Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 02.06.2017, Az.: 13 A 171/14
Bestechlichkeit; inhaltliche Bestimmtheit; Drittschadensliquidation; Korruption; Leistungsbescheid; Schadenersatz; Verjährung
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 02.06.2017
- Aktenzeichen
- 13 A 171/14
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2017, 53594
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 48 BeamtStG
- § 37 Abs 1 VwVfG
Tenor:
Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist.
Der Bescheid der Beklagten vom 23.12.2014 in der Fassung vom heutigen Tage wird aufgehoben, soweit der Kläger auf Schadensersatz nebst Zinsen in Anspruch genommen wird.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistungen in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen einen Leistungsbescheid der Beklagten, durch den er auf Schadenersatz in Anspruch genommen wird.
Der Kläger war Beamter im Dienst des Landes Niedersachsen und bei der Beklagten –seit Januar 2004 im Amt eines Bauoberamtsrats - eingesetzt. Ab dem 17.10.2008 war der Kläger, der Altersteilzeit im Blockmodell in Anspruch genommen hatte, vom Dienst freigestellt. Zum 01.08.2013 trat er in den Ruhestand.
Der Kläger war dem regionalen Geschäftsbereich Hannover (früher Straßenbauamt Hannover) zugeordnet und dort im Fachbereich 5 (Bau) tätig. Er war als Sachgebietsleiter 5311 für den Bereich Bauprogramme, Baufinanzierung und Straßenbau zuständig. Aufgrund einer organisatorischen Änderung Mitte des Jahres 2006 war der Kläger ab diesem Zeitpunkt dem Fachbereich 3 zugeordnet und dort Leiter des Sachgebietes 32 mit demselben Zuständigkeitsbereich wie zuvor.
Nach der Arbeitsplatzbeschreibung gehörte zu den Aufgaben des Klägers als Sachgebietsleiter unter anderem die fachliche Anleitung und Kontrolle der Bauüberwachungskräfte für Aufgaben aus dem Bereich Erneuerung, Um- und Ausbau sowie die förmliche Abnahme der im Sachgebiet durchgeführten Baumaßnahmen. Darüber hinaus war er als Titelverwalter für das Bewirtschaften von Haushaltsmitteln im Rahmen von Bestellungen zuständig. Ab dem Jahr 2006 durfte der Kläger als Sachgebietsleiter bis zur Wertgrenze von 100.000 € Verbindlichkeiten zulasten des Bundes und des Landes Niedersachsen eingehen. Als Titelverwalter war der Kläger hinsichtlich von Auszahlungsanordnungen anordnungsbefugt. Nach §§ 70 ff. Landeshaushaltsordnung war der Anordnende dafür verantwortlich, dass nach den geltenden Vorschriften verfahren wurde, wozu auch gehörte, dass die Lieferung oder Leistung als solche und auch die Art ihrer Ausführung geboten war und entsprechend der zugrunde liegenden Vereinbarung oder Bestellung sachgemäß und vollständig ausgeführt wurde.
Nach einem Vermerk der Polizeidirektion Hannover vom 12.06.2009 (Bl. 66 GA) meldete sich im Juni 2009 der Korruptionsbeauftragte der Beklagten bei der Polizei und gab an, bei der Überprüfung von Belegen auf Hinweise gestoßen zu sein, die den Verdacht rechtfertigten, dass der Kläger sich habe bestechen lassen. Daraufhin wurden strafrechtliche Ermittlungen gegen den Kläger eingeleitet und schließlich im Juni 2011 Anklage gegen den Kläger wegen Bestechlichkeit und Untreue erhoben. Das Landgericht Hildesheim verurteilte den Kläger am 12.06.2014 (16 KLs 4242 Js 74138/09) u.a. wegen Bestechlichkeit in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitstrafe von drei Jahren und drei Monaten. Hinsichtlich der abgeurteilten Bestechungsfälle und des Strafmaßes bestätigte der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 20.05.2015 das landgerichtliche Urteil. Mit Rechtskraft der Verurteilung verlor der Kläger gem. § 71 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NBeamtVG seine Rechte als Ruhestandsbeamter.
Nach vorheriger Anhörung forderte die Beklagte den Kläger unter Anordnung der sofortigen Vollziehung mit Leistungsbescheid vom 23.12.2013 – also nach Anklageerhebung, aber vor der strafgerichtlichen Verurteilung - auf, jeweils gesamtschuldnerisch haftend mit Herrn D., in Höhe eines Teilbetrages von 68.564,51 € gesamtschuldnerisch haftend mit Herrn E., Schadenersatz iHv. 1.206.435,95 € wegen vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung zum Nachteil des Landes Niedersachsen und der Bundesrepublik Deutschland nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz (zeitlich gestaffelt) zu leisten sowie Schmiergelder in Höhe von 77.707.84 € zuzüglich Zinsen an das Land Niedersachsen herauszugeben, hilfsweise in dieser Höhe wegen unerlaubter Handlung zum Nachteil des Landes Niedersachsen und der Bundesrepublik Deutschland Schadensersatz in dieser Höhe zu leisten. Auf die Möglichkeit der Beteiligung des Personalrates wurde der Kläger hingewiesen. Von dieser Möglichkeit machte er keinen Gebrauch.
Die Schadenersatzforderungen gegen den Kläger begründete die Beklagte unter der Überschrift „1. Schadensersatz wegen freihändiger Bestellscheinaufträge zu überflüssigen Arbeiten und wegen überhöhter Zahlungen an Auftragnehmer“ wie folgt:
Der Kläger habe regelrechte Kahlschläge des Baumbestandes im Bereich des Autobahnkreuzes A7/A37 und der Anschlussstelle Kirchhorst im Zuge der A 7 veranlasst, für die es keinen sachlichen Grund gegeben habe.
Die dafür laut Bestellscheinaufträgen gegebene Begründung („Dichtstand für die Leichtigkeit der späteren Unterhaltungsarbeiten beseitigen. Kranke und morsche Gehölze stellen Gefahr für den Verkehr dar und sind aus Sicherheitsgründen zu fällen/entfernen“) sei vorgeschoben. Bei den im Oktober/November 2006 durchgeführten Baumfällarbeiten sei nahezu der gesamte gesunde Baumbestand abgeholzt worden, welcher im Zuge des Baus des Autobahnkreuzes innerhalb des landschaftspflegerischen Begleitplanes teuer angepflanzt worden sei.
Ähnlich verhalte es sich mit den nach den (bzw. aufgrund der) Baumfällararbeiten notwendig gewordenen ergänzenden Mulch-, Fräs- und Rasensaatarbeiten an den vom Baumbestand befreiten Flächen. Auch hierbei habe es sich um Leistungen gehandelt, die einfach nicht begründbar seien.
Ein weiterer Schwerpunkt inkorrekter freihändiger Vergabe von Aufträgen und überhöhter Zahlungen ergebe sich in Bezug auf das Mähen von Gräben und Banketten.
Der Kläger habe der Firma F. mittels eines freihändigen Bestellscheins vom 20.06.2006 einen Auftrag für das Mähen von Gräben und Banketten im Zuge der A 352 mit einer Auftragssumme von 41.064,00 € erteilt, auf dem Angebot der Firma Giesing habe ein Eingangsstempel gefehlt. Im Folgejahr habe der Kläger innerhalb von 4 Wochen (07.09. bis 08.10.2007) der Firma F. erneut 7 freihändige Bestellscheinaufträge für Mäharbeiten an der BAB A 352 mit einem Gesamtauftragsvolumen von 138.123,30 € und einem Abrechnungsvolumen von 146.503,90 € (brutto) erteilt. Die sachliche und rechnerische Prüfung sei durch Herrn G. (Leiter der AM Hannover) erfolgt, jedoch ohne Datum und ohne tatsächliche Überprüfung/Feststellung der Rechnungssummen, was dem Kläger nicht entgangen sei, jedenfalls nicht habe entgehen dürfen. Die jeweiligen Bestellscheinaufträge hätten – wie schon im Jahr 2006, das Mähen der Gräben und Bankette an der Grabenkarte bis zur Autobahn umfasst. Allerdings seien im Vergleich zum Vorjahr statt 20.000 lfdm. Gräben nunmehr 39.400 lfdm. und statt 80.000 qm Bankette nunmehr 415.000 qm beauftragt worden. Die Leistungsmenge der Gräben habe sich verdoppelt, die Leistungsmenge der Bankette sei im Vergleich zu 2006 fünfmal so hoch gewesen.
Für das Mähen von Extensivflächen habe die Firma F. überhaupt keinen Auftrag, also nicht einmal einen unter Verstoß gegen Vergaberichtlinien freihändig erteilten Auftrag gehabt. Überdies sei für den Baum- und Buschbewuchs nur ein völlig unzureichender Aufzug vorgenommen worden.
Die beauftragten und abgerechneten Leistungen von 2 Bestellscheinen aus dem Jahr 2007 hätten die gleichen Leistungen umfasst, wie sie lt. Angebot, Bestellschein und Rechnung schon im Vorjahr 2006 berechnet worden sein, was schon deshalb nicht nachvollziehbar sei, weil das Mähen unter den beschriebenen äußerst schwierigen Bedingungen nur ein Jahr nach angeblicher Ausführung exakt derselben Leistung ausgeschlossen sei.
Überdies sei bei einer Inaugenscheinnahme der Flächen im Februar 2011 festgestellt worden, dass diese Flächen nur in wenigen Teilbereichen Stockausschläge mit einem Durchmesser von weit unter 1 cm mit einer Höhe von max. 0,5 cm aufwiesen, also Bewuchs, welcher im Zuge eines üblichen turnusmäßigen Mähens mit normalem Mähgerät unschwer beseitigt werden könne.
Im Folgejahr 2008 habe nicht der Kläger selbst, sondern Herr G. dieselben Bestellscheinaufträge aus dem Jahr 2007 noch einmal an die Firma H. mit einer Gesamtsumme von 68.564,51 € (brutto) erteilt, was dem Kläger nicht entgangen sei oder jedenfalls nicht hätte entgehen dürfen. Dem Kläger und Herrn G. sei es vorzuwerfen, dass es unzulässig gewesen sei, Bestellscheinaufträge - auch durch Splittung - in einer Größenordnung von 65.000 € Auftragssumme auszustellen.
Es habe also in den Jahren 2006 bis 2008 wiederholte Vergaben von Aufträgen an die Firma H. gegeben, die nach Aktenlage ohne jeden Wettbewerb freihändig erfolgt seien, wobei der Firma H. ohne sachlichen Grund gestattet worden sei, teure spezielle Mulchmähgeräte einzusetzen, deren Einsatz objektiv nicht notwendig gewesen sei.
Besonders auffällig sei, dass mit den drei Bestellscheinen 2008, die Herr G. unterschrieben habe, für die der Kläger aber gleichwohl Verantwortung zu tragen habe, auf den Zentimeter und Cent genau dieselben Leistungen wie im Jahr 2007 beauftragt, ausgemessen und vergütet worden sein. Von den sieben Bestellscheinen des Jahres 2007 seien die exakten Leistungen von drei Bestellscheinen im Jahr 2008 wiederholt worden. Der Kläger habe gegen die bei der Auftragsvergabe zu beachtenden Bestimmungen verstoßen. Die Beauftragungen seien im Tatzeitraum - bis auf wenige unbedeutende Ausnahmen - ausschließlich zugunsten der Firma F. erfolgt, wobei entweder eigentlich zusammenhängende Aufträge gesplittet worden seien oder bei der Vergabe eine tatsächlich nicht bestehende Dringlichkeit vorgegeben worden sei, obwohl eine ordnungsgemäße Ausschreibung möglich gewesen wäre.
Unnötige Aufträge hätten auch insoweit vorgelegen, als sie – die Beklagte - Gewährleistungsansprüche gegenüber der Firma I. GmbH gehabt habe, diese - im Sinne entsprechender Nachbesserungsarbeiten - aber nicht geltend gemacht worden seien, sondern die Firma F. mit der Nachbesserung beauftragt worden sei.
Bei der Berechnung von Wildschutzzäunen sei von dem Kläger ein überhöhter Preis pro lfd. Meter akzeptiert worden.
In den Jahren 2006 bis 2008 habe der Kläger mittels Bestellschein freihändige Aufträge im Gesamtwert von 2,023 Mio. € bezüglich verschiedener Komplexe an die Firma H. erteilt.
Wegen der Zuordnung der einzelnen Aufträge/Bestellscheine zu den in vorstehender Weise schadensverursachend „sachlich richtig“ gezeichneten Arbeiten der Firma H. werde auf die dem Kläger vorliegende Anklageschrift verwiesen. Insgesamt belaufe sich der Schaden auf 1.206.435,95 €.
Die konkrete Berechnung des Schadens in Bezug auf die einzelnen Schadenspositionen erfolgt auf den Seiten 9-11 des (nicht paginierten) Bescheids. Für überflüssige Baumfällarbeiten im Bereich AK A7/A37 - AS Kirchhorst aufgrund von 6 Bestellscheinen werden 302.275,84 € in Ansatz gebracht. Für das Fräsen, Mulchen, Grabenboden abfahren und Ansaat werden unter Bezugnahme auf 13 Bestellscheine 244.513,26 € Schadenssumme aufgeführt. Bezüglich der Wildschutzzaunarbeiten an der BAB 352 werden auf der Grundlage eines angemessenen Wettbewerbspreises von 10 €/m statt des tatsächlich berechneten Preises unter Bezugnahme auf 5 Bestellscheine 81.477,40 € angesetzt. Unter Bezugnahme auf insgesamt 30 Bestellscheine wird der Schaden durch Beauftragung von Entwässerungsarbeiten durch Einbau von Betonwinkelstützwänden, Pflasterungen, Verrohrungen und damit verbundene Baumfäll-, Mäh- und Erdarbeiten an der BAB 7 zwischen dem Autobahndreieck Hannover Nord und Großburgwedel bei gleichzeitigem Verzicht auf die Durchsetzung diesbezüglicher Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Vorunternehmer (Fa. J.) mit insgesamt 578.169,45 € in Ansatz gebracht. Bezüglich der genauen Berechnung des Schadens wird auf die Seiten 9,10 und 11 des (nicht paginierten) Bescheids Bezug genommen.
Der Kläger hat am 15.01.2014 Klage erhoben und um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Mit Beschluss vom 25.02.2014 (13 B 172/14) hat das erkennende Gericht dem Aussetzungsantrag stattgegeben. Die Beschwerde gegen diesen Beschluss blieb ohne Erfolg. Auf den Beschluss des erkennenden Gerichts vom 25.02.2014 sowie den Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 1.07.2014 (5 ME 52/14) wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 27.07.2015 hat die Kammer die Klage, soweit es um Herausgabe von Schmiergeldzahlungen geht, abgetrennt, und unter dem Az. 13 A 3895/15 fortgeführt.
In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte den angefochtenen Bescheid dahingehend geändert, dass bezüglich der Schadensposition „Fräsen, Mulchen, Grabenboden abfahren und Ansaat“ statt 244.513,26 € nur noch Schadensersatz in Höhe von 243.179,69 € gefordert wird. Soweit der festgesetzte Betrag im Leistungsbescheid damit um 1.333,57 € reduziert worden ist, haben die Beteiligten die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.
Zur Begründung der Klage erhebt der Kläger die Einrede der Verjährung. Schadenersatzansprüche verjährten in drei Jahren. Die Auftragsvergaben in den Jahren 2006 bis 2008 seien der Beklagten von Anfang an bekannt gewesen. Im Übrigen zeige auch die Meldung des Korruptionsbeauftragten im Juni 2009, dass und unter welchen Bedingungen der Kläger die Aufträge an die Fa. H. vergeben habe. Damit seien bereits im Jahr 2009 alle Umstände bekannt gewesen, aus denen die Beklagte ihre vermeintlichen Schadenersatzansprüche herleite (Bl. 140 GA).
Er habe keine Bestellscheine ausgefüllt. Die Bestellscheine seien jeweils durch eine Verwaltungsangestellte im Nachhinein nach Rechnungseingang gefertigt worden (Bl. 442 GA). Er habe die fraglichen Rechnungen auch nicht „sachlich richtig“ gezeichnet (Bl. 442 GA).
Außerdem habe er gar keine Dienstpflichtverletzungen begangen, die zu einem Schaden bei der Beklagten geführt hätten.
Die Fällung des Baumbestandes sei sachlich gerechtfertigt gewesen (Bl. 41 GA, Bl. 444 GA). Die im Anschluss daran erfolgten Mulch-, Fräs- und Rasensaatarbeiten seien ebenfalls erforderlich gewesen (Bl. 42 GA, Bl. 445 ff. GA). Überhöhte Beträge seien nicht vereinbart worden (Bl. 42 GA).
Die an der A 352 im Jahr 2007 durchgeführten Mäharbeiten seien notwendig gewesen; der Abzug für Baum- und Buschbewuchs sei zureichend und im üblichen Umfang erfolgt (Bl. 43, 449 ff GA). Überhöhte Rechnungen seien nicht ausgestellt worden (Bl. 43 GA). Für Aufträge des Kollegen G. habe er nicht einzustehen (Bl. 44 GA).
Gewährleistungsansprüche gegen I. GmbH habe es nicht gegeben. Die I. GmbH habe ihren Teil des Auftrages vertragsgemäß erfüllt (Bl. 461 GA). Es seien zusätzliche Arbeiten notwendig geworden, die nicht vom Auftrag an die I. GmbH umfasst gewesen seien (Bl. 460 ff.).
Bei der Berechnung von Wildschutzzäunen sei kein überhöhter Preis akzeptiert worden. Es seien die Preise zu Grunde gelegt worden, die auch bei einem Auftrag aus dem Jahr 2005 berechnet worden seien (Bl. 463). Es werde bestritten, dass die Arbeiten für 10 €/qm hätten ausgeführt werden können.
Darüber hinaus habe die Beklagte die angeblichen Schadenersatzansprüche nicht nachvollziehbar berechnet. Sie habe schlicht die seitens der Fa. H. in Rechnung gestellten Beträge summiert und das Ergebnis sodann als Schadenbetrag präsentiert. Hier hätte im Einzelnen dargelegt werden müssen, welche Maßnahmen überflüssig und welche Beträge überhöht gewesen sein sollen (Bl. 131 GA).
Der Kläger beantragt,
den Leistungsbescheid der Beklagten vom 23.12.2013 in der am 29.03.2017 geänderten Fassung aufzuheben, soweit es um die Schadensersatzforderung geht.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Ansprüche seien nicht verjährt. Die für den Beginn der Verjährung maßgebliche Kenntnis von dem Schaden sei frühestens 2010 erlangt worden (Bl. 115 f. GA)
Die Baumfäll- und Folgearbeiten im Bereich des Autobahnkreuzes A 7/A 37 seien objektiv nicht notwendig gewesen. In der Bedarfsmeldung der Autobahnmeisterei Hannover für die Jahresausschreibung 2006/2007 seien die entsprechenden Arbeiten als nicht notwendig beurteilt worden. Für den Bereich des Kreuzes Kirchhorst hätte allenfalls auf einer Fläche von 6600 m2 der Gehölzbestand verjüngt werden können (Bl. 307 GA). Tatsächlich sei aber ein Auftrag für einen fast vollständigen Kahlschlag erteilt worden.
Für die überflüssigen Arbeiten seien von der Fa. H. mit Rechnung Nr. 060587 74.859,44 € und mit Rechnung-Nr. 060582 weitere 82.036,36 € in Rechnung gestellt worden. Insgesamt seien 11.365 Bäume gefällt worden. Der Kläger habe die Rechnungen sachlich richtig gezeichnet. Es sei abwegig anzunehmen, dass der gesamte Baumbestand morsch und krank gewesen sein könnte.
Für den Bereich AK Kirchhorst habe der Kläger einen Bestellschein ausgefüllt und die Rechnung vom 09.12.2006 über 32.943,44 € sachlich richtig gezeichnet, obwohl auch diese Arbeiten völlig unnötig gewesen seien (Bl. 311 ff. GA).
Der Kläger habe dann einen weiteren Bestellschein für den gleichen Bereich ausgefüllt und die anschließende Rechnung Nr. 060584 vom 09.12.2006 über 36.541,94 € sachlich richtig gezeichnet (Bl. 311 GA).
Für denselben Bereich und gleichartige Arbeiten habe der Kläger erneut die Fa. H. beauftragt und eine Rechnung vom 09.12.2006 hierfür über 37.895,20 € als sachlich richtig gezeichnet (Bl. 311 f.).
Aufgrund eines weiteren Bestellscheines für denselben Bereich habe die Fa. H. eine weitere Rechnung vom 09.12.2006 Nr. 060586 über 36.999,46 € erstellt, die ebenfalls vom Kläger sachlich richtig gezeichnet worden sei (Bl. 312 GA).
Insgesamt seien aufgrund der nicht erforderlichen Arbeiten bzw. aufgrund der erst durch die nicht erforderlichen Baumfällungen bedingten Folgearbeiten überflüssigerweise 301.275,78 € an die Fa. H. gezahlt worden. Im Leistungsbescheid sei aufgrund eines Additionsfehlers eine etwas höhere Summe genannt worden (Bl. 313 GA).
Im Hinblick auf eine möglicherweise erforderliche bloße Verjüngung des Baumbestandes auf einer Fläche von maximal 6600 qm könne maximal von einem erforderlichen Aufwand in Höhe von 20.000,00 € ausgegangen werden. Die Schadenersatzforderung sei - selbst wenn solche Arbeiten erforderlich gewesen wären - aber nicht um diesen Betrag zu mindern, weil insoweit dann hilfsweise in gleicher Höhe Schadenersatz wegen pflichtwidrigen Verhaltens des Klägers bei der Überwachung des Kollegen G. geltend gemacht werde (Bl. 316 GA).
Es habe für jeden Fachkundigen auf der Hand gelegen, dass die Baumfällarbeiten im Bereich des Autobahnkreuzes A7/A 37 und der Anschlussstelle Kirchhorst überflüssig und sachlich nicht begründet gewesen seien (GA Bl. 493).
Zum Auftrag im Bereich der BAB 2 Anschlussstelle Langenhagen:
Der Kläger habe die Rechnung sachlich richtig gezeichnet in Kenntnis der Tatsache, dass die Rechnungen für die Fräsarbeiten mit Grabenbodenabfahrt und Rasenansaat überhöht gewesen seien. Gerechtfertigt seien nur 19.532,60 € ([30.916,76 € - 11.384,16 €], Bl. 318 GA), mithin sei ein Schaden in Höhe von 11.384,16 € entstanden.
Zum Auftrag zu Holzungs- und Mulcharbeiten am Parkplatz Godshorn:
Hier sei eine überhöhte Abrechnung in Form unnötiger Mehrarbeiten festgestellt worden; Fräsen, Grabenboden abtragen und Rasenansaat seien unnötig gewesen. Der Schaden betrage insoweit 10.236,17 € (B l. 319 GA).
Zu den fünf Bestellscheinaufträge für „anschließendes Mulchen, Fräsen und Rasensaat“ an BAB 7 AK/AS Kirchhorst:
Die Aufträge seien nicht notwendig gewesen. Es hätte ausgereicht, die Fläche nach den Fällen der Bäume einzumulchen. Da gar kein neuer Graben hergestellt worden sei, sei es nicht nachvollziehbar, wieso Boden aus einer Grabenherstellung habe abtransportiert werden müssen. Der Schaden betrage insgesamt 86.204,26 € (Bl. 322 GA).
Zu den Mulch-, Fräs- und Rasenansaatarbeiten in dem Bereich BAB 7 AS Burgwedel, die der Kläger in Auftrag gegeben habe:
Da die Positionen Boden fräsen und Rasenansaat im Angebot nicht enthalten gewesen seien, seien die Rechnungen um 23.063,36 € zu kürzen gewesen. Dies sei nicht geschehen (Bl. 324 GA).
Zu den Mulch- und Fräsarbeiten sowie Grabenarbeiten und Raseneinsaat, die der Kläger für den Bereich BAB 7 Km 12760 bis 13020 in Auftrag gegeben habe:
Auch hier hätte die Rechnung um 19.354,77 € gekürzt werden müssen. Ein Teil der in Rechnung gestellten Arbeiten sei schlicht unnötig gewesen (Bl. 325 GA).
Zu dem Auftrag, den der Kläger der Fa. H. für Mulch- und Fräsarbeiten im Bereich der AS Anderten gegeben habe:
Die Leistungspositionen Fräsarbeiten, Grabenboden abfahren, Rasenansaat hätten nicht gezahlt werden dürfen, es seien unnötige Arbeiten gewesen. Es seien mithin 243.179,69 € zu viel gezahlt worden (Bl. 328 f. GA).
Statt Gewährleistungsansprüche gegenüber der I. GmbH geltend zu machen, habe der Kläger durch Vergabe der Arbeiten an H. unnötige Mehrkosten verursacht. Ungeachtet des Umstandes, dass der Kläger vortrage, sein Kollege G. habe die Rechnungen sachlich richtig gezeichnet, sei der Kläger als Sachgebietsleiter verantwortlich gewesen, Gewährleistungsansprüche durchzusetzen. Wenn es aber, wie der Kläger vortrage, nicht um Gewährleistung gegangen sei, sondern ein Planungsfehler vorgelegen habe, dann hätte der Kläger einen Regress gegen die zuständige Abteilung der Beklagten bzw. gegen den externen Planer anregen müssen. Dies habe er nicht getan.
Sie, die Beklagte, wehre sich gegen den Ansatz, ihr die Darlegungs- und Beweislast für diese Schadensposition aufzuerlegen. Der Kläger habe vielmehr seiner sekundären Darlegungslast nicht genügt.
Zu den Wildschutzzäunen:
Maximal wäre ein Preis von 10,00 € pro Meter gerechtfertigt gewesen.
Der Kläger habe alle fraglichen Rechnungen sachlich richtig gezeichnet (Bl. 357 ff. GA). Sie habe den Preis nochmals nachprüfen lassen; als Ergebnis der Nachprüfung sei weiterhin zu bestreiten, dass der Preis der Fa. H. dem Wettbewerbspreis entsprochen habe. Dafür werde als sachverständiger Zeuge ihr Mitarbeiter K. benannt.
Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Soweit die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen und gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen über die Kosten zu entscheiden.
Die im Übrigen zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
Für einen von ihm verursachten Schaden könnte der Kläger in Anspruch genommen werden, wenn die Voraussetzungen des § 48 Satz 1 BeamtStG vorlägen. Nach dieser Vorschrift haben Beamte, die vorsätzlich oder grob fahrlässig die ihnen obliegenden Pflichten verletzen, dem Dienstherrn, dessen Aufgaben sie wahrgenommen haben, den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Dieser Anspruch kann auch im Wege eines Leistungsbescheides geltend gemacht werden.
Der streitgegenständliche Bescheid ist verfahrensfehlerfrei ergangen. Insbesondere hat die Beklagte den Kläger vor Erlass des Bescheides angehört und ihn über die Möglichkeit der Beteiligung des Personalrates in Kenntnis gesetzt.
Der Bescheid ist indessen materiell rechtswidrig.
Dem Erlass eines Leistungsbescheides steht dabei im Ausgangspunkt nicht entgegen, dass die Straßenbauverwaltung im Auftrag des Bundes tätig geworden war und der geltend gemachte Schaden möglicherweise nicht beim Land, sondern bei der Bundesrepublik Deutschland eingetreten ist.
Es ist nämlich in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass die Grundgedanken der Drittschadensliquidation dann Anwendung finden können, wenn ein Beamter bei Ausübung seiner dienstlichen Aufgaben schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt hat. In diesen Fällen ist der anspruchsberechtigte Dienstherr berechtigt, nach dieser Vorschrift auch den Schaden geltend zu machen, der auf die schuldhafte Pflichtverletzung des Beamten zurückgeht, aufgrund zufälliger Umstände aber bei der anderen Stelle entstanden ist. Dem liegt die tragende Erwägung zugrunde, dass der eher zufällige Umstand des Schadenseintritts bei einer nicht nach anspruchsberechtigten Stelle - gerade in der durch einen föderativen Staatsaufbau gekennzeichneten Bundesrepublik Deutschland - keine entscheidende Auswirkung darauf haben kann, ob der Beamte zum Rückgriff verpflichtet ist. Die in den Beamtengesetzen vorgenommene Anspruchskonzentration kann, insbesondere unter Berücksichtigung der Wertung des Art. 3 Abs. 1 GG, nicht dazu führen, dass der Beamte in diesen Fällen aus seiner Haftung entlassen wird. Der Beamte ist nämlich nicht nur dem Wohl gerade seines Dienstherrn, sondern dem Wohl des ganzen Volkes verpflichtet. Der Dienstherr ist daher berechtigt, auch den Drittschaden gegenüber dem Beamten geltend zu machen. Soweit er Ersatz des Drittschadens erlangt, hat er diesen Betrag dem eigentlich Geschädigten zur Verfügung zu stellen bzw. erneut für den entsprechenden Förderzweck zu verwenden (vgl. BVerwG, Urteile vom 29.04.2004 - 2 C 2/03 -, BVerwGE 120, 370 ff. (juris Rz. 12) und vom 13.10.1994 - 2 C 20/93 -, DVBl 1995, 201 ff. jeweils zur Haftung von Zivildienstleistenden gemäß § 34 ZDG bei Schädigung der Beschäftigungsstelle; Urteil vom 08.12.1994- 2 B 101/94 -, ZBR 1995, 107 zur Haftung eines Beamten für Handeln im Rahmen der Auftragsverwaltung; Plog/Wiedow, BBG a.F., § 78, Rz. 46 ff.; Franke in: Fürst, BBG a.F., § 78, Rz. 41; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 22.02.2013 – 12 K 1564/10 –, Rn. 135, juris).
Die Klage hat aber deshalb Erfolg, weil der angefochtene Leistungsbescheid zu unbestimmt ist.
Gemäß § 37 Abs. 1 VwVfG iVm. § 1 Nds. VwVfG muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Das Erfordernis der inhaltlichen Bestimmtheit stellt keine Förmelei dar, sondern dient vielmehr der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit, die Ausfluss des im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Bestimmtheitsgebotes sind (Schwarz, HK VerwR, 4. Aufl. 2016, § 37, Rdnr. 6ff). § 37 Abs. 1 VwVfG konkretisiert damit die Forderung nach der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Aus dem aus § 37 VwVfG folgenden „Gebot der Erkennbarkeit“ des Regelungsgehalts (Schwarz, a.a.O) muss einem Bescheid zu entnehmen sein, welche konkreten Umstände des Einzelfalles der Regelung zu Grunde liegen. Das die materielle Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts betreffende Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1 VwVfG wird dabei in formell-rechtlicher Hinsicht durch die Verpflichtung zur schriftlichen Begründung von Verwaltungsakten gemäß § 39 VwVfG ergänzt und abgesichert.
Besondere Anforderungen an die Bestimmtheit eines Verwaltungsakts sind in den Fällen zu stellen, in denen eine Behörde den Betroffenen zu einer Leistung, etwa einer Schadensersatzzahlung heranziehen möchte (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.03.1995 - 1 A 2113/90 -, juris Rdnr. 10 ff.; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschl. v. 06.05.2008 – 19 ZB 07.2061 –, juris Rdnr. 5, 14; VG Darmstadt, Beschl. v. 04.09.1997 - 5 G 1836/95 (3) -, juris). Die Möglichkeit der Geltendmachung eines Anspruchs im Wege eines Leistungsbescheides bedeutet eine erhebliche Besserstellung der Verwaltung gegenüber dem Bürger, weil sich die Behörde eine starke rechtliche Position gegenüber dem Adressaten verschafft. Der Rückgriff auf die Handlungsform des Leistungsbescheides beinhaltet nämlich eine über die materiell-rechtliche Inanspruchnahme des Bürgers hinausreichende, zusätzliche Belastung (OVG Lüneburg, Urt. v. 19.06.1996 - 13 L 6935/95 -, NJW 1996, S. 2947), weil sie die Behörde von der ansonsten bestehenden Verpflichtung zur klageweisen Durchsetzung ihrer Forderungen entbindet (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, a.a.O., Rdnr. 14). Mit dem Erlass des Verwaltungsaktes verschafft sich die Verwaltung nämlich selbst einen Vollstreckungstitel (sog. „Titelfunktion“ eines Verwaltungsaktes, vgl. Schwarz, a.a.O.). Die sodann drohende Vollstreckung kann der Bürger nur verhindern, indem er sich förmlich gegen den Verwaltungsakt zur Wehr setzt, wobei ihm jedoch die Widerspruchs- und Prozesslast auferlegt wird (OVG Lüneburg, a.a.O.). Soll der Leistungsbescheid nicht bestandskräftig werden, dann muss der Adressat - ggfs. nach Durchführung eines Widerspruchsverfahrens - Klage erheben. Sieht er davon ab, wird die im Leistungsbescheid getroffene Festsetzung, selbst wenn sie rechtswidrig sein sollte, verbindlich und kann ohne gerichtliche Hilfe zwangsweise vollzogen werden (OVG Lüneburg, Urt. v. 15.03.1988 - 10 A 14/87 -, NVwZ 1989, S. 880 (881)). Eine weitere Erleichterung für die Verwaltung bietet in diesem Zusammenhang die in § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO eröffnete Möglichkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehung.
Unabhängig von seiner Rechtmäßigkeit ermöglicht der wirksame, für sofort vollziehbare Leistungsbescheid der Behörde dabei gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 Niedersächsisches Verwaltungsvollstreckungsgesetz (NVwVG) - vorbehaltlich der in den Nummern 2 bis 4 genannten Voraussetzungen (Fälligkeit der Geldforderung, Mahnung, fruchtloses Verstreichen der Zahlungsfrist) - die sofortige Vollstreckung in das bewegliche wie unbewegliche Vermögen des Adressaten, ohne dass ein Gericht zuvor zu irgendeinem Zeitpunkt die Berechtigung der geltend gemachten Forderung überprüft hat. Der Adressat muss vielmehr seinerseits Initiativen entfalten und - unter Wahrung der entsprechenden Darlegungs- und Beweislastanforderungen - etwa eine mit einem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 5 S. 1 Var. 2 VwGO) kombinierte Anfechtungsklage erheben. Sofern seine materielle Einwendungen gegen die Forderung erst nach Erlass des Leistungsbescheides entstanden und mit förmlichen Rechtsbehelfen nicht mehr geltend zu machen sind, muss er seine Einwendungen gegenüber der Erlassbehörde mit dem Antrag vorbringen, die Vollstreckung durch gestaltenden Verwaltungsakt für unzulässig zu erklären und - im Falle der Ablehnung - diesen Antrag durch Verpflichtungsklage weiterverfolgen (vgl. Pietzner/Möller, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), VwGO, Stand: 32. EL 2016, § 167, Rn. 68 ff.); alternativ kann durch Erhebung einer (vorbeugenden) Unterlassungs- bzw. Feststellungsklage die Unzulässigkeit einzelner (künftiger) Vollstreckungshandlungen festgestellt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.06.1983 - 8 C 43/81 -, juris LS 2, Rdnr. 22 ff.)
Vor dem Hintergrund der dargestellten Widerspruchs- und Prozesslast dient das Erfordernis der inhaltlichen Bestimmtheit eines Leistungsbescheides dazu, zur effektiven Wahrung der Rechtsposition des Adressaten sicherzustellen, dass genau feststeht, wofür die Behörde ihn zur Leistung heranzieht. Würde die Behörde nämlich den Weg der Leistungsklage beschreiten, müsste die Klageschrift die bestimmte Angabe des Klagegegenstandes und des Klagegrundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten – bezifferten – (Klage-)Antrag enthalten (§ 173 S. 1 VwGO i.V.m. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Aufgrund des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 GG) können bei einer Geltendmachung durch Leistungsbescheid unter dem Gesichtspunkt hinreichender Bestimmtheit (§ 37 Abs. 1 VwVfG) keine geringeren Anforderungen gelten (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschl. v. 06.05.2008 - 19 ZB 07.2061 -, juris Rdnr. 14); vielmehr ist unter Berücksichtigung der privilegierenden Wirkungen eines (für sofort vollziehbar erklärten) Leistungsbescheides eine strengere Betrachtung geboten.
Auf Basis dieses rechtlichen Maßstabs muss ein Erstattungsverlangen aus sich heraus verständlich sein – der Adressat muss in die Lage versetzt werden zu erkennen, um was es geht, und was der konkrete Tatvorwurf ist, der zur Ausgleichsleistung verpflichtet. Der Adressat muss nachvollziehbar aus dem Bescheid erkennen können, welche Dienstpflichtverletzung er genau begangen haben soll, welcher Schaden konkret entstanden ist und weshalb nach Ansicht der Behörde die Dienstpflichtverletzung auch kausal für den Schaden war. Schließlich muss der Empfänger sich darüber im Klaren sein können, was aus welchem Grund gegen ihn vollstreckt werden kann. Demgegenüber genügt es nicht, dass sich der Adressat eines Leistungsbescheides den maßgeblichen Sachverhalt, der möglicherweise zur Erstattung verpflichten könnte, erst „in Eigenregie“ zusammenstellen kann bzw. ermitteln muss, was im Einzelnen von ihm gefordert wird (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.03.1995 - 1 A 2113/90 -, juris; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, a.a.O.; VG Darmstadt, Beschl. v. 04.09.1997 - 5 G 1836/95; VG Berlin, Urteil vom 20.04.2015 – 15 K 326.13 –, juris Rdnr. 29). Anderenfalls besteht die Gefahr, dass der Betroffene zu einer Leistung herangezogen wird, die er, aus welchen Gründen auch immer, nicht schuldet oder dass im Nachhinein Streit darüber entsteht, ob eine geschuldete Leistung bereits erbracht worden ist oder ob die Leistung auf andere Ansprüche angerechnet worden ist und/oder angerechnet werden durfte, dies aber wegen der inhaltlichen Unbestimmtheit nicht erkennen konnte und deshalb Rechtsbehelfe unterlässt (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.03.1995 – 1 A 2113/90 –, juris Rdnr. 15).
An diesen Grundsätzen ist ein Leistungsbescheid - ggf. in der Gestalt, die er durch den Erlass eines Widerspruchsbescheides oder etwaiger Klarstellungsbescheide gefunden hat - zu messen. Genügt ein Leistungsbescheid diesen Erfordernissen nicht, ist er aufzuheben (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.03.1995 – a.a.O.); etwaige (trotz zumutbarer Auslegungs- und Klarstellungsbestrebungen) verbleibende Unklarheiten gehen zu Lasten der Behörde (Schwarz, a.a.O. Rn. 9).
Soweit der streitgegenständliche Leistungsbescheid in diesem Verfahren hinsichtlich der geltend gemachten Schadensersatzforderungen zur Überprüfung der Kammer steht, wird er diesem rechtlichen Maßstab nicht gerecht. Zwar bestimmt der angefochtene Bescheid hinreichend konkret den Adressaten als auch die dem Empfänger aufgegebene Verpflichtung, d.h. die Zahlung des bezifferten Geldbetrages nebst Zinsen. Dies allein reicht indes nicht aus. Auch ein wegen Bestechlichkeit verurteilter ehemaliger Beamter hat ein Recht auf einen Bescheid, aus dem sich ohne jeden Zweifel entnehmen lässt, wegen welcher Schäden er genau zum Schadensersatz in Anspruch genommen wird. Insbesondere hat die Beklagte keine hinreichend substantiierten Feststellungen dazu getroffen, worin die Pflichtverletzung des Klägers konkret bestanden und inwieweit eine solche Pflichtverletzung in welcher konkreten Höhe jeweils zu dem behaupteten Schaden geführt haben soll. Vielmehr erweist sich der Bescheid vom 23.12.2013 insoweit als zum Teil unverständlich und nicht nachvollziehbar strukturiert.
So wird auf Seiten 5 bis 7 des nicht paginierten Bescheides dargelegt, der Kläger schulde Schadensersatz wegen der inkorrekten freihändigen Vergaben von Aufträgen und Anweisungen überhöhter Zahlungen in Bezug auf das Mähen von Gräben und Banketten im Zuge der A 352. Diese Ausführungen sind mit dem weiteren Ausführungen auf Seiten 9 ff des Bescheides unter a) nicht in Einklang zu bringen, wo die einzelnen Aufträge und Bestellscheine den jeweiligen schadensverursachenden Positionen zugeordnet und die Schadensbeträge aufgelistet werden. Der Komplex „Mähen von Gräben und Banketten an der A 352“ findet in dem Rechenwerk auf Seite 9 ff keine Entsprechung. Insbesondere beziehen sich die auf Seite 9 unter a) bb) aufgeführten Bestellscheine auf das Fräsen, Mulchen, Grabenboden abfahren und Ansaat im Bereich der BAB A 2 und der BAB A 7. Von der A 352 ist an dieser Stelle hingegen nicht mehr die Rede; auch in den weiteren Ausführungen des Bescheides – und auch in den umfangreichen Ausführungen im gerichtlichen Verfahren – wird diese Unstimmigkeit nicht aufgeklärt.
Es fehlt in dem angefochtenen Bescheid überdies an hinreichend konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkten dafür, dass der Beklagten durch eine vorsätzliche oder grobfahrlässige Dienstpflichtverletzung seitens des Klägers überhaupt ein Schaden in entsprechender Höhe entstanden ist. Die angefochtene Verfügung belässt es bei einer bloßen Aufzählung von Bestellvorgängen, die der Kläger zu verantworten habe. Demgegenüber lässt sich dem Bescheid nicht mit der gebotenen Deutlichkeit entnehmen, worin denn der genaue Schaden des Landes bzw. des Bundes nach Auffassung der Beklagten besteht. Ausführungen wie „überhöhte Zahlung wegen unnützer Arbeiten“ (Seite 9 und 10 des Bescheids unter a) bb)) genügen erkennbar nicht den oben beschriebenen Anforderungen.
Ein Schaden ist auch nicht schon allein deshalb dem Dienstherrn entstanden, weil der Kläger sich - zumindest in dem vom Landgericht Hildesheim festgestellten und abgeurteilten Umfang - hat bestechen lassen. Die Zahlung von Schmiergeldern an einen Beamten schädigt nicht stets den Dienstherrn. Das ist vielmehr nur dann der Fall, wenn die Schmiergeldzahlung oder Vorteilszuwendung sich zum Nachteil des Dienstherrn auf die Preisgestaltung ausgewirkt hat. Hierfür gibt es weder einen allgemeinen Erfahrungssatz noch eine tatsächliche Vermutung (so auch BVerwG, Urt. v. 31.01.2002 - 2 C 6/01 -, juris Rdnr. 11). Nicht überzeugend ist demgegenüber die Auffassung, wonach in solchen Fallgestaltungen stets von überhöhten Preisen auszugehen sei (vgl. VG Braunschweig, Urt. v. 27.09.2005 - 7 A 139/03 -, juris, Rdnr. 29 ff.). Das bestechende Unternehmen kann die Bestechungsgelder nämlich auch lediglich deshalb von seinem Gewinn abzweigen, um etwa einen besonders prestigeträchtigen Auftrag zu erhalten oder um überhaupt im Geschäft zu bleiben (OVG Lüneburg, Urt. v. 31.05.2016 - 5 LB 118/14 -, n.v.).
Im Übrigen hat die Beklagte zwar in dem angefochtenen Bescheid einzelne Vergabeaufträge genannt, durch die dem Dienstherrn bzw. der Bundesrepublik Deutschland ein Schaden entstanden sein soll. Den konkreten Umfang des Schadens hat die Behörde jedoch in dem angefochtenen Bescheid letztendlich nicht nachvollziehbar begründet.
Im Einzelnen:
I. Baumfällarbeiten im Bereich des Autobahnkreuzes A 7/A 37 und der Anschlussstelle Kirchhorst im Jahr 2006
Der angefochtene Bescheid belässt es bei der Feststellung, dass die Arbeiten unnötig gewesen seien. Um die Schadenspositionen aus Sicht des Adressaten überhaupt im Grundsatz ermitteln und überprüfen zu können, hätte es demgegenüber Angaben dazu bedurft, wie der Zustand des in Rede stehenden Bereiches vor der Auftragsvergabe war und welche Maßnahmen zu welchen Kosten erforderlich waren, denn der eingetretene Schaden könnte höchstens die Differenz der angefallenen zu den notwendigen Ausgaben umfassen.
Ebensowenig hat die Beklagte dargelegt, was mit den gefällten Bäumen im Anschluss geschehen ist; insbesondere, ob die Behörde hier ggf. einen Erlös erzielt hat, der den eingetretenen eventuellen Schaden zumindest mindern würde.
Im unbestimmten Bereich belässt der angefochtene Bescheid auch die Frage, auf welche konkreten Flächen (Flurstücksbezeichnungen) die Beklagte den Haftungsvorwurf erstreckte. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass der Beklagten hier ein nicht unerheblicher Ermittlungsaufwand auferlegt wird, doch hätte hier grundsätzlich auch ein dem Bescheid als Anlage beigefügter Kartenausschnitt genügt, auf dem die betreffenden Flächen markiert sind. Auch daran fehlte es.
Der Verweis auf „6 Bestellscheine“ ohne weitere Konkretisierung in diesem Zusammenhang lässt den Adressaten des Bescheides im Unklaren, welche Bestellscheine die Behörde hiermit konkret meint. Die Beklagte hat davon abgesehen, diese Dokumente mit ihrem Ausstellungsdatum zu kennzeichnen oder sie dem Bescheid als Anlage in Kopie beizufügen. Der Verweis auf die Möglichkeit, bei der Beklagten Abrechnungsunterlagen einsehen zu können, ist demgegenüber nicht ausreichend. Es ist nicht Aufgabe des Adressaten und diesem auch nicht zuzumuten, selbst aufwendige Recherchen anzustellen, um zu verstehen, welche Bestellscheine hier gemeint sind.
II. Bäume fällen, Fräsen, Mulchen, Grabenboden abfahren und Säen an verschiedenen BAB-Abschnitten
Auch im Zusammenhang mit diesem Vorwurf lässt sich die geforderte Summe aufgrund der Ausführungen im angefochtenen Bescheid nicht nachvollziehen. Der angefochtene Leistungsbescheid ist insoweit ebenfalls unschlüssig und kann schon deshalb nicht rechtmäßig einen Leistungsanspruch festsetzen.
Es bleibt aus Sicht eines objektiven und verständigen Dritten in der Person des Adressaten des angefochtenen Bescheides (§§ 133, 157 BGB analog) letztendlich unbestimmt, auf welche konkreten Flächen (Flurstücksbezeichnungen) sich die Beklagte hier bezieht.
Es ergibt sich aus dem Bescheid weiterhin nicht, weshalb die Arbeiten unnötig gewesen sein sollen. Dazu enthält der Bescheid keine Aussagen, ebenso wenig zu der Frage, welches Mulchgerät sachgerecht zu verwenden gewesen wäre und inwieweit dem Kläger ggf. eine Schuld am Einsatz von besonders teuren Geräten trifft.
Soweit die Beklagte anführt, dass auf einigen Flächen die gleichen Arbeiten schon ein Jahr zuvor ebenfalls durchgeführt worden seien, wirft dies allerdings in der Tat die Frage auf, weshalb innerhalb relativ kurzer Zeit bereits erneut derartige Pflegemaßnahmen durchgeführt werden mussten. Gleichwohl begründet der angefochtene Bescheid auch insoweit den geltend gemachten Schadensersatzanspruch nicht in hinreichend bestimmter Weise. Abgesehen davon, dass der Bescheid nur recht pauschal und nicht im Einzelnen nachvollziehbar auf frühere Arbeiten Bezug nimmt und diese mangels Vorlage entsprechender Verwaltungsvorgänge auch nicht vom Gericht - und schon gar nicht vom Adressaten des Bescheides - nachvollzogen werden können, ist es auch nicht von vornherein auszuschließen, dass - zumindest in gewissem Umfange - bereits nach einem Jahr wieder Unterhaltungsmaßnahmen erforderlich wurden (und sei es, weil die Maßnahmen im Vorjahr nur unvollkommen ausgeführt wurden). Hierzu enthält der Bescheid keine Feststellungen, und diese wurden auch im gerichtlichen Verfahren nicht nachgeholt.
Offen bleibt im Bescheid außerdem, weshalb der Kläger nach Ansicht der Beklagten für eine Auftragsvergabe einzustehen hat, die er unstreitig nicht selbst veranlasste und die ca. ein Jahr später durch den damaligen Leiter der Autobahnmeisterei G. als sachlich richtig gezeichnet wurde. Im Bescheid finden sich keine Feststellungen der Beklagten dazu, inwieweit der Kläger den Beamten G. zu beaufsichtigen und zu kontrollieren hatte und aufgrund welcher Umstände dem Kläger die Verfehlungen des Herrn G. hätten auffallen müssen. Außerdem nimmt der „allgemeine Teil“ des Bescheides insoweit lediglich auf drei Bestellscheine Bezug, die G. unterschrieben haben soll, ohne dass sich insoweit eine Entsprechung zu den im „besonderen Teil“ unter a) bb) aufgelisteten Bestellscheinen finden lässt.
III. Nachbesserungsarbeiten, Gewährleistungsansprüche gegen I.
Die Beklagte hat in Bezug auf den Vorwurf, der Kläger habe durch die pflichtwidrige Nichtgeltendmachung von Gewährleistungsansprüchen gegenüber der Firma Eurovia Beton einen Schaden verursacht, einen Schadensersatzanspruch schlüssig nicht darlegen können. Aufgrund der Ausführungen im angefochtenen Bescheid lässt sich die von der Beklagten geforderte Summe nicht nachvollziehen. Sie hat bereits nicht dargetan, ob überhaupt die tatbestandlichen Voraussetzungen eines entsprechenden Nacherfüllungsanspruchs vorgelegen haben.
Insbesondere bleibt unklar, welche vertraglichen Leistungen I. schuldete, inwieweit I. tatsächlich mangelhafte Leistungen erbracht hatte und welche konkreten Gewährleistungsansprüche nach Einschätzung der Beklagten bestanden. Der Beklagte belässt es auch hier bei weder für den Adressaten des Bescheides noch für das Gericht nachvollziehbaren Behauptungen. Zumindest hätte die Beklagte hier auf die einschlägigen Regelungen des Vertrages mit der I. verweisen und darlegen müssen, weshalb und bei welchen Gewerken sie davon ausgeht, dass I. fehlerhaft gearbeitet und damit Gewährleistungsansprüche ausgelöst hat.
Die Beklagte hat auch nicht im Laufe des Klageverfahrens den Vertrag mit I. bzw. einschlägige Auszüge aus dem Vertragswerk vorgelegt, so dass es auch für das Gericht nicht nachvollziehbar war, woraus sich hier Gewährleistungsansprüche hätten ergeben können. Die Auflistung von Bestellscheinen im Bescheid reicht nicht aus. Daraus ergibt sich nur die sowieso unstreitige Tatsache, dass das Unternehmen H. für bestimmte Arbeiten beauftragt wurde, nicht jedoch, weshalb diese Aufträge unnötig gewesen sein sollen. Bezüglich der größten in dem Leistungsbescheid aufgeführten Schadensposition von 578.169,45 € enthält der Bescheid damit keine nachvollziehbare Begründung des angeblich durch den Kläger verursachten Schadens, und das Gericht wird nicht einmal in die Lage versetzt, auf der Grundlage eines Verwaltungsvorgangs oder im gerichtlichen Verfahren nachgereichter Unterlagen die Berechtigung des geltend gemachten Ausgleichsanspruchs zu prüfen, was zur Aufhebung des angefochtenen Bescheids auch bezüglich dieser Schadensersatzposition führen muss. Die Beklagte kann insbesondere nicht damit gehört werden (vgl. Schriftsatz vom 17.03.2017, Bl. 564 GA), nicht ihr sondern dem Kläger obliege die Darlegungs- und Beweislast, dass ihr insoweit kein Schaden entstanden ist und der Kläger diesen Schaden nicht verursacht hat. Denn die Beklagte hat einen Leistungsbescheid erlassen und muss ggf. auch die Voraussetzungen für den zugrundeliegenden Leistungsanspruch darlegen und nachweisen.
Soweit die Beklagte im Schriftsatz vom 17.03.2017 geltend macht, auch nach dem Vorbringen des Klägers sei anzunehmen, dieser habe einen Fehler gemacht und damit den Schaden verursacht, kann darauf der Schadensersatzanspruch nicht gestützt werden. Zwar könnte, wenn auf der Grundlage der klägerischen Einlassung die zusätzlichen Arbeiten aufgrund eines Planungsfehlers notwendig geworden sein sollten, dem Kläger möglicherweise vorzuwerfen sein, keinen Regress gegen den Verursacher des Planungsfehlers angeregt zu haben. Dieser Vorwurf ist jedoch nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides. Zwar ist einem Anspruchsteller - hier: der Beklagten - regelmäßig daran gelegen, einen Geldbetrag aus jeder in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage abzuleiten. Hiervon zu unterscheiden ist jedoch die Frage, ob und inwieweit ein Verwaltungsakt nach dessen Erlass auf andere Gründe gestützt werden kann. Das sogenannte „Nachschieben von Gründen“ ist zwar nach überwiegender Auffassung auch nach Klageerhebung prinzipiell zulässig (OVG Lüneburg, Urt. v. 31.05.2016 - 5 LB 118/14 -, n.v., S. 38; statt vieler: BVerwG, Urt. v. 24.09.1953 - BVerwG 1 C 51.53 -, juris Rdnr. 16; Urt. v. 28.11.1985 - BVerwG 5 C 32.56 -, juris Rdnr. 47). Dies gilt allerdings nur mit der Einschränkung, dass die neuen Gründe für einen Verwaltungsakt diesen nicht in seinem Wesen verändern dürfen (statt vieler: BVerwG, Urt. v. 27.01.1982 - BVerwG 8 C 12.81 -, juris Rdnr. 12). Außerdem darf der Betroffene durch das Nachschieben von Gründen nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt werden, was nicht der Fall ist, wenn er während des Verfahrens Gelegenheit hatte, dazu Stellung zu nehmen (OVG Lüneburg, a.a.O., S. 38).
Ob eine Wesensveränderung des ursprünglichen Verwaltungsaktes vorliegt, ist eine Frage des jeweiligen Einzelfalles. Ein Erschließungsbeitragsbescheid würde beispiels-weise in seinem Wesen geändert, wenn die in ihm enthaltene Betragsfestsetzung zu-gunsten einer anderen Abgabenart aufrechterhalten würde (Gebühr oder Steuer statt Erschließungsbeitrag) oder wenn der Bezugsgegenstand des Bescheides ausgetauscht würde, etwa, wenn der Erschließungsbeitrag auf ein anderes Grundstück des Klägers oder auf eine andere Erschließungsanlage bezogen würde (BVerwG, Urt. v. 27.01.1982, a. a. O., Rdnr. 13). Dass eine Wesensänderung vorliegt, wenn der Ver-waltungsakt auf einen ganz anderen Sachverhalt und auf eine abweichende Rechts-grundlage gestützt wird, welche anderen Zwecken dient - eine Gemeinde stützt bei-spielsweise einen Leistungsbescheid, der zunächst Leistungen der Müllabfuhr betraf, nunmehr auf den Aspekt der Straßenreinigung -, liegt auf der Hand. Ein anderer Rege-lungsgegenstand liegt aber auch schon dann vor, wenn der Verwaltungsakt allein an einen anderen Sachverhalt anknüpft, so etwa, wenn eine Gewerbeuntersagung zu-nächst damit begründet wurde, dass der Gewerbetreibende wiederholt sicherheits-rechtliche Betriebsbestimmungen nicht beachtet habe, während des gerichtlichen Ver-fahrens aber auf Steuerhinterziehungen des Gewerbetreibenden gestützt wird (OVG Lüneburg, a.a.O., S. 38).
Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist im vorliegenden Fall ein unzulässiges „Nachschieben von Gründen“ gegeben. Der neue Vorwurf, einen Planer wegen Planungsfehlern nicht in Haftung genommen zu haben, verändert den streitgegenständlichen Leistungsbescheid in seinem Wesen, weil dieser mit der fehlenden Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen gegen den ausführenden Bauunternehmer an einen anderen Lebenssachverhalt anknüpft.
Im Übrigen hat die Behörde insoweit den Sachverhalt ebenfalls nicht aufgeklärt. Es fehlen Feststellungen dazu, ob tatsächlich ein Planungsfehler vorliegt, ob der Kläger seinerzeit den Planungsfehler überhaupt als solchen erkennen und den Schluss ziehen konnte, dass hier möglicherweise Regressansprüche gegen andere Mitarbeiter oder externe Planer bestehen und ob, selbst wenn der Kläger einen entsprechenden Regress angeregt hätte, derartige Maßnahmen in welchem Umfang letztendlich überhaupt durchsetzbar gewesen wären und zu einer Schadensminderung geführt hätten.
IV. Akzeptierung überhöhte Preise für Wildschutzzäune
Schließlich hat die Beklagte auch in Ansehung des Vorwurfs, der Kläger habe schuldhaft überhöhte Preise für Wildschutzzäune akzeptiert, einen Schaden, der einen Ersatzanspruch begründen könnte, nicht schlüssig dargelegt. Aus dem Bescheid ergibt sich nicht mit der hinreichenden Deutlichkeit, dass überhaupt ein Schaden entstanden und wie dieser korrekt zu beziffern ist. Aufgrund der Ausführungen im angefochtenen Bescheid lässt sich die geforderte Summe nicht nachvollziehen. Die Beklagte hat nämlich nicht schlüssig dargetan, zu welchem Preis seinerzeit tatsächlich bei anderen Anbietern entsprechende Zäune erhältlich gewesen waren und ob deren Einbau im Endergebnis tatsächlich zu einem günstigeren Preis erfolgt wäre.
Zwar lässt sich dem Schriftsatz der Beklagten vom 17.03.2017 (S. 9) entnehmen, dass im Laufe des Klageverfahrens Ermittlungen hinsichtlich des Marktpreises von Wildschutzzäunen vorgenommen wurden. Das Ergebnis dieser Ermittlungen bleibt aber im Unklaren. Die Beklagte begnügt sich mit dem Angebot, ihren Mitarbeiter (K.) als sachverständigen Zeugen zu vernehmen. Um einen Schaden schlüssig darzulegen, hätte die Beklagte aber im Leistungsbescheid wenigstens darstellen müssen, aufgrund welcher Vergleichsangebote sie zu der Einschätzung gelangt ist, der Kläger habe den Auftrag für Wildschutzzäune zu einem überhöhten Preis vergeben. Nur so kann ein Empfänger des Leistungsbescheides nachprüfen, ob die Zahlungsverpflichtung zu Recht erhoben wurde und einschätzen, ob Rechtsbehelfe ggf. aussichtsreich sind.
V. „Heilung“ des Mangels
Die Beklagte hat schließlich auch nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die dargelegten Mängel der Bestimmtheit des angefochtenen Bescheides nachträglich zu beseitigen.
§ 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG sieht hinsichtlich des formell-rechtlichen Begründungserfordernisses ausdrücklich vor, dass eine Verletzung von Verfahrensvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 VwVfG nichtig macht, unbeachtlich ist, wenn die erforderliche Begründung bis zum Abschluss des Vorverfahrens nachträglich gegeben wird. In Bezug auf die Verletzung des Bestimmtheitserfordernisses, welches die Frage der materiellen Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts betrifft, fehlt demgegenüber eine entsprechende Vorschrift. Auch soweit ein Verwaltungsakt nicht wegen inhaltlicher Unbestimmtheit nichtig, sondern - wie hier - nur aufhebbar ist, kann der Mangel jedoch nach allgemein anerkannter Auffassung durch eine nachträgliche Klarstellung geheilt werden (BVerwG, Beschl. v. 21.06.2006 - 4 B 32/06 -, NVwZ-RR 2006, S. 589; OVH Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 30.10.1989 - 12 B 86/89 -, NVwZ 1990, S. 399; Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2014. § 37 VwVfG, Rdnr. 41 m.w.N.). Dieses muss dann aber in der gleichen Form wie das Leistungsverlangen geschehen, d.h. durch Erlass eines neuen Leistungs- oder eines Änderungs- bzw. „Klarstellungsbescheides“ (Stelkens, a.a.O., Rn. 41; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.03.1995 - 1 A 2113/90 -, juris Rdnr. 33-37). Ob die Behörde ihren Schadensersatzanspruch im Laufe des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens schriftsätzlich weiter spezifiziert oder begründet, ist demgegenüber unerheblich, denn Gegenstand der Anfechtungsklage ist gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er (ggf.) durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat (OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O., Rdnr. 31). Hierbei handelt es sich, wie dargetan, nicht um eine bloße Förmlichkeit, sondern um eine Schutzvorschrift zugunsten des Adressaten im Hinblick auf die Titel- bzw. Vollstreckungsfunktion des Leistungsbescheides.
Die dargestellte Möglichkeit, den unbestimmten Bescheid durch einen bestimmten Leistungsbescheid zu ersetzen oder zumindest um einen Klarstellungsbescheid zu ergänzen, hat die Beklagte nicht für sich in Anspruch genommen, obgleich hierfür im Lauf des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht Zeit und Gelegenheit bestand. Es kommt hinzu, dass die Beklagte - trotz mehrmaliger Aufforderung in den prozessleitenden Verfügungen sowie im Erörterungstermin am 28.04.2016 - die einschlägigen Verwaltungsvorgänge bis zur mündlichen Verhandlung am 29.03.2017 nicht vorgelegt hat, so dass das Gericht auch nicht mit deren Hilfe ggf. den unbestimmten Regelungsgehalt des angefochtenen Bescheides hätte konkretisieren können.
VI. Verjährung
Weil der angefochtene Bescheid bereits aus den oben genannte Gründen aufzuheben war, musste die Kammer nicht darüber entscheiden, ob der von der Beklagten geltend gemachte Schadensersatzanspruch insgesamt verjährt ist, der Kläger damit zu Recht die Einrede der Verjährung erhoben hat.
Nach § 199 BGB beginnt die Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Die Kenntnis im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn der Dienstherr aufgrund der ihm bekannten Tatsachen gegen einen bestimmten Beamten eine Schadenersatzklage mit einigermaßen sicherer Aussicht auf Erfolg geben kann. Nicht Voraussetzung ist, dass der Dienstherr alle Einzelheiten des Schadens bereits überblickt. Es genügt, dass er den Hergang der Schädigung in seinen Grundzügen kennt und weiß, dass der Sachverhalt erhebliche Anhaltspunkte für eine Ersatzpflicht des Verantwortlichen bietet (vgl. VG Regensburg, Urteil vom 23.07.2010, - RO 1 K 08.0060 -, m.w.N. juris Rdnr. 36). Der Dienstherr hat dann Kenntnis mit der Folge, dass die Verjährungsfrist in Lauf gesetzt wird, wenn die Stellen, die nach der innerbehördlichen Geschäftsverteilung zur Heranziehung des Beamten zum Schadensersatz oder die sonst innerbehördlich zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns des Beamten berufen sind, Kenntnis erlangen (BVerwG, Urt. v. 09.03.1989 - 2 C 21.87 -, juris).
Nach diesen Grundsätzen wären die Schadensersatzansprüche, die sich auf Baumfällarbeiten im Bereich des Autobahnkreuzes A7/A 37 und der Anschlussstelle Kirchhorst beziehen – sofern sie denn bestünden -, zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheides bereits verjährt. Im Schriftsatz vom 23.02.2016 trägt die Beklage nämlich vor, dass es für jeden Fachkundigen auf der Hand gelegen habe, dass die Arbeiten überflüssig und sachlich nicht begründet gewesen seien. Damit hätte den fachkundigen Mitarbeitern der Beklagten bereits 2006 auffallen müssen, dass jedenfalls diese Baumfällarbeiten überflüssig waren und deshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit Schadensersatzansprüche gegen den Kläger bestehen. Insoweit begann die Verjährungsfrist insoweit am 01.01.2007 zu laufen, weil ab dem Jahr 2006 Kenntnis oder zumindest grob fahrlässige Unkenntnis der Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners anzunehmen ist, so dass bei Erlass des Leistungsbescheids die Ansprüche insoweit bereits verjährt waren.
Über die Frage, ob der geltend gemachte Schadensersatzanspruch insgesamt verjährt ist, weil – wie es der Kläger vertritt – für den Beginn der Verjährungsfrist auf das Jahr 2009 abzustellen ist, in dem der Korruptionsbeauftragte der Beklagten seine Verdachtsmomente gegen den Kläger an die Polizei herantrug, hat die Kammer nicht entschieden, weil es der Klage aus anderen Gründen in vollem Umfang stattgegeben hat.
VII. Zinsen
Da der Bescheid insgesamt aufgehoben wurde, besteht schon deshalb kein Anspruch auf die im Leistungsbescheid festgesetzten Zinsen.
Außerdem fehlt es der Zinsforderung im Bescheid vom 23.12.2013 - selbst wenn die Hauptforderung ganz oder teilweise dem Grunde nach bestünde – an einer Rechtsgrundlage (anders wohl VG Braunschweig , Urteil vom 27.09.2005 - 7 A 139/03 - juris, zu einer vergleichbaren Fallgestaltung). Insbesondere besteht kein Anspruch auf Verzugszinsen. Verzugszinsen im Sinne von § 288 Abs. 1 S. 1 BGB können im öffentlichen Recht nur dann verlangt werden, wenn es dafür eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage gibt (BVerwG, Urt. v.12.03.1985 – BVerwG 7 C 48.82 –, BVerwGE 71, 85 (93)]). Dies ist wegen des Verweises in § 62 VwVfG auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches dann der Fall, wenn ein öffentlich-rechtlicher Vertrag vorliegt. Ansonsten bedarf es einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage im jeweiligen Fachrecht. An dieser fehlt es hier aber. Ein Anspruch auf Verzugszinsen lässt sich auch weder aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 284, 286, 288 sowie 823 Abs. 2 BGB herleiten (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.09.1990 – 3 C 56/88 –, juris, Rdnr. 18), noch aus einer entsprechenden Anwendung des § 849 BGB.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 709 ZPO. Die Vorschrift des § 708 Nr. 11 ZPO i.V.m. und § 711 Satz 1 und 2 ZPO findet nur Anwendung, wenn die zu vollstreckenden Kosten nicht über 1.500 Euro liegen.
Gründe für die Zulassung der Berufung gem. §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor. Die Sache hat aus Sicht der Kammer auch keine grundsätzliche Bedeutung.