Landgericht Stade
Urt. v. 09.01.2023, Az.: 105 KLs 125 Js 23130/22 (6/22)

Anordnung der Sicherungsverwahrung nach Verurteilung wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern

Bibliographie

Gericht
LG Stade
Datum
09.01.2023
Aktenzeichen
105 KLs 125 Js 23130/22 (6/22)
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2023, 56221
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGSTADE:2023:0109.105KLS125JS23130.00

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Es liegt wegen Fehlschlags oder mangels Freiwilligkeit kein strafbefreiender Rücktritt gemäß § 24 StGB vor, wenn es dem Täter auf die Heimlichkeit der Tathandlung ankommt und er die weitere Ausführung aufgibt, weil er meint, im nächsten Moment entdeckt zu werden.

  2. 2.

    Als Eindringen in den Körper im Sinne des § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB a. F. gilt auch, wenn der Täter den Penis des Kindes in den Mund nimmt.

  3. 3.

    Die Pädophilie kann im Einzelfall auch dann einen Hang im Sinne des § 66 StGB begründen, wenn die Anzahl der sexuellen Übergriffe und der Opfer im Vergleich zu anderen denkbaren Fallgestaltungen - etwa mit Blick auf den langjährigen Missbrauch innerhalb eines Familienverbands - gering ist, zudem kein körperlicher Zwang gegen die Opfer ausgeübt wurde, der Täter therapiebereit ist und sich im Übrigen rechtskonform verhält.

  4. 4.

    Die Wahrscheinlichkeit neuer erheblicher Sexualstraftaten kann sich durch die Begehung und Vorbereitung der Taten im Internet erhöhen, wenn der Täter bewusst ausnutzt, dass er bei seinen Aktivitäten im Internet auf eine unbeschränkte Zahl von Kindern überall in Deutschland trifft. So ist die Ansprache per Chat im Vergleich zu einer persönlichen Bekanntschaft weitaus weniger aufwendig und angesichts der Anonymität auch weniger risikoreich; die Kommunikation kann zu jeder Zeit und parallel mit einer Vielzahl von Kindern vor sich gehen, so dass die Reichweite deutlich größer ist als bei jemandem, der nur innerhalb des eigenen Bekanntenkreises nach potentiellen kindlichen Sexualpartnern sucht.

In der Strafsache
gegen
J. H.,
geboren 1983,
zuletzt wohnhaft G. M.,
Verteidiger:
Rechtsanwalt N., Z.
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u. a.
hat das Landgericht Stade - 1. große Jugendkammer - in den Sitzungen vom 04.11.2022, 17.11.2022, 18.11.2022, 23.11.2022, 24.11.2022, 08.12.2022, 15.12.2022, 21.12.2022, 09.01.2023, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Landgericht Paarmann
als Vorsitzender,
Richter am Landgericht Witte,
Richterin am Landgericht Stößel
als beisitzende Richter,
Herr C. W.,
Frau S. v. S.
als Schöffen,
Oberstaatsanwältin Vonnahme, am 23.11.2022 Erster Staatsanwalt Kiers,
als Beamte der Staatsanwaltschaft,
Rechtsanwalt N.
als Verteidiger,
P. T., gesetzlich vertreten durch K. T.-S.,
als Nebenkläger,
Rechtsanwältin B., am 08.12.2022 Rechtsanwalt H.,
als Vertreter der Nebenklage,
Justizobersekretärin Modrow am 09.01.2023
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
am 9. Januar 2023 für Recht erkannt:

Tenor:

Der Angeklagte ist des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern, des sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei Fällen sowie des versuchten sexuellen Missbrauchs von Kindern schuldig.

Er wird zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.

Die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung wird angeordnet.

Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Nebenklägers.

Gründe

I. Feststellungen zur Person

1. Lebens- und Gesundheitsgeschichte

Der heute 40jährige Angeklagte wuchs bei seinen Eltern in S. auf, einer Kleinstadt bei H.. Aus der Gegend ist er nie weggezogen. Die Familie lebte zunächst in S., dann in V. und zog schließlich nach S.. Ein älterer Bruder verstarb im Kleinkindalter. Der Angeklagte hat noch einen fünf Jahre jüngeren Bruder, mit dem er in der Kindheit und Jugend um die Aufmerksamkeit der Eltern rivalisierte. Die Mutter kümmerte sich vor allem um den Haushalt und die Kinder, der Vater war Elektroniker und führte einen eigenen Betrieb, in dem die Mutter aushalf. Die Familienverhältnisse schienen nach außen hin geordnet, waren jedoch durch die strengen Vorgaben des Vaters bestimmt, unter denen die Söhne litten. Die Erziehung des Vaters war streng. Er versetzte den Söhnen auch Schläge und verlangte von ihnen Gehorsam.

Der Angeklagte als ältester Sohn sollte das Geschäft einmal übernehmen. Er durchlief ohne besondere Auffälligkeiten die Schule und erwarb den Hauptschulabschluss. Den angestrebten Realschulabschluss nach der 10. Klasse erreichte er wegen unzureichender Leistungen allerdings nicht. Wie vom Vater gewünscht, absolvierte er eine Ausbildung zum Elektroniker im Fachbereich Energie- und Gebäudetechnik im Familienbetrieb. Etwa zur gleichen Zeit wurde der jüngere Bruder - der Drogen konsumierte und sich den Vorstellungen des Vaters widersetzte - mit etwa 14 Jahren durch das Jugendamt aus der Familie genommen. Heute besteht zum Bruder kein Kontakt mehr. Nach Beendigung der Lehre ging der Angeklagte regelmäßig einer Erwerbsarbeit mit kurzen Phasen der Arbeitslosigkeit nach und hatte keine ernsthaften finanziellen Schwierigkeiten, auch wenn er sich ab und an Geld von Familienmitgliedern leihen musste.

Er trank mit etwa 14 Jahren das erste Mal Alkohol und konsumierte in seiner Jugend vor allem am Wochenende oder bei Feiern Schnaps, Bier oder Sekt. Hin und wieder rauchte er auch Marihuana, der Konsum steigerte sich mit etwa 20 Jahren zu täglich mehreren Gramm. Diese Phase hielt etwa zwei Jahre an, dann verzichtete der Angeklagte seiner Freundin zuliebe auf den Konsum und hat seitdem auch davon Abstand gehalten. Weder Alkohol noch Betäubungsmittel oder sonstige Rauschmittel konsumiert er im Übermaß.

Der Angeklagte engagierte sich als junger Erwachsener ehrenamtlich in der örtlichen evangelischen Kirche und leistete Zivildienst.

In seiner Freizeit spielte er Computerspiele, machte Musik und moderierte eine Sendung, die im Internet auf Radio Zeven ausgestrahlt wurde. Über seine Hobbies - Musik, Radio, Computerspiele - knüpfte er Bekanntschaften. Einen festen Freundeskreis oder enge Freunde hatte der Angeklagte jedoch nicht, seine Kontakte beschränkten sich auf die Familie und Internetfreundschaften ohne regelmäßige persönliche Treffen. Er fühlt sich deshalb häufig einsam.

Mit 14 Jahren hatte er seine erste Freundin. Die erste sexuelle Beziehung zu einer Frau ging er mit etwa 17 Jahren ein, diese hielt etwa zwei Jahre. Schon als junger Erwachsener bemerkte der Angeklagte bei sich selbst eine Besonderheit, nämlich eine starke Neigung zu jungen Mädchen. Während er selbst immer älter wurde, blieben seine Freundinnen immer jung. Seine Aufmerksamkeit richtet sich zunehmend auf ganz junge Mädchen, 12 oder 13, die auch äußerlich noch Kinder waren. Er fühlte sich sexuell von den Kindern angezogen. Heute beschreibt er selbst sich als pädophil. Mit Anfang zwanzig führte er eine weitere längere Beziehung mit einer 16jährigen. Sie trennte sich nach vier Jahren Beziehung von ihm, als sie herausfand, dass er kinderpornographische Bilder gespeichert hatte.

Im Jahr 2006, da war der Angeklagte 23 Jahre alt, kam es zu dem ersten dokumentierten Vorfall, bei dem er sich drei Mädchen im Alter zwischen 7 und 9 Jahren aus der Nachbarschaft annäherte, mit ihnen ein Vertrauensverhältnis aufbaute und sie schließlich fragte, ob sie nicht "heiße Bilder", auf denen sie vor seiner Kamera nackt in aufreizender Haltung posierten, für ihn machen wollten. Die Kinder berichteten ihren Schulfreunden davon, ein Strafverfahren wurde eingeleitet. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung wurde kinderpornographisches Material gefunden, was schließlich zur Verurteilung durch das Amtsgericht Zeven vom 13.10.2008 und der Verhängung einer Geldstrafe führte (8 Ds 3704 Js 4302/08). Diese hielt ihn aber nur wenige Monate davon ab, wieder kinderpornographische Bilder zu suchen und zu speichern.

In den Folgejahren trat seine sexuelle Präferenz immer deutlicher zu Tage. Der Angeklagte suchte im Internet nach Fotos und Videos von nackten Mädchen im Kindesalter, nutzte dafür eigens eingerichtete Marktplätze im Darknet und speicherte die Bilddateien auf seinen elektronischen Geräten. Außerdem nahm er über öffentliche Internetplattformen Kontakt zu Mädchen auf, indem er mit ihnen chattete und sie in Unterhaltungen verwickelte, die sexuell gefärbt waren und darauf abzielten, dass die Mädchen sich selbst berührten und ihm Fotos davon schickten. Eines der Mädchen folgte seine Anweisungen und berührte sich an der Scheide. Bei einem anderen Chatkontakt aus dem Jahr 2012 handelte es sich um einen Polizeibeamten, der sich als Mädchen ausgab.

Das daraufhin eingeleitete Strafverfahren mündete in einer weiteren Verurteilung durch das Amtsgericht Zeven am 01.10.2013 (9 Ds 122 Js 7667/13). Diesmal verhängte das Gericht eine kurze Freiheitsstrafe, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Aussetzungsentscheidung wurde vor allem damit begründet, dass der Angeklagte sich vollumfänglich geständig, therapiewillig und reuevoll gezeigt hatte.

Er begann auch tatsächlich eine ambulante Therapie, spürte aber weiterhin sein sexuelles Bedürfnis und suchte - trotz der Erkenntnisse aus der Therapie und der Vorverurteilungen sowie der laufenden Bewährung - seine Befriedigung beim Konsum kinderpornographischer Bilder. Daneben unterhielt der Angeklagte auch sexuelle Beziehungen zu erwachsenen Frauen, fühlte sich davon jedoch nie wirklich erfüllt. Aus einer kurzen Bekanntschaft im Jahr 2013 ging ein Junge hervor, zu dem der Angeklagte aber auf Veranlassung der Kindesmutter keinen Kontakt haben darf.

Unmittelbar nach der Verurteilung durch das Amtsgericht Zeven, nämlich Anfang Oktober 2013, besuchte der Angeklagte eine Bekannte in B., die eine kleine Tochter hatte. Auch sie hatte er über das Internet in seiner Tätigkeit als DJ kennengelernt. Er übernachtete bei ihr und legte sich, wie er sagte, um Rückenschmerzen zu vermeiden, zu der damals sechs Jahre alten Tochter ins Bett. Nachts forderte er sie auf, sich die Schlafanzugshose auszuziehen, was sie auch tat. Dann fasste er das Kind an der Scheide an und führte mindestens einen Finger bei ihr ein. Er verletzte dadurch das Mädchen und sie hatte Schmerzen, was er billigend in Kauf nahm. Der Angeklagte wiederholte den Besuch über die Feiertage zum Jahreswechsel 2013/2014 für sechs Tage und missbrauchte das Mädchen in jeder Nacht. Er verbot ihr, darüber zu sprechen und meinte, es sei ihr "Geheimnis". Das Mädchen konnte nicht einordnen, was der Angeklagte bei ihr gemacht hatte. Sie mochte ihn und wollte ihn gerne heiraten, deshalb behielt sie die Sache für sich. Einige Zeit später erfuhr die Mutter über Dritte von den pädosexuellen Neigungen und den Vorstrafen des Angeklagten. Als die beunruhigte Mutter daraufhin bei dem Mädchen nachfragte, berichtete dieses von den Handlungen des Angeklagten. Im Laufe des sich anschließenden Strafverfahrens wurde bei dem Angeklagten durchsucht und kinderpornographisches Material gefunden. Daraufhin wurde er festgenommen und gegen ihn ab Mai 2014 in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Augsburg vollstreckt.

In der Hauptverhandlung vor dem Landgericht Augsburg zeigte der Angeklagte sich geständig. Gegenüber dem psychiatrischen Sachverständigen Dr. W. gab er an, er habe sich mit der Tat für die Verurteilung in Z. belohnen wollen und die Folgen für das Mädchen ausgeblendet. Er habe verdrängt, dass die Übergriffe gewalttätig gewesen seien. Nunmehr sei er aber in der Lage, das Geschehen zu reflektieren. Der Sachverständige diagnostizierte eine pädophile Paraphilie nach ICD10: F65.4 mit Kernpädophilie. Anhaltspunkte für die Einschränkung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit konnte er nicht erkennen. Wegen der körperlichen Übergriffe und des Besitzes von kinderpornographischen Schriften verurteilte ihn das Landgericht Augsburg am 11.11.2014 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren und 6 Monaten (KLs 201 Js 112203/14 jug.). Es folgte der Widerruf der Bewährung aus dem Urteil des Amtsgerichts Zeven.

Die Strafhaft verbüßte der Angeklagte vollständig, zunächst in der JVA Bremervörde, ab Mitte 2015 dann in der JVA Uelzen, wo er auf der sozialtherapeutischen Station untergebracht war. Vor der Aufnahme untersuchte ihn der Sachverständige S., der eine Pädophilie nach ICD-10: F65.4 und eine leichte depressive Episode nach ICD-10: F32.0 diagnostizierte. Hinsichtlich der Pädophilie erkannte der Sachverständige deutliche Progredienzanzeichen und ging von einem mittleren bis hohen Rückfallrisiko für neue einschlägige Missbrauchstaten aus. Den Konsum von Internetpornographie stufte er als Suchtverhalten ein, welcher eng verknüpft sei mit sexuell körperlichen Übergriffen auf Kinder. Während der fast vierjährigen Inhaftierung in der JVA Uelzen nahm der Angeklagte an einer Vielzahl von therapeutischen Maßnahmen teil, nämlich insbesondere an einer Gruppentherapie für Sexualstraftäter, einer weiteren Gruppentherapie zur Auseinandersetzung mit seiner pädosexuellen Neigung und einer Suchtgruppe, zudem fanden regelmäßig psychologische Einzelgespräche statt. In den sexualtherapeutischen Maßnahmen setzte sich der Angeklagte mit seinem Verhalten und seiner verzerrten Realitätswahrnehmung auseinander und erlernte sogenannte Coping-Strategien, die ihm helfen sollten, im Alltag und in besonderen Risikosituationen mit seinem Bedürfnis umzugehen. Insbesondere ging es für ihn darum, den Konflikt zwischen seinem Wunsch nach Sexualität und dem Interesse des Kindes zu erkennen, Selbstreflexion zu üben und Kontrollmaßnahmen einzuüben, um so einen Rückfall zu vermeiden. In der JVA Uelzen arbeitete er als Hausreiniger und im Werkbetrieb. Er kam in seiner Wohngruppe und mit den Mitgefangenen insgesamt gut zurecht, wenn er auch als vorlaut, albern und infantil galt und dazu neigte, die Verantwortung und Schuld bei Problemen zuerst bei anderen zu suchen. Disziplinarisch verhielt er sich unauffällig.

Im Prognosegutachten zur Frage von Vollzugslockerungen gelangte der Sachverständige Dr. Z. im Oktober 2017 zu der Einschätzung, dass bei dem Angeklagte das pädosexuelle Interesse als Hauptströmung nach ICD: 10 F65.4 zu sehen sei. Bei der Bewertung der Rückfallwahrscheinlichkeit hob er hervor, dass die bestehende sexuelle Neigung einen hohen Risikofaktor darstelle, zudem die Schwere der Delikte zugenommen und der Angeklagte die letzte Straftat unter laufender Bewährung verübt habe. Eine psychiatrische Erkrankung konnte er nicht feststellen. In der Persönlichkeitsstruktur sah er unreife und narzisstische Anteile, aber keine dissoziale Sozialisierung, vielmehr bewertete er das Verhalten des Angeklagten im Vollzug als angepasst und störungsfrei.

Als günstig beurteilte er die Therapiewilligkeit des Angeklagten, der verschiedene Therapien und Einzelsitzungen verlässlich absolvierte. Er hielt es im Ergebnis für wenig wahrscheinlich, dass der Angeklagte im Rahmen von Lockerungen gegenüber einem Kind sexuell übergriffig werden würde und verwies hierfür auch auf die soziale Kontrolle durch die Familie, die über die Neigung des Angeklagten Bescheid wisse. Das Risiko für den Konsum von kinderpornographischem Material erschien dem Sachverständigen hingegen als deutlich erhöht. Er empfahl zu prüfen, ob der Angeklagte mit Hilfe der erlernten Coping-Strategien der Möglichkeit widerstehen könne, im Internet nach kinderpornographischem Material zu suchen. Außerdem sollten die Ausgänge nicht zu Familien mit Kindern erfolgen.

Eine Aussetzung zum Zweidrittelzeitpunkt beantragte der Angeklagte nicht, weil er sich in den festen Strukturen des Vollzugs und in der Gemeinschaft der anderen Mitgefangenen aufgehoben fühlte. Ende 2017 erhielt er Ausgang, ab Mitte 2018 auch unbegleitet, und besuchte dann seine Familie, insbesondere seinen Vater und seine Tante M. K.. Bei den Treffen sprachen die Familienmitglieder auch über die Tat, wegen derer er im Gefängnis saß. Auch sein fortbestehender Wunsch, Kindern sexuell nah zu kommen, war Thema. Der Vater des Angeklagten tat sich schwer mit dem Gedanken, dass sein Sohn pädophil sei, die Tante hingegen akzeptierte den Angeklagten und blieb ihm gegenüber offen und zugewandt. Angesichts seiner Straftat und Pädophilie stand für die Zeit nach der Entlassung die Aufnahme in das KURS Programm für verurteilte Sexualstraftäter an. Die Anordnung der Führungsaufsicht und etwaige Weisungen wurden geprüft und mit dem Angeklagten besprochen. Im Rahmen der Entlassungsvorbereitung im Herbst 2018 überlegte der Angeklagte, wo er wohnen sollte. Der Gedanke, allein zu leben, machte ihm Angst, er brauchte Gesellschaft. Er verwarf den Plan, zu seinem Vater in sein Elternhaus zu zurückzukehren, allerdings schnell, weil es zwischen ihnen immer wieder zu Konflikten kam. Stattdessen erwog er, in die Einliegerwohnung seiner Tante in V. zu ziehen. Von Seiten der JVA bestanden jedoch Bedenken, denn die Tante hatte einen neuen Lebensgefährten mit minderjährigen Kindern, die regelmäßig dort schliefen. So wies die Vollzugsbehörde bei Erstellung des Risikoprofils für den Angeklagten als KURS Probanden darauf hin, dass im Hinblick auf das Rückfallrisiko sowohl der Einzug beim Vater ungünstig sei - dort stehe er unter Druck und werde ungünstige Strategien zur Aufwertung seines Selbstwertes ergreifen - als auch der Einzug bei der Tante, wo Kontakt zu minderjährigen Kindern bestehe. Letzteres schätzten die Therapeuten der JVA vor allem deshalb als riskant ein, weil der Angeklagte diesbezüglich kein Problembewusstsein zeige. Die JVA empfahl die Einbindung in betreutes Wohnen mit einem geregelten Tagesablauf und ein ambulantes therapeutisches Setting. In der Stellungnahme zur Anordnung der Führungsaufsicht regte die JVA insbesondere an, ihm die Weisung zu erteilen, sich nicht bei Familien aufzuhalten, wenn auch deren Kinder anwesend sind.

Mit Beschluss vom 18.12.2018 ordnete die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Lüneburg die Führungsaufsicht nach Vollverbüßung für die Dauer von 5 Jahren an (165 StVK 103/18 LG Lüneburg). Als Weisung legte das Gericht in Ziffer 4. f.) des Beschlusses insbesondere fest, dass der Angeklagte keinen Kontakt zu Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren aufnehmen und diese insbesondere nicht betreuen darf, sofern nicht ein erziehungsberechtigter Erwachsener durchgängig zugegen ist.

Im Januar 2019 wurde der Angeklagte aus der Haft entlassen. Während des ersten halben Jahres meldete er sich verlässlich alle zwei Woche bei seiner Bewährungshelferin M., ab August dann im Monatsrhythmus und zeigte sich in den Gesprächen zugänglich und interessiert. Im Mai 2019 trat er eine Arbeitsstelle als Elektroniker in Vollzeit an. Er fand eine Wohnung im Nachbarort seiner Tante, die nur etwa 5 km von ihrem Haus entfernt und mit dem Auto in wenigen Minuten zu erreichen war. Bei seinem Einzug half ihm der neue Lebensgefährte seiner Tante, H. T.. T. hatte drei Kinder aus seiner vorherigen Ehe, die ihn alle zwei Wochen und in den Ferien besuchen kamen. Er wusste, dass der Angeklagte pädophil war und ein Mädchen missbraucht hatte. Gleich zu Anfang ihrer Bekanntschaft machte er dem Angeklagten deutlich, dass er und die Tante ihn im Hinblick auf sein Verhalten den Kindern gegenüber aufmerksam beobachten und ihm nichts durchgehen lassen würden.

Wenn er nach der Arbeit zuhause war, saß er häufig vor dem Computer. Er spielte Computerspiele über seine Konsole, etwa Fortnite oder GTA; Spiele, die gemeinhin eher jugendlichen Nutzern gefallen, aber dem kindlichen Naturell des Angeklagten entsprechen. Damit hatte er sich auch während der Inhaftierung die Zeit vertrieben. Nun, mit unbeschränktem Internetzugang, eröffnete sich für ihn die Möglichkeit, mit anderen Spielern in Kontakt zu treten. Dafür nutzte er die Chatfunktion in den online Videospielen.

Außerdem eröffnete der Angeklagte seinen eigenen Kanal auf der öffentlichen Plattform twitch. Dort wird der veröffentlichte Inhalt, etwa ein Computerspiel, vor Publikum gestreamt, die Zuschauer können im Chat kommentieren und selbst Bilder und Videos senden. Auf seinem Kanal nannte er sich "Jay Age". Er spielte Fortnite, machte Musik oder plauderte mit den meist kindlichen und jugendlichen Zuschauern. Im Laufe der Zeit regte er gegenüber den einzelnen Nutzern über die Chatfunktion an, die Gespräche doch privat zu zweit fortzusetzen, etwa per WhatsApp. So entwickelten sich immer mehr Chatkontakte zu den Nutzern seines Kanals.

Daneben nutzte er eine weitere online Kommunikationsplattform, die App "Discord". Jedermann kann die App "Discord" auf sein internetfähiges Endgerät wie etwa ein Mobiltelefon laden, dort anonym und kostenfrei als Nutzer beitreten, nach interessanten Gruppen suchen und in Kontakt zu den anderen Nutzern treten. Die App bietet auch die Möglichkeit, einen eigenen Server zu erstellen, der sich um ein bestimmtes Thema dreht. Der Servereigentümer kann hier Nachrichten veröffentlichen, Bild-Tonübertragungen in Echtzeit übermitteln und eine eigene Gruppe um sich scharen, die "Community". Die Community besteht aus aktiven Mitglieder, die mit ihrem Profil auf dem Server angemeldet sind, und aus sonstigen Personen, die regelmäßig dort Nachrichten lesen, sich in einzeln oder in Chaträumen unterhalten und selbst Videos und Bilder versenden.

Der Angeklagte erstellte selbst einen solchen Server namens "WalkieTalkie", der Computerspiele wie Fortnite als zentrales Thema hatte. Hier konnten die Nutzer ihm beim Computerspielen zusehen und miteinander chatten. Die Chats konnten sich auf den Austausch schriftlicher Nachrichten oder Bilddateien beschränken oder per Video geführt werden. Teilweise standen die Chaträume allen Nutzern offen, teilweise waren sie aber auch nur für bestimmte Personen einsehbar. Neue Zuschauer bei seinem Discord-Server sollten sich einzeln der Community vorstellen und dabei ihr Alter und den Wohnort nennen und ein Foto hochladen. Sie erhielten dann einen Einladungslink als Mitglieder auf den Discord-Server des Angeklagten. Die Mitglieder, zu Höchstzeiten etwa 300 Personen, wurden dort nach ihrem Alter in "teen" oder "adult" eingeteilt und farblich gekennzeichnet. Etwa 90% der Mitglieder waren nicht volljährig. Der Angeklagte sprach dann gezielt einzelne kindliche und jugendliche Nutzerinnen an und unterhielt sich mit ihnen in einem geschlossenen Chatraum. Im nächsten Schritt schlug er vor, man könne doch über WhatsApp, instagram oder snapchat kommunizieren.

Der Internetzugang eröffnete ihm zudem noch eine weitere Möglichkeit, die ihm während der Inhaftierung verschlossen geblieben war: er suchte erneut nach Bildern mit kinderpornographischem Inhalt. Etwa drei Monate nach der Haftentlassung konsumierte der Angeklagte wieder regelmäßig, etwa alle drei Tage, derartiges Material und masturbierte dabei. Er wusste, dass er so seine sexuellen Phantasien weiter anheizte und den Wunsch, einem Kind körperlich nahzukommen, nur befeuerte. Gleichwohl spielte er sein Verhalten herunter und beruhigte sich mit der Beteuerung, es werde ja kein Kind geschädigt, wenn er sich die Bilder ansehe. Mindestens einmal übersendete er im März 2020 auch solche Bilder per Skype an einen anderen Erwachsenen und erhielt im Gegenzug Dateien von diesem.

Seine Freizeit verbrachte er oft bei T.. Im Frühling und Sommer 2019 war der Angeklagte häufig dort zu Besuch. Sie aßen zusammen zu Abend oder grillten im Garten, feierten Geburtstage und unterhielten sich einfach. Ab und zu übernachtete der Angeklagte auch dort. Mit seiner Tante verband den Angeklagten ein enges Vertrauensverhältnis, auch mit H. T. verstand er sich gut. So knüpfte so er auch immer engeren Kontakt zu den drei Kindern des T..

Der Angeklagte hatte auch die Handynummern der Kinder und schrieb ihnen per WhatsApp. Die beiden größeren Kinder, L., geboren 2007, und N., geboren 2006, waren weniger interessiert an dem Angeklagten; so reagierte etwa N. nicht auf seine Bitte per WhatsApp, man könne doch mal kuscheln. Es war vor allem P., geboren 2011, der begeistert war von dem Angeklagten, weil der ihm Aufmerksamkeit schenkte, ihn an seinem Computer Musik machen ließ und geduldig mit ihm spielte.

Die Weisung, wonach der Angeklagte sich bei der forensischen Ambulanz der Psychiatrischen Klinik L. behandeln lassen müsse, änderte das Gericht mit Beschluss vom 02.09.2019 ab und gab ihm auf, sich bei "Praxys" in B. in ambulante Therapie zu begeben. Ab November 2019 nahm er regelmäßig Einzeltherapiesitzungen wahr. Der Therapeut wusste um seine Vorstrafen und den Grund der Weisung und obwohl der Angeklagte die Sitzungen als gewinnbringend empfand und sich offen gab, verriet er nicht, was ihn tatsächlich umtrieb. Seinen akuten starken Wunsch nach sexuellen Handlungen mit Kindern verschwieg er. Über die Schwierigkeiten, tatsächlich anzuwenden, was er in den letzten Jahren als Konflikt- und Vermeidungsmaßnahmen gelernt hatte, sprach er nicht. Was tatsächlich geschah, blieb in den Sitzungen außen vor. Therapeutische Maßnahmen wurden deshalb nicht ergriffen. Im April 2021 war die Therapieauflage erledigt, auch die freiwillig zusätzlich absolvierten Stunden - insgesamt etwa 50 Sitzungen - liefen aus. Gegenüber der Bewährungshelferin äußerte er keinen Hilfebedarf.

Der Angeklagte wusste, dass zu enger Kontakt zu Kindern für diese gefährlich werden würde, weil er die Gelegenheit zu sexueller Nähe zu einem Kind, auch wenn es ein Junge war, nicht verstreichen lassen würde. Trotzdem kam er immer wieder zu Besuch bei seiner Tante, wenn P. auch da war und sicherte sich mit altersgerechten Spielen und dem Versprechen, P. dürfe bei ihm Süßigkeiten essen, seine Zuneigung. So kam es zu den hier gegenständlichen Taten 1 bis 3, bei denen der Angeklagte sich dem Jungen körperlich näherte, um für sich daraus sexuelle Befriedigung zu ziehen.

Das Verhältnis zwischen ihm und P. war durch das "Geheimnis" geprägt, das sie verband. Der Angeklagte belohnte P. Verschwiegenheit mit Süßigkeiten und Zuwendung und nutzte die Vertraulichkeit, um körperlich und verbal sexuell übergriffig zu werden. Im Verlauf des Jahres 2020 und 2021 trafen sie sich mehrmals mit der Familie und mindestens viermal auch allein, etwa als P. im Jahr 2021 die Sommerferien bei seinem Vater verbrachte. Über WhatsApp hielten sie Kontakt, vor allem über Videoanrufe, deren Inhalt die Eltern bei der Kontrolle der Nachrichten nicht nachvollziehen konnten. Am 23.06.2021 chatteten sie per WhatsApp und begannen einen Videoanruf. Im Verlauf schrieb der Junge eine Nachricht an den Angeklagten: "Wie wollen wir anfangen" und "Sex reden".

Der Angeklagte fragte ihn dann "Bist du grad geil?", was das Kind bejahte, und forderte: "Zeig´s mir Süßer", woraufhin P. zwei Fotos von seinem Gesicht schickte. Später ermahnte der Angeklagte ihn, alles zu löschen, damit die Eltern nichts davon lesen würden. P. versicherte ihm, stets alles zu löschen. Am 05.07.2021 schrieb P. dem Angeklagte ihm, er komme in drei Wochen wieder zu Papa, "und Dan Sex".

Zugleich betrieb der Angeklagte weiter seinen Kanal bei twitch und den den eigenen Discord-Server. Auf twitch machte er Musik, streamte Videospiele oder stellte Quizfragen an sein überwiegend kindliches und jugendliches Publikum. Ein verbindendes Element war das Computerspiel Fortnite. Es bildeten sich dabei feste Spielgruppen, deren Mitglieder sich teilweise auch persönlich trafen. So waren etwa die Zeugin H. und der noch jugendliche Spieler M. S. einander bekannt, sie hatten jeweils auch Kontakt mit der erwachsenen C. O., die wiederum den Angeklagten einige Male persönlich getroffen hatte. Bei der Verwaltung des Discord-Servers und des twitch Kanals unterstützten den Angeklagten andere Erwachsene, darunter die Zeugin C. H.. Diese Unterstützung umfasste etwa die Freischaltung der Nutzer als Mitglieder der "Community" für den Discord-Server und die Sichtung ihrer Kommentare und Chataktivitäten. Die drei Mitspieler O., S. und H. fanden das Verhalten des Angeklagten nach einiger Zeit auffällig. So erschien es ihnen merkwürdig, dass er offenkundig versuchte, bevorzugt mit Mädchen in geschlossene Videochats zu wechseln. Darüber hinaus war H. aufgefallen, dass der Angeklagte bei der Einrichtung des twitch Kanals dafür gesorgt hatte, dass bestimmte Wörter technisch blockiert und daher in den Kommentaren nicht erscheinen würden. Diese Wörter waren "Pisser, Hurensohn, pedo, pedodophil, pädophil, pädo, schw@nz". Zudem hatte er ihr gegenüber auch einmal erwähnt, dass er vorbestraft sei, ohne jedoch näher ins Detail zu gehen. Hieraus entstand der Eindruck, dass der Angeklagte ein Interesse an kindlichen Mädchen hegte, welches über das Spielen hinausging.

In diesem Zusammenhang kam es - unabhängig vom hiesigen Verfahren - zur Einleitung eines Strafverfahrens gegen den Angeklagten wegen des Verdachts von sexuellen Missbrauchs von Kindern (125 Js 42811/22). So informierte S. die O. im Sommer 2021 darüber, dass ein 10jähriges Mädchen namens L. ihn um Rat gefragt habe: der Angeklagte habe ihr geschrieben, dass er in sie verliebt sei, dabei sei der Angeklagte doch mit einer 14jährigen Mitspielerin, die ebenfalls L. hieß, zusammen. Die Kommunikation fand zunächst im Rahmen des Fortnitespiels statt, dann wechselten sie im August 2021 auf sein Geheiß zu snapchat. Dort erklärte er gegenüber dem Kind, er sei in sie verliebt. Auf ihre Frage, warum er dann mit der "großen L." zusammen sei, schrieb er: "Warum? Ich glaube nicht das ich irgendeine Chance bei dir gehabt hätte" und nochmals "Aber trotzdem hätte ich ja keine Chance bei dir. Es würde mich wundern wenn doch (Smiley)".

Dem Kind war das Verhalten des Erwachsenen unangenehm und schwer erklärlich, weshalb es nicht mehr mit dem Angeklagten spielen und kommunizieren wollte.

Zeitgleich suchte der Angeklagte auch mit ihrer 10 Jahre alten Freundin M. den Kontakt. Er fragte sie zunächst mehrfach, ob sie mit ihm spielen wolle, was sie mit dem Hinweis ablehnte, sie würde ja gern, aber Li. wolle nicht, dass sie mit ihm spiele. Daraufhin bedrängte er sie, ihm zu beweisen, dass sie ihn möge und ihm vertraue. Sie solle ihm ihr größtes Geheimnis verraten. Das Mädchen erklärte, es habe Angst entführt zu werden. Der Angeklagte antwortete: "Darf ich dich entführen (lachender Smiley)?" und auf ihre Entgegnung, sie habe Angst, "Aber ich bin ganz lieb zu dir" und "Du darfst zocken und bekommst essen und trinken". Im weiteren Chat schrieb er, ihre Freundin L. habe "sehr böse Sachen" über sie gesagt und sei eifersüchtig gewesen, wenn er mit ihr alleine gespielt habe. Er bat sie schließlich, ihm ein Bild von sich schicken und kommentierte es mit "oooh cute" und "du bist hübscher als l.". Im weiteren Verlauf forderte er sie immer wieder dazu auf, ihm ihr Vertrauen auszusprechen und meinte, sie sei nicht so "ehrlos" wie ihre Freundin L., er habe sie lieb und wolle sie "nicht auch noch verlieren". O. erstattete Anzeige bei der Polizei P. an ihrem Wohnort, da sie fürchtete, der Angeklagte werde sich den Mädchen nähern oder intimere Bilder fordern.

Das Verfahren bezüglich der Chats mit den beiden 10jährigen Mädchen stellte die Staatsanwaltschaft Stade gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein, da keine strafbare Handlung zu erkennen sei.

Aus Sicht des Angeklagten bestand tatsächlich eine Beziehung zwischen ihm und der 14jährigen L., auch wenn es zu persönlichen Treffen nicht kam und die Beziehung allein im Internet per Chat stattfand. Tatsächlich war sein Chatpartner kein Mädchen, sondern der Mitspieler D. F., der sich als Mädchen ausgab.

Eine weitere Chatpartnerin, die der Angeklagte über twitch kontaktiert und zu WhatsApp geleitet hatte, war die 10jährige E. Ö. aus B.. Im Juni 2021 versicherte sich der Angeklagte zunächst, dass niemand ihre WhatsApp Chats lese, was sie bejahte. Das Kind schrieb ihm, es suche einen "sugardaddy" mit dem sie gegen Geld Sex habe könne. Er fragte: "Meinst du der passt bei dir schon rein?" und sie entgegnete "Warum nicht probieren". Beide bedauerten, dass er nicht in Berlin wohne, und dachten über ein Treffen nach. Daraufhin fragte er: "Machst du es dir schon selbst?". Es folgten Videoanrufe über WhatsApp und facebook. Dabei forderte der Angeklagte das Kind unter anderem auf, ihm ein Video zu übersenden, auf dem zu sehen ist "wie du dich fingerst" (Tat 4). Das Video kommentierte er später mit: "Ich schau mir jetzt dein Finger Video an und spritz auf dich ab Baby."

Im Juli und August 2021 stand der Angeklagte außerdem im Austausch mit der 14 Jahre alten R. aus O.. Sie spielten Fortnite und wechselten dann auf WhatsApp. Im Verlauf schickte sie ihm auf Aufforderung unter anderem Videos, auf denen zu sehen ist, wie sie sich ihre Finger oder Gegenstände - ein Deodorant, eine Banane - in die Vagina einführt, der Angeklagte schickte ihr Bilder von seinem erigierten Penis. Nach Bekanntwerden des Chats im Juni 2022 wurde gegen den Angeklagten ein Strafverfahren wegen des Herstellens jugendpornographischer Schriften eingeleitet. Das Verfahren wurde gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, weil die Inhalte mit Zustimmung der abgebildeten Jugendlichen hergestellt worden seien und sie die Dateien freiverantwortlich an den Angeklagten übersendet habe; im Übrigen wurde das Verfahren im Hinblick auf das hiesige Strafverfahren nach § 154 Abs. 1 StPO eingestellt (125 Js 34680/22 StA Stade, 8261 Js 94819/22 StA Hannover).

Parallel dazu suchte der Angeklagte regelmäßig mehrfach in der Woche nach kinder- und jugendpornographischen Bildern und Videos im Internet und speicherte die Dateien auf verschiedenen technischen Geräten. Sein befristeter Arbeitsvertrag war wegen der schlechten Wirtschaftslage nicht verlängert worden. Er suchte aktiv einen neuen Arbeitsplatz, verfasste Bewerbungen und hielt seine Termine bei der Arbeitsagentur ein. Mit der Bewährungshelferin hielt der Angeklagten zuverlässig Kontakt. Auf Nachfrage meinte er ihr gegenüber, weitere Therapiestunden brauche er nicht.

Im Rahmen einer Weiterbildung fuhr der Angeklagte im Juli 2021 nach L.. Dort fand zeitgleich der Christopher Street Day statt, wo er sich mit einem Mädchen traf, das er über den twitch Kanal kennengelernt hatte. Das Mädchen, es war 14 Jahre alt, besuchte ihn im Beisein seiner Mutter in der Ferienwohnung des Angeklagten und übernachtete dort auch. Der Bewährungshelferin verschwieg er den Besuch.

Im Herbst 2021 verringerte sich die Häufigkeit der Besuche des Angeklagten bei seiner Tante. Zwar bestand noch Kontakt, die persönlichen Treffen wurden jedoch weniger. Dies lag an den Einschränkungen im Zuge der Coronapandemie, und zudem auch daran, dass im Hause T. aus Sicht des Angeklagten zu viel Alkohol konsumiert wurde und er deshalb Zusammenkünfte eher vermied.

Im September 2021 chattete der Angeklagte mit einer Nutzerin namens "L." (125 Js 40987/21). Der Kontakt kam über twitch zustande und wurde auf Vorschlag des Angeklagten hin über WhatsApp weitergeführt. Der Angeklagte ging davon aus, dass es sich bei der Chatpartnerin um ein 10jähriges Mädchen handeln würde. Tatsächlich aber hatte die Zeugin H. eigens ein Profil angelegt, um ihren Verdacht, der Angeklagte wirke in irgendeiner Weise mit sexueller Absicht auf die kindlichen Nutzerinnen ein, zu überprüfen.

Zunächst versicherte er sich, dass ihre Eltern den Chat nicht kontrollierten. Auf ihre Antwort, sie lösche alles, ihre Mutter lese nicht mit und sei auch gar nicht zuhause, schrieb er: "Wir können auch heimlich einen Videoanruf machen." Wie von ihr vermutet, lenkte er das Gespräch in eine sexuelle Richtung, indem er fragte: "Schlimm wenn ich nix anhab? (smiley)" und "Aber es muss unter uns bleiben", denn sie sei ja erst 10. Dann wollte er wissen ob sie schon mal "wen", also "das...vom jungen" gesehen habe und drängte darauf, statt ein Foto von sich zu schicken besser einen Videoanruf zum beginnen - "also schicken ist naja nicht so gut wenn es wer sieht", "lieber videoanruf", "ist sicherer". Weiter schrieb er: "ich zeig dir meins und du mir deins (smiley)". In den nächsten Tagen forderte er sie immer wieder zum Videoanruf auf und wiederholte an mehreren Abenden, sie solle sich massieren und streicheln und er sei schon "geil geworden (smiley)". Er meinte außerdem, sie solle doch ein Bild "von deiner Muschi machen wenn du grad allein bist". Später schlug er vor, sie könne ihn ja besuchen, "du könntest mich ausziehen und dir meins angucken", und "ich kann dich dann streicheln". H. informierte Mitte Oktober 2021 die Polizei, woraufhin ein Strafverfahren gegen den Angeklagten wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Kindern eingeleitet wurde. Das Verfahren wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Zeven vom 11.07.2022 gemäß § 154 Abs. 2 StPO im Hinblick auf die hier gegenständlichen Vorwürfe eingestellt.

Sein twitch Kanal wurde im Oktober 2021 systemseitig gesperrt, weil weitere Nutzer ein regelwidriges Verhalten gemeldet hatten. Der Angeklagte verabschiedete sich von seinen Zuschauern mit der Erklärung, er werde aus privaten Gründen für einige Zeit nicht mehr präsent sein.

Am 18.10.2021 durchsuchte die Polizei im Verfahren 125 Js 40987/21 die Wohnung des Angeklagten und beschlagnahmte eine Vielzahl von Datenträgern. Darauf wurden unter anderem rund 10.000 Dateien mit kinder- und etwa 350 Dateien mit jugendpornographischem Inhalt gefunden. Die Dateien enthielten Bilder und Videos beinah ausschließlich von Mädchen mit kindlichen Körper und reichten von Nacktbildern am Strand über Oralverkehr und Geschlechtsverkehr mit Erwachsenen und bis hin zu schweren körperlichen Misshandlungen, auch an Kleinkindern. Die Ermittlungen zu dem insoweit eingeleiteten Strafverfahren sind nicht abgeschlossen.

Die Beamten informierten auch die Bewährungshelferin über die Durchsuchung. Im Gespräch mit ihr gab der Angeklagte an, keinen besonderen Unterstützungsbedarf zu haben, auch nicht im Hinblick auf einen etwaigen Rückfall und erforderliche Vermeidungsmaßnahmen. Auch seine Tante und T. erfuhren, dass bei ihm durchsucht worden war und der Verdacht einer erneuten Straftat im Raum stand. Im Einzelnen wurde darüber jedoch nicht gesprochen.

Zu einem persönlichen Treffen mit P. alleine kam es jedenfalls seit der Durchsuchung bei dem Angeklagten am 18.10.2021 nicht mehr.

Das gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren und die Folgen für die Führungsaufsicht blendete er aus. Er besorgte sich umgehend neue technische Geräte - Mobiltelefon, Tablet, Computer, Spielekonsole - und setzte seine Aktivitäten im Internet fort.

So meldete er sich etwa bei der Plattform "Kahoot" an, wo Schüler kostenlos Hilfe bei ihren Hausaufgaben finden können. Dort stand er im regelmäßigen Kontakt zu Kindern, die dankbar für die digitale Aufmerksamkeit waren, auch wenn er über keinerlei pädagogische oder fachliche Qualifikation für eine Hausaufgabenbetreuung verfügte.

Anstelle des gesperrten twitch Kanals richtete er sich auf der Plattform tiktok einen Kanal ein. Die App "tiktok" kann jedermann auf sein Endgerät laden. Ihm werden dann in schneller Folge nach einem bestimmten Algorithmus die Beiträge oder Kanäle anderer Nutzer vorgeschlagen, denen er "folgen" kann, so dass ihm deren neue Beiträge angezeigt werden. Der Nutzer kann auf einen Beitrag reagieren oder in Echtzeit einen Kanal, ähnlich wie eine Fernsehsendung, verfolgen. Der Angeklagte zeigte auf seinem Kanal ein Programm, das auf junge Zuschauer zugeschnitten war: er moderierte etwa ein Quiz, machte Musik und betrieb einen "Love generator", bei dem anhand der Anfangsbuchstaben zweier Vornamen vorhersagt wurde, wie gut diese zwei Personen zusammenpassen. Vor allem der "Love generator" war so beliebt, dass er binnen weniger Wochen einen Zuschauerkreis von mehreren hundert Personen hatte, die seinen Kanal abonnierten und regelmäßig zusahen. Auch hier suchte er wieder zu einzelnen Zuschauern Kontakt und wechselte für die weitere Kommunikation mit ihnen auf snapchat.

H., die die Erstellung des tiktok Kanals durch "Jay Age" verfolgt hatte, trat Anfang Januar 2022 als "A." der Community bei. Wieder erfragte der Angeklagte ihr Alter (sie gab an, 11 Jahre alt zu sein) und fragte sie nach einigen Tagen, ob sie schon etwas Brust habe und ihm das vielleicht zeigen wolle. Er erklärte ihr, mit welchen technischen Funktionen sie dafür sorgen könne, dass die Mutter die Nachrichten nicht lesen könne und schlug vor: "Wir können uns nackig zeigen und das machen was wir wollen es weiß ja keiner außer wir beide." Die Zeugin zierte sich und meinte, sie sei schüchtern. Der Angeklagte schrieb ihr "ich glaub ich bin in dich verliebt", er finde "Mädchen mit kleinen brüste und ohne Haare an der scheide geil" und kam dann in den nächsten Tagen immer wieder auf seine Forderung zu sprechen: "Sag mal willst du das andere probieren was alle jungs und Mädchen machen?". Er könne ihr beibringen sich selbst zu streicheln, dazu könnten sie ja telefonieren. Als Erklärung meinte er, die anderen Mädchen seien "geil geworden und hatten ein orgasmus". Er fragte, was sie anhabe und insistierte: "Also soll ich es dir beibringen jetzt oder nicht? Es wird dir bestimmt sehr gefallen." H. meldete den Chat dem Zeuge KOK R., der bereits das laufende Ermittlungsverfahren gegen den Angeklagten führte.

Die Polizei kündigte dem Angeklagten an, ihn zur Gefährderansprache aufzusuchen. Am 19.01.2022 erschienen der Zeuge KOK R. und der örtliche Kontaktbeamte für KURS bei dem Angeklagten. Sie wiesen ihn ausdrücklich darauf hin, dass er keinen Kontakt zu Kindern und Jugendlichen aufnehmen dürfe, insbesondere nicht mit sexuellen Bezügen, und dies auch die Kommunikation im Internet umfasse. Der Angeklagte verhielt sich ruhig und freundlich. Frühmorgens hatte er sich im Internet noch darüber informiert, wie tiktok Einträge endgültig gelöscht werden könnten und welche rechtlichen Konsequenzen für ihn nach der neuen Fassung des § 176a StGB zu erwarten wären. Wenige Stunden nach der Gefährderansprache schrieb er "A." erneut an und fragte: "Ja bist du heute abend alleine?" und als sie bejahte "Ah cool willst du vielleicht telefonieren?".

Im März 2022 trat er eine neue Arbeitsstelle in H. als Haustechniker an, der er in Vollzeit nachging und die ihm gut gefiel. Mit den Kollegen verstand er sich gut. Ende April traf er sich mit der 14jährigen L. und ihrer erwachsenen Schwester in H. für einen Kinobesuch. L. ist die Halbschwester von P.. Der Kontakt kam über H. T. und die erwachsene Schwester zustande, die der Angeklagte bereits persönlich getroffen hatte. Mit L. spielte der Angeklagte einige Male Fortnite und chattete mit ihr zunächst über die dortige Chatfunktion, dann per Whatsapp. Ihr schrieb er per WhatsApp "ich vermisse dich" und "hab dich lieb", er sprach sie mit "hey baby" an. In seiner Freizeit beschäftigte er sich mit seinem tiktok Kanal und traf ab und zu Bekannte und seine Familie. Wie zuvor konsumierte er regelmäßig kinderpornographisches Material. Anfang Mai 2022 wurde erneut bei ihm durchsucht, Anlass war das Verfahren aus P. wegen des Kontakts mit R. (173 Gs 890/22).

Wegen des Verstoßes gegen die Führungsaufsicht aufgrund des Kontakts mit R. wurde ein Strafverfahren eingeleitet (113 Js 8335/22), das jedoch ohne spürbare Folgen für den Angeklagten blieb und durch ihn ignoriert wurde. In dem Verfahren wurde im März 2022 zunächst Anklage erhoben, es wurde sodann nach der Verhaftung des Angeklagten gemäß § 154 Abs. 2 StPO im Hinblick auf das hiesige Verfahren eingestellt.

Ende Mai 2022 erhielt T. eine Ladung zur polizeilichen Vernehmung, genauso wie seine Kinder und seine Exfrau. Aus der Ladung ging hervor, dass sein Sohn P. möglicherweise Opfer eines sexuellen Missbrauchs geworden sein könnte und der Verdacht sich gegen den Angeklagten richte. Am Abend vor der Vernehmung stellten T. und die Tante ihn zur Rede. Der Angeklagte bestritt die Vorwürfe, wirkte aber nervös und meinte schließlich mutlos, sie sollten ihn doch holen und einbuchten, dann hätte er endlich seine Ruhe. In den nächsten Tagen - der Haftbefehl gegen ihn wurde gerade vorbereitet - packte der Angeklagte seine Tasche für die Haftanstalt. Seiner Bewährungshelferin erklärte er bei einem Hausbesuch Anfang Juni, dass er wohl demnächst festgenommen werden würde, denn er habe einen Jungen angefasst.

Die Festnahme erfolgt am 13.06.2022. In der Untersuchungshaft in der JVA Bremervörde ist der Angeklagte im Werkbetrieb eingesetzt. Er wurde einmal auffällig, weil in seiner Zelle Hefe und Fruchtsaft gefunden wurde, welche er für einen Mithäftling aufbewahrte, der damit vermutlich Alkohol herstellen wollte. Zu weiteren disziplinarischen Vorfällen kam es nicht. Er verbringt die meiste Zeit in seiner Zelle, weil er Angst vor Repressalien seitens der Mitgefangenen hat.

Hauptbezugspersonen waren und sind für ihn seine Tante, sein Vater und sein Cousin. Mit ihnen besteht weiterhin Kontakt. Das Verhältnis des Angeklagten zum Vater ist bis heute angespannt, der Angeklagte fühlt sich von ihm nicht ernst genommen und leidet unter dessen nüchterner Art, die er als Interesselosigkeit empfindet. Das Verhältnis zur Mutter war hingegen immer innig. Sie ist vor wenigen Jahren - noch vor Haftentlassung - gestorben.

2. bisherige Verurteilungen

Der Angeklagte ist einschlägig vorbestraft. Der Bundeszentralregisterauszug vom 07.12.2022 enthält drei Eintragungen:

a.) Urteil des Amtsgerichts Zeven aus dem Jahr 2008

Das Amtsgerichts Zeven verurteilte ihn mit Urteil vom 13.10.2008 wegen des Besitzes pornographischer Schriften zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen (8 Ds 3074 Js 4302/08). Das Urteil wurde am 21.10.2008 rechtskräftig. Die Vollstreckung ist erledigt.

Das Amtsgericht hat die Entscheidung wie folgt begründet:

"Dem Angeklagten wird in der Anklage der Staatsanwaltschaft Hannover vom 23.06.2008 vorgeworfen, sich am 26.09.2006 und davor über seinen Internetzugang in Newsgroups oder Tauschbörsen Video- und Bilddateien, auf denen der sexuelle Missbrauch von Kindern durch Erwachsene bzw. in grob anreißerischer Weise sexuelle Handlungen von Kindern untereinander bzw. an sich selbst dargestellt sind, beschafft und auf entsprechenden Medien gespeichert zu haben.

Bei der Durchsuchung sollen mindestens 106 Dateien mit derartigenBildern, davon neun Dateien mit Videosequenzen gefunden und sichergestellt worden sein. Er hat diesen Vorwurf in der Hauptverhandlung glaubhaft eingeräumt, wobei er sich dahingehend eingelassen hat, dass es sich abweichend von der Anklageschrift nur um 41 Bilddateien und fünf Videosequenzen gehandelt habe. Eine größere Zahl war ihm in der Hauptverhandlung auch nicht nachzuweisen.

Er ist somit gemäß § 184b Abs. 4 Strafgesetzbuch des Besitzes pornografischer Schriften schuldig. Es ist auf die aus dem Urteilstenor ersichtlichen Maßnahmen erkannt worden, die das Gericht für tat- und schuldangemessen erachtet.

Die Ratenzahlungsbewilligung beruht auf § 42 StGB.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 465 StPO."

b.) Urteil des Amtsgerichts Zeven aus dem Jahr 2013

Mit Urteil vom 01.10.2013 verhängte das Amtsgericht Zeven gegen den Angeklagten wegen des versuchten sexuellen Missbrauchs von Kindern eine Freiheitsstrafe von 3 Monaten und setzte die Vollstreckung zur Bewährung aus (9 Ds 122 Js 7667/13). Das Urteil wurde am 09.10.2013 rechtskräftig. Die Aussetzung wurde widerrufen. Die Strafe ist durch vollständige Verbüßung erledigt.

Das Amtsgericht hat festgestellt:

"Der 30-jährige ledige Angeklagte lebt allein in Z.. Er ist als Elektriker in H. beschäftigt und bezieht ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 1.300,00€. Er hat keinerlei Unterhaltsverpflichtungen. Wegen der hier abzuurteilenden Tat strebt er eine Therapie an, bisher jedoch erfolglos. Der Angeklagte ist bisher wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten: Am 13.10.2013 verurteilte ihn das AG Zeven, Az. 8 Ds 3704 Js 4302/08, wegen unerlaubten Besitzes von kinderpornographischen Schriften zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 10,00€.

Am 09.09.2012 in Z. chattete der Angeklagte im Internet mit einer Person, die sich als D. M. bezeichnete und angab, 10 Jahre alt zu sein. Er ging davon aus, dass seine Chatpartnerin D. M. tatsächlich ein Kind war. Dies ließ sich jedoch auch im Rahmen der Hauptverhandlung tatsächlich nicht klären, weil zwar die Person, mit welcher der Angeklagte chattete ihn, den Angeklagten sehen konnte, nicht jedoch der Angeklagte seine(n) Chatpartner(in). Er teilte der Person, die sich als D. M. ausgab, mit, dass er die ganze Zeit ihr Bild im Internet ansehe und in seiner Hose fummele und übersandte im Folgenden per Videoübertragung über die Webcam aufgenommene Bilder von sich in masturbierendem Zustand an seine(n) Chatpartner(in). Anschließend fragte er die Person, ob sie sich gerne "mal draufsetzen" wolle und was sie anhabe. Nachdem sie mitteilte, dass sie ein Nachthemd trage, forderte er sie auf es auszuziehen. Er fragte sie, was sie "drunter" tragen würde und ob sie sich nicht etwas streicheln und "fingern" wolle.

Der festgestellte Sachverhalt beruht auf dem glaubhaften Geständnis des Angeklagten sowie den übrigen in der Hauptverhandlung erhobenen Beweisen. Er ist daher des versuchten sexuellen Missbrauchs von Kindern, §§ 176 Abs. 4 Nr. 1, 2, 22, 23, 52 StGB, schuldig.

Es ist auf die aus dem Urteilstenor ersichtliche Freiheitsstrafe erkannt worden, die das Gericht für tat- und schuldangemessen erachtet. Innerhalb der anzuwendenden Strafrahmen ist das Gericht jeweils von dem Maß der Schuld des Verurteilten ausgegangen. Dabei hat das Gericht bei der Strafzumessung alle Umstände, die für und gegen den Verurteilten sprechen, unter Berücksichtigung der in § 46 StGB zu beachtenden Grundsätze der Strafzumessung gegeneinander abgewogen.

Zu Lasten des Verurteilten war bei der Bemessung der Strafe insbesondere zu berücksichtigen, dass dieser bereits einschlägig vorbestraft ist. Zugunsten des Verurteilten war zu berücksichtigen, dass er den Tatablauf im Wesentlichen in der Hauptverhandlung eingeräumt hat und erkennbar bedauert. Im Ergebnis erschien die Verhängung einer Freiheitsstrafe von drei Monaten tat- und schuldangemessen.

Es liegen besondere Umstände in der Tat und in der Persönlichkeit des Angeklagten, die die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf ihn und zur Verteidigung der Rechtsordnung unerlässliche machen (§ 47 Abs. 1 StGB).

Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe konnte gemäß § 56 Abs. 1 StGB noch zur Bewährung ausgesetzt werden. Der Verurteilte ist zwar einschlägig vorbestraft, gleichwohl stellt das Gericht dem Verurteilten derzeit eine positive Prognose. Es ist ihm die Bewährungsauflage erteilt worden, nach Weisung der Gerichtshilfe an einer geeigneten ambulanten Therapie teilzunehmen und diese planmäßig abzuschließen. Der Angeklagte ist zudem einsichtig und wünscht eine solche Therapie. Es besteht daher in der Gesamtschau eine durchaus begründete Hoffnung, dass sich das Leben des Verurteilten stabilisieren und er künftig nicht mehr straffällig werden wird."

c.) Urteil des Landgerichts Augsburg aus dem Jahr 2014

Am 11.11.2014 verurteilte ihn das Landgericht Augsburg wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in sechs Fällen, jeweils tateinheitlich mit der vorsätzlichen Körperverletzung sowie wegen des Besitzes von kinderpornographischen Schriften zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren und 6 Monaten. Das Urteil wurde am 30.12.2014 rechtskräftig. Die Strafe ist seit dem 04.01.2019 durch vollständige Verbüßung erledigt. Seit dem 18.12.2018 besteht Führungsaufsicht für die Dauer von 5 Jahren.

Das Landgericht hat die folgenden Feststellungen getroffen:

"C I. Vorfälle im Anwesen I.

Der Angeklagte ist ein Bekannter der F. I.. Diese ist die Mutter des 2006 geborenen Kindes A. J.. Während Besuchen des Angeklagten bei der Familie I. in ihrem Anwesen in der F.straße in H.-H. kam es zu den nachgenannten wissentlich und willentlich ausgeführten sexuellen Übergriffen des Angeklagten gegenüber der Geschädigten A. J.:

Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitraum um den 6.10.2013 übernachtete der Angeklagte für mindestens 3 Nächte im Anwesen der Familie I. Nachdem der Angeklagte zunächst zwei Tage auf der Wohnzimmercouch geschlafen und hierbei Rückenbeschwerden geäußert hatte, übernachtete er anschließend auf Veranlassung der Kindsmutter gemeinsam mit der Geschädigten A. J. in dem Bett in deren Kinderzimmer. Bei dieser Gelegenheit zog die Geschädigte auf seine Aufforderung hin ihre Hose aus und ihre Unterhose herunter. Sodann massierte der Angeklagte die Scheide der Geschädigten mit seinem Zeigefinger und drang hierbei auch mit diesem Finger in den Scheidenvorhof mittels kratzenden beziehungsweise drückenden Bewegungen ein. Wie vom Angeklagten zumindest billigend in Kauf genommen, erlitt die Geschädigte hierdurch Schmerzen an ihrer Scheide sowohl während des Massierens beziehungsweise des Einführens des Fingers als auch beim späteren Toilettengang.

Während seines 2. Besuchs bei der Familie I. im Zeitraum vom 31.12.2013 bis zum 5.01.2014 übernachtete der Angeklagte wiederum gemeinsam mit der Geschädigten A. J. im Bett ihres Kinderzimmers. In 5 Fällen massierte der Angeklagte jeweils mit seinem Zeigefinger fest die Scheide der Geschädigten und drang hierbei auch mit diesem Finger in den Scheidenvorhof mittels kratzenden beziehungsweise drückenden Bewegungen ein. Wie vom Angeklagten zumindest billigend in Kauf genommen, erlitt die Geschädigte hierdurch Schmerzen an ihrer Scheide sowohl während des Massierens beziehungsweise des Einführens des Fingers als auch beim späteren Toilettengang. In einem Fall, wobei die Kammer nicht zu klären vermochte, bei welchem der jeweiligen Vorfälle dies war, entblößte der Angeklagte seinen Penis und fragte die Geschädigte, ob sie seinen Penis massieren wolle. Die Geschädigte lehnte sein Ansinnen ab, weshalb es zu der seitens des Angeklagten beabsichtigen sexuellen Handlung nicht kam.

Das Alter der Geschädigten war dem Angeklagten hierbei jeweils bekannt.

Die Staatsanwaltschaft hält wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten.

C II. Kinderpornographische Videos

Am 07.05.2014 befand sich der Angeklagte in seiner Wohnung in der B.-Straße in Z. im Besitz seines Personalcomputers Notebook Samsung. Auf diesem Speichermedium waren, wie der Angeklagte wusste und wollte, insbesondere 13 ungelöschte digitale Videodateien mit kinderpornographischem Inhalt mit einer Gesamtabspieldauer von 43 Minuten und 39 Sekunden abgespeichert, die folgenden Inhalts - mit tatsächlichem bzw. wirklichkeitsnahem Geschehen - sind:

1.) ein Video eines Mädchens unter 14 Jahren, das mit ihrer rechten Hand an ihren Geschlechtsteilen manipuliert und insbesondere den rechten Zeigefinger in ihre Vagina einführt (Pfad ...)

2.) ein Video eines Mädchens unter 14 Jahren, mit dem Oral- und Vaginalverkehr durchgeführt wird (Pfad: ...)

3.) Mädchens unter 14 Jahren, mit dem der vaginale Geschlechtsverkehr durch eine Person unter 14 Jahren durchgeführt wird (Pfad: ...)

4.) ein Video eines Mädchens unter 10 Jahren, das zeigt, wie ein Erwachsener einen Zeigefinger in die Vagina des Kindes einführt und den vaginalen Geschlechtsverkehr mit dem Kind vollzieht (Pfad: ...)

5.) ein Video eines Mädchens unter 10 Jahren, das den Oralverkehr an einem Erwachsenen durchführt (Pfad: ...)

6.) ein Video eines Mädchens unter 10 Jahren, das mit ihren Händen an ihren Geschlechtsteilen manipuliert (Pfad: ...)

7.) ein Video eines Mädchens unter 14 Jahren, mit dem Vaginal- und Oralverkehr durchgeführt wird, wobei das Kind eine Maske trägt (Pfad: ...)

8.) ein Video eines Mädchens unter 14 Jahren, das einen Dildo vaginal einführt (Pfad: ...)

9.) ein Video eines an den Füßen gefesselten Mädchens unter 10 Jahren, an dem durch einen Erwachsenen der anale und vaginale Geschlechtsakt durchgeführt wird, wobei zum Teil während des Analverkehrs zugleich ein Finger in die Vagina eingeführt wird (Pfad: ...)

10.) ein Video eines Mädchens unter 10 Jahren, das an einem Erwachsenen den Oralverkehr durchführt (Pfad: ...)

11.) ein Video eines Mädchens unter 10 Jahren, mit dem Oral- und Vaginalverkehr durchgeführt wird (Pfad: ...)

12.) Video eines Mädchens unter 14 Jahren, mit dem der vaginale Geschlechtsverkehr durchgeführt wird (Pfad: ...).

Die Fähigkeit des Angeklagten, das Unrecht der von ihm begangenen Taten einzusehen und auch dieser Einsicht entsprechend zu handeln, war zu den Tatzeitpunkten weder rechtserheblich eingeschränkt noch aufgehoben.

Das Landgericht würdigte die Taten rechtlich wie folgt:

"Aufgrund des festgestellten Sachverhalts hat sich der Angeklagte, wie tenoriert, wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in 6 tatmehrheitlichen Fällen, jeweils in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, in Tatmehrheit mit Besitz kinderpornographischer Schriften schuldig gemacht. Die Kammer ist der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach das Einführen eines Fingers in den Scheidenvorhof zur tatbestandlichen Verwirklichung des § 176 a Abs. 2 Nr. 1 StGB führt, gefolgt."

Im Hinblick auf die Schuldfähigkeit heißt es dort:

"Die Schuldfähigkeit des Angeklagten war zu den Tatzeitpunkten nicht gemäß §§ 20, 21 StGB erheblich vermindert oder aufgehoben. Die Kammer ist aufgrund des in der Hauptverhandlung erstatteten Gutachtens des als forensisch erfahrenen Sachverständigen Dr. W., dessen Ausführungen sich die Kammer nach eigener kritischer Prüfung zu eigen macht, davon überzeugt, dass der Angeklagte zu den festgestellten Tatzeitpunkten voll schuldfähig war.

Beim Angeklagten seien - so der Sachverständige Dr. W.- keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Auslenkung von Denken, Antrieb und/ oder Affektivität in Richtung einer hypomanischen/ manischen Episode oder in die einer Depression / Dysthymia gegeben, weswegen eine affektive Störung auszuschließen sei.

Ausgeschlossen seien auch das Vorhandensein von Wahnphänomenen, lch-Erlebnisstörungen, akustischen oder anderen Halluzinationen oder für als Negativsymptomatik bezeichnete dauerhafte Verarmungen des Denkens, Fühlens, Handelns oder der sozialen Kontaktfähigkeit, weswegen eine Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis ebenfalls nicht vorliege. Die Ergebnisse der Exploration, der körperlich-neurologischen Untersuchung sowie einer orientierenden neuropsychologischen Testuntersuchung (DCS-II) hätten keinen Hinweis auf das Vorliegen einer hirnorganischen Störung oder einer körperlichen Erkrankung, die das ZNS beeinträchtigen würde, ergeben.

Es liege keinerlei Indiz für eine handlungsrelevante Alkohol- oder Drogenintoxikation vor. Eine krankhafte seelische Störung im juristischen Sinne sei mithin ausgeschlossen.

Ausgeschlossen sei auch das zweite Eingangsmerkmal der tiefgreifenden Bewusstseinsstörung. Nachdem sich die gesetzeswidrigen Handlungen an der Geschädigten mehrfach wiederholt haben, die sich über einen längeren Zeitraum hingezogen haben, und ein zielgerichtetes Vorgehen des Angeklagten während der Tathandlung vorgelegen habe, sei der Handlungsablauf nicht mit dem einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung vereinbar. Angesichts der wiederholten klaren Darlegungen von zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhängen sowie von komplexen Gedankengängen seien jegliche Verdachtsmomente für eine Intelligenz unterhalb des Durchschnitt-bereichs auszuschließen. Das Ergebnis einer orientierenden Testung der Intelligenz habe einen IQ im oberen Durchschnittsbereich ergeben, weswegen Schwachsinn ebenfalls auszuschließen sei.

Auch eine sog. schwere andere seelische Abartigkeit sei auszuschließen. Beim Angeklagten ließen sich einige zwanghafte, histrionische und vor allem gewisse narzisstische Verhaltenstendenzen feststellen. Letztere hätten Ausdruck durch eine Ichbezogenheit, Lässigkeit, eine Eitelkeit in der Selbstbeschreibung, das Demonstrieren einer moralischen Überlegenheit und eine leichte Kränkbarkeit. Allerdings habe er in einen adäquaten interpersonellen Kontakt treten können, Berichte über Angehörige hätten von einer Fähigkeit/ Bereitschaft zu Empathie gezeugt. Mit Blick auf seine Fähigkeit, die problematischen Verhaltenstendenzen kurz zu halten, auf eine abgeschlossene Ausbildung, ein mehrjähriges durchgehendes Arbeitsverhalten und einige längere Partnerschaften sei nicht von deutlichen Einschränkungen der sozialen Leistungsfähigkeit auszugehen. Die genannten Charakteristika seien daher nicht derart ausgeprägt, dass eine ausgeprägte Persönlichkeitsakzentuierung oder gar eine Persönlichkeitsstörung (ICD-10: F60) festzustellen sei. Aus der psychologischen Testung (SKID-II, MMPI-2, IKP, PCL-R) habe sich ebenfalls kein Hinweis auf das Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung.

Unter Berücksichtigung der festgestellten und in die Hauptverhandlung eingeführten Vorverurteilungen sei es im Laufe der Jahre zu einer kontinuierlichen Steigerung der Tatschwere gekommen. Angesichts der lch-Syntonie der pädophilen Phantasien, einer gewissen Alltagsrelevanz und der wiederholten Inkaufnahme von schwersten Konsequenzen bei ihrer Verwirklichung dürfte es sich bei der pädophilen Paraphilie (ICD-10: F65.4) um die wesentliche sexuelle Strömung im Sinne einer sog. Kernpädophilie handeln. Mit Blick auf das Fehlen einer Persönlichkeitsstörung und weiterer gravierender Persönlichkeitsauffälligkeiten sei nicht ersichtlich, dass die pädophilen Neigungen den Angeklagten im Wesen seiner Persönlichkeit derart verändert hätten, dass es zu zwanghaften gedanklichen Einengungen auf Sexualverkehr mit Kindern, einer suchtartigen Entwicklung und/ oder einem Ausbau des Raffinements zur Erlangung ungestörter sexueller Kontakte mit Kindern gekommen wäre. Die beim Angeklagten vorhandene Pädophilie sei allerdings vorliegend - angesichts der geschilderten Argumente - nicht gleichzusetzen mit einer schweren anderen seelischen Abartigkeit. Nachdem keines der Eingangsmerkmale erfüllt sei, lägen die medizinischen Voraussetzungen für eine Beeinträchtigung der Einsichtsfähigkeit oder für eine aufgehobene oder erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit nicht vor.

Die Kammer hat sich den nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. W. nach eigener kritischer Prüfung angeschlossen und ist davon überzeugt, dass weder die Einsichts- noch die Steuerungsfähigkeit zu den Tatzeit-punkten aufgehoben bzw. erheblich vermindert war.

Zur Strafzumessung wurde folgendes ausgeführt:

"Tat Ziffer C

Die Kammer hat der Strafzumessung den nach §§ 49 Abs. 1 i. V. m. 46 a Nr. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des §176 a Abs. 2 Nr.1 StGB zugrunde gelegt. Die Voraussetzung für eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 StGB lagen - wie dargestellt - nicht vor. Die Kammer hat zunächst geprüft, ob die Voraussetzungen eines minderschweren Falles gemäß § 176 a Abs. 4 Hs. 2 StGB - zunächst ohne Berücksichtigung des vertypten Milderungsgrundes des Täter-Opfer-Ausgleichs gemäß §§ 46 a, 49 StGB - gegeben sein könnten, diese Frage jedoch im Ergebnis verneint. Zur Prüfung der Frage, ob ein minder schwerer Fall angenommen werden kann, ist eine Gesamtbetrachtung erforderlich. Hierfür sind alle Umstände heranzuziehen und zu würdigen, die für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, gleichgültig, ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen. Insbesondere müssen auch die Persönlichkeit des Täters, sein Gesamtverhalten, seine Tatmotive und die begleitenden Umstände der Tat gewürdigt werden.

In dem Zusammenhang hat die Kammer zu Gunsten des Angeklagten insbesondere berücksichtigt, dass der Angeklagte sich in der Hauptverhandlung vollumfänglich geständig zeigte und damit der Geschädigten eine weitere belastende Zeugenaussage ersparte; dass er über den im Rahmen eines Täter-Opfer-Ausgleichs hinausgehenden ohnehin erforderlichen kommunikativen Prozess und eines Stehen zur Tat hinaus - in der Hauptverhandlung Schuldeinsicht und Reue zeigte und sich für sein Verhalten in der Hauptverhandlung - für die Kammer offenkundig - aufrichtig und ehrlich entschuldigte; dass er die vom Sachverständigen aufgezeigten - wenn auch nicht den Schweregrad der §§ 20, 21 StGB erreichenden (vgl. dazu Ziffer E.) - Persönlichkeitsdefizite aufweist und mithin die diagnostizierte Pädophilie die Tatmotivation bildete; dass ihm die Tatbegehung anlässlich des Besuchs der Familie I. von Seiten der Eltern besonders leicht gemacht wurde, nachdem die Eltern der Geschädigten leichtsinniger Weise den Angeklagten im Zimmer und hier im Bett des Kindes - gemeinsam mit dieser - schlafen ließen; dass die Taten während des zweiten Besuchs in engem zeitlichen Zusammenhang erfolgt und damit Ausdruck einer geringeren Hemmschwelle sind; dass durch die Tat bei der Geschädigten keine - derzeit absehbaren - Dauerfolgen zurückgeblieben sind; dass er sich erstmals in Haft befindet und deshalb auch besonders haftempfindlich ist.

Zu Lasten des Angeklagten war jedoch insbesondere zu werten, dass der Angeklagte zwei Einträge im Bundeszentralregister aufweist, insbesondere einschlägig wegen (versuchten) sexuellen Missbrauchs von Kindern; dass er fünf Taten in einschlägig offener Bewährung begangen hat; dass er mit höchst denkbarer Rückfallgeschwindigkeit erneut straffällig geworden ist, da zwischen der Verurteilung gemäß Bundeszentralregister Nr. 2 (01.10.2013) und der ersten Tat am 06.10.2013 nur fünf Tage liegen; dass der Angeklagte jeweils tateinheitlich zwei Delikte verwirklichte; dass das Alter der Geschädigten zum Zeitpunkt der Taten weit unterhalb der Schutzgrenze lag.

Unter nochmaliger Abwägung all dieser Strafzumessungsgesichtspunkte und des festgestellten Tatgepräges ist die Kammer zu dem Ergebnis gelangt, dass für die Anwendung des Strafrahmens für minder schwere Fälle hier kein Raum besteht, da ein Überwiegen schuldmindernder Faktoren nicht festzustellen ist.

Nach Abwägung der vorgenannten Strafzumessungsgesichtspunkte kam der Strafrahmen für minderschwere Fälle nach § 176 a Abs. 4 Hs. 2 StGB auch unter Einbeziehung des vertypten Strafmilderungsgrundes des Täter-Opfer-Ausgleichs gemäß § 46 a StGB und der darüber hinaus im Wege des Vergleichs in der Hauptverhandlung abgegebenen Verpflichtungserklärung des Angeklagten zur Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes in Höhe von 3.000 € nicht in Betracht.

Zwar hat der Angeklagte mit der Geschädigten einen Täter-Opfer-Ausgleich im Sinne des § 46 a Nr. 1 StGB durchgeführt. Die fakultative Strafrahmenverschiebung gemäß § 46 a Nr. 1 StGB erfordert einen kommunikativen Prozess zwischen dem Täter und dem Opfer, wobei das Verhalten des Täters Ausdruck der Übernahme von Verantwortung sein muss. Diesem Erfordernis ist nach Auffassung der Kammer vorliegend Genüge getan. Der Angeklagte hat während des Laufs der Hauptverhandlung den seitens der Geschädigten im Wege des gestellten Adhäsionsantrags verlangten Schmerzensgeldbetrag in Höhe von 5.000 € an die Geschädigte - wie diese im Rahmen der Hauptverhandlung bestätigte - gezahlt. Der Angeklagte hat während des Laufs der Hauptverhandlung einen ernstlich kommunikativen Prozess mit der Geschädigten über seinen Verteidiger in Gang gesetzt. Die Kammer ist daher nicht zuletzt vor dem Hintergrund der seitens des Angeklagten im Rahmen der Hauptverhandlung getätigten Äußerungen davon überzeugt, dass er sich gegenüber der Geschädigten A. J. zu seiner Schuld bekannt hat. Auch verpflichtete sich der Angeklagte in der Hauptverhandlung - über den Täter-Opfer-Ausgleich hinaus - vergleichsweise zur Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes in Höhe von 3000 Euro. Die Kammer erachtete die geleistete Zahlung in Höhe von 5.000 € Schmerzensgeld per se als ausreichend an, um die gesetzlichen Voraussetzungen eines Täter-Opfer-Ausgleichs und damit die Voraussetzungen für eine Strafrahmenverschiebung zu begründen. Soweit sich der Angeklagte im Rahmen des Verlaufs des zweiten Verhandlungstages - über dies hinaus - zusätzlich im Wege des Vergleichs zur Zahlung von weiteren 3.000 € verpflichtete, um einen weiteren Schmerzensgeldprozess und die hiermit verbundenen Folgen für die Geschädigte zu vermeiden, hat die Kammer dies zusätzlich als einfaches Strafzumessungskriterium zu seinen Gunsten gewertet, nachdem die Voraussetzungen für einen Täter-Opfer-Ausgleich mit der Zahlung der mindestens geforderten 5.000 € zwischen dem ersten und zweiten Verhandlungstages erfüllt waren. Allerdings ist das während des Laufs der Hauptverhandlung gezahlte Schmerzensgeld in Höhe von 5.000 € und damit der durchgeführte Täter-Opfer-Ausgleich per se sowie die durch den Angeklagten zusätzliche übernommene vergleichsweise Verpflichtung zur Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes in Höhe von 3.000 € nach entsprechender Würdigung der Kammer unter nochmaliger Abwägung der im übrigen aufgeführten Strafzumessungskriterien nicht geeignet, den Anwendungsfall eines minderschweren Falles zu begründen.

Ein Überwiegen schuldmindernder Faktoren ist auch und unter Berücksichtigung des durchgeführten Täter-Opfer-Ausgleichs sowie der zusätzlich übernommenen vergleichsweisen Verpflichtung zur Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes in Höhe von 3.000 € nicht zuletzt vor dem Hintergrund des erheblich unterhalb der gesetzlichen Schutzgrenze liegenden Alters der Geschädigten sowie der Tatbegehung in offener einschlägiger Bewährung mit höchst denkbarer Rückfallgeschwindigkeit nicht festzustellen.

Gleichwohl hat die Kammer den Regelstrafrahmen des § 176 a Abs. 2 Nr. 1 StGB nach §§ 46 a Nr. 1, 49 StGB gemildert, nachdem die Kammer ihr Ermessen dahingehend ausübte, dass sie trotz der Tatbegehung in offener einschlägiger Bewährung mit höchst denkbarer Rückfallgeschwindigkeit die Strafe unter Berücksichtigung des vollumfänglichen Geständnisses des Angeklagten und des Umstandes, dass keine - derzeit absehbaren - Dauerfolgen bei der Geschädigten vorhanden sind, in einer Gesamtschau der Tatumstände und der Täterpersönlichkeit nach § 49 Abs. 1 StGB milderte.

Zur Bemessung der Strafe innerhalb des so gefundenen Strafrahmens hat die Kammer zu allen Taten nochmalig alle unter C. 1. 1. zugunsten und zulasten des Angeklagten dargelegten Strafzumessungsgesichtspunkte, insbesondere die zusätzliche vergleichsweise Verpflichtung zur Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes in Höhe von 3.000 €, bei der konkreten Strafzumessung jeweils umfassend abgewogen, wobei dem vollumfänglichen Geständnis des Angeklagten besondere Bedeutung zukam.

Nach Gesamtwürdigung dieser Umstände erschienen der Kammer mit Ausnahme der Tat, bei der der Angeklagte die Geschädigte zu einem "Penismassieren" befragte, jeweils Einzelstrafen von 2 Jahren tat- und schuldangemessen.

Hinsichtlich der Tat, bei der der Angeklagte die Geschädigte zu einem "Penismassieren" durch sie befragte, erachtete die Kammer angesichts des hierin verwirklichten zusätzlichen sexuellen Verlangens und des darin liegenden Unrechtsmehrwerts der Tat unter Abwägung sämtlicher für und gegen den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte eine Einzelstrafe von 2 Jahren 3 Monaten für tat- und schuldangemessen.

C II.

Die Kammer hat der Strafzumessung den Strafrahmen des § 184 b Abs. 4 S.2, S.1 StGB zugrunde gelegt. Die Voraussetzung für eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 StGB liegen - wie dargestellt - nicht vor. Die Voraussetzungen einer Strafrahmenverschiebung wegen des durchgeführten Täter-Opfer-Ausgleichs im Sinne des § 46 a StGB liegen in Bezug auf den Tatbestand des § 184 b Abs. 4 StGB nicht vor, da sich der durchgeführte Täter-Opfer-Ausgleich insoweit nicht auswirkt

Zur Bemessung der Strafe innerhalb dieses Strafrahmens waren alle für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte abzuwägen. Zu Gunsten des Angeklagten war insbesondere zu berücksichtigen: dass der Angeklagte in der Hauptverhandlung vollumfänglich geständig war; dass er in der Hauptverhandlung Schuldeinsicht und Reue zeigte; dass er die vom Sachverständigen aufgezeigten - wenn auch nicht den Schweregrad der §§ 20, 21 StGB erreichenden - Persönlichkeitsdefizite aufweist und mithin die diagnostizierte Pädophilie die Tatmotivation bildete; dass er sich erstmals in Haft befindet und deshalb auch besonders haftempfindlich ist. Zu Lasten des Angeklagten waren jedoch insbesondere zu werten: dass der Angeklagte zwei Einträge im Bundeszentralregister aufweist, insbesondere einschlägig wegen Besitz kinderpornographischer Schriften; dass er die Tat in offener Bewährung beging und insoweit auch eine hohe Rückfallgeschwindigkeit an den Tag legte, nachdem zwischen der Rechtskraft der Verurteilung gemäß Bundeszentralregister Nr. 2 am 09.10.2013 und dem Tatzeitpunkt am 07.05.2014 nur wenige Monate liegen; dass der Angeklagte eine hohe kriminelle Energie zu Tage treten ließ, indem die bei ihm aufgefundenen zahlreichen kinderpornographische Videos eine lange Gesamtabspieldauer aufweisen und u. a. harte Pornographie an mitunter sehr jungen Kindern zeigen.

Unter nochmaliger Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände, wobei dem vollumfänglichen Geständnis des Angeklagten besondere Bedeutung zukam, erachtete die Kammer eine Freiheitsstrafe von 1 Jahr für tat- und schuldangemessen

III. Gesamtabwägung

Unter nochmaliger Gesamtabwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände, -wobei dem Geständnis, durch welches der Geschädigten eine erneute belastende Aussage erspart blieb, besondere Beachtung zukam-, erachtete die Kammer eine Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren 6 Monaten für tat- und schuldangemessen."

3. Haftdaten

Der Angeklagte wurde am 13.06.2022 in dieser Sache festgenommen und befindet sich seitdem in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Bremervörde.

II. Feststellungen zur Sache

1. Tat 1 der Anklage vom 26.07.2022 (Tat 1)

An einem nicht näher bestimmbaren Abend im Jahr 2020, jedenfalls aber vor dem 23.12.2020, übernachtete der 2011 geborene P. T. in der Wohnung des Angeklagten im T.W. , G. M.. Es war der zweite Übernachtungsbesuch des Jungen in der Wohnung des Angeklagten. P. hatte sich gewünscht, nochmals bei ihm schlafen zu dürfen, denn der erste Besuch war für ihn vergnüglich gewesen. Insbesondere hatte der Angeklagte ihm beim ersten Besuch Süßigkeiten angeboten. Darüber freute P. sich besonders, denn zuhause gab es für ihn nichts Süßes. Seine Eltern hatten ihm nach Rücksprache mit dem Kinderarzt jegliche Süßigkeiten verboten, weil er unter ADHS litt und die Symptomatik sich verschlimmerte, wenn er Industriezucker gegessen hatte. P. war mit seinen acht Jahren nicht in der Lage, Süßigkeiten nur in verträglichen Maßen zu essen und durfte aus diesem Grund gar keinen Kuchen, Gebäck, Schokolade etc. zu sich nehmen. Er musste deshalb vor seinen Eltern verbergen, dass er trotz des Verbots Süßes gegessen hatte. Dies wusste der Angeklagte und nutzte die Schwäche des Kindes für Süßigkeiten aus, um ein erstes gemeinsames Geheimnis zwischen ihnen zu schaffen, das für den Jungen zugleich mit Genuss und mit Schuld verknüpft war.

Mit dem Vater des Kindes war vereinbart, dass der Angeklagte das Kind abends mit dem Auto zu sich mitnehmen und am nächsten Morgen nach dem Frühstück zurück zum Vater bringen würde. Gegen 20:00 Uhr machten der Angeklagte und P. sich bettfertig, sie zogen Schlafanzüge an und der Angeklagte klappte das große Schlafsofa in seinem Wohnzimmer aus. Dort wollten sie zusammen einen Film anschauen und P. durfte sich wieder so viele Süßigkeiten aussuchen, wie er wollte.

Nachdem sie sich hingelegt hatten, fing der Angeklagte an, das Kind am ganzen Körper zu berühren. Er zog die Schlafanzughose des Kindes herunter und fasste dessen nackten Penis an. Schließlich nahm er den Penis des Kindes in die eine Hand und rieb daran. Gleichzeitig masturbierte er mit der anderen Hand an seinem Glied. Dieses Geschehen dauerte etwa 15 Minuten. Danach war der Penis des Kindes rot und schmerzte, was P. jedoch für sich behielt und der Angeklagte auch nicht bemerkte.

Die Nacht verbrachten sie gemeinsam auf dem Schlafsofa. Morgens fuhr der Angeklagte P. zurück zum Vater. Er schärfte dem Kind ein, niemanden zu erzählen, was genau am Abend geschehen war. P. hielt sich daran.

2. Tat 2 der Anklage vom 26.07.2022 (Tat 2)

Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt im Jahr 2020, jedenfalls aber vor dem 23.12.2020, nahm der Angeklagte den P. T. zum dritten Mal mit in seine Wohnung in G. M.. P. sollte bei ihm schlafen. Gleich nach der Ankunft in der Wohnung zog der Angeklagte sich und das Kind nackt aus. Er führte P. ins Badezimmer und stellte sich mit ihm unter die Dusche. Dort berührte er ihn am Po und am Penis. Außerdem forderte er P. auf, seinen Penis - den des Angeklagten - anzufassen, was das Kind auch tat. Dann bereitete der Angeklagte das Schlafsofa vor und legte wieder wie beim letzten Mal Süßigkeiten für das Kind bereit. Er wählte einen Film aus. Sie legten sich nackt auf das Schlafsofa. P. sah zum Fernseher hin, während der Angeklagte quer zu ihm lag. In dieser Position nahm der Angeklagte den Penis des Kindes in den Mund. Er bewegte für etwa 15 Minuten seinen Kopf auf und ab, saugte an P. Penis und wollte den Jungen dadurch erregen, was nicht gelang. P. fühlte sich unwohl und hatte Schmerzen am Penis, was er aber nicht äußerte und der Angeklagte nicht bemerkte. Der Angeklagte stütze sich währenddessen mit der einen Hand neben P. ab und masturbierte mit der anderen Hand. So brachte er sich zum Samenerguss. Danach sahen sie weiter fern und schliefen wieder gemeinsam auf dem Sofa. Morgens brachte der Angeklagte das Kind zurück zu seinem Vater.

Die Weihnachtsfeiertage 2020 sollte P. bei seinem Vater verbringen. Er kündigte dem Angeklagten seinen Besuch an und sendete ihm am 23.12.2020 per WhatsApp als Sprachnachricht: "Du darfst auch meinen Penis in den Mund nehmen."

3. Tat 3 der Anklage vom 26.07.2022 (Tat 3)

Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt nach den vorgenannten Taten war P. T. wieder zu Besuch bei seinem Vater an der Adresse A.d.H. in V.. Er schlief wie üblich auf einem großen stabilen Kissen im Wohnzimmer im Erdgeschoss. An diesem Abend - möglicherweise an den Weihnachtsfeiertagen 2020, vielleicht aber auch erst im Jahr 2021, dann aber jedenfalls vor dem 18.10.2021 - war zugleich der Angeklagte zu Besuch. Er blieb über Nacht und lag auf einem Sofa, das sich im Flur im Obergeschoss befand. Direkt an diesen Flur angrenzend war das Schlafzimmer von H. T. und der Tante des Angeklagten, M. K., wo die beiden auch in dieser Nacht schliefen. Spätabends kam P. leise hoch ins Obergeschoss und schlüpfte zu dem Angeklagten unter die Decke. Der Angeklagte umarmte das Kind. P. wollte jedoch am Penis oder Po nicht angefasst werden und sagte dem Angeklagten das auch. Der Angeklagte streichelte ihn trotzdem weiter und redete mit gesenkter Stimme auf ihn ein. Dabei verhielt er sich besonders leise, flüsterte nur und hielt auch P. dazu an, leise zu bleiben. Der Angeklagte wollte so vermeiden, dass H. T. und M. K. aufwachen und auf sie aufmerksam werden würden. Sie sollten P. nicht mit ihm im Bett unter seiner Decke sehen. Beide wussten von der Neigung des Angeklagten, seiner Haftstrafe und auch, dass er deswegen unter Führungsaufsicht stand. T. hatte zu Beginn ihrer Bekanntschaft mit Vehemenz sinngemäß zu ihm gesagt, er werde ihm den Kontakt zu den Kindern verbieten, wenn er mitbekomme, dass er sich seinem Sohn in sexueller Weise nähere. Dem Angeklagten war in dieser Situation bewusst, dass einer etwaigen Entdeckung darüber hinaus noch weitere ernsthafte Konsequenzen - Mitteilung an die Polizei und die Führungsaufsichtsstelle, Einleitung eines Strafverfahrens, möglicherweise eine weitere Haftstrafe - folgen würden. Er hatte deshalb Angst, entdeckt und gestellt zu werden, sah zugleich aber auch die unmittelbare Gelegenheit zur sexuellen Befriedigung, die er nutzen wollte. Diese Gelegenheit erschien ihm günstig, weil er davon ausging, dass H. T. und M. K. fest schliefen, P. sich bereits in seinem Bett befand und bislang nie Gegenwehr gezeigt hatte. Das Entdeckungsrisiko schätzte er daher in diesem Moment als gering ein.

Der Angeklagte war gerade dabei, die Hand in die Schlafanzughose des Kindes zu stecken und dessen nackten Penis zu berühren, als er ein lautes Geräusch aus dem Schlafzimmer nebenan hörte. Er erschrak. Das Geräusch klang für ihn wie das Knarzen der Bodendielen. Im nächsten Moment würde H. T. oder seine Tante aus dem Zimmer treten und ihn dann mit dem Kind ertappen, glaubte er. Aus seiner Sicht würde nicht nur diese Tat, sondern auch die bereits begangenen Übergriffe so aufgedeckt werden. Er befürchtete, dass alles ans Licht komme. In Panik schob er P. vom Sofa. Er flüsterte ihm hektisch zu, sofort wieder nach unten zu gehen, was das Kind auch ohne Nachfragen tat und sich im Wohnzimmer auf seinen Schlafbereich legte. Der Angeklagte lauschte über einen längeren Zeitraum nach weiteren Geräuschen und starrte auf die Tür. Doch alles blieb still, offenbar hatte er sich geirrt. Weder H. T. noch die Tante des Angeklagten traten aus dem Schlafzimmer. Aus Furcht vor einer Entdeckung sah er von einem erneuten Ansatz, den P. in dieser Nacht anzusprechen, ab.

P. hielt sich in der Folge an die Vorgabe, über das gesamte Geschehen zu schweigen, ohne genau zu erfassen, weshalb geheim bleiben sollte, dass der Angeklagte ihn am Penis angefasst hatte und mit ihm "Sex machte". Die Sache war ihm selbst unangenehm, schließlich war es auch schmerzhaft gewesen, es kam ihm falsch vor, ohne genau benennen zu können, weshalb. P. ahnte, dass seine Eltern missbilligen würden, was der Angeklagte getan hatte. Wenn sie davon wüssten, dürfte er den Angeklagten bestimmt nicht mehr sehen. Er würde also auch keine Süßigkeiten mehr bekommen und dann die Zeit in V. allein mit seinem Vater und den Geschwistern verbringen müssen. Außerdem würde es vielleicht Ärger zwischen seinen Eltern geben oder er würde ausgeschimpft werden, weil er so lange nichts gesagt hätte.

Auch fürchtete er, die Freundschaft zwischen seinem Vater und dem Angeklagten könne in die Brüche gehen. So verschloss er es in sich und sprach er mit keinem Menschen darüber.

Seinen Eltern berichtete er erst im Anschluss an die polizeiliche Vernehmung am 24.05.2022 von den Vorfällen. Auf Nachfragen der Mutter antwortet er nicht, er weicht dem Thema aus. Seit seinem 6. Lebensjahr ist er wegen des bei ihm diagnostizierten ADHS in psychologischer Behandlung. Er besucht eine Förderschule und wird als verhaltensauffällig, also aufgedreht, konzentrationsschwach und ungehorsam, beschrieben. Ob und inwieweit die Übergriffe des Angeklagten zu seinem seelischen Zustand weiter beigetragen haben mögen, konnte nicht festgestellt werden.

4. Tat 3 der Anklage vom 21.11.2022 (Tat 4)

Der Angeklagte unterhielt von Juni bis August 2021 einen Whatsapp Chat mit der am 23.12.2010 geborenen E. Ö. aus B.. Am 04.06.2021 forderte der Angeklagte die zehnjährige E. Ö. im Rahmen ihrer Kommunikation per WhatsApp aus seiner Wohnung heraus auf, sich selbst zu befriedigen und davon mit dem Mobiltelefon ein Video anzufertigen. Dieses Video sollte sie ihm mittels WhatsApp übersenden. Das Mädchen, dessen Alter dem Angeklagten bekannt war, tat, was der Angeklagte von ihr verlangte. Sie posierte vor der Kamera ihres Mobiltelefons und blickte von schräg oben in die Kamera. Das dunkelhaarige Mädchen war nicht geschminkt, sie trug eine Brille, die Gesichtszüge waren rundlich. Sie war nur mit einem weiten Kleid bekleidet, das sie nach oben in Richtung ihrer Schultern zog. Sie kniete vor der Kamera und beugte sich nach hinten, so dass sie ihre nackten Brüste, den nackten Bauch und die Vagina zeigte. Das Schamhaar, die Schamlippen und der Scheideneingang waren deutlich zu erkennen. Sie berührte dann ihre Scheide mit der rechten Hand und führte einen Finger ein. Zunächst rieb sie mit der Hand dort und führte dann einen nicht eindeutig erkennbaren Gegenstand in die Scheide ein. Das Video hat eine Laufzeit von etwa fünf Minuten. Der Angeklagte speicherte das Video, auf dem auch das Gesicht des nackten Mädchens zu erkennen ist, auf seinem Mobiltelefon. Er sah es sich mindestens einmal an, um dabei zu masturbieren.

Die Fähigkeit des Angeklagten, das Unrecht aller festgestellten Taten einzusehen, war zu den Tatzeitpunkten nicht beeinträchtigt und seine Fähigkeit, jeweils nach dieser Einsicht zu handeln, auch nicht erheblich vermindert.

III. Beweiswürdigung

1. Die Feststellungen zur Person des Angeklagten und seiner Lebens- und Gesundheitsgeschichte beruhen auf den Angaben des psychiatrischen Sachverständigen Dr. H. S., die der Angeklagte als zutreffend bestätigt und umfänglich in eigener Einlassung ergänzt hat.

Sie beruhen ferner auf dem verlesenen Bundeszentralregisterauszug sowie auf den eingeführten Urteilen und den Berichten der Bewährungshilfe.

a.) Einlassung des Angeklagten

Der Angeklagte hat sich in der Hauptverhandlung zu den ihm vorgeworfenen Taten geständig eingelassen und insbesondere wie festgestellt zu seinem inneren Erleben und den Beweggründen für sein Verhalten ausgeführt.

aa.) Zur Entwicklung seiner sexuellen Neigung äußerte er sich ausführlich.

Insbesondere erläuterte er mehrfach, wie er mit dem Wunsch, einem Kind sexuell nahe zu kommen, in der Vergangenheit umgegangen sei und wie er sich die Zukunft vorstelle. Schon früh habe er gemerkt, dass junge Mädchen, also noch kindlich mit präpubertärem Körperbau, ihn erregten. Untergründig sei stets eine gewisse Aufmerksamkeit für junge Mädchen da, etwa, wenn er ein hübsches Mädchen auf der Straße sehe oder im Fernsehen. Dies sei bei ihm genauso wie bei Menschen mit anderer sexueller Ausrichtung, die ihrerseits ein Gegenüber gewissermaßen unbewusst als attraktiv empfinden könnten.

Diese Anziehung habe er bereits mit etwa 20 Jahren gespürt und versuche seitdem, seinem Begehren nachzukommen, möglichst ohne aber dabei jemandem zu schaden. Deshalb habe er damals auch die Nachbarsmädchen angesprochen. Von ihnen habe er mit seiner Kamera Fotos, "heiße Bilder", machen wollen, auf denen sie nackt für ihn posieren und sexuelle Handlungen vornehmen sollten. Dabei habe er keinen Geschlechtsverkehr mit ihm selbst vor Augen gehabt, weil das schon aufgrund der Größenunterschiede der Genitalien nicht ohne weiteres gehe, sondern er habe "das äußerst Mögliche" erhofft. Was genau dies sein solle, führte er nicht weiter aus.

Er erklärte, er träume davon, mit einem ganz jungen Mädchen Geschlechtsverkehr zu haben. Die Umsetzung scheitere aber an den rechtlichen Verboten und den tatsächlichen körperlichen Unterschieden. Er wolle, dass die Kinder sich bei den sexuellen Handlungen auch gut fühlten. Nach den langjährigen Therapien wisse er außerdem, dass das Vergnügen nur auf seiner Seite sei und das Kind dadurch Schaden nehme, körperlich und seelisch. Seine Wahrnehmung dazu sei, das habe er in den Therapien gelernt, wohl verzerrt und entspreche nicht der Realität. Er schäme sich und es tue ihm leid, wenn P. oder ein anderes Kind durch ihn geschädigt wurde. Im Hinblick auf die Schmerzen, die er der Geschädigten im Jahr 2013 zugefügt hatte, erklärte der Angeklagte, er wolle diese nicht in Abrede stellen, könne sich aber eigentlich nicht erklären, wieso es für das Mädchen schmerzhaft und noch so lange belastend gewesen sei.

Auch zum Konsum von kinderpornographischen Bildern und Videos hat er sich eingelassen. Schon seitdem er etwa 20 Jahre alt sei, suche er nach derartigen Bildern und masturbiere darauf. Er wisse, dass dies verboten sei und strafbar, glaube aber, dass er selbst damit keinem Kind direkt schade. Es sei jedenfalls weniger belastend als ein Kind tatsächlich selbst anzufassen. Ihm sei wichtig, dass die Kinder auch Spaß hätten. Videos, bei denen erkennbar sei, dass die Kinder geschlagen würden oder auf andere Art Schmerzen erlitten oder auf denen man höre, dass sie weinten, wolle er nicht sehen. Solche Dateien seien manchmal in Downloadpaketen mit dabei, er würde derlei Material aber niemals gezielt suchen, denn dies errege ihn nicht. Den Konsum könne er kontrollieren. Er beschränke sich auf seine arbeitsfreie Zeit, wenn er nichts Anderes vorhabe, und sehe sich die Bilder nur zuhause an. Zur sexuellen Befriedigung wolle er jeweils neues Bildmaterial verwenden, das er noch nicht gesehen habe. So habe er etwa acht Wochen nach der Haftentlassung wieder nach neuen einschlägigen Bildern gesucht und seitdem regelmäßig etwa alle drei Tage solche Bilder zu seiner sexuellen Befriedigung betrachtet. Er könne sich auch an einen Austausch von Bildern per Skype mit einem Gleichgesinnten etwa im Jahr 2020 erinnern.

Außerdem beschrieb er, schon seit langer Zeit verschiedene soziale Plattformen im Internet genutzt zu haben, über die er auch in Kontakt mit Kindern getreten sei. Eine dieser Plattformen sei etwa "Knuddels.de" gewesen. Seine damalige Freundin habe mitbekommen, dass er dort mit Mädchen chatte und von ihnen Nacktfotos haben wolle, sie habe ihn zur Rede gestellt und die Sache der Polizei gemeldet. Deshalb sei er vom Amtsgericht Zeven im Jahr 2013 auch zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Er habe dann auch eine Therapie angefangen. Trotzdem habe er weiter im Internet mit Kindern gechattet und auch kinderpornographische Bilder angesehen. Außerdem sei er als DJ im Internetradio Zeven aktiv gewesen und habe darüber eine Frau kennengelernt, die in B. mit ihrer kleinen Tochter gelebt habe. Sie habe er im Jahr 2013 zweimal besucht, dabei sei es zu den Vorfällen mit dem Mädchen gekommen, weshalb er im Jahr 2014 zu der langen Haftstrafe verurteilt worden sei. Nach der Haftentlassung habe er sich bei den neuen Plattformen angemeldet. Außerdem habe er sich eine Spielkonsole besorgt und sich gefreut, wieder mit anderen Computerspiele spielen zu können. Er sei Gamer, liebe schon immer Videospiele und habe auch in der Haft soweit möglich Computerspiele genutzt. Über die Chatfunktion in den Spielen sei er in Kontakt mit den anderen Spielern, auch mit Kindern, getreten, manchmal hätten sich auch längere Chatgespräche daraus ergeben. So sei es, wie er auf Nachfrage angab, zum Chat etwa mit M. gekommen. Daneben habe er wieder seine Musik gestreamt, schon früher habe er ja über das örtliche Internetradio Musik gemacht und gesendet. Er habe dazu twitch genutzt und auch einen eigenen Discord-Server namens "WalkieTalkie" aufgebaut, über welchen er Videospiele gestreamt und irgendwann auch andere Inhalte gezeigt habe.

Darüber sei er mit den Zuschauern, auch mit Kindern, in Kontakt gekommen und wenn man sich verstanden habe, sei die Kommunikation über Whatsapp oder instagram oder andere soziale Plattformen weitergegangen. Der Chat mit E. sei so entstanden, erklärte er auf Nachfrage. Später sei sein twitch account gesperrt worden. Deshalb habe er stattdessen auf tiktok einen Kanal eröffnet und dort etwa Quizfragen gestellt, Musik gemacht oder mit den Zuschauern geplaudert. Er habe in kurzer Zeit so viele Zuschauer gehabt, dass er nicht genau gewusst habe, wer ihm da folge, und schon gar nicht, wie alt die Zuschauer seien. Mit einigen der Zuschauer, sicher auch Kindern, habe er über snapchat geschrieben. Dabei sei es ihm aber nicht darauf angekommen, mit Kindern in Kontakt zu kommen. Dies gelte auch für seine Anmeldung bei der Schülerplattform Kahoot, hier habe er einfach helfen wollen.

Im Hinblick auf die exemplarisch dargestellten Chats mit R. und die beiden Chats mit H. gab er an, er sei davon ausgegangen, dass die Altersangabe der Chatpartnerinnen stimme. Gleiches gelte für die Chatpartnerin "L.", mit der vermeintlich eine Beziehung führte. An die Chats mit M. und L. könne er sich erinnern, wenn auch die Kommunikation ihm nicht mehr im Einzelnen präsent sei. Er würde einfach gerne Computerspielen und es sei so üblich, mit anderen dabei oder im Zusammenhang damit zu chatten. Die Chats mit Kindern, und insbesondere die Unterhaltungen mit sexuellen Inhalten, seien eigentlich unbeabsichtigt entstanden. Jedenfalls habe er es nicht darauf angelegt, über seine Internetpräsenz solche Kontakte zu knüpfen.

Gleichzeitig berichtete er offen, dass im Tatzeitraum und auch heute unvermindert der Wunsch nach sexuellen Handlungen mit Kindern bestehe und ihm die Chats mit sexuellen Inhalten als Ersatz für echten Kontakt dienten. Diese "Ersatzhandlungen" treibe er so weit wie es eben möglich sei. Ihm sei auch klar gewesen, dass er etwa R. oder E. Offenheit für seine sexuellen Anspielungen ausnutzen und sie zu weiteren sexuellen Handlungen drängen würde, wenn er den Chat fortsetzten würde. Er meinte, ihm sei klar, dass es nicht zu echtem Geschlechtsverkehr zwischen ihnen kommen dürfe. Sein Wunsch sei jedoch schon immer gewesen und sei es nach wie vor, Geschlechtsverkehr mit einem Kind im echten Leben auszuüben, was aber vor allem aufgrund der körperlichen Unterschiede wohl schwierig sei.

Es sei zutreffend, dass er vor diesem Hintergrund mit E. über ein eventuelles Treffen in B. geschrieben habe. Dazu sei es aber nicht gekommen. In L. und in H. habe er Mädchen im Alter von 14 Jahre getroffen, zu denen er vorher online Kontakt über die Chatfunktion des Computerspiels geknüpft hatte. Hier sei es aber zu keinen intimen Situationen gekommen. Zwar habe das Mädchen namens "S.", den richtige Namen wisse er nicht mehr genau, in seiner Wohnung in L. übernachtet, allerdings in Begleitung ihrer Mutter. In H. habe er sich mit einer weiteren Tochter von H. T., L., zum Kino verabredet, da sei die große Schwester dabei gewesen.

Er habe auch im Alltag durchaus selbst absichtlich Gelegenheiten geschaffen, einem Kind nahe zu kommen. Ihm sei bewusst gewesen, dass sich daraus vermutlich kritische Situation ergeben würden. Seine Tante habe er gerade an den Wochenenden besucht, wenn auch die Kinder da gewesen seien. Er habe auch N. und L. per Whatsapp angeschrieben und L. mehrfach zu sich eingeladen. Sie hätten auch geduscht, allerdings nicht zusammen und es sei nicht zu sexuellen Handlungen gekommen. Man habe aber natürlich auch gekuschelt.

Schon bei P. ersten Besuch habe er die ganze Zeit gewusst, dass er eine Linie überschritten habe, auch wenn es da noch nicht zu sexuellen Handlungen gekommen sei. Denn den Wunsch, einem Kind sexuell nahe zu kommen, habe er weiterhin gespürt. Eigentlich stehe er nicht auf Jungs, bei P. sei aber zumindest körperliche Nähe möglich gewesen. Sein sexuelles Begehren wäre sehr viel größer gewesen, wenn ein Mädchen bei ihm übernachtet hätte, aber es stand eben keines zur Verfügung.

Dem Therapeuten oder seiner Bewährungshelferin habe er seinen inneren Konflikt nicht gezeigt, weil er sich geschämt habe für seine Gedanken und später auch für seine Handlungen. Zwar habe er gewusst, dass er Hilfe erhalten würde und der Therapeut gerade für die kritischen Situationen an seiner Seite stehe, auch habe er sich an die erlernten Coping-Strategien erinnert. Er habe aber nicht darauf zurückgegriffen und auch den Therapeuten nicht über seine schwierige Situation ins Vertrauen gezogen.

Die Durchsuchung im Oktober 2021 habe ihm gezeigt, dass ein Strafverfahren gegen ihn laufe, auch die Gefährderansprache im Januar 2022 habe ihm verdeutlicht, dass er mit seinem Verhalten immer wieder die rote Linie überschritten habe. Dies habe er aber verdrängt. Er habe sich nach der Durchsuchung neue technische Geräte besorgt und sei nach der Sperrung des twitch Kanals eben auf tiktok ausgewichen. Ihm seien zwar die Konsequenzen vor Augen gestanden, wenn sein Verhalten ans Licht kommen würde. Diese Folgen habe er aber einfach ausgeblendet und sich auf den Moment konzentriert.

Im Nachhinein wisse er selbst nicht, was die Lage nach der Haftentlassung im Jahr 2019 für ihn hätte verbessern können. Vielleicht, so der Angeklagte, wäre es passender gewesen, wenn er in ein Männerheim mit Betreuung oder ähnliches gezogen wäre. Er sei einsam gewesen. In seinem Alltag hätten die festen Strukturen und die Gemeinschaft aus der JVA Uelzen gefehlt. Dort habe er einen klaren Platz und ein Programm gehabt, das ihm Halt gegeben habe.

Auch jetzt wisse er nicht, was passieren werde, wenn er aus der Haftanstalt entlassen werde. Er habe Angst, dass wieder etwas passiere, dass er wieder rückfällig werde. Was er sich wirklich wünsche, sei eine Liebesbeziehung mit einem Mädchen mit kindlichem Körper auf Augenhöhe, also mit einiger innerer Reife.

Im Zusammenhang mit der Frage der Kammer an den Sachverständigen, ob eventuell libidosenkende Medikamente sich in relevanter Weise auf die Rückfallwahrscheinlichkeit auswirken könnten, meinte der Angeklagte, er habe sich damit nie beschäftigt und auch keine Informationen dazu eingeholt, er wolle sich dieser Möglichkeit aber nicht grundsätzlich verschließen.

Zuletzt erklärte er, er bereue, was passiert sei und auch wenn seine Neigung nicht heilbar sei, wolle er eine etwaige weitere lange Haftzeit nutzen, um mit weiteren Therapien und möglicherweise auch mit Medikamenten dafür zu sorgen, dass er nicht wieder straffällig werde.

bb.) Zu den ihm vorgeworfenen Taten 1 bis 4 führte er aus wie folgt:

Es stimme was ihm vorgeworfen werde. Für P. habe es vorher schon einen Übernachtungsbesuch gegeben, da sei aber nichts passiert. P. habe sehr gerne Süßes gegessen, dies sei ihm aber von den Eltern wegen des ADHS verboten gewesen, darum habe er bei ihm heimlich etwas bekommen. Er sei jeweils gegen Abend mit dem Jungen im Auto die etwa 5 Kilometer von V. nach G. M. in seine Einzimmerwohnung gefahren. Erst beim dritten Übernachtungsbesuch hätten sie geduscht. P. und er hätten einander gegenseitig unter der Dusche am Penis und Po berührt, er habe den Jungen dazu aufgefordert. Er habe dann bei beiden Übernachtungen gegen 20 Uhr sein großes, über Eck gehendes Schlafsofa ausgeklappt und zum Schlafen vorbereitet, einen Film herausgesucht und dann sei es dort auf dem Sofa zu den sexuellen Handlungen wie festgestellt gekommen.

Beim ersten Mal (Tat 1) habe P. einen Schlafanzug angehabt und er auch. Er habe ihm die Hose ausgezogen, genau wisse er das aber nicht mehr, jedenfalls habe er den nackten Penis des Jungen in die Hand genommen und habe daran gerieben. Zugleich habe er sich selbst mit der anderen Hand an seinem Penis befriedigt und sei wohl auch zum Orgasmus gekommen, so genau wisse er das aber nicht mehr. Auf seine sexuelle Befriedigung sei es ihm aber angekommen, weshalb er davon ausgehe, dass er masturbiert und ejakuliert habe. Er habe wohl etwa eine Viertelstunde lang den Penis des Jungen gerieben und angefasst, bis er die Sache dann beendet habe. An ein Gespräch oder eine Frage von P. könne er sich nicht mehr erinnern. Auch an irgendeine Art von körperlichen Widerstand könne er sich nicht erinnern.

Beim zweiten Mal (Tat 2) habe er den Jungen nach dem Duschen nackt ins Zimmer geführt und sich mit ihm auf das Sofa gelegt. Sie hätten quer zueinander gelegen, der Junge mit dem Kopf in Richtung des Fernsehers. Er habe dann den Penis des Jungen in den Mund genommen und daran gelutscht und sich dabei sich selbst mit der Hand an seinem Penis befriedigt und schließlich ejakuliert. Er habe dem Jungen "einen blasen" wollen und die entsprechenden Bewegungen mit seinem Kopf ausgeführt. Das Ganze habe etwa eine Viertelstunde gedauert. Auch hier könne er sich an kein Gespräch oder an eine Reaktion des Kindes erinnern, insbesondere nicht an eine ablehnende Haltung oder Äußerung. Er selbst habe das Geschehen auch nicht weiter kommentiert.

Morgens habe er dem Jungen aber bei beiden Malen gesagt, dass Alles ein Geheimnis zwischen ihnen sei und P. keinem davon erzählen dürfe. Auch jegliche Chats dazu müsse er immer löschen. Dies habe er auch später noch wiederholt. Ob er P. wehgetan habe, so der Angeklagte, wisse er nicht, glaube es aber nicht. Jedenfalls könne er sich an keine entsprechende Äußerung oder Regung des Jungen erinnern. P. habe nichts zu ihm gesagt und sich auch nicht gewehrt. Er habe im Gegenteil den Eindruck gehabt, dass P. dem Ganzen "nicht abgeneigt" sei. Woran er diesen Eindruck festmachte, führte er nicht weiter aus.

Der dritte Vorfall habe sich ereignet, als er einmal bei seiner Tante in V. geschlafen habe (Tat 3). P. habe im Wohnzimmer im Erdgeschoss geschlafen, er selbst auf einem Sofa im Flur im ersten Stock. Der Junge sei zu ihm ins Bett gekommen und habe wohl kuscheln wollen, er selbst hingegen habe beabsichtigt, vor allem den nackten Penis des Jungen anzufassen und sich selbst dabei mit der Hand sexuell zu befriedigen. Zwar stehe er eigentlich nicht auf Jungs, aber aus den letzten beiden Übernachtungsbesuchen habe er ja durchaus sexuelle Befriedigung ziehen können. Für ihn sei es eine günstige Gelegenheit gewesen, denn P. habe sich bislang nie gewehrt, so dass auch er diesmal keine laute Diskussion oder ähnliches erwartet habe. Er könne sich nicht genau erinnern, ob P. sich ihm widersetzt habe, jedenfalls aber sei der Junge leise gewesen. Möglicherweise habe er gesagt, dass er nicht wolle. Dies habe ihn aber nicht davon abgehalten, in dessen Hose zu fassen. Er sei davon ausgegangen, dass seine Tante und T. fest schliefen, schließlich war es mitten in der Nacht und es herrschte Ruhe. Die Gefahr der Entdeckung habe bestanden, er habe sie aber als sehr gering eingeschätzt. Sein Erschrecken über das laute Geräusch aus dem Schlafzimmer der Tante sei deshalb umso größer gewesen. Er sei in Panik geraten und von der plötzlichen Angst gepackt worden, entdeckt zu werden und alles zu verlieren. Deshalb habe er den Jungen aus dem Bett geworfen und zu ihm gesagt, er müsse ganz schnell und leise wieder nach unten. Er habe nicht erwogen, dem Jungen zu folgen oder ihn noch einmal zu ihm ins Bett zu holen. Für ihn sei mit dem lauten Geräusch und seinem Schreck "das Ding durch" gewesen.

Zur zeitlichen Einordnung konnte der Angeklagte keine klaren Angaben machen. Wie oft P. bei ihm geschlafen habe, wisse er gar nicht genau, so drei oder vier Mal komme aber hin. Die Besuche bei ihm hätten wohl so ab dem Jahreswechsel 2019 / 2020 stattgefunden. Nach der ersten Durchsuchung im Oktober 2021 sei P. jedenfalls nicht mehr bei ihm gewesen. Er selbst habe oft bei seiner Tante geschlafen, wann der Vorfall dort sich ereignet habe, wisse er nicht mehr. Möglicherweise sei es an den Weihnachtsfeiertagen 2020 gewesen. Danach jedenfalls sei P. nicht mehr so häufig bei seinem Vater gewesen. Schließlich hätten die Coronaeinschränkungen im Winter größere Treffen auch in der Familie verboten. Im Sommer 2021 hätten sie sich aber noch regelmäßig bei der Tante gesehen. P. sei ihm unverändert zugeneigt gewesen, habe ihm per WhatsApp geschrieben, Körperkontakt gesucht und gekuschelt. Manchmal hätten die Eltern P. den Handykontakt verboten als Strafe, weil er "ungezogen" gewesen sei. Irgendwann sei der Kontakt eingeschlafen.

Im Hinblick auf Tat 4 hat der Angeklagte eingeräumt, im Sommer 2021 mit E. Ö. per Whatsapp gechattet zu haben. Der Kontakt sei im Rahmen seines twitch Auftrittes entstanden. Sie habe auf seine probehalber formulierten sexuellen Anspielungen offen reagiert. Sie hätten über einige Zeit geschrieben und auch Videoanrufe geführt, es sei dabei um sexuelle Inhalte gegangen, genau könne er sich aber nicht mehr erinnern. Er sei davon ausgegangen, dass E. wie von ihr angegeben 10 Jahre alt sei. Zwar habe er sich gewundert, wie explizit ihre Sprache war und wie bereitwillig sie auf seine sexuellen Forderungen einging. Dies sei ihm aber zu Paß gekommen. Irgendwann habe er sie gefragt, ob sie nicht mal ein Video machen könne, auf dem sie sich selbst befriedige. Ein solches Video habe er von ihr auch erhalten und dann zur Masturbation benutzt. Er sei erstaunt gewesen, was sie da alles gezeigt habe, sie habe zum Beispiel von sich aus nicht nur ihre Finger, sondern auch einen Gegenstand, was genau habe er nicht erkennen können, in die Scheide eingeführt. Die sexuellen Äußerungen seien auch von ihr ausgegangen. Ihre Offenheit habe er bewusst ausgenutzt, um an Videos zu gelangen, denn ihre körperliche Erscheinung entspreche weitgehend seiner Neigung.

b.) Die Art und Anzahl des Konsums von kinder- und jugendpornographischen Material ergibt sich aus der Aussage des Zeugen KOK R.. Diese hat der Angeklagte als zutreffend bestätigt und wie oben ausgeführt weiter konkretisiert.

c.) Die Entwicklung der Internetaktivitäten des Angeklagten hat er selbst in Übereinstimmung mit den Zeugen H. und KOK R. wie festgestellt beschrieben. Die Gestaltung seines Discord-Servers und des twitch Kanals, die Nutzerzusammensetzung und -einteilung und die Sperrliste ergeben sich zudem durch die entsprechenden Screenshots.

Nach der Überzeugung der Kammer dienten diese Aktivitäten auch der Anbahnung von sexuellen Kontakten mit Kindern und Jugendlichen. Soweit der Angeklagte angab, er habe mit seinen Internetaktivitäten nicht darauf abgezielt, mit jungen Mädchen in Kontakt zu kommen, dies sei vielmehr ein Nebeneffekt gewesen, war dem nicht zu folgen.

Zwar erscheint es nachvollziehbar, dass er als leidenschaftlicher "Gamer" dankbar war für die Möglichkeit, mit anderen Computerspiele zu spielen. Seit seiner ersten Untersuchungshaft im Jahr 2014 entwickelten sich die technischen Strukturen der Spieleforen weiter. Zugleich gelangten in den letzten Jahren einige der öffentlich zugänglichen sozialen Medien überhaupt erst auf den Markt (instagram, snapchat, tiktok) und haben stetig an Nutzern gewonnen. Dabei blieb dem Angeklagten nicht verborgen, dass die Nutzer seiner bevorzugten Spiele Fortnite und GTA vor allem Kinder waren, also genau die Gruppe stellten, auf die sich sein sexuelles Interesse richtete. Er erkannte auch, dass die Kommunikation sich nicht mehr über Apps wie knuddels abspielte, die er vor der Haft zur Kontaktaufnahme mit Mädchen genutzt hatte. So wandte auch er sich den modernen sozialen Medien zu, die er mit seinen Auftritten bei twitch und tiktok verknüpfte. Aus der festgestellten Entwicklung seiner Internetaktivitäten von Spieleforen zu twitch und weiter zu tiktok ergibt sich, dass sich von 2019 bis 2022 der Fokus deutlich verschoben hat.

Bei der Erstellung des twitch Kanals und des Discord-Servers im Jahr 2019 waren zunächst noch Spiele wie Fortnite der Hauptprogrammpunkt, auch wenn der Angeklagte gelegentlich zeigte, wie er Musik machte oder neben dem Computerspiel mit den Nutzern über Alltägliches plauderte. Nach der Sperrung des twitch kanals im Herbst 2021 verlagerte er den Schwerpunkt. Auf dem neu eröffneten tiktok Kanal ging es nur noch am Rande um Computerspiele. Vielmehr war das Programm auf ein kindliches und jugendliches Publikum ausgerichtet, was deutlich etwa an dem "Love generator" zu erkennen ist. Nicht mehr das Computerspiel stand im Vordergrund, sondern die Gelegenheit, anonym mit einer Vielzahl von Kindern - vorwiegend Mädchen - in Kontakt zu kommen.

In den aus den twitch und tiktok Kanälen abgeleiteten Chats mit den Kindern konnte der Angeklagte ihnen auf eine Art entgegentreten, die bei einem direkten persönlichen Treffen nicht denkbar gewesen wäre. Ohne Wissen der Eltern (der Angeklagte vergewisserte sich stets, dass die Chats nicht gelesen wurden und die Eltern bei Videoanrufen nicht zugegen sein würden) wirkte der Angeklagte so auf die Kinder ein, dass diese ihm vertrauten und seinen Aufforderungen nachkamen. Der Angeklagte hat die Kontakte aktiv herbeigeführt, indem er - wie sich aus den zitierten Chats ergibt und wie er auch selbst bestätigt hat - die Mädchen um ihre Telefonnummern bat, beziehungsweise auf sein snapchat oder instagram Profil führte. Er hat die technischen Möglichkeiten genutzt, um an die von den Mädchen selbst hergestellten pornographischen Bilder zu gelangen, sie in Videoanrufen nackt zu sehen oder zu sexuellen Handlungen anzuleiten und so seine sexuelle Neigung zu befriedigen. Dies zeigt sich anhand des Programms, das er auf seinen Kanälen angeboten hat, an den exemplarisch dargestellten Chatverläufen und der schieren Anzahl seiner Chats in sozialen Medien, die KOK R. mit etwa 600 beziffert hat.

In die gleiche Richtung zielen seine Aktivitäten bei der Plattform Kahoot im Jahr 2022, die allein von Schülern genutzt wird. Die Erklärung des Angeklagten, er habe den Schülern auf Kahoot nur helfen wollen - ohne Fachwissen und durch Quizspiele - und "nur so" mit den Kindern gechattet, erscheint vor dem Hintergrund seiner sexuellen Präferenz, der sexuell gefärbten Chats (zuletzt mit E., R. und zweimal mit der Zeugin H.) und der einschlägigen Vortaten, die sich ihrerseits aus der Internetpräsenz des Angeklagten (Kontakt als Internet DJ zur Mutter des Kindes in A.) und dem Chatverkehr mit Kindern (Kontakt zu "D. M." auf knuddels.de) entwickelten, als Schutzbehauptung.

d.) Die Chats werden belegt durch die entsprechenden Nachrichten, deren Austausch der Angeklagte eingeräumt hat. Er hat demnach wie festgestellt vielfach mit Nutzerinnen unter 14 Jahren per Chat über die Chatfunktion im Onlinestream oder mittels WhatsApp, instagram oder snapchat kommuniziert und dabei sexuelle Hintergedanken gehabt.

e.) Die Heimlichkeit und vorgebliche Vertrautheit in den Chats nutzte er ausweislich der Chatverläufe dafür, an Nacktbilder der Kinder zu gelangen und Videoanrufe mit ihnen zu arrangieren. Diese virtuellen Verabredungen dienten ihm als Ersatz für persönliche Treffen.

Dies schließt die Kammer aus der Angabe des Angeklagten, wonach er den Konsum von kinderpornographischen Bildern und Videos für sich mit der Überlegung gerechtfertigt habe, dass das Ansehen dieser Bilder die sozusagen mildere Möglichkeit darstelle, sich sexuell zu befriedigen, anstelle das Kind tatsächlich anzufassen. Gleichzeitig hat er in nachvollziehbarer Weise im Rahmen der Beweisaufnahme zu den Chats angegeben, dass der bloße Anblick letztlich aber nicht das sei, was er sich wünsche. Er habe jederzeit gewusst, dass er die Gelegenheit, sich Videos in Echtzeit zu besorgen - wie bei E. und R. - und bei persönlichen Treffen sogar zu körperlicher Nähe überzuleiten - wie bei P. - nicht verstreichen lassen würde.

f.) Die Chats sollten zur Überzeugung der Kammer langfristig auch dazu dienen, Mädchen persönlich zu treffen und bei dieser Gelegenheit sexuelle Handlungen mit ihnen vorzunehmen.

In mindestens zwei Fällen ergaben sich aus Chatkontakten persönliche Treffen, nämlich mit den jeweils 14jährigen Mädchen L. in H. und "S." in L. (der Name des Mädchens war dem Angeklagten nicht mehr erinnerlich; sowohl er selbst als auch die Zeugin H. meinten jedoch, ihr Nutzername bei Discord sei "S." gewesen). Auch gegenüber E. und "L." sprach der Angeklagte ausweislich des Nachrichtenverlaufs ein persönliches Treffen am Wohnort der Mädchen an, um dort die aus dem Chat bekannten Handlungen tatsächlich miteinander durchzuführen. Insofern fungierten die Chats als Brücke zu persönlichen Treffen.

g.) Zur Überzeugung der Kammer wurde auch deutlich, dass der Angeklagte zwar langjährig therapeutische Maßnahmen wahrgenommen hat, aber tatsächlich bei ihm keine Bereitschaft besteht, die erlernten Strategien und Erkenntnisse im Ernstfall einzusetzen, wenn dies bedeuten würde, dass die sexuelle Befriedigung für ihn ausbleibt.

Der Angeklagte wiederholte mehrfach, er habe in der Therapie gelernt, dass seine Wahrnehmung von der Realität wohl verzerrt sei und durch seine eigenen sexuellen Wünsche überlagert werde. Diese Erkenntnis relativierte er aber zugleich. So führte er aus, ihm sei wichtig, dass die Kinder auch Spaß hätten. Deshalb habe er mit den T.-Kindern "natürlich auch gekuschelt". P. habe von sich aus seine Nähe gesucht und habe bei den Taten "nicht abgeneigt" gewirkt. Er habe ihm "einen blasen wollen". Dabei blendete er aus, dass P. keineswegs erregt war, sondern die Handlung des Angeklagten nicht verstand und selbst als körperlich unangenehm empfand. Belastende Folgen seines Verhaltens für die Kinder verdrängte er. Wenn er ausführt, keine kinderpornographischen Videos zu konsumieren, auf denen zu sehen sei, dass die Kinder Schmerzen erlitten oder Angst hätten, denn dies sei für ihn nicht erregend, spricht hieraus keine Opferempathie, sondern Unzufriedenheit mit dem angebotenen Bildmaterial.

So wurde zur Überzeugung der Kammer deutlich, dass der Angeklagte zwar im Rahmen seiner vielfältigen Therapien gelernt hat, welche Strategien es gibt, um einen Rückfall zu vermeiden. Auch weiß er, dass seine Wahrnehmung im Hinblick auf vermeintliche sexuelle Wünsche der Kinder verzerrt ist und durch sein eigenes Begehren überlagert wird. Allerdings ist dieses Wissen nur "angelernt". Es kann zwar von ihm wiedergegeben werden, ist aber nicht derart verinnerlicht, dass er tatsächlich danach handelt. Die von ihm beschriebenen Coping-Strategien, die ihm alle geläufig sind, wendet er nicht an. Immer wieder hat der Angeklagte damit erkennen lassen, dass er weiß, was von ihm erwartet wird und wie er sich verhalten müsste, er sich aber stattdessen für jenes anderes Verhalten entscheidet, das der Befriedigung seiner Bedürfnisse dient.

Nach der Gesamtwürdigung der vorstehenden Beweismittel ist die Kammer davon überzeugt, dass die festgestellten Sachverhalte zur Person so zutreffen, der Angeklagte insbesondere seit vielen Jahren pädophile Neigungen hat und er trotz der bereits unternommenen Maßnahmen wie etwa Therapien und der Einrichtung der Führungsaufsicht immer wieder Sexualstraftaten zu Lasten von Kindern begangen hat. Die umfänglichen Einlassungen des Angeklagten werden insofern durch die im Übrigen genannten Beweise weiter gestützt und ergänzt.

2. Die Feststellungen zur Sache beruhen im Wesentlichen auf dem oben wiedergegebenen umfassenden Geständnis des Angeklagten, das jeweils durch Zeugenaussagen, Chatnachrichten und Lichtbilder bestätigt wurde.

a.) Taten 1 bis 3

aa.) Im Hinblick auf das jeweilige konkrete Tatgeschehen im Einzelnen folgt die Kammer den Angaben des Angeklagten, der den Ablauf zunächst unmittelbar nach Verlesung der Anklage frei und dann auf Nachfrage detailreich, nachvollziehbar und anschaulich beschrieben hat. Danach hat er mehrfach auch im Anschluss an einzelne Beweiserhebungen, etwa der Verlesung von Chatnachrichten, seine Angaben - wie oben im Zusammenhang dargestellt - weiter konkretisiert.

bb.) Die objektiven Umstände werden weiter belegt durch die polizeiliche Aussage des P. T., dessen Beschreibungen im Wesentlichen mit denen des Angeklagten übereinstimmen.

Er erklärte gegenüber KHK´in N., er habe den Angeklagten mehrmals besucht und dort übernachtet. Bei seinem zweiten Besuch habe dieser seinen Penis angefasst und daran gerieben und dabei immer "weiter, weiter" gesagt (Tat 1). Beim nächsten Besuch habe der Angeklagte seinen Penis in den Mund genommen (Tat 2). Später habe der Angeklagte im Haus seines Vaters geschlafen und da habe er ihn anfassen sollen, sich aber geweigert, weil das pervers sei (Tat 3). Danach sei sein Penis "entzündet" gewesen und habe jedes Mal wehgetan, aber das habe er dem Angeklagten nicht gesagt.

Die Kammer hat keinen Anlass, am Wahrheitsgehalt von P. Aussage zu zweifeln. P. hat gegenüber der Zeugin KHK´in N. zum ersten Mal und ohne Vorbereitung - der Junge kannte den Anlass seines Besuchs bei der Polizei nicht - beschrieben, was zwischen ihm und dem Angeklagten geschehen ist. Für Suggestion oder sonstige externe Beeinflussung bestehen keinerlei Anhaltspunkte. Seine Aussage lässt keine Belastungstendenz erkennen, wenn er betont, der Angeklagte sei nett gewesen und er habe ihn noch nie wütend gesehen. Eher wird deutlich, weshalb er bislang nichts erzählt hat, nämlich, weil er sich sorgte, dass die Freundschaft zwischen seinem Vater und dem Angeklagten kaputtgehe. Dem Jungen fiel es schwer, überhaupt davon zu berichten und das Geschehen in Worte zu fassen. Diesen Eindruck gewann auch die Zeugin KHK´in N., die P. vernommen hatte. P. habe große Hemmungen gehabt, über das Thema an sich zu sprechen. Er habe sichtlich unter Druck und noch unter dem Einfluss des Angeklagten gestanden, der ihm sagte, P. dürfe das Geheimnis nicht verraten.

Diese Einschätzung kann anhand der Videoaufzeichnung nachvollzogen werden. Zunächst zögerte er, etwas über den Angeklagten zu berichten, was die Vernehmungsbeamtin möglicherweise schlimm finden würde, weil er, wie er sagte, nicht als "Petze" dastehen wolle. Er murmelte dann, zwischen ihm und dem Angeklagten sei etwas "sexuales" vorgefallen. Offenbar fehlen ihm die Worte für sexuelle Handlungen, möglicherweise ist das Sprechen darüber insgesamt für ihn mit einem Tabu belegt. So traute er sich kaum, das Wort "Penis" zu sagen, und holte dazu zuerst die Erlaubnis der Vernehmungsbeamtin ein. Großen Raum in seiner Aussage nahm seine Sorge über den "Geheimnisverrat" ein und die Folgen, für die er sich verantwortlich fühlte. Einerseits wolle er den Angeklagten nicht verraten. Andererseits habe er schon gewusst, dass sie beide etwas Schlimmes gemacht hätten, wovon er seinen Eltern hätte erzählen müssen. Außerdem habe er den Angeklagten ja auch weiterhin sehen und auch die Freundschaft zwischen diesem und seinem Vater nicht gefährden wollen. So habe er die Sache "zwei Jahre in sich verschlossen". Nach dem Eindruck der Beamtin änderte sich das Verhalten des Kindes völlig, als es um die Vorfälle ging. Zu Beginn der Vernehmung habe sie ihn noch als wach, neugierig und fröhlich wahrgenommen. Mit dem Themenwechsel sei ein Schatten über sein Gesicht gezogen. Er habe sich zurückgezogen, ihren Blickkontakt vermieden und sorgenvoll und bedrückt gewirkt. Diese Veränderung war auch auf der Videoaufzeichnung eindrücklich zu erkennen. Bei der Beschreibung der Taten sinkt sein Körper plötzlich zusammen, er rauft sich mit den Händen die Haare oder verknotet sie ineinander und spricht stockend, mit tonloser Stimme.

Die Aussage des Kindes unterstützte damit die Überzeugung der Kammer, dass das Geständnis des Angeklagten das tatsächliche Geschehen wiedergegeben hat.

cc.) Zu den etwaigen Folgen der Taten für P. und zu seiner derzeitigen Verfassung hat die Mutter des Jungen, die Zeugin T.-S., Angaben wie festgestellt gemacht.

In der Gesamtschau mit der Aussage der Vernehmungsbeamtin ergibt sich daraus, dass die sexuellen Handlungen für P. damals übergriffig, verwirrend und ungewollt waren und ihn vor allem wegen der Forderung des Angeklagten, alles geheim zu halten, auch heute noch belasten. Die Mutter hat auch die grobe zeitliche Einordnung des Angeklagten bestätigt, indem sie angab, P. sei zu ihr und dem neuen Ehemann im Juni 2021 nach S.-H. gezogen und habe danach nur noch die Sommerferien und Silvester 2021 / 2022 beim Vater verbracht. Seit dem Jahreswechsel sei er gar nicht mehr dort gewesen. Zuvor habe er ihn während der Ferien, während der Feiertage sowie alle 14 Tage über das Wochenende besucht. Von den Übernachtungsbesuchen habe sie erst im Nachhinein erfahren, sie habe stattdessen gehört, dass der ältere Sohn L. beim Angeklagten geschlafen habe.

dd.) Die langsame Annäherung des Angeklagten an die Kinder des Zeugen H. T. hat dieser bestätigt. Auch er konnte die Übernachtungen seiner Söhne P. und L. nicht zeitlich oder quantitativ eingrenzen. Er bestätigte jedoch die häufige Anwesenheit des Angeklagten im Haus und den zunehmend engeren Kontakt mit P.. P. habe mit der Zeit sehr an dem Angeklagten gehangen. Er habe am Computer des Angeklagten Musik machen und seine technischen Geräte und Spielekonsolen benutzen dürfen, das sei das Tollste für ihn gewesen. Der Zeuge T. bekundete weiter, von der Vorstrafe des Angeklagten gewusst zu haben. Nach einer längeren Beobachtungsphase über das Jahr 2019 hinweg habe er ihm vertraut und es nicht für möglich gehalten, dass sein Sohn zum Opfer werde. Der Angeklagte sei zur Therapie gegangen und habe gearbeitet, er habe sich im Alltag ganz normal verhalten und sich mit allen gut verstanden.

ee.) Die oben zitierte Chatkommunikation zwischen dem Angeklagten und P. ergibt sich aus dem WhatsApp Verkehr mit Sprachnachrichten, der auf dem Mobiltelefon Samsung SM-G975F Galaxy S10 Plus des Angeklagten gespeichert war.

ff.) Der Zeuge KOK R. hat nach der Durchsuchung am 18.10.2021 die Datenträger des Angeklagten ausgewertet und stieß dabei ausweislich seiner Zeugenaussage unter den etwa 600 Chats auch auf den Chat mit P., wodurch das hiesige Verfahren in Gang gesetzt wurde. Darin nimmt P. wie festgestellt ausdrücklich auf die sexuellen Handlungen (Penis in den Mund nehmen, Sex machen) Bezug. Der Angeklagte hat den Nachrichtenaustausch als zutreffend bestätigt.

gg.) Die Bewährungshelferin M. hat zudem erklärt, der Angeklagte habe ihr gegenüber beim letzten Hausbesuch vor der Verhaftung geäußert, er habe einen Jungen angefasst und müsse deshalb wohl demnächst in Haft. Die Kammer geht davon aus, dass er sich dabei auf P. bezog, was die Überzeugung, dass die angeklagten Übergriffe tatsächlich stattgefunden haben, weiter stärkt.

In einer Gesamtschau der erhobenen Beweise, die sich gegenseitig stützen und ergänzen, hat die Kammer keinen Zweifel daran, dass die Taten 1 bis 3 wie festgestellt stattgefunden haben.

b.) Tat 4

Die Feststellungen zu Tat 4 beruhen im Wesentlichen auf dem Geständnis des Angeklagten sowie auf dem WhatsApp Chat, den er als von ihm stammend bestätigt hat und an dessen Verlauf er sich nach Vorhalt im Einzelnen erinnerte. Die festgestellten Handlungen des Kindes sind auch auf den Lichtbildern aus dem Video zu erkennen, auch hieran konnte der Angeklagte sich erinnern und konkret darauf Bezug nehmen.

Das Alter und die Person der Chatpartnerin E. Ö. ergibt sich aus den Ermittlungen der Polizei, wie der Zeuge KOK R. sie zusammengefasst hat, so insbesondere aus der Anschlussinhaberfeststellung und der polizeilichen Vernehmung des Kindes in B..

Nach der Gesamtwürdigung der erhobenen Beweismittel ist die Kammer davon überzeugt, dass die Tat 4 wie festgestellt geschehen ist.

c.) Schuldfähigkeit

Zur Frage der Schuldfähigkeit hat die Kammer den psychiatrischen Sachverständigen Dr. H. S., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie für Rechtsmedizin, hinzugezogen und gehört.

aa.) Der Sachverständige hat angegeben, sein Gutachten auf der Grundlage der Verfahrensakte, den aus der Exploration des Angeklagten vom 27.09.2022 und 20.10.2022 gewonnenen Erkenntnissen, den medizinischen Unterlagen der JVA sowie den in der Hauptverhandlung gewonnenen Erkenntnissen erstattet zu haben.

Psychiatrische Erkrankungen, eine Rauschmittelproblematik oder gravierende Persönlichkeitsstörungen lägen nicht vor. Zwar herrschten einige Eigenschaften vor wie geringes Durchhaltevermögen, geringe Frustrationstoleranz, hohe Kränkbarkeit und infantile Unreife in der zwischenmenschlichen Kommunikation, insbesondere auch im Verhältnis zu seinem Vater, mit dem ein chronischer Autoritätskonflikt bestehe. Diese Merkmale seien aber nicht derart gewichtig, dass von einer Persönlichkeitsstörung gesprochen werden könne, sondern nur von einer Persönlichkeitsakzentuierung. Angesichts seiner absolvierten Ausbildung, der Erwerbstätigkeit und langjähriger Beziehungen sei nicht ersichtlich, dass die problematischen Eigenschaften sein psychosoziales Leistungsvermögen erheblich einschränkten.

Bei dem Angeklagten sei eine Präferenzstörung im Sinne einer Pädophilie nach ICD 10: F 64.0 mit einer Fixierung auf präpubertäre Mädchen zu diagnostizieren. Zu dieser Diagnose seien auch die Vorgutachter Dr. W., S. und Dr. Z. gelangt. Die Neigung habe sich zwischenzeitlich weiter verfestigt und sei stabil. Die Pädophilie sei nicht "heilbar", sondern dauerhaft ein Teil der Persönlichkeitsstruktur des Angeklagten.

Sie sei in ihrer konkreten Ausprägung nicht geeignet, ein Eingangsmerkmal des § 20 StGB zu erfüllen. In Betracht komme nur die "schwere andere seelische Störung". Dies erfordere jedoch eine Verengung des Lebensinhaltes und zeige sich regelmäßig in der sozialen Desintegration. Hierfür gebe es keine Anhaltspunkte. Zu dieser Einschätzung sei auch der Sachverständige Dr. W. vor dem Landgericht Augsburg im Jahr 2014 gekommen. Dieser habe zwar unter anderem zwanghafte und narzisstische Verhaltenstendenzen ausgemacht, etwa eine Ich-Bezogenheit und das Demonstrieren moralischer Überlegenheit, zugleich aber auch die Fähigkeit, jene Tendenzen kurz zu halten und trotzdem ein stabiles Alltagleben zu führen mit langjährigen Partnerschaften, abgeschlossener Berufsausbildung und Erwerbsarbeit. Zwar habe sich bereits zum damaligen Zeitpunkt aus Sicht des Dr. W. die Schwere der Taten erhöht und die sexuelle Präferenz verfestigt, dennoch seien für diesen keine Anhaltspunkte ersichtlich gewesen, die auf ein zwanghaftes Verhalten hätten schließen lassen. Die sexuelle Neigung habe daher damals nicht das Gewicht der schweren seelischen Störung im Sinne des § 20 StGB erreicht. Im Hinblick auf die vor dem Landgericht Augsburg verhandelten Tatvorwürfe habe der damalige Sachverständige zudem angemerkt, dass der Angeklagte den mehraktigen und langgestreckten Ablauf des Tatgeschehens zielgerichtet gestaltet habe, was gegen die Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit spreche.

Zur derzeitigen Situation führt der Sachverständige aus, eine relevante Veränderung der sexuellen Neigung und deren Auswirkungen auf das Alltagsleben des Angeklagten habe sich in den letzten Jahren, insbesondere auch seit der Haftentlassung, nicht gezeigt. Es sei speziell keine süchtige Entwicklung zu erkennen. Der Angeklagte werde von den paraphilen Impulsen nicht überflutet, sondern könne unbeeinträchtigt von seiner Neigung gewöhnlichen Beschäftigung nachgehen und zudem in der konkreten Situation auch Impulsen widerstehen.

Zudem konstatierte der Sachverständige, die Einsichtsfähigkeit sei voll erhalten. Das Spannungsfeld zwischen Bedürfniserfüllung und rechtskonformen und rücksichtsvollen Handeln sei dem Angeklagten bewusst. Er befinde sich in einem Dilemma, das er regelmäßig zu Gunsten seiner Befriedigung auflöse. Über das Unrecht seines Verhaltens sei er sich im Klaren, auch wenn es im Nachhinein zu kognitiven Verzerrungen komme.

Auch die Steuerungsfähigkeit sei nicht als beeinträchtigt anzusehen. Dem Angeklagten gehe es um die Befriedigung seiner Bedürfnisse. Seine Handlungen seien - sowohl im Hinblick auf die hier gegenständlichen Taten als auch die Kommunikation mit sexuellen Inhalten und den Konsum von einschlägigem Material - absichtsvoll, bewusst und taktisch überlegt. Die Taten zu Lasten von P. habe er intendiert, inszeniert und aktiv gestaltet. Bei dem Tatvorwurf 3 habe er spontan auf die veränderte Situation reagieren können und sei nicht von seinem Begehren überwältigt worden. Angesichts der Mehrzahl von Vorfällen, die sich über einen längeren Zeitraum hinweg erstreckten, sei kein impulshaftes oder triebgesteuertes Verhalten zu erkennen. Beachtlich sei auch sein Verhalten in der Chatkommunikation. Gegenüber den kindlichen Chatpartnerinnen agiere er manipulativ, insbesondere indem er immer wieder auf das gemeinsame Geheimnis, das vermeintliche Vertrauensverhältnis und die "Liebe" zwischen ihnen hinwies, zugleich aber seine Zuneigung entzog und sich enttäuscht und distanziert zeigte, wenn die Kinder nicht auf seine Forderungen nach Nacktbildern oder Videoanrufen eingehen wollten.

bb.) Nach eigener Würdigung schließt die Kammer sich den Ausführungen des forensisch äußerst erfahrenen Sachverständigen an.

Die Diagnose der Pädophilie erscheint der Kammer auch in Anknüpfung an die bisherigen Gutachten von Dr. W., S. und Dr. Z., die der Sachverständige ausgewertet hat, als gesichert. Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung offen angegeben, er fühle sich sexuell in erster Linie von präpubertären Mädchen angezogen und habe diese Neigung schon als junger Erwachsener bei sich erkannt. Seitdem sei diese Präferenz vorhanden und habe sich in den letzten Jahren weiter verfestigt. Der Konsum von einschlägigen Bilder verstärke sein Begehren. Die Gelegenheit, einem Kind tatsächlich sexuell nahezukommen, lasse er nicht verstreichen, auch wenn es sich wie hier um einen Jungen handele.

Im Ergebnis liegt kein Eingangsmerkmal des § 20 StGB vor. Die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit war nicht beeinträchtigt oder gar ausgeschlossen.

Zwar kann Pädophilie als Störung mit Krankheitswert sich auf die Steuerungsfähigkeit auswirken. Im Einzelfall kann als der Eingangsmerkmal des § 20 StGB eine "schwere andere seelische Störung" vorliegen und die entsprechende Verfassung eine erheblich beeinträchtigte Steuerungsfähigkeit begründen.

Die Taten müssen aus einem mehr oder weniger unwiderstehlichen Zwang heraus verübt worden sein (vgl. Urteil des BGH vom 02.06.2021, 6 StR 341/20). Dies setzt aber voraus, dass die Sexualpraktiken zu einer eingeschliffenen Verhaltensschablone geworden sind, die sich durch abnehmende Befriedigung, zunehmende Frequenz der devianten Handlungen, Ausbau des Raffinements und gedankliche Einengung des Täters auf diese Praktiken auszeichnen. Hierfür bedarf es einer umfassenden Gesamtschau der Täterpersönlichkeit und seiner Taten (vgl. Beschluss des BGH vom 10.01.2019, 1 StR 574/18; Urteil des BGH vom 15.3.2016,1 StR 526/15).

Solche Umstände liegen hier jedoch nicht vor. Der Angeklagte führte ein von seiner Störung weitgehend unbeeinflusstes Leben und hatte keine Schwierigkeiten bei der Gestaltung seines Alltags. Er ging nach seiner Haftentlassung überwiegend einer regelmäßigen beruflichen Tätigkeit nach. In den Zeiten der Arbeitslosigkeit - welche im Übrigen nicht auf seine Person, sondern auf die allgemeine Wirtschaftslage zurückzuführen war - absolvierte er eine Weiterbildung und hielt ansonsten Beratungstermine beim Arbeitsamt und der Bewährungshilfe zuverlässig ein. Sein Haushalt und seine Finanzen waren geordnet, sozial war er in das Familienleben eingebunden. Der Therapieweisung kam er beanstandungsfrei nach und zeigte auch aus Sicht der Fachaufsichtspersonen kein auffälliges Verhalten. Der Konsum von kinderpornographischem Material erreichte nach seinem eigenen Empfinden auch nicht die Schwere einer Sucht, denn er war in der Lage, den Konsum auf etwa alle drei Tage einzuschränken. Auch in Hinblick auf die sexualisierten Chats mit Kindern handelte er nicht blind von seinem Bedürfnis getrieben, sondern besonnen und taktisch, wenn er die Kinder zu den erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen wie das Löschen von Nachrichten oder Videoanrufe statt Bilderversendung anhielt.

Davon abgesehen, dass schon kein Eingangsmerkmal vorliegt, liegen auch sonst keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Einsichtsfähigkeit des Angeklagten, also das Vermögen zwischen Recht und Unrecht zu unterscheiden, beeinträchtigt gewesen wäre. Ihm war nach seiner Einlassung klar, dass die Tathandlungen Unrecht waren. Ihm war darüber hinaus auch jederzeit bewusst, ab welchem Moment er die Schwelle des Zulässigen überschritt, sei es bei der Suche nach kinderpornographischem Material als allgemein verbotenem Verhalten oder bei der Kontaktaufnahme zu Kindern als Verstoß gegen die Auflage der Führungsaufsicht.

Gleiches gilt für die Steuerungsfähigkeit. Hier sind keine Umstände ersichtlich, die auf eine Beeinträchtigung schließen ließen. Bei der Steuerungsfähigkeit handelt es sich um die Fähigkeit, entsprechend der Unrechtseinsicht zu handeln, also um Hemmungsvermögen, Willenssteuerung und Entscheidungssteuerung. Entscheidend kommt es auf die motivationale Steuerungsfähigkeit an, also die Fähigkeit, das eigene Handeln auch bei starken Wünschen und Bedürfnissen normgerecht zu kontrollieren und die Ausführung normwidriger Motivationen zu hemmen (vgl. Beschluss des BGH vom 30.09.2021, 5 StR 325/21).

Bezüglich der konkreten Tatbegehung lassen sich keine Anhaltspunkte für eine erhebliche Einschränkung erkennen. Insbesondere die Taten 1 und 2 sind durch den Angeklagten bewusst vorbereitet worden und folgen einem Szenario (abholen, ausziehen und gegebenenfalls zusammen duschen, Süßigkeiten bereitlegen, Film auswählen, sexueller Übergriff, gemeinsam schlafen, frühstücken, auf Geheimhaltung einschwören, zurückbringen). Bei Tat 3 zeigt die Reaktion des Angeklagten auf die vermeintlich unmittelbar bevorstehende Entdeckung, dass er seine sexuellen Regungen unter Kontrolle hatte und kein Risiko einging, das er spontan als zu hoch einschätzte. Er war insofern trotz seiner Erregung in der Lage, die Entdeckungsgefahr abzuschätzen, entsprechend zu handeln und seinen Trieb zu unterdrücken. Die Tat 4 war in mehrwöchige einschlägige Konversation eingebettet; außerdem versicherte sich der Angeklagte der Heimlichkeit des Chats, was ebenfalls gegen eine impulshafte Tatbegehung spricht.

IV. Rechtliche Würdigung

In rechtlicher Hinsicht hat die Kammer die Taten wie folgt bewertet:

1. Tat 1

Das Geschehen erfüllt den Tatbestand des sexuellen Missbrauchs von Kindern gemäß § 176 Abs. 1 StGB in der Fassung vom 27.01.2015 bis zum 12.03.2020.

Indem der Angeklagte den nackten Penis des Jungen über einen längeren Zeitraum gerieben hat, um sich dadurch sexuell zu erregen und er zugleich für das Kind erkennbar masturbierte, hat er eigenhändig unmittelbar an dem Kind eine Handlung vorgenommen, die seiner sexuellen Befriedigung diente.

Der Tatzeitpunkt lag im Jahr 2020, möglicherweise noch vor dem 12.03.2020, so dass diese Fassung als das im Verhältnis zur nachfolgenden Fassung mildere Gesetz anzuwenden ist (im Folgenden: alte Fassung, a. F.).

2. Tat 2

Das Geschehen erfüllt den Tatbestand eines schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern gemäß § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB a.F. Auch hier kommt die Fassung vom 27.01.2015 bis zum 12.03.2020 als milderes Gesetz zur Anwendung, weil nicht sicher ausgeschlossen werden kann, dass die Tat vor dem 12.03.2020 begangen wurde.

Als Eindringen in den Körper im Sinne des § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB a. F. gilt auch, wenn der Täter den Penis des Kindes in den Mund nimmt (vgl. Urteil des BGH vom 16. 06. 1999, 2 StR 28/99; Beck OK StGB, 55. Ed., 01.11.2022, § 176c Rn. 10; MüKo StGB, 4. Aufl. 2021, § 176a Rn. 23). Es handelt sich dabei um eine beischlafähnliche Handlung. Eine Ähnlichkeit mit dem Beischlaf liegt regelmäßig schon dann vor, wenn die sexuelle Handlung entweder auf Seiten des Opfers oder des Täters unter Einbeziehung des primären Geschlechtsteils geschieht und die Rechtsgutverletzung gewichtig ist (vgl. Beschluss des BGH vom 14.11.2018, 2 StR 419/18). Dies ist beim ungeschützten Oralverkehr der Fall. Die Handlung ist hier auch im Einzelfall von erheblichem Gewicht. Denn der Angeklagte hat über einen Zeitraum von etwa 15 Minuten am nackten Geschlechtsteil des Kindes gesaugt und versucht, ihn mit der Bewegung seines Kopfes und seiner Zunge zu stimulieren. Gleichzeitig hat er selbst mit der Hand masturbiert.

Im Hinblick auf das etwaige Vorzeigen eines pornographischen Filmes wurde die Verfolgung insoweit gemäß § 154a Abs. 2 StPO beschränkt.

3. Tat 3

Das Geschehen erfüllt den Tatbestand eines versuchten sexuellen Missbrauchs von Kindern gemäß §§ 176 Abs. 1, Abs. 6, 22, 23 StGB in der Fassung vom 27.01.2015 bis zum 12.03.2020.

Die Kammer wendet diese Fassung als das mildere Gesetz an. Es erscheint zwar naheliegend, dass der Geschädigte die Nachricht vom 23.12.2020 nach der Tat 2 versendete und die chronologisch nachfolgende Tat 3 dann an den Weihnachtsfeiertagen 2020 stattfand. Jedoch ist es nicht ausgeschlossen, dass die Taten 1, 2 und 3 allesamt noch vor dem 12.03.2020 unternommen wurden und der Geschädigte die Nachricht vom 23.12.2020 erst später verfasste, ohne dass es im Anschluss zu einem Übergriff kam.

Der Versuch ist strafbar gemäß § 176 Abs. 6 StGB a.F.

Der Angeklagte hat unmittelbar zur sexuellen Handlung, nämlich dem Anfassen des nackten Penis des Kindes, angesetzt, indem er seine Hand in die Schlafanzughose des Kindes schob, um ihn am Penis zu berühren. Bevor er die Intimregion des Kindes erreichte, zog er die Hand wieder heraus, weil er glaubte, im nächsten Moment entdeckt zu werden. Er unterbrach sich und schob das Kind aus seinem Bett.

Darin liegt kein strafbefreiender Rücktritt vom Versuch im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 1 StGB.

Für die Beurteilung ist auf den Rücktrittshorizont des Täters, also die Vorstellung des Angeklagten von der Situation, abzustellen (MüKo StGB, 4. Aufl. 2020, § 24 Rn. 75).

Nach seiner Vorstellung war der Versuch fehlgeschlagen. Ein Versuch ist dann fehlgeschlagen, wenn die Tatbestandsverwirklichung objektiv unmöglich oder subjektiv aus Sicht des Täters nicht mehr möglich ist (vgl. Beschluss des BGH vom22.08.2017, 3 StR 299/17; Beck OK StGB, 55. Ed., 01.11.2022, § 24 Rn 14). Zwar war die von ihm beabsichtigte Handlung nicht schlechterdings unmöglich, denn er hätte P. Penis auch anfassen und zugleich masturbieren können, wenn dessen Vater vor ihm gestanden hätte. Es war aus seiner Sicht aber nicht durchführbar. Denn er hätte sich nicht mehr unbeobachtet und ohne Hemmung sexuell befriedigen können, wenn der Vater oder die Tante hinzugetreten wäre. Zudem ging er davon aus, dass die überraschenden Zeugen letztlich den Vorgang unterbrechen würden. Insofern hielt er eine Fortsetzung seiner Handlung für sinnlos. So erklärte er ausdrücklich, nach dem lauten Geräusch habe er sich gesagt "das Ding ist durch".

Jedenfalls gab er die weitere Ausführung aber auch nicht freiwillig auf. Der Rücktritt setzt voraus, dass der Täter die weitere Tatausführung freiwillig aufgibt. Das ist der Fall, wenn sich der Täter ohne wesentliche Erschwerung der äußeren Ausführungssituation auf Grund innerer Beweggründe zur Umkehr entschließt (Schönke/Schröder/Eser/Bosch, 30. Aufl. 2019, StGB § 24 Rn. 44). Unfreiwillig handelt der Täter regelmäßig dann, wenn sich aus seiner Sicht durch nicht vorhergesehene Umstände das für ihn mit der Tatbegehung verbundene Risiko beträchtlich erhöht hat, aus seiner Sicht das damit verbundene Wagnis unvertretbar ist und er deshalb von der weiteren Tatausführung absieht (vgl. Beschluss des BGH vom 19.12.2006, 4 StR 537/06). Dies gilt insbesondere für den Fall, dass es dem Täter auf die Heimlichkeit der Tatausführung ankommt (MüKo StGB, 4. Aufl. 2020, § 24 Rn. 107).

So liegt es hier. Der Angeklagte hat nach seiner Schilderung ein gewisses Risiko der Entdeckung in Kauf genommen, es allerdings als sehr niedrig eingeschätzt, weil er sich angesichts der Nachtzeit und allgemeinen Ruhe sicher war, dass die Erwachsenen schlafen würden und auch P. sie nicht durch lautstarke Abwehr wecken würde. Darum ging er davon aus, dass er den Jungen heimlich am Geschlechtsteil anfassen könne. Dann hörte er das laute Geräusch aus dem Schlafzimmer. Als er deshalb meinte, einer der Erwachsenen sei erwacht und würde im nächsten Moment vor ihm stehen und - weil er die Vorstrafen des Angeklagten kannte - die Situation auch sogleich richtig einordnen, ging er von einem plötzlich wesentlich erhöhten Risiko der Entdeckung aus. Damit änderte sich seine Risikoeinschätzung erheblich. Dies bewegte ihn zum sofortigen Abbruch seiner Handlung. Seine Entscheidung, den Penis des Kindes nicht anzufassen, beruhte daher auf veränderten externen Umständen, die nach seiner Vorstellung keine andere Option für ihn zuließen, als sein Vorhaben abzubrechen.

Andere Überlegungen kamen bei seiner Entscheidung ausweislich seiner Einlassung gerade nicht zum Tragen. Weder die Anwendung einer Coping-Strategie (Stopp-Regel), die der Angeklagte ja eingeübt hatte, brachte er zum Einsatz, noch wirkten sich etwaige Widerworte von P., die ihn zum Umdenken bewegt hätten, oder Opferempathie auf sein Verhalten aus. Alleiniger Faktor für den Abbruch der weiteren Handlung war die Furcht, im nächsten Moment entdeckt zu werden, als äußerer Handlungsgrund. Diesen Abbruch empfand der Angeklagte als alternativlos, so dass er insofern nicht mehr "Herr seiner Entschlüsse" war.

4. Tat 4

Das Geschehen stellt einen sexuellen Missbrauch von Kindern gemäß § 176 Abs. 4 Nr. 2 StGB in der Fassung vom 01.01.2021 bis zum 30.06.2021 dar. Das Tatbestandmerkmal "Bestimmen" setzt voraus, dass der Täter das Kind ausdrücklich oder konkludent durch eine entsprechende psychische Einwirkung beeinflusst und dadurch dessen Entschluss zur Vornahme der sexuellen Handlung jedenfalls mitverursacht hat (Schönke/Schröder/Eisele, 30. Aufl. 2019, StGB § 176 Rn. 8). Der Angeklagte hat das Mädchen ausdrücklich dazu aufgefordert, ihm ein Video mit sexuellen Inhalten zu schicken. Ein Bestimmen liegt auch dann vor, wenn das Kind zur Vornahme der sexuellen Handlungen bereits geneigt oder allgemein entschlossen war. Es ist insofern unbeachtlich, ob das Mädchen ihm auch ohne die Aufforderung irgendwann möglicherweise derartige Bilder geschickt hätte. Denn jedenfalls hat der Angeklagte den Entschluss des Kindes, diese konkrete Handlung zu diesem Zeitpunkt auszuführen, hervorgerufen. Die Handlung ist auch erheblich, da das Kind sich an der Scheide berührt, einen Finger und einen Gegenstand eingeführt hat, was ihm zur Selbstbefriedigung gedient haben soll. In subjektiver Hinsicht lag der erforderliche Vorsatz des Angeklagten (MüKo StGB, 4. Aufl. 2021, § 176 Rn. 55) hier vor.

Im Hinblick auf das Sichverschaffen eines kinderpornographischen Filmes wurde die Verfolgung insoweit gemäß § 154a Abs. 2 StPO beschränkt.

5. Die Taten stehen zueinander in Tatmehrheit gemäß § 53 StGB.

V. Strafzumessung

Bei der Strafzumessung hat sich die Kammer von folgenden Erwägungen leiten lassen:

1. Tat 1

Den Strafrahmen entnahm die Kammer § 176 Abs. 1 StGB a. F., der eine Freiheitstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren vorsieht.

Der erhöhte Strafrahmen des §§ 176a Abs. 1 StGB a.F. gelangte nicht zur Anwendung. Nach § 176a Abs. 1 StGB beträgt die Mindeststrafe für Taten nach § 176 Abs. 1 StGB nicht unter einem Jahr, wenn der Täter innerhalb der letzten fünf Jahre "wegen einer solchen Straftat" rechtskräftig verurteilt worden ist. In diese Zeit wird gemäß § 176 Abs. 6 StGB die Haftzeit nicht miteingerechnet. Zwar wurde der Angeklagte innerhalb der Frist bereits durch das Landgericht Augsburg rechtskräftig verurteilt, allerdings bezog sich diese Verurteilung auf einen schweren sexuellen Missbrauch gemäß § 176a StGB. Auf diese Vorschrift wird nach dem Wortlaut des Absatzes 1 nicht ausdrücklich verwiesen. Die Kammer hat die Verweisung restriktiv ausgelegt und eine Anwendung auf den vorliegenden Fall daher abgelehnt.

Ein unbenannter besonders schwerer Fall nach § 176 Abs. 3 StGB a.F. liegt nicht vor. Dafür sind im Rahmen einer Gesamtwürdigung insbesondere die Tat und die Persönlichkeit des Angeklagten zu berücksichtigen und zu prüfen, ob der Unrechts- und Schuldgehalt der Tat den qualifizierten Fällen entspricht (Schönke/Schröder/Eisele, 30. Aufl. 2019, StGB § 176 Rn. 28).

Zugunsten des Angeklagten fällt ganz wesentlich sein umfassendes Geständnis ins Gewicht. Dadurch hat er dem Geschädigten die Aussage in der Hauptverhandlung erspart, was ihm anzurechnen ist. Zudem hat er sich zum frühestmöglichen Zeitpunkt - unmittelbar nach Anklageverlesung - geständig gezeigt und seine Einlassungsbereitschaft durchgehend aufrechterhalten. Dabei hat er offen Einblick gegeben in den sehr intimen Bereich seiner sexuellen Identität. Bei der Schilderung seiner Entwicklungsgeschichte und der Vortaten hat er von sich aus Umstände beschrieben, die zuvor nicht Verfahrensgegenstand waren, wie etwa die Häufigkeit des kinderpornographischen Konsums. Bei der Beschreibung seiner fortbestehenden sexuellen Wünsche und des daraus entstehenden Spannungsfeldes zum regelkonformen Verhalten wurden seine Ratlosigkeit und durchaus auch seine Verzweiflung deutlich. Sein offenes Auftreten ist also zu seinen Gunsten mit erheblichem Gewicht in die Abwägung eingeflossen. Mildernd wurde weiter berücksichtigt, dass die Pädophilie als seine sexuelle Prägung ein für ihn unveränderlicher Teil seiner Persönlichkeit ist.

Zu Lasten des Angeklagten waren seine einschlägigen Vortaten zu berücksichtigen, für die er bereits zweimal zu Freiheitsstrafen verurteilt wurde. Er ist innerhalb kurzer Zeit erneut rückfällig geworden.

In der Gesamtschau ist für Tat 1 insbesondere mit Blick auf sein Geständnis und das konkrete Tatbild kein besonders schwerer Fall anzunehmen, der die Anwendung des schärferen Strafrahmens erfordern würde.

Die Kammer hat daher den Grundstrafrahmen des § 176 Abs. 1 StGB a.F. zur Anwendung gebracht.

Unter nochmaliger Berücksichtigung obiger Umstände erkannte die Kammer auf eine Einzelstrafe von

2 Jahren und 6 Monaten.

als tat- und schuldangemessen.

2. Tat 2

Die Kammer legte den Strafrahmen des § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB a. F. zugrunde, der eine Freiheitstrafe von 2 Jahren bis zu 15 Jahren vorsieht.

Ein minder schwerer Fall gemäß § 176a Abs. 4 StGB a.F. lag nicht vor. Für das Vorliegen eines minder schweren Falles ist erforderlich, dass das Gesamtbild der Tat einschließlich aller subjektiven Momente und der Persönlichkeit des Täters vom Durchschnitt der gewöhnlichen Fälle so sehr abweicht, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten erscheint. Bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung sind alle Umstände heranzuziehen und zu würdigen, die für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, gleichgültig ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder ihr nachfolgen (std. Rspr., vgl. Beschluss des BGH vom 22.01.2015, 3 StR 412/14).

Zu Gunsten des Angeklagten waren, wie bereits ausgeführt, sein Geständnis und die für ihn nicht veränderliche sexuelle Prägung zu berücksichtigen. Im Hinblick auf die konkrete Tatbegehung war einzustellen, dass innerhalb der denkbaren Bandbreite des Tatbestandes weitaus schwerere Fälle vorstellbar sind, etwa Geschlechts- oder Analverkehr. Hier wurde "lediglich" in den Körper des Angeklagten eingedrungen. Zu seinen Lasten waren die einschlägigen Vorstrafen und die bereits ausgeführte erhebliche Rückfallgeschwindigkeit zu werten. In der Gesamtschau überwiegen die mildernden Umstände die belastenden Aspekte nach Auffassung der Kammer nicht derart, dass von einem minder schweren Fall auszugehen wäre.

Unter Berücksichtigung insbesondere der oben aufgeführten Umstände gelangte die Kammer zu einer Einzelstrafe von

3 Jahren und 6 Monaten.

als tat- und schuldangemessen.

3. Tat 3

Für Tat 3 milderte die Kammer den - nach den obigen Ausführungen - hier anzuwendenden Grundstrafrahmen des § 176 Abs. 1 StGB a. F gemäß §§ 23 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB.

Auch hier lag unter Berücksichtigung des oben genannten Maßstabes kein unbenannter besonders schwerer Fall vor. Zu Gunsten des Angeklagten sprach, dass er sich - wie ausgeführt - ausführlich geständig eingelassen hat und seine sexuelle Neigung persönlichkeitsimmanent ist, zu seinen Lasten gehen die einschlägigen Vorstrafen und wie bereits dargetan die hohe Rückfallgeschwindigkeit. Das konkrete Geschehen hat in der Gesamtschau kein solches Gepräge, dass vorliegend die Anwendung des besonders schweren Falles geboten erschiene.

Unter Berücksichtigung insbesondere der obigen Umstände gelangte die Kammer zu einer Einzelstrafe von

1 Jahr und 6 Monaten.

als tat- und schuldangemessen.

4. Tat 4

Für Tat 4 war der Strafrahmen des § 176 Abs. 4 Nr. 2 StGB in der Fassung vom 01.01.2021 bis zum 30.06.2021 zugrunde zu legen, der eine Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis 5 Jahren vorsieht.

Zu Gunsten des Angeklagten waren sein Geständnis und die sexuelle Präferenzstörung zu berücksichtigen, zudem spricht hier mildernd für ihn, dass die sexuelle Ausrichtung der Kommunikation auch von dem Kind ausging. Zu seinen Lasten gingen die einschlägigen Vorstrafen und die hohe Rückfallgeschwindigkeit.

Unter Berücksichtigung obiger Umstände gelangte die Kammer zu einer Einzelstrafe von

1 Jahr

als tat- und schuldangemessen.

5. Gesamtstrafe

Die Kammer hat sodann die obigen Umstände nochmals abgewogen und insbesondere unter Berücksichtigung seines frühen und umfassenden Geständnisses unter maßvoller Erhöhung der Einsatzstrafe auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von

5 (fünf) Jahren

als tat- und schuldangemessen erkannt.

Auch bei einer Gesamtwürdigung aller für den Angeklagten belastenden Rechtsfolgen einschließlich der Sicherungsverwahrung (vgl. Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl. 2017, Rn. 724, beck-online) ist die Kammer davon überzeugt, dass diese in der Gesamtschau angemessen sind.

VI. Sicherungsverwahrung

Die Kammer hat die anschließende Sicherungsverwahrung gemäß § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB angeordnet.

1. Formelle Voraussetzungen

Die Voraussetzungen ergeben sich aus § 66 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 3 und 4 und Abs. 4 StGB in der bis zum 30.06.2021 geltenden Fassung (Art. 316l EGStGB). Alle formellen und materiellen Voraussetzungen sind erfüllt.

a.) Anlasstat

Der Verurteilung liegen vier Straftaten zugrunde, wovon eine (Tat 2) den Verbrechensstraftatbestand des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern gemäß § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB a.F. erfüllt und eine weitere (Tat 1) eine taugliche Anlasstat gemäß § 176 StGB ist. Damit ist die Voraussetzung an die Art und Schwere der Anlasstat gemäß § 66 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 1a) StGB erfüllt.

b.) Mindeststrafe

Gegen den Angeklagten wurde eine Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren verhängt. Die Einzelstrafe für die Tat 1 beträgt 2 Jahre und 6 Monate, die Einzelstrafe für die Tat 2 beträgt 3 Jahre und 6 Monate. Diese Einzelstrafen übersteigen damit die Mindeststrafe von 2 Jahren nach § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB.

c.) Vorverurteilung

Mit Urteil des Landgerichts Augsburg vom 11.11.2014 wurde er wegen des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in 6 Fällen sowie des Besitzes von kinderpornographischen Schriften rechtskräftig zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren und 6 Monaten verurteilt.

Die verwirklichten Tatbestände decken sich, auch das verletzte Rechtsgut der sexuellen Selbstbestimmung des betroffenen Kindes ist identisch, so dass die Taten hinsichtlich ihrer Schwere und Art vergleichbar sind.

d.) Berücksichtigungsfähigkeit der Symptomtaten und der Vorverurteilung im Hinblick auf den seitdem verstrichenen Zeitraum

Die Taten in Augsburg sind im Jahr 2013, also vor den hier gegenständlichen Taten und innerhalb des relevanten Zeitraums von 15 Jahren gemäß § 66 Abs. 4 Satz 2 2. Halbsatz und Satz 3 StGB, begangen worden, zumal der Angeklagte sich zwischenzeitlich noch für 4 Jahre und 6 Monate in Haft befand. Die Vorverurteilung ist im Hinblick auf die seitdem verstrichene Zeit auch berücksichtigungsfähig. Die Eintragung ist nicht getilgt und auch noch nicht tilgungsreif, §§ 51, 46 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 Satz 1 BZRG. Zudem war die Führungsaufsicht zum Zeitpunkt der Anlasstaten nicht beendet.

e.) Mindeststrafe der Vorverurteilung

Auch die notwendige Mindestfreiheitsstrafe der Vorverurteilung ist gegeben. Die Gesamtfreiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgericht Augsburg umfasst auch eine Einzelstrafe wegen einer tatmehrheitlich begangenen Nichtkatalogtat, nämlich ein Jahr Freiheitsstrafe für den Besitz von kinderpornographischen Schriften. Es ist daher im Rahmen einer fiktiven Gesamtstrafenbildung zu prüfen, ob das damalige Tatgericht auch dann eine Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verhängt hätte, wenn es ausschließlich die Katalogtaten berücksichtigt hätte (vgl. Beschluss des BGH vom 28.06.2022, 3 StR 179/22).

Hier wurden für die Katalogtaten auf fünf Einzelstrafen von jeweils 2 Jahren und eine Einzelstrafe von 2 Jahren 3 Monaten erkannt und für die Nichtkatalogtat auf eine Einzelstrafe von einem Jahr. Bei der Bildung der Gesamtstrafe hat das damalige Tatgericht insbesondere zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass er geständig war, zu seinen Lasten fiel insbesondere die einschlägige Vorverurteilung ins Gewicht.

Auch ohne die Einzelstrafe für die Nichtkatalogtat in Höhe von einem Jahr Freiheitsstrafe wäre schon angesichts der Einsatzstrafe von über zwei Jahren mit Sicherheit eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren erreicht worden. Selbst bei vollständigem Wegfall der Einzelstrafe für die Nichtkatalogtat würde hier eine Gesamtstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten allein wegen der Katalogtaten verbleiben.

Zur Überzeugung der Kammer kann daher sicher ausgeschlossen werden, dass das Tatgericht für die Katalogtaten eine Gesamtfreiheitsstrafe von unter drei Jahren gebildet hätte.

f.) Vorangegangener Freiheitsentzug

Die Haftstrafe von 4 Jahre 6 Monate hat der Angeklagte vollverbüßt. Auch unter rechnerischem Abzug der Einzelstrafe für den Besitz von kinderpornographischen Schriften in Höhe von einem Jahr, die in die Bildung der Gesamtfreiheitsstrafe eingegangen ist, übersteigt die Haftzeit die Mindestdauer von 2 Jahren gemäß § 66 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB.

2. Materielle Voraussetzungen

Die materiellen Voraussetzungen für die Anordnung der Sicherungsverwahrung liegen vor. Der Angeklagte hat den Hang, erhebliche Straftaten zu begehen. Die Anlasstaten sind symptomatisch für den Hang. Es sind auch in Zukunft erhebliche Taten zu erwarten, die aus den Hang resultieren. Er ist deshalb für die Allgemeinheit gefährlich.

a.) Einschätzung des Sachverständigen

Auch zu der Frage, ob bei dem Angeklagten ein Hang vorliegt und wie die Gefahrenprognose einzuschätzen ist, hat die Kammer den psychiatrischen Sachverständigen Dr. Harald Schmidt herangezogen.

aa.) Ein Hang liegt bei dem Angeklagten nach den Ausführungen des Sachverständigen vor.

Er führte zunächst aus, der "Hang" sei kein naturwissenschaftlicher Begriff, der über eine klare erfahrungskorrelierte Definition umgrenzbar sei, sondern ein normativer Begriff. Im Sinne des § 66 StGB sei der Hang gemeinhin als eingeschliffener innerer Zustand zu verstehen, der den Täter immer wieder neue Straftaten begehen lasse. Der konkrete Inhalt und die Voraussetzungen seien unter Psychiatern umstritten und würden vielfach diskutiert. Zur Einordnung eines Straftäters als Hangtäter gebe es gleichwohl einige allgemein anerkannte Umstände.

So seien mehrere Persönlichkeitsmerkmale auszumachen, die für das Vorliegen eines Hanges sprächen. Dazu zählten etwa eine zustimmende ich-syntone Haltung zur Delinquenz, die Schuldzuweisung an Opfer, Außenstehende oder Umwelteinflüsse, begünstigende psychosoziale Konflikte, überwiegende Phasen der Delinquenz gegenüber unauffälligen Lebensphasen, eine progrediente Rückfallgeschwindigkeit, die Missachtung von Auflagen, die aktive Gestaltung der Tatumstände, die Spezialisierung auf einen Delinquenztyp, die Integration in eine kriminelle Subkultur, hohe Werte bei statistischen Prognoseinstrumente wie Psychopathy nach Hare, Reizhunger und eine ungebundene augenblicksfixierte Lebensführung sowie antisoziale Denkstile, die eine situative Verfügbarkeit bedingen oder kriminelle Verhaltensweisen legitimieren.

Bei dem Angeklagten lägen diese Umstände überwiegend vor. Mit dem schwierigen Verhältnis zum Vater bestünde ein begünstigender psychosozialer Konflikt. Auf die gesamte Erwachsenenzeit bezogen seien die Phasen der Delinquenz gegenüber den strafrechtlich unauffälligen Lebensphasen mit Blick auf den durchgängigen Konsum von Kinderpornographie im Internet doch überwiegend vorhanden. Insgesamt sei eine progrediente Entwicklung der Deliktsschwere sowie eine Ausweitung des Opferkreises zu erkennen. Es sei eine äußerst hohe Rückfallgeschwindigkeit zu sehen. Das neigungsbedingte Verhalten gehe mit der Missachtung von Auflagen, nämlich der Führungsaufsichtsweisungen, einher. Hervorzuheben sei hier auch die aktive Gestaltung der Tatumstände, denn der Angeklagte habe die Taten inszeniert. Die Kommunikation mit den Kindern habe der Angeklagte manipulativ gesteuert, etwa, wenn er die Mädchen M. und L. gegeneinander ausgespielt und gezielt ihre Schwachstellen angesprochen habe oder immer wieder darauf bestanden habe, sie sollten ihm ihr Vertrauen beweisen und alles geheimhalten. Die Spezialisierung auf einen Delinquenztyp sei offenkundig, denn der Angeklagte begehe ausschließlich Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung von Kindern.

Zu den statistischen Prognoseinstrumenten führte er aus, er habe unterschiedliche Tests verwendet. Das Ergebnis führe auch unter Berücksichtigung der bisherigen Ergebnisse der Vorgutachter zu einem gemischten Bild. So hätten einige der allgemeinen statistischen Prognoseinstrumente wie Psychopathy nach Hare (PCL-R) oder Level of Service Inventory - Revised (LSI-R), welche nicht speziell auf Gewalt- oder Sexualdelikte ausgerichtet sind, keine hohen Werte ergeben. Insbesondere der Psychopathy Test habe bei dem Angeklagten eine sehr geringe bis höchstens geringe Ausprägung ergeben.

Zu insgesamt günstigen Ergebnissen bei der Anwendung von statistischen Prognoseinstrumenten seien auch die Sachverständigen Dr. W. und Dr. Z. gelangt, die 2014 beziehungsweise 2017 verschiedene Prognoseinstrumente genutzt hätten. Dr. W. habe den Angeklagten im Rahmen des Strafverfahrens vor dem Landgericht Augsburg im Jahr 2014 verschiedenen statistischen und individuellen klinischen Tests unterzogen, unter anderem auch Static-99 für Sexualstraftäter. Aus letzterem habe sich eine moderate Rückfallwahrscheinlichkeit ergeben. Einen Hang im Sinne des § 66 StGB habe Dr. W. in der Gesamtschau nicht feststellen können, da der Angeklagte über einige Ressourcen in seiner Persönlichkeit verfüge, die für eine positive Legalprognose sprächen. Insbesondere sei eine hohe Behandlungsbereitschaft vorhanden. Im Rahmen der Vollzugslockerungsbegutachtung sei Dr. Z. sogar zu einem sehr geringen Rückfallrisiko auf der Grundlage allgemeiner statistischer Instrumente gelangt, wobei sich auch hier insbesondere die Therapiewilligkeit und Einbindung in soziale Strukturen positiv ausgewirkt hätten. Diese günstige Prognose sei indes widerlegt durch die neuerliche Tatbegehung.

Der Sachverständige hat bei der Einordnung darauf hingewiesen, dass diese allgemeinen Prognoseinstrumente nur abstrakte Angaben machten und bestimmte günstige Faktoren wie Erwerbsarbeit oder ein geordnetes Elternhaus dabei von gewichtiger Bedeutung seien. Im hier vorliegenden Einzelfall seien die Ergebnisse allerdings nur wenig aussagekräftig. Denn diese günstigen Umstände hätten den Angeklagten im konkreten Fall gerade nicht vor einem Rückfall bewahrt. Er hat weiter ausgeführt, dass Static-99 (speziell für Gewalt- oder Sexualdelikte erarbeitet) bei der aktuellen Anwendung im Jahr 2022 ein überdurchschnittliches Ergebnis gezeigt habe. Dabei sei im Vergleich zu den Vorgutachtern zu beachten, dass es seit den letzten Anwendungen innerhalb kürzester Zeit zu weiteren einschlägigen Straftaten trotz Therapie, sozialer Einbindung und der Verbüßung von Haft gekommen sei. Dies erkläre die Abweichungen. Beachtlich sei auch, dass als Grundlage hier ein verhältnismäßig langer Beobachtungszeitraum von fast zwanzig Jahren, also beinah die gesamte Erwachsenenlebenszeit des Angeklagten, ausgewertet werden könne.

Der Sachverständige hob abschließend hervor, dass das allgemeine statistische Rückfallrisiko für Straftäter, die pädophil sind und die bereits Sexualdelikte zu Lasten von Kindern begangen haben, deutlich erhöht sei.

Aus heutiger psychiatrischer Sicht sei im Übrigen davon auszugehen, dass die sexuelle Neigung nicht heilbar sei, der Angeklagte könne sie nicht bewusst beeinflussen und auch durch äußere Einflüsse lasse sich die diagnostizierte Pädophilie nicht abändern. Der Angeklagte müsse sein Leben lang die Neigung unterdrücken, sein Verhalten kontrollieren und letztlich im Grunde auf sexuelle Befriedigung verzichten.

bb.) Im Hinblick auf die Gefahrenprognose gelangt der Sachverständige zu einem hohen Risiko eines Rückfalls in kurzer Zeit.

Günstig sei hier die grundsätzliche Bereitschaft des Angeklagten zu bewerten, sich therapeutisch behandeln zu lassen, auch wenn offen sei, inwieweit die Maßnahmen zu ihm durchdrängen und er das Fachpersonal ausreichend in sein inneres Erleben einbeziehe. Die Therapieeinrichtung habe ihm im Jahr 2021 etwa ein geringes Rückfallrisiko attestiert, obwohl er therapiebegleitend bereits Straftaten begangen habe. Positiv sei, dass er die Taten einräume und seinen Anteil am Geschehen beschreibe. Allerdings sei doch zu erkennen, dass er die belastenden Folgen für die Geschädigten relativiere, zudem habe er sich bislang in jeder Hauptverhandlung geständig und einsichtig gezeigt. Seine Familie stehe weiter hinter ihm, so dass die soziale Struktur als positiv zu bewerten sei, außerdem sei er einer regelmäßigen Erwerbsarbeit nachgegangen und leide unter keinen Betäubungsmittelabhängigkeiten oder Persönlichkeitsstörungen.

Dennoch seien in der Gesamtschau weitere schwere sexuelle Missbrauchstaten an Kindern in der Zukunft zu erwarten.

Dies ergebe sich zunächst aus der starken sexuellen Präferenz, die der Angeklagte in der Vergangenheit auch schon mehrfach ausgelebt habe und trotz eingeübter Vermeidungsstrategien und therapeutischer Hilfestellung nicht unter Kontrolle habe bringen können. Zudem sei er auch nicht durch eine Haftstrafe abgeschreckt worden.

Der Sachverständige erklärte weiter, dass die Persönlichkeit des Angeklagten einige erhebliche Merkmale zeige, die eine künftige Delinquenz begünstigten. Er beschrieb ihn als unreif und führte aus, dass der Angeklagte auch im Vollzug lange Zeit Schwierigkeiten gehabt habe, bei den Mithäftlingen akzeptiert zu werden, weil er sich albern und unpassend verhalten habe. Er verhalte sich weiterhin eher kindlich und wolle ungern Verantwortung für Entscheidungen übernehmen. Sein Verhalten sei insbesondere auf die unmittelbare Befriedigung seiner Bedürfnisse ausgerichtet. Dafür nehme er auch Risiken in Kauf und blende aus, welche nachteiligen Folgen für ihn oder Dritte sein Verhalten nach sich ziehe.

Er habe ihm gegenüber mehrfach erklärt, dass er Warnsignale und kritische Situationen deutlich wahrnehme, sich aber bewusst darüber hinwegsetze.

Hinzu komme die hohe Rückfallgeschwindigkeit. Auch sei die zunehmende Schwere und erhöhte Frequenz der Taten als ungünstig zu bewerten. Zudem hat der Sachverständige darauf hingewiesen, dass aus psychiatrischer Sicht auch die Ausweitung des Opferkreises ein gewichtiger negativer Faktor sei. Zum ersten Mal habe der Angeklagte einen Jungen für seine sexuelle Befriedigung herangezogen, obwohl seine Präferenz sich auf Mädchen beziehe. Vor diesem Hintergrund erweitere sich der Kreis der potentiell geschädigten Kinder.

Weiterhin negativ wirke sich der Umstand aus, dass der Angeklagte die Anlasstaten trotz der insgesamt günstigen Ausgangslage begangen hat. Nach über vier Jahren der Inhaftierung und Therapie, der sozialen Einbindung in die Familie, der flankierenden Aufsicht durch Bewährungshelferin und der ambulanten Therapie sei es zum Rückfall gekommen. Dies sei nach den Ausführungen des Sachverständigen als äußerst ungünstig in die Gefahrenprognose einzustellen.

Unter Berücksichtigung aller Faktoren sei eine ausgesprochen negative Gefahrenprognose zu stellen. Es sei mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Angeklagte nach der Haftentlassung aufgrund seines Hanges wieder sexuelle Straftaten zum Nachteil von Kindern begehen werde. Dabei sei angesichts der bisherigen Entwicklung der Delinquenz damit zu rechnen, dass die Schwere der Taten eher weiter zunehme.

b.) Hang

Das Vorliegen eines Hangs im Sinne eines gegenwärtigen Zustands ist auf der Grundlage einer umfassenden Vergangenheitsbetrachtung in eigener Verantwortung unter sorgfältiger Gesamtwürdigung aller für die Beurteilung der Persönlichkeit des Täters und seiner Taten maßgebenden Umstände wertend festzustellen und in den Urteilsgründen darzulegen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 28.07.2020, 4 StR 108/20; Urteil vom 09.05.2019, 4 StR 578/18; Urteil vom 31.07.2019, 2 StR 132/19; Urteil vom 26.04.2017, 5 StR 572/16).

Nach Würdigung der Ausführungen des Sachverständigen und eigener kritischer Prüfung ist die Kammer davon überzeugt, dass bei dem Angeklagten ein Hang im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 4 StGB vorliegt.

Ein Hang liegt bei demjenigen vor, der dauerhaft zur Begehung von Straftaten entschlossen ist oder auf Grund einer fest eingewurzelten Neigung immer wieder straffällig wird, wenn sich die Gelegenheit dazu bietet ebenso wie bei demjenigen, der willensschwach ist und aus innerer Haltlosigkeit Tatanreizen nicht zu widerstehen vermag (vgl. Urteil des BGH vom 09.09.2021, 3 StR 327/20).

Die sexuelle Prägung des Angeklagten, seine Persönlichkeitsstruktur und seine bisherige Lebensweise begründen in der Gesamtschau das Vorliegen eines Hanges im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 4 StGB, der auch symptomatisch für die bisherigen Taten war.

aa.) Entscheidend ist hier zunächst die Pädophilie als dauerhaft bestehende Neigung des Angeklagten, die er selbst nicht verändern kann und die auch durch äußere Maßnahmen nicht grundlegend beeinflusst werden kann. Diese Neigung ist verfestigt und sie führte in der Vergangenheit dazu, dass er immer wieder einschlägig straffällig wurde. Bei dem Angeklagten besteht die gesicherte Diagnose für eine Kernpädophilie. Diese sexuelle Neigung ist derart gefestigt, dass sie zu einem Teil seiner Persönlichkeit, seiner sexuellen Identität, geworden ist. Damit einher geht der innere Wunsch nach körperlicher Nähe und Intimität, auch im Rahmen einer Liebesbeziehung, und ein Begehren, das nach Befriedigung sucht. In erster Linie fühlt er sich angezogen von Mädchen im Stadium der Vorpubertät, die also noch keine weiblichen Hüften, ausgeprägte Körperbehaarung und Brüste haben. Diese Mädchen sind dann in der Regel nicht älter 14 Jahre, also noch Kinder im Sinne des § 176 Abs. 1 Nr. 1 StGB. Zur sexuellen Befriedigung richtet sich sein Fokus aber auch auf ältere Mädchen, jedenfalls solange diese noch nicht gänzlich entwickelte weibliche Körper haben, sie sind dann jedenfalls noch nicht volljährig und also jugendlich im Sinne des § 182 Abs. 1 StGB. Bei Gelegenheit kommen auch kindliche Jungen für ihn Frage, so wie hier P.. Daneben führt er auch sexuelle Beziehungen mit erwachsenen Frauen, was aber den Wunsch nach sexuellen Handlungen mit Kindern unverändert bestehen lässt und ihn auch nicht vom Konsum kinderpornographischer Bilder abhält. Wenn der Angeklagte den bei ihm bestehenden Wunsch in die Wirklichkeit umsetzt, er also tatsächlich in irgendeiner Form sexuelle Handlungen im Zusammenhang mit Kindern vornimmt (und sei es durch das Betrachten von sexuell konnotierten Nacktbildern), begeht er zwingend eine Straftat. Es gibt keine Möglichkeit, seine sexuelle Identität auszuleben, ohne dabei straffällig zu werden. Seine Neigung führt ihn unmittelbar in die Delinquenz.

bb.) Bei ihm sind zudem eine Vielzahl von Persönlichkeitsmerkmalen und Verhaltensweisen zu erkennen, die bedeutsam für die Frage des Hanges sind, die weit überwiegend für das Vorliegen des Hanges sprechen und die der Sachverständige im Einzelnen aufgeführt hat (vgl. Habermeyer / Saß in: Der Nervenarzt, Maßregel der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 StGB, Jahrgang 2004, Seite 1061-1067).

(1.) Einige dieser Merkmale liegen nicht oder nicht eindeutig vor:

Die durch den Sachverständigen vorgenommene Auswertung der Prognoseinstrumente ergibt, wie ausgeführt, ein gemischtes Bild. Auffällig ist, dass die Entwicklung der Risikoeinschätzungen sich im Jahr 2022 zuletzt verschlechtert hat. Zudem ergeben gerade die spezialisierten Instrumente ein hohes Risiko, so dass die Kammer die statistische Einschätzung im Ergebnis im Einzelfall als eher ungünstig bewertet, zumal es trotz der als günstig eingestellten Kriterien zum Rückfall kam.

Die Integration in eine kriminelle Subkultur kann bei dem Angeklagten so nicht festgestellt werden, auch wenn nicht unberücksichtigt bleiben darf, dass er im Darknet auf besonderen Plattformen kinderpornographisches Material suchte und mit jedenfalls einer Person per Skype derartige Bilder auch austauschte. Insofern war sein öffentliches Alltagsleben nicht durch die Einbindung in eine kriminelle Subkultur geprägt, heimlich bestanden aber durchaus Kontakte in diese Kreise. Ein grundlegend antisozialer Denkstil herrscht bei ihm indes nicht vor.

Gegen die Pädophilie als Begründung für den Hang sprechen auch einige weitere Umstände. So besteht die Pädophilie bei dem Angeklagten schon seit langer Zeit, er lebt sie aber nicht laufend durch schwere sexuelle Straftaten aus. Der Angeklagte hat insgesamt noch verhältnismäßig wenige körperliche Übergriffe insgesamt und auch nur gegenüber zwei Kindern begangen. Im Vergleich zu anderen denkbaren Fallgestaltungen - etwa mit Blick auf den vielfachen Missbrauch einer großen Anzahl von Schutzbefohlenen in Kirchengemeinden oder Sportvereinen oder aber eines langjährigen Missbrauchs innerhalb eines Familienverbands - sind insgesamt neun Taten zu Lasten von zwei Kindern eher gering. Zudem hat er bislang offenbar keinen körperlichen Zwang gegen seine Opfer ausgeübt oder sie ernsthaft verletzt. Er hat zudem trotz seiner Kernpädophilie bereits mehrere, auch längere, Beziehungen zu erwachsenen Frauen geführt. Darüber hinaus ist er weiterhin therapiebereit. Er verhält sich im Übrigen - neben den auf seiner sexuellen Prägung beruhenden Taten - rechtskonform.

(2.) Demgegenüber bestehen gewichtige Umstände, die für einen Hang des Angeklagten sprechen. Diese Umstände überwiegen in einer Gesamtschau bei Weitem.

Seine Persönlichkeitsstruktur ist von einer Vielzahl der psychiatrisch relevanten Merkmale gekennzeichnet. Die Beschreibung des Sachverständigen - unreif, auf die eigene Befriedigung fixiert, Risiken ausblendend - bestätigte der Angeklagte in der Hauptverhandlung als auch aus seiner Sicht zutreffend. Er führte als Beispiel an, dass er wiederholt P. zu sich über Nacht eingeladen habe, obwohl ihm klar gewesen sei, dass er den Jungen so gefährde. Er habe sich aber trotzdem dazu entschieden. Er selbst habe nichts dafür getan, riskante Situationen zu verhindern, sondern diese vielmehr absichtlich hergestellt, etwa indem er mit dem Jungen gemeinsam geduscht habe. Gleiches gilt nach der Auffassung der Kammer auch, wie oben dargelegt, für die Aktivitäten des Angeklagten im Internet, die auf private Chatkontakte mit jungen Mädchen abzielten.

Grundsätzlich positive Faktoren wie die Einbindung in soziale Netze sind bei näherem Hinsehen weniger tragfähig als zunächst angenommen. Das vertrauensvolle Verhältnis zur Tante besteht zwar fort, es hat im Hinblick auf seine Straffälligkeit aber eher geschadet. Denn im Schutze dieses Verhältnisses hat er die Übergriffe zu Lasten von P. begangen. Hinzu kommt, dass sein Verhältnis zum Vater angespannt und konfliktbeladen ist. Unbelastete soziale Kontakte außerhalb der Familie zu Gleichaltrigen hat er nicht.

Auch die Therapiebereitschaft kann hier nicht in vollem Maße als günstiges Kriterium Berücksichtigung finden. Diese Zurückhaltung beruht auf den bisherigen Erfahrungen. Wenn dem Angeklagten im Abschlussbericht aus Juli 2021 durch die Therapieeinrichtung bescheinigt wird, ein "akutes Rückfallrisiko sei weiterhin nicht vorhanden" obwohl er zu diesem Zeitpunkt bereits seit zwei Jahren regelmäßig kinderpornographisches Material konsumierte, vielfach gegen Führungsaufsichtsweisungen verstoßen hatte und gegenüber P. körperlich übergriffig geworden war, zeigt dies eindrücklich, dass die bloße Bereitschaft des Angeklagten, weiterhin in Therapie zu gehen, letztlich nur von geringem Wert ist. Zwar hat er die Therapie zuverlässig besucht und auch pro forma wirksame Strategien erlernt. Er hat sie aber tatsächlich im Alltag und in kritischen Situationen nicht angewendet. Offenbar hat er stattdessen Verhaltensweisen entwickelt, mit denen er gegenüber dem Therapeuten überzeugend den Eindruck erweckte, er habe "alles unter Kontrolle", auch wenn er sich innerlich haltlos fühlte und Hilfe brauchte.

(3.) Auch sein sonstiges bisheriges Verhalten spricht deutlich für einen Hang.

So bestehen seit seinem jungen Erwachsenenalter im Grunde keine delinquenzfreien Lebensphasen außerhalb der Haftzeiten. In Freiheit hat der Angeklagte beständig und seit vielen Jahren kinderpornographisches Material konsumiert, was strafbar ist.

Er ist jeweils nur kurze Zeit nach der Verurteilung wieder rückfällig geworden. Die Taten zu Lasten des Mädchens im Jahr 2013 beging er wenige Tage nach Rechtskraft des amtsgerichtlichen Urteils, mit dem eine Bewährungsstrafe gegen ihn verhängt worden war. Auch nach der Haftentlassung im Jahr 2019 dauerte es nur wenige Wochen bis zum Rückfall.

Dadurch verstieß er zugleich gegen die Weisungen der Führungsaufsicht, was außerdem für sich genommen schon strafbar ist.

Die Tatsituationen stellte er jeweils bewusst her und schaffte dafür ein bestimmtes Szenario, um seine Absichten in Heimlichkeit umzusetzen, sei es in Bezug auf A. J. (Geschädigte in A.) und P. T. oder bei den Chats im Internet. Er hat sich planvoll den Kindern im Internet angenähert und sein Vorgehen innerhalb der letzten Jahrzehnte verfeinert und auf jeweils auf diejenigen Kommunikationsplattformen ausgerichtet, die bei seiner Zielgruppe beliebt sind. So hat er eine immer größere Reichweite - über Fortnitechats und twitch zunächst vor allem bei Computerspielern, über tiktok dann bei Kindern ohne besondere Computeraffinität und über Kahoot bei Schülern - erhalten. Die Vorgehensweise folgt einem Muster aus freundlicher Ansprache, Aufbauen eines Vertrauensverhältnisses und sodann Überleitung zu sexuellen Inhalten. Dann baute er Druck auf und kam immer wieder auf seine Forderungen (nach Nacktbildern, nach der Beschreibung von Selbstbefriedigung, nach Videoanrufen) zurück, eingebettet einerseits in Liebesschwüre und Komplimente und andererseits quittiert mit Enttäuschung und Abwendung, wenn die Kinder zögerten. Seine Aktivitäten im Internet dienten vornehmlich dem Ziel, in Kontakt zu Kindern zu kommen, und dieser Kontakt war von Anfang an sexuell getönt.

Die Delinquenz ist auf ein einziges Deliktsfeld beschränkt. Hier haben die Taten seit 2006 an Häufigkeit und Schwere zugenommen, zugleich weitete sich der potentielle Opferkreis aus: zunächst der anonyme Konsum von Bildern, dann Kontaktaufnahme per Chat, um private Bilder von den Kindern zu bekommen, dann tatsächliche persönliche Kontaktaufnahme mit den Nachbarskindern mit sexuellem Hintergrund, schließlich körperliche Übergriffe und nunmehr alle drei Begehungsweisen zu gleicher Zeit und darüber hinaus auch gegenüber einem männlichen Kind.

Zudem hat keine Intervention von außen den Angeklagten von der weiteren Straffälligkeit abgehalten, sogar eine Durchsuchung und eine Gefährderansprache schreckten ihn nicht davon ab, weiter mit einem (vermeintlichen) Kind sexuell gefärbte Chats zu führen, die darauf abzielten, an Nacktbilder zu kommen und das Kind zu sexuellen Handlungen zu bringen.

In der Gesamtschau gelangt die Kammer zu dem Ergebnis, dass insbesondere mit Blick auf die dauerhafte Straffälligkeit des Angeklagten aufgrund seiner sexuellen Prägung und die erhebliche Rückfallgeschwindigkeit ein Hang im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 4 StGB vorliegt.

c.) Erheblichkeit der Straftaten

Der Hang resultierte in der Vergangenheit auch in der Begehung von erheblichen Straftaten, nämlich des sexuellen Missbrauchs von Kindern.

aa.) Dabei handelt es sich um erhebliche Delikte. Mit sexuellem Missbrauch ist typischerweise die Gefahr schwerwiegender psychischer Schäden verbunden. Hinsichtlich künftiger Taten konkrete seelische Schäden bei kindlichen Opfern zu prognostizieren, ist nahezu ausgeschlossen, weshalb auch die allgemeine und abstrakte Gefährlichkeit von Delikten die Grundlage von Sicherungsverwahrung sein kann (vgl. Urteil des BGH vom 27.07.2000, 1 StR 263/00). Die Gefahr schwerwiegender psychischer Schäden wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass aufgrund der konkreten Anlasstaten solche Schäden (zufällig) nicht eingetreten sind, wenn nicht andere Umstände dafürsprechen, dass sich die Gefahr (auch) bei künftigen entsprechenden Taten des Angeklagten nicht realisieren wird (vgl. Urteil des BGH vom 07.02.2017, 5 StR 471/16). Entgegenstehende Umstände sind hier nicht ersichtlich. Insbesondere steht die freiwillige Mitwirkung an den sexuellen Handlungen der Gefahr schwerwiegender psychischer Schäden nicht entgegen (vgl. Urteil des BGH vom 11.03.2014, 5 StR 563/13; Urteil des BGH vom 10.10.2018, 5 StR 202/18).

Die hier zu beurteilenden Missbrauchsfälle sind grundsätzlich als erheblich im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB einzustufen (vgl. Urteil des BGH vom 25.09.2019, 5 StR 103/19). Dies verdeutlicht auch die Einordnung des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern als Verbrechen mit einem Strafrahmen von Freiheitsstrafe von 2 bis 15 Jahren.

Auch die hier abgeurteilte Tat 4 ist erheblich, denn das Ausmaß der sexuellen Handlung und die konkrete Art der Tatbegehung verleihen ihr erhebliches Gewicht. Der Angeklagte hat zudem das Mädchen dazu gebracht, von der Handlung ein Video anzufertigen und ihm zu schicken. Dieses hat er danach als Masturbationsvorlage benutzt. Mit der Übersendung an ihn hat sie - aufgrund ihres kindlichen Alters vermutlich ohne sich dessen bewusst zu sein - die Kontrolle über das Bildmaterial abgegeben. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Angeklagte die Datei weitergegeben hat. Dennoch erscheint es nicht ausgeschlossen, dass das Video an Dritte gelangt und die Rechtsgutverletzung sich weiter perpetuiert.

bb.) Diese Taten waren auch symptomatisch für den Hang. Das Anlassdelikt muss sowohl symptomatisch für die kriminelle Neigung des Täters (den Hang) als auch für seine Gefährlichkeit sein (Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl. 2017, Rn. 494, beck-online). Sämtliche Taten müssen Symptomcharakter zeigen, also kennzeichnend für den Hang und die Gefährlichkeit des Täters sein. Zwischen diesen Taten und der Persönlichkeit des Täters ist mithin eine innere Beziehung dergestalt erforderlich, dass sie als Ausfluss des insoweit wirksam gewordenen Hangs erscheinen (BeckOK StGB/Ziegler, 55. Ed. 01.11.2022, § 66 Rn. 14). Sowohl die Vortaten als auch die Anlasstaten richteten sich gegen die sexuelle Selbstbestimmung von Kindern. Er ist in allen Fällen sexuell übergriffig geworden, um sich selbst sexuell zu befriedigen.

d.) Gefährlichkeitsprognose

Die Gesamtwürdigung ergibt, dass der Angeklagte infolge des Hanges für die Allgemeinheit gefährlich ist. Es geht von ihm die Gefahr für zukünftige erhebliche Straftaten aus, die die Opfer schwer seelisch schädigen, § 66 Abs. 1 Nr. 4 StGB.

Im Rahmen der Gefährlichkeitsprognose ist einzuschätzen, ob sich der Täter in Zukunft trotz Vorliegens eines Hangs erheblicher Straftaten enthalten kann oder nicht (vgl. Beschluss des BGH vom 24.05.2017, 1 StR 598/16; Urteil des BGH vom 28.04.2015, 1 StR 594/14). Gefährlich ist der Täter, wenn von ihm aufgrund seines Hanges erhebliche Straftaten mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind (Leipziger Kommentar zum StGB/Peglau, 13. Aufl. 2022, § 66, Rn. 184).

aa.) Derzeit überwiegen die ungünstigen Prognoseumstände deutlich.

Der Hang ist dabei nur ein - wenngleich wesentliches - Kriterium, das auf eine Gefährlichkeit des Angeklagten hindeutet und als prognostisch ungünstiger Gesichtspunkt in die Gefährlichkeitsprognose einzustellen ist (vgl. Urteil des BGH vom 09.05.2019, 4 StR 511/18). Bei stabil pädosexuellen Tätern ergibt sich ein empirisch gesichertes deutlich erhöhtes Rückfallrisiko für Fälle des Kindesmissbrauchs (Schäfer/Sander/Gemmeren, a.a.O., Rn. 492).

Zu erwarten sind Sexualdelikte zu Lasten von Kindern, nämlich konkret der schwere sexuelle Missbrauch gemäß § 176c StGB neue Fassung, die unmittelbarer Ausfluss des Hanges des Angeklagten sind. Dabei ist die Entwicklung der Schwere und Frequenz der Taten bislang ansteigend. Hinzu kommt die jeweils hohe Rückfallgeschwindigkeit. Zudem hat sich der Kreis der potentiell geschädigten Kinder erweitert, da der Angeklagte nunmehr auch einen Jungen für seine sexuelle Befriedigung herangezogen hat. Daraus ergibt sich, wie auch der Sachverständige ausführlich dargetan hat, die hohe Wahrscheinlichkeit künftiger schwerer Sexualdelikte zu Lasten von Kindern.

Die Erwartung neuer schwerer Sexualdelikte begründet sich hier ganz besonders in der "modernen" Begehung und Vorbereitung der Taten durch den Angeklagten. Anders als bei Tätern, die sich auf die Kinder in ihrem nahen Umfeld beschränken, nutzt der Angeklagte bewusst aus, dass er bei seinen Aktivitäten im Internet auf eine unbeschränkte Zahl von Kindern überall in Deutschland trifft. Zugleich ist die Ansprache per Chat im Vergleich zu einer persönlichen Bekanntschaft weitaus weniger aufwendig und angesichts der Anonymität auch weniger risikoreich. Er kann zu jeder Zeit und parallel mit einer Vielzahl von Kindern kommunizieren und versuchen, sie zu sexuellen Handlungen bewegen, was etwa die Chats mit M. und L. zeigen. Seine Reichweite ist insofern deutlich größer als bei jemandem, der nur innerhalb des eigenen Bekanntenkreises nach potentiellen kindlichen Sexualpartnern sucht.

Gleichzeitig erhöht sich dadurch die Wahrscheinlichkeit, auf ein Kind zu treffen, das bereit ist, sich mit ihm persönlich zu verabreden. Aus den Chats ergab sich deutlich, dass der Angeklagte bei den Kindern den Eindruck erweckt, sie führten eine romantische Liebesbeziehung (wenn er etwa L. seine Liebe gesteht). Außerdem betont er immer wieder, Selbstbefriedigung vor dem anderen sei in ihrer vermeintlich vertrauensvollen Beziehung etwas ganz Übliches. So steigt auch das Risiko, dass das Kind sich bei einer Verabredung aus der Vorstellung heraus, wie eine Beziehung aussehen sollte, zu sexuellen Handlungen verleiten lässt.

Daneben ist zu erwarten, dass der Angeklagte sich auch den Kindern in seinem Alltagsleben zuwendet, wie hier eben den Kindern von H. T., und auf klassische Weise versucht, sich ihnen sexuell zu nähern.

Weiterhin negativ wirkt sich aus, dass der Angeklagte die Anlasstaten trotz der insgesamt günstigen Ausgangslage begangen hat. Die grundsätzlich günstigen Faktoren - insbesondere der Kontakt zur Familie als soziales Umfeld, die regelmäßige Erwerbstätigkeit, sein jedenfalls vielfach bekundeter Therapiewillen, die grundsätzliche Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit den Taten, keine anderweitigen psychiatrischen Störungen, die intellektuelle Fähigkeit zur Reflexion, sein noch relativ junges Lebensalter, der verlässliche Kontakt zu Behörden und Aufsichtspersonen - bestehen nach wie vor. Sie haben jedoch die Anlasstaten nicht verhindert. Auch die zusätzlichen nach der Haftentlassung unternommenen Maßnahmen wie Führungsaufsicht mit konkreten individuellen Auflagen, Bewährungshelferin, Therapie, polizeiliche Ansprechpartner haben ihre beabsichtigte Wirkung, einen Rückfall zu vermeiden, nicht erzielt. Neue stabilisierende Faktoren sind nicht hinzugetreten.

bb.) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Gefahrenprognose ist der der Verurteilung. Nur mögliche positive Entwicklungen in der Zukunft haben aber außer Betracht zu bleiben (st. Rspr., vgl. Urteil des BGH vom 02.06.2021, 6 StR 341/20; Urteil des BGH vom 23.01.2018, 5 StR 488/17).

Soweit der Angeklagte erklärt hat, während der eventuell verhängten Haft weitere therapeutische Maßnahmen durchführen zu wollen, genügt dies auch in der Zusammenschau mit den übrigen günstigen Faktoren nicht, um eine positive Erwartung zu begründen. Der Angeklagte hat diese Angebote in Freiheit seit dem Jahr 2013 und in Haft in den Jahren 2015 bis 2019 bereits über einen langen Zeitraum hinweg genutzt und daraus auch Erkenntnisse für sich gezogen. Er hat sich mit seiner Motivation und Lebensgeschichte auseinandergesetzt. Er kennt die Coping-Strategien, weiß um die Wichtigkeit seines sozialen Netzwerkes und hat den Überblick über außervollzugliche Hilfsangebote. Dieses Wissen hat er aber im Alltag nicht umgesetzt. Vielmehr hat er sich bewusst darüber hinweggesetzt und alle Warnsignale ignoriert. Parallel zur Tatbegehung hat er außerdem an Einzelsitzungen in einer spezialisierten Praxis bei einem ihm vertrauten Therapeuten wahrgenommen, ohne dass sich hierdurch sein Verhalten änderte. Die Möglichkeit, seine Schwierigkeiten mit dem fachkundigen Gegenüber zu besprechen und im Notfall passende Verhaltensweisen zu finden, hat er nicht genutzt. Derzeit lässt sich daher auch aus seiner bekundeten fortbestehenden Therapiebereitschaft keine positive Prognose ableiten.

Auch die Erklärung des Angeklagten, er könne sich grundsätzlich - ohne weitere Information zu Verfügbarkeit, Art und (Neben-)Wirkung der Präparate eingeholt zu haben - vorstellen, libidosenkende Medikamente einzunehmen, führt zu keinem anderen Ergebnis.

Nur denkbare günstige Veränderungen oder gar bloße Hoffnungen reichen eben nicht aus (vgl. Urteil des BGH vom 22.10.2015, 4 StR 275/15; Urteil des BGH vom 11.07.2013, 3 StR 148/13).

Ob es dem Angeklagte aus medizinischer Sicht überhaupt möglich ist, libidosenkende Medikamente einzunehmen, ist offen. So ist nichts zu eventuell entgegenstehenden anderen Medikationen, etwaigen Nebenwirkungen und verfügbaren Präparaten bekannt. Außerdem ist nach derzeitiger Einschätzung nicht davon auszugehen, dass die Wirkung hier positiv bemerkbar werden würde. Der psychiatrische Sachverständige hat zu der Frage der Wirkung derartiger Medikamente zunächst ausgeführt, die Gabe sei medizinisch umstritten. Die Präparate dämpften den Geschlechtstrieb. Es sei denkbar, dass bei einer Person, die spontan Straftaten aus einem unwiderstehlichen und ungehemmten Trieb heraus begehe, die Medikamente einen positiven Effekt haben könnten, weil mit der Verringerung des unmäßigen Geschlechtstriebs sich auch die "gefährlichen" Situationen verringern könnten. Bei dem Angeklagten sei jedoch kein übermäßiger Trieb zu erkennen. Die Tatbegehung sei vielmehr durch strategisches und inszeniertes Vorgehen gekennzeichnet. Dem schließt die Kammer sich an. Die Anlasstaten und auch der dauerhafte Konsum von kinderpornographischen Bildern stellen sich nicht als unmittelbar durch das sexuelle Bedürfnis getrieben dar.

Der Angeklagte hat sie über einen längeren Zeitraum hinweg begangen und zeigte ein kontrolliertes Auftreten den Kindern und seiner Umgebung gegenüber. Insofern bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass libidosenkende Mittel sich spürbar auf das Verhalten des Angeklagten auswirken würden, zumal es dem Angeklagten durchaus auch auf Kontakt mit Kindern auch im Sinne einer Liebesbeziehung ankommt. Auch insoweit geht sein Verlangen über die reine Triebhaftigkeit hinaus.

cc.) Der Angeklagte ist auch für die Allgemeinheit gefährlich.

Die Gefährlichkeit muss sich auf die Allgemeinheit beziehen, was die Erwartung einer empfindlichen Störung des Rechtsfriedens voraussetzt. Die Befürchtung von Übergriffen auf einen begrenzten Personenkreis, etwa im sozialen Nahbereich des Täters, ist dafür ausreichend (MüKo StGB, 4. Aufl. 2020, § 66 Rn. 119).

Hier ist zu erwarten, dass zukünftig weitere Kinder (schwer) sexuell missbraucht werden, was eine empfindliche Störung des Rechtsfriedens darstellt. Bei den Geschädigten kann es sich vor dem Hintergrund der bisherigen Taten um Kinder beiderlei Geschlechts handeln, und zwar sowohl um die ihm vertrauten Kinder von Bekannten oder Verwandten als auch um Kinder, die an anderen Orten wohnen und die dem Angeklagten noch nicht persönlich begegnet sind. Die Kontaktaufnahme über das Internet nutzte er bereits, um persönliche Treffen mit den Mädchen zu arrangieren, so geschehen in L. und H. und angedacht in B. Dort sollte es nach den Chats auch zu sexuellen Handlungen mit E. bis hin zum Geschlechtsverkehr kommen.

Auch der sexuelle Missbrauch von Kindern ohne Körperkontakt gemäß § 176a Abs. 1 StGB in der aktuellen Fassung sieht eine Freiheitsstrafe von nicht unter 6 Monaten vor, so dass auch dort die Erheblichkeitsschwelle überschritten ist.

Es drohen damit Straftaten von erheblichem Gewicht, die direkt aus dem Hang des Angeklagten resultieren. Es sind keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, weshalb der Angeklagte in der Zukunft nicht wieder sexuelle Chats mit Kindern führen und versuchen sollte, diese zur Vornahme sexueller Handlungen, zur Anfertigung von Nacktbildern und letztlich auch zu persönlichen Treffen mit sexuellen Handlungen zu verleiten. Sein Hang hat sich bislang seit 2006 beständig in strafrechtlich relevantem Verhalten niedergeschlagen. Außer seiner Reue - die er bereits in bisherigen Verfahren in der Hauptverhandlung zeigte - bestehen keine Umstände, die auf eine Abkehr von seinem Verhalten hoffen lassen.

Nach alledem besteht zur Überzeugung der Kammer derzeit die weit überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass der Angeklagte aufgrund seines Hanges wieder erhebliche Straftaten begehen wird und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist.

3. Rechtsfolge: Ermessen

Nach Abwägung aller relevanten Umstände gelangt die Kammer unter Ausübung des ihr eröffneten Ermessens zu dem Ergebnis, dass gegen den Angeklagten die Sicherungsverwahrung verhängt werden muss.

a.) Absehen von der Anordnung

Ein Absehen von der Anordnung im Hinblick auf den Vollzug der verhängten Freiheitsstrafe für die Anlasstaten scheidet aus, da nicht erwartet werden kann, dass der Angeklagte sich die Strafverbüßung hinreichend zur Warnung dienen lassen wird. Eine solche Erwartung kann nach Lage des Einzelfalles insbesondere berechtigt sein, wenn der Täter bisher noch keine oder keine nennenswerten Freiheitsstrafen verbüßt hat oder bisher noch nie therapiert wurde, wenn er therapiewillig und geständig ist und seine Persönlichkeitsentwicklung noch nicht abgeschlossen ist (Leipziger Kommentar zum StGB/Peglau, 13. Aufl. 2022, Rn. 217).

Die Erwartung muss konkrete Anhaltspunkte und hinreichende Gründe haben (vgl. Urteil des BGH vom 19.08.2020, 5 StR 616/19).

Daran fehlt es hier. Zwar ist der Angeklagte geständig und hat seine Therapiewilligkeit bereits unter Beweis gestellt. Allerdings hat er auch schon eine langjährige Haftstrafe wegen eines einschlägigen Deliktes verbüßt, die ihm nicht zur Warnung gereichte. Auch die Therapien hat er sowohl in Freiheit, als auch in Haft und nach seiner Entlassung fortgeführt, ohne dass es ihn von der Begehung der weiteren einschlägigen Taten abgehalten hätte. Flankierende Maßnahmen zur Aufsicht blieben, wie oben ausgeführt, wirkungslos und wurden von ihm bewusst umgangen.

b.) Erforderlichkeit

Die Anordnung ist erforderlich, denn mildere ebenso effektive Maßnahmen stehen nicht zur Verfügung.

Insbesondere ist die Einrichtung der Führungsaufsicht auch mit engmaschiger Betreuung und konkreten strengen Auflagen hier nicht wirksam. Diese Maßnahmen wurden bereits unternommen. Ihre Wirkungslosigkeit hat sich nach der Haftentlassung gezeigt.

Die individuelle Begleitung durch die Bewährungshilfe, spezialisierte und dem Angeklagten vertraute Psychologen, örtliche Polizeibeamte und die Teilnahme am KURS Programm hat sich als wirkungslos erwiesen. Die besondere Aufsicht durch geschulte und informierte Personen ist gescheitert, weil der Angeklagte die Hilfsangebote nicht genutzt hat und auch auf Ansprache und Warnung durch Polizei unbeeindruckt blieb und etwa den sexualisierten Chat mit "A." weiter fortführte. Auch konkrete Maßnahmen, die nach sachverständiger Begutachtung und Einbeziehung der Vollzugsleitung individuell für den Angeklagten ausgewählt wurden, halfen nicht um einen Rückfall zu verhindern. Entweder er hat diese absichtlich umgegangen, wie etwa die Kontaktverbote, oder nur nach außen hin erfüllt, wie etwa den Kontakt zur Bewährungshelferin. Der eigentliche Zweck konnte dadurch nicht erreicht werden.

Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte sich nunmehr anders verhält. Bereits bei der ersten Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe im Jahr 2013, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, blieben die Auflagen ohne Wirkung. Auch jetzt ist angesichts der sexuellen Neigung des Angeklagten und seines bisherigen Verhaltens davon auszugehen, dass konkrete Weisungen wie ein Kontaktverbot zu Kindern und Jugendlichen möglicherweise auch mit Wissen der Eltern erneut umgangen würden. Auch ein Verbot, auf öffentlichen Internetplattformen aufzutreten oder in Chaträumen zu kommunizieren oder ein generelles Internetverbot wird er aller Voraussicht nach wieder missachten. Die Kontrolle wäre zudem letztlich nicht möglich, weil nicht sichergestellt werden kann, dass der Angeklagte nicht doch Zugriff auf internetfähige Geräte hat. Sonstige mildere Mittel, etwa die libidosenkende Medikamentengabe, oder der Umzug in eine offene Wohngruppe bieten, wie dargestellt, derzeit keine Aussicht auf Erfolg.

Auch die voraussichtlichen Wirkungen eines langjährigen Strafvollzugs sowie die mit dem Fortschreiten des Lebensalters wahrscheinlich eintretenden Haltungsänderungen, die hier zu berücksichtigen sind (vgl. Urteil des BGH vom 08.12.2022, 4 StR 75/22; Urteil des BGH vom 16.04.2020, 4 StR 8/20), lassen keine andere Einschätzung zu.

Zwar erscheint es nicht völlig ausgeschlossen, dass die Therapiemöglichkeiten während des Vollzuges nunmehr den Angeklagten zu einem kontrollierten Umgang mit seiner Neigung befähigen. Denkbar ist auch, dass er mit zunehmendem Lebensalter insgesamt weniger an Sexualität interessiert sein mag, weshalb die Befriedigung in den Hintergrund treten könnte. Dabei handelt es sich aber um bloße Vermutungen ohne konkrete Anhaltspunkte. Gegen die Annahme wirklich ins Gewicht fallender positiver Auswirkungen spricht, dass er bereits einen langjährigen Strafvollzug hinter sich gebracht hat. Außerdem war er auch zum Zeitpunkt der Tatbegehung kein sehr junger Mann mehr. Nach Haftentlassung würde er indes auch erst etwa 45 Jahre alt sein, so dass von einem völligen Zurücktreten der Sexualität ebenfalls nicht ausgegangen werden kann.

Der Angeklagte selbst zeigte sich ratlos. Er meinte, zur Vermeidung eines Rückfalls nach der Haftentlassung hätte er vermutlich einen Platz im betreuten Wohnen mit dauerhafter Therapie und fester Tagesstruktur gebraucht. Er habe auch jetzt Angst davor, was passiere, wenn er entlassen werde. Er habe Bedenken, dass es wieder soweit komme. Nach den vorstehenden Ausführungen teilt die Kammer diese Bedenken.

c.) Angemessenheit

Die Anordnung der Sicherungsverwahrung als ultima ratio ist zur Überzeugung der Kammer hier auch angemessen und insgesamt verhältnismäßig.

Im Ergebnis überwiegt das Interesse der Allgemeinheit und des einzelnen potentiellen kindlichen Opfers, gegen sexuelle Übergriffe geschützt zu werden, gegenüber dem Interesse des Angeklagten auf ein Leben in Freiheit.

Zentral ist die Frage, ob der Angeklagte unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nach der Verbüßung seiner Haftstrafe entlassen werden muss, um trotz des bestehenden Rückfallrisikos einen erneuten Versuch in Freiheit zu unternehmen. Hier hat die Kammer bedacht, welche Schäden für welche Betroffenen drohen und welchen weiteren Entscheidungen dann anstehen.

Nicht völlig ausgeschlossen werden kann, dass der Angeklagte nach der Haftentlassung einen Weg gefunden hat mit seiner Neigung umzugehen und es zu keinem weiteren Rückfall kommt. Dieses Szenario ist jedoch nach dem Voranstehenden derzeit äußerst unwahrscheinlich.

Auch der Angeklagte selbst sieht dies eher als vage Hoffnung.

Mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten wäre daher vielmehr das folgende Szenario:

Die sexuelle Neigung des Angeklagten besteht weiterhin. Er muss seine Neigungen kontrollieren und darf sie in keiner Hinsicht befriedigen, auch nicht durch das Ansehen von Bildern. Er muss seine Sexualität dauerhaft nur in der Phantasie "ausleben", also letztlich abstinent sein. Dieses Bemühen wird begleitet durch Maßnahmen wie Therapien, möglicherweise Medikamentengabe, Führungsaufsicht mit strengen Weisungen wie etwa Internetsperre und Kontaktverboten, und Bewährungshilfe.

Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Maßnahmen ausreichen, um einen Rückfall zu verhindern, ist äußerst gering, wie oben ausgeführt wurde. Im zu erwartenden Szenario kommt es also zu einem Rückfall.

Aller Voraussicht nach wird der Angeklagte zunächst kinderpornographisches Material im Internet suchen und es über dafür eingerichteten Plattformen beziehen. Die entsprechenden Abbildungen zeigen ein echtes Geschehen, darunter auch schwere Missbrauchshandlungen, die zwar nicht eigenhändig vom Angeklagten unternommen werden, aber anderswo einem Kind zugefügt werden. Dieses Kind erfährt so aller Wahrscheinlichkeit nach körperliche Misshandlung, möglicherweise Schmerzen, vermutlich jedenfalls seelische Schäden. Der Angeklagte fördert durch seine Abfrage des Materials den Markt, in dem das anonyme Kind als Objekt und Konsumgut gehandelt wird. Er begeht angesichts der nunmehr erhöhten Strafandrohung ein weiteres Verbrechen, § 184b Abs. 3 StGB n. F.. Außerdem verstärkt er seine sexuelle Sehnsucht.

Auf der Grundlage der bisherigen Verhaltensweisen ist ferner davon auszugehen, dass er zur weiteren Befriedigung zunächst im Internet über Chats Kontakte zu Mädchen sucht, in denen er sie zur Herstellung von Bildern überredet. Dadurch verunsichert er die Kinder in einer sensiblen Phase ihrer sexuellen Entwicklung und sammelt zudem Bilddateien, die möglicherweise dauerhaft im Internet zu finden sein werden. Dies kann das einzelne Kind beschämen und fördert ein altersunangemessenes und wohl im Einzelnen auch gestörtes Sexualverhalten (wie etwa bei E.). Auch hierdurch macht er sich strafbar.

Auf der nächsten Stufe ist zu erwarten, dass der Angeklagte auch körperlich einem Kind oder Jugendlichen nahekommen will. Denn sein sexuelles Begehren erschöpft sich, wie er erklärt hat, nicht in virtuellen Begegnungen. Die also wahrscheinlich anschließenden unmittelbaren sexuellen körperlichen Übergriffe dürften für die Betroffenen belastende seelische Folgen, vielleicht auch Schmerzen, verursachen. Dabei handelt es sich um Schäden, die nicht mehr gutzumachen sind, anders als etwa Vermögenseinbußen. Denkbar ist nach den Ausführungen des Sachverständigen auch, dass die Tatschwere insgesamt zunimmt; auch der Angeklagte gab an, verbaler Widerstand von P. hätte ihn nicht abgehalten. So erscheint es nicht abwegig, dass der Angeklagte zukünftig auch Gewalt gegen die Kinder anwendet.

Der potentielle Opferkreis ist weit zu fassen. In der Vergangenheit richtete sich sein Blick auf Nachbarskinder, Kinder von Bekannten, Kinder von Verwandten, über Chats auch auf völlig fremde Kinder und Jugendliche, auf Mädchen und nun auch auf Jungen, im Alter von 5 bis 14 Jahren. Diese breite Streuung erschwert auch die Überwachung durch Aufsichtspersonen, wie sich gezeigt hat. Selbst können diese potentiellen Betroffenen sich nicht schützen. Die Kinder haben aufgrund ihrer mangelnden Erfahrung und Unreife keine Möglichkeit, zu erkennen, welche Gefahr die Anfrage des Angeklagten, doch mal ein Bild von ihren Brüsten zu schicken oder mit ihm duschen zu gehen, für sie beinhaltet.

Zudem verhindert das manipulative Verhalten des Angeklagten, wie er es in der Vergangenheit gezeigt hat, dass die Kinder jemandem von den Geschehnissen berichten. Wesentliches Element der Taten ist ihre Heimlichkeit. Vor dem Hintergrund, dass die hiesigen Taten nur aufgrund der Auswertung der Chats ans Licht gekommen sind, kann vermutet werden, dass zukünftige Taten für lange Zeit unentdeckt bleiben.

Die Eltern der jeweils betroffenen Kinder waren bislang offenbar selbst nicht fähig, das Verhältnis richtig einzuschätzen und rechtzeitig einzugreifen. Auch Maßnahmen der Polizei (etwa als Gefährderansprache) und der Justiz (Führungsaufsicht, Bewährungshilfe, Strafen) waren stets wirkungslos und dürften auch in Zukunft ohne Erfolg bleiben.

Die Kammer ist der Auffassung, dass auf der Grundlage der derzeitigen Prognoseumstände mit einer solchen Entwicklung zu rechnen ist. Angesichts der hohen Wahrscheinlichkeit der weiteren einschlägigen schweren Straftaten, auch bei engmaschiger Betreuung, und insbesondere der irreversiblen und erheblichen Schäden für die einzelnen, besonders schutzbedürftigen Opfer, hat das Interesse des Angeklagten im Ergebnis zurückzustehen.

VII.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 Abs. 1 Satz 1 StPO und auf § 472 Abs. 1 Satz 1 StPO.

Paarmann
Witte
Stößel