzüberschreitenden Güterverkehrs berechtigt. Der Zugang zum Beruf des Verkehrsunternehmers zur Durchführung des grenzüberschreitenden Güterverkehrs ist u.a. in der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 geregelt, vgl. Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Nr. 3 VO (EG) Nr. 1071/2009, auf welchen § 3 Abs. 2 GüKG verweist. Art. 3 Abs. 1 b dieser Verordnung normiert als Anforderung für die Ausübung des Berufs des Kraftverkehrsunternehmers, dass dieser zuverlässig sein muss. Die Anforderungen an die Zuverlässigkeit von Unternehmen und Verkehrsleiter legen die Mitgliedstaaten fest, vgl. Art. 6 Abs. 1 Unterabsatz 1 VO (EG) Nr. 1071/2009. Insoweit ist § 2 der Berufszugangsverordnung für den Güterkraftverkehr vom 21.12.2011 - GBZugV - maßgeblich.

Die Klägerin ist aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen nicht mehr zuverlässig i.S.d. Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der VO (EG) Nr. 1071/2009, auf den § 3 Abs. 5 Satz GüKG Bezug nimmt. Die erkennende Kammer verweist insoweit auf ihre Ausführungen im Beschluss vom 28.04.2016 - 5 B 994/16 -, in dem der Antrag der Klägerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage abgewiesen worden war. Darin heißt es auf S. 8 ff:

„Dabei berücksichtigt das Gericht nur die für die Zeit nach dem 01.11.2013, d. h. nach der Neuerteilung der Gemeinschaftslizenz, bekannt gewordenen Tatsachen.

Maßgeblich ist insoweit § 2 Abs. 2 der Berufszugangsverordnung für den Güterverkehr - GBZuGV -, der auf Art. 6 VO (EG) Nr. 1071/2009 zurückverweist. Danach besitzen der Unternehmer und der Verkehrsleiter in der Regel die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, wenn wegen eines schwersten Verstoßes gegen Gemeinschaftsvorschriften im Sinne des Anhangs IV der VO (EG) Nr. 1071/2006 ein gegen sie ergangener Bußgeldbescheid unanfechtbar geworden ist. Gegen den Verkehrsleiter wurde seit der Neuerteilung der Gemeinschaftslizenz nicht nur ein einziger Bußgeldbescheid wegen eines sog. „schwersten Verstoßes“ i. S. d. Anhangs IV zur VO (EG) 1071/2009 rechtskräftig verhängt, sondern mehrere. Zudem sind seit der Anhörung zum Widerruf zwei weitere Bußgeldbescheide wegen Verstößen gegen Lenk- und Ruhezeiten rechtskräftig geahndet worden. Weitere Verfahren wegen derartiger Verstöße sind beim Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt I. gegen ihn anhängig. Der Verkehrsleiter und Geschäftsführer der Antragstellerin hat dadurch massive Verstöße gegen die Sozialvorschriften im Straßenverkehr begangen. Er hat es zugelassen, dass über Jahre hinweg Fahrten und Arbeitseinsätze des Fahrpersonals durchgeführt wurden, obwohl die zum Schutze der Arbeitnehmer und der übrigen Verkehrsteilnehmer erlassenen Vorschriften nicht eingehalten werden konnten. Dies lässt allein die Schlussfolgerung zu, dass er nicht mehr die Gewähr dafür bietet, die Güterkraftverkehrsgeschäfte zukünftig ordnungsgemäß zu führen. Hinzu kommt, dass gerade im Jahr 2015 besonders viele dieser sog. schwersten Verstöße gegen Lenk- und Ruhezeiten vorgekommen sind. Es lässt sich eine eindeutige Tendenz hin zu zunehmenden Arbeits- und Fahrtzeitüberschreitungen der Fahrer feststellen. Es spricht daher sogar einiges dafür, dass die Gefahren, die von dem Geschäftsbetrieb der Antragstellerin für das Fahrpersonal, vor allem aber auch für die übrigen Straßenverkehrsteilnehmer ausgehen, stetig zunehmen. Der Arbeitseinsatz von nicht ausgeruhtem und überarbeitetem Fahrpersonal stellt für die Teilnehmer am Straßenverkehr ein nicht hinnehmbares Sicherheitsrisiko dar. Es muss damit gerechnet werden, dass ein derartiges Fahrpersonal nicht mehr in jedem Falle mit der notwendigen Konzentration im Straßenverkehr agieren kann. Das Risiko ist für die Verkehrsteilnehmer und die Fahrer nicht hinnehmbar.

Die Antragstellerin kann nicht damit gehört werden, dass die Fahrer aufgrund der ihnen jeweils vorgegebenen Tourenplanung die tägliche, wöchentliche bzw. zweiwöchige Höchstlenkzeit ohne Probleme hätten einhalten können und von daher Auswirkungen auf die Zuverlässigkeit des Verkehrsleiters nicht gegeben seien. Die zahlreichen Verstöße der Fahrer gegen die Lenk- und Ruhezeiten sprechen dagegen. Es ist Aufgabe des Verkehrsleiters, das von ihm eingestellte oder von einer Leiharbeitsfirma ausgeliehene Fahrpersonal in die Lage zu versetzen, die Lenk- und Ruhezeiten zuverlässig einhalten zu können. Insbesondere müssen die Fahrer in der Lage sein, das EG-Kontrollgerät zu bedienen und die Fahrtenbücher ausfüllen zu können. Sollte für die Fahrer bzw. für einen Teil von ihnen die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben der Fahrpersonalgesetzes und der Fahrpersonalverordnung nicht möglich sein - etwa weil die langjährige Berufserfahrung fehlt, sie möglicherweise nicht ausreichend geschult sind bzw. die Schulung aufgrund eingeschränkter sprachlicher Verständigung nicht die gebotene Wirkung zeigt -, spricht viel dafür, dass das von der Antragstellerin verwendete „Geschäftsmodell“ mitursächlich ist an der massiv vorkommenden Nichteinhaltung der Sozialverschriften im Straßenverkehr. Die in der Sachverhaltsdarstellung zusammengefasst aufgeführten Erklärungen für die extrem zahlreichen, z. T. massiven Verstöße zeigen insgesamt auf, dass das Fahrpersonal entweder sehr mangelhaft ausgesucht worden ist oder aber es an der erforderlichen wirksamen Schulung fehlt oder aber dass die Lkws-Fahrer aufgrund der viel zu engen zeitlichen Vorgaben der Disponenten nicht in der Lage sind, die Lade- und Entladetermine der Transportaufträge ohne Verstöße gegen die  Lenk- und Ruhevorschriften zuverlässig einzuhalten.

Die gegen die Rechtmäßigkeit der Widerrufsverfügung vorgebrachten Argumente greifen nicht durch. Der Widerrufsbescheid wurde rechtlich zutreffend an den Geschäftsführer und Verkehrsleiter der GmbH gerichtet. Das Bundesamt für Güterverkehr und die Verbände des Verkehrsgewerbes sind, wie aus einem Vermerk im Verwaltungsvorgang ersichtlich, vor der Entscheidung angehört worden. Zudem könnte eine Anhörung bis zum Abschluss des Klageverfahrens nach § 45 Abs. 2 VwVfG noch nachgeholt werden bzw. wäre als Verfahrensfehler nach § 46 VwVfG unbeachtlich (OVG NRW, B. v. 12.04.2012 - 13 B 255/13 -, juris Rdnr. 9). Soweit die Antragstellerin meint, die Antragsgegnerin hätte jeden einzelnen der sog. „schwersten Verstöße“ gegen Gemeinschaftsvorschriften überprüfen müssen, ist dem entgegenzuhalten, dass es bei gravierenden Verstößen gegen Lenk- und Ruhezeitvorschriften, wie sie hier gegeben sind, um die Kategorie der sog. sieben Todsünden im Bereich des Kraftverkehrs geht (Knorre, Güterkraftverkehrsgesetz, Beck-online, 2012, § 3 GüKG, Rdnr. 24). Nach Art. 6 Abs. 2 VO (EG) 1071/2009 soll bereits bei Vorliegen eines einzigen derartigen Verstoßes auf die Unzuverlässigkeit des Betroffenen geschlossen werden. (Hein/Eichhoff/Pukall/Krien, Güterkraftverkehrsrecht, Stand: 6/15, T 215 Art. 6, Rdnr. 4). Dabei kann grundsätzlich von der Richtigkeit der rechtskräftigen Bußgeldentscheidung und den zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen ausgegangen werden. Wenn es sich um einen einzelnen Verstoß im vorgenannten Sinne handelt, bedarf es der Prüfung im Einzelfall, ob nicht ausnahmsweise Anhaltpunkte dafür gegeben sind, die die Annahme der Unzuverlässigkeit entkräften (Hein/Eichhoff/Pukall/Krien, a.a.O., Rdnr. 6). Hier hingegen wurden gerade in den letzten beiden Jahren zahlreiche dieser sog. schwersten Verstöße begangen, was die Prüfung in jedem einzelnen Fall entbehrlich macht. Hinzu kommt, dass die gegen die Bußgeldbescheide eingelegten Rechtsmittel von der Antragstellerin regelmäßig auf die Beanstandung der Höhe des Bußgeldes beschränkt wurden. Damit hat die Antragstellerin zu erkennen gegeben, dass sie die dem Geschäftsführer und Verkehrsleiter zur Last gelegten Verstöße inhaltlich nicht in Zweifel zieht. Das Dulden besonders massiver Verstöße gegen Arbeitszeitvorschriften sowie die außerordentlich hohe Zahl schwerer und schwerwiegender Verstöße gegen Lenk- und Ruhezeitvorschriften lassen allein den Schluss auf die persönliche Unzuverlässigkeit des Verkehrsleiters des Güterkraftverkehrsunternehmens zu (vgl. insoweit auch OVG NRW, B. v. 12.04.2013, a.a.O., Rdnr. 18 ff).

Dass die Antragstellerin ihre Ankündigung umsetzen kann und wird, aufgrund technischer Vorgaben (GPS) und verstärkter Anstrengungen im Hinblick auf Schulungen und Kontrollen die Sozialvorschriften im Straßenverkehr zukünftig zuverlässig einzuhalten, hält die Kammer angesichts der bisherigen Unternehmensführung nicht für wahrscheinlich. Dagegen spricht, dass die außerordentlich zahlreichen Verstöße und Verfehlungen, die zu hohen Bußgeldern nicht nur für die Fahrer, sondern auch für den Verkehrsleiter geführt haben, diesen bislang offenbar unbeeindruckt gelassen haben bzw. er zu einer Änderung der Betriebsführung nicht gewillt oder nicht fähig ist.

Der angefochtene Bescheid ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil die Antragsgegnerin vorher die Feststellung unterlassen hat, ob in Anbetracht der speziellen Gegebenheiten eine Aberkennung der Zuverlässigkeit im konkreten Fall eine unverhältnismäßige Reaktion darstellen würde i.S.d. Art. 6 Abs. 2 a Unterabschnitte 2 und 3 VO (EG) 1071/2009. Eine eigene ausdrückliche Regelung, dass bei der Verhängung eines Bußgelds wegen eines „schwersten Verstoßes“ gemäß Anlage IV dieser VO ein Verfahren zur Prüfung der Zuverlässigkeit einzuleiten ist, hat der deutsche Gesetzgeber nicht eingeführt (Knorre, a.a.O, Rdnr. 25). Die Prüfung nach nationalem Recht schließt aber - da es um einen Eingriff in das Grundrecht in die Freiheit der Berufswahl nach Art. 12 Abs. 1 GG geht, welcher nur zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erfolgen darf -, die Prüfung ein, ob der Eingriff erforderlich ist, d. h. ob nicht ein milderes Mittel zur Erreichung des angestrebten Zwecks ausreichen würde. Diese von der Straßenverkehrsbehörde vorzunehmende Prüfung entspricht dem in Art. 6 Abs. 2 a Unterabschnitte 2 und 3 VO (EG) 1071/2009 normierten Verfahren. Die Antragsgegnerin hat gewürdigt, dass der Widerruf einen erheblichen Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit der Gesellschafter der Antragstellerin darstellt und auch ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb i.S.d. Art. 14 Abs. 1 GG vorliegt. Der Eingriff ist jedoch zum Schutze besonders hoher Rechtsgüter wie Leben und körperliche Unversehrtheit der Verkehrsteilnehmer und der Fahrer gerechtfertigt. Ein milderes Mittel ist in Anbetracht der dargelegten Wahrscheinlichkeit, dass die Antragstellerin es weiterhin zulassen wird, dass Verstöße gegen Lenk- und Ruhevorschriften bei Fahrten mit ihren Lkws begangen werden, nicht erkennbar. Zur Sicherung des besonderen öffentlichen Interesses an der Sicherheit des Straßenverkehrs und der Einhaltung der gesetzlichen Regelungen zur Ausübung des Güterkraftverkehrs ist die sofortige Einstellung des Unternehmens erforderlich und angemessen. Es kann nicht mit hinreichender Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin trotz der festgestellten persönlichen Unzuverlässigkeit ihres Verkehrsleiters bis zum Abschluss des Klageverfahrens bzw. bis zum Ablauf der Genehmigung nicht erneute Verstöße gegen Sozialvorschriften im Straßenverkehr mit sehr hohem Gefährdungspotenzial begehen wird.

Auch die Regelung in Art. 13 Abs. 1 a) VO (EG) 1071/2009, wonach dem Unternehmen eine Frist von höchstens sechs Monaten gesetzt werden kann zur Behebung des vorschriftswidrigen Zustands, greift nicht, da nach dem Vortrag der Antragstellerin die Einstellung eines anderen Verkehrsleiters derzeit nicht in Betracht kommt.“

Die dagegen gerichtete Beschwerde war mit Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 23.06.2016 - 7 ME 54/16 - im vollen Umfang aus den vorgenannten Gründen und unter weitgehender Zitierung des erstinstanzlichen Beschlusses zurückgewiesen worden. An den obigen Feststellungen hält die Kammer auch nach nochmaliger Überprüfung der Sach- und Rechtslage fest.

Der Vortrag der Klägerin, sie habe mit Wirkung zum 01.07.2016 den Verkehrsleiter ausgewechselt und erfülle nunmehr wieder die Zuverlässigkeitsvoraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Gemeinschaftslizenz für den gewerblichen Güterkraftverkehr, führt nicht zur Aufhebung des Widerrufsbescheides und damit zum Erfolg der Klage bzw. zur Erledigung des Klageverfahrens. Die Entscheidung der Behörde über die Zuverlässigkeit ist eine Prognoseentscheidung. Unzuverlässig ist, wer in dem maßgebenden Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung keine Gewähr dafür bietet, das Transportgewerbe in Zukunft ordnungsgemäß zu führen (ständige obergerichtliche Rechtsprechung, vgl. Nds. OVG, B. v. 27.02.2017 - 7 LA 10/17 - (S. 11); B. v. 13.01.2014, - 7 ME 110/13 -; OVG NRW, B. v. 12.04.2013 - 13 B 255/13 - juris; Bay VGH, B. v. 24.01.2011 - 11 CS 11.37. juris; vgl. auch Hein/Eichhoff/Pukall/Krien, a.a.O., § 3 GüKG, N § 3 Anm. 3 a). Sind die Unzuverlässigkeitstatsachen auf das Verhalten des Verkehrsleiters zurückzuführen, führt sein gravierendes Fehlverhalten zur Unzuverlässigkeit des Güterkraftverkehrsunternehmens und damit gemäß § 3 Abs. 5 GüKG zum Widerruf der Gemeinschaftslizenz, dessen Inhaber das Unternehmen ist. Es kann erst  in einem Verfahren auf Neuerteilung einer Gemeinschaftslizenz geprüft werden, ob neben dem Vorliegen von allen anderen Voraussetzungen auch die Zuverlässigkeitsprognose günstig ist. Auf die Rechtmäßigkeit der Widerrufsentscheidung wirkt sich ein derartiger Umstand nicht mehr aus.

Die Rechtsauffassung des Gerichts steht mit dem von der Klägerin für die gegenteilige Rechtsauffassung herangezogenen Zitat zu § 3 GüKG im Kommentar zum Güterkraftverkehrsrecht Hein/Eichhoff/Pukall/Krien (N § 3, Anm. 9, Bd. 3, S. 18) nicht im Widerspruch. Mit dem Zitat, welches lautet:

„Erhält die Behörde Kenntnis von schwerwiegenden Verstößen, die ein Verkehrsleiter begangen hat, kann sie parallel je ein Verfahren gegen den Unternehmer auf Widerruf der Erlaubnis sowie ein Verfahren gegen den Verkehrsleiter auf Untersagung der Führung der Güterkraftverkehrsgeschäften einleiten. Ersetzt nun der Transportunternehmer einen evtl. unzuverlässigen Verkehrsleiter während des laufenden Verwaltungsverfahrens, so kann das Verfahren gegen den Unternehmer auf Widerruf der Erlaubnis eingestellt werden, denn er hat alle notwendigen Berufszugangsvoraussetzungen wieder hergestellt. Das Verfahren gegen den Verkehrsleiter wird weiter betrieben“,

ist nach dem Dafürhalten der erkennenden Kammer das laufende Verwaltungsverfahren bis zum Ergehen der letzten Verwaltungsentscheidung gemeint, nicht hingegen das behördliche Verfahren im Verlaufe des gerichtlichen Verfahrens. Insoweit gelten die allgemeinen Vorschriften für die Überprüfung eines belastenden Verwaltungsakts (dazu Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 21. A., § 113, Rdnr. 46), d. h. es ist eine Frage des materiellen Rechts, ob ein belastender Verwaltungsakt aufzuheben ist, wenn sich im Verlaufe des gerichtlichen Verfahrens die Sach- und Rechtslage geändert hat, was in der Regel bei Dauerverwaltungsakten der Fall ist (Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar, 2. A., § 113, Rdnrn. 94, 101, 116, 117). Um einen Dauerverwaltungsakt handelt es sich bei dem Widerruf einer Gemeinschaftslizenz im gewerblichen Güterkraftverkehr nicht. Mangels einer anderslautenden Regelung im einschlägigen Fachrecht ist im Falle der Anfechtungsklage grundsätzlich auf die Tatsachen im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung abzustellen. Daher ist die Widerrufsbehörde der Verpflichtung enthoben, den Widerruf der Gemeinschaftslizenz als gestaltenden Verwaltungsakt während des gerichtlichen Verfahrens unter Kontrolle zu halten und auf Veränderungen zu reagieren, so dass bei einem etwaigen späteren Wegfall der Widerrufsvoraussetzungen eine neue Gemeinschaftslizenz nur auf der Grundlage eines erneuten Antrags und Verwaltungsverfahrens auszusprechen ist (VG des Saarlandes, U. v. 26.11.2008 - 10 K 385/08 -, juris Rdnr. 26).

Unabhängig davon wurde die Unzuverlässigkeit des Unternehmens durch die Auswechselung des Verkehrsleiters aber auch tatsächlich nicht beendet. Existieren in einem Transportunternehmen ein Unternehmer und ein Verkehrsleiter, ist die Zuverlässigkeit nur gegeben, wenn der Unternehmer und der Verkehrsleiter die Gewähr dafür bieten, dass das Unternehmen den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend geführt wird und die Allgemeinheit bei dem Betrieb vor Schäden oder Gefahren bewahrt bleibt. D. h. bei juristischen Personen ist auch die Zuverlässigkeit für den/die gesetzlichen Vertreter nachzuprüfen (Hein/Eichhoff/Pukall/Krien, a.a.O., § 3 GüKG, N § 3 Anm. 3 a). Hier war der bisherige Verkehrsleiter in Personalunion zugleich der Geschäftsführer der GmbH. Die charakterliche Unzuverlässigkeit, die er in seiner Eigenschaft als Leiter der Güterkraftverkehrsgeschäfte gezeigt hat, ist von seinem Verhalten als Geschäftsführer des Güterkraftverkehrsunternehmens nicht trennbar. Folglich ist das Unternehmen, soweit es grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr betreibt - da es von ihm als Geschäftsführer geführt wird -, weiterhin unzuverlässig i. S. d. § 3 Abs. 5 Satz 2 GüKG. Andere Geschäftsfelder der Firma sind hiervon nicht betroffen.

Hinzu kommt, dass der neu als Verkehrsleiter benannte M., der Sohn des Geschäftsführers der Klägerin, zugleich Geschäftsführer und (interner) Verkehrsleiter des Transportunternehmens N. GmbH ist. Es ist zwar möglich, die Verkehrsgeschäfte durch einen sogenannten externen Verkehrsleiter führen zu lassen, der für mehrere Transportunternehmen als der fachlich geeignete Leiter der Verkehrsgeschäfte tätig wird (Hein/Eichhorn/Pukall/Krien, a.a.O., Art. 4 VO (EG) Nr. 1071/2009, T 215 Rdnr. 10). Diese parallele Führung der Verkehrsgeschäfte darf nach § 3 Abs. 2 GüKG i. V. m. Art. 3 Abs. 1 d und Art. 4 Abs. 2 c VO (EG) 1071/2009 aber nur für höchstens vier Unternehmen mit einer Flotte von zusammengenommen höchstens 50 Fahrzeugen erfolgen. Die Firma der Klägerin hat für sich allein bereits einen Bestand von 79 bzw. 80 Fahrzeugen und die N. GmbH hat nach der Auskunft des Geschäftsführers der Klägerin in der mündlichen Verhandlung einen Bestand von 50 bis 55 Fahrzeugen. Folglich ist die Berufung des M. zum Verkehrsleiter unter keinen Umständen geeignet zur Beseitigung der Unzuverlässigkeit des Güterkraftverkehrsunternehmens der Klägerin.

Die Nebenentscheidungen (Verpflichtung zur Ablieferung der Gemeinschaftslizenz sowie der beglaubigten Kopien und die Zwangsgeldandrohung für den Fall der Nichtbefolgung in Höhe von 10.000,00 EUR) beruhen auf § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 GüKGrKabotageV i. V. m. § 3 GüKG sowie §§ 64 ff Nds. SOG und § 70 Nds. SOG und sind rechtlich nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.