Landgericht Stade
Urt. v. 12.07.2023, Az.: 201 KLs 150 Js 21724/22 (8/23)

Ablehnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt im Rahmen der Verurteilung wegen gewerbsmäßigen Betruges

Bibliographie

Gericht
LG Stade
Datum
12.07.2023
Aktenzeichen
201 KLs 150 Js 21724/22 (8/23)
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2023, 50536
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGSTADE:2023:0712.201KLS150JS21724.00

In der Strafsache
gegen
XXX XXX,
geboren am XXX.XXX.XXX in XXX XXX XXX,
wohnhaft XXX XXX, XXX XXX XXX, XXX XXX,
XXX, Staatsangehörigkeit: XXX,
Verteidiger:
Rechtsanwalt XXX XXX, XXX XXX, XXX XXX
Pflichtverteidiger:
Rechtsanwalt XXX XXX, XXX XXX, XXX XXX XXX
wegen gewerbsmäßigen Betruges
hat das Landgericht Stade - 2. Große Strafkammer - in der öffentlichen Sitzung vom 21.06., 28.06., 03.07. und 12.07.2023, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Landgericht XXX
als Vorsitzender,
Richter am Landgericht XXX
als beisitzender Richter,
Herr XXX XXX,
Herr XXX XXX
als Schöffen,
Staatsanwalt XXX
als Beamter der Staatsanwaltschaft,
Rechtsanwalt XXX
als Verteidiger,
XXX, XXX XXX, XXX XXX, vertr.d.d. XXX XXX XXX (XXX) und XXX
als Adhäsionskläger,
Justizangestellte XXX am 21.06. und 03.07.2023,
Justizangestellte XXX am 21.06. und 28.06.2023 sowie
Justizobersekretärin XXX am 12.07.2023
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle
für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Der Angeklagte wird wegen Betruges in 23 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von

    6 Jahren

    verurteilt.

  2. 2.

    Die Einziehung des Wertes des Taterlangten in Höhe von 86.224,90 € wird angeordnet.

  3. 3.

    Der Angeklagte wird verurteilt, an die XXX XXX XXX, XXX XXX, XXX XXX, vertr.d.d. XXX XXX XXX XXX und XXX XXX XXX einen Betrag in Höhe von 1.546,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 29.06.2023 zu zahlen.

  4. 4.

    Der Angeklagte wird verurteilt, an die XXX XXX XXX, XXX XXX, XXX XXX, vertr.d.d. XXX XXX XXX XXX einen Betrag in Höhe von 806,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 29.06.2023 zu zahlen.

  5. 5.

    Das Urteil ist hinsichtlich der Adhäsionsentscheidungen (Ziff. 3 und 4) vorläufig vollstreckbar. Im Hinblick auf die Entscheidung Ziff. 3 kann der Angeklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

  6. 6.

    Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens und seine eigenen notwendigen Auslagen. Darüber hinaus trägt der Angeklagte die Kosten der Adhäsionsklage sowie die notwendigen Auslagen der Kläger im Adhäsionsverfahren.

Gründe

I.

Der im Tatzeitraum 48- bzw. 49-jährige Angeklagte ist als Einzelkind bei seinen Eltern aufgewachsen. Der Vater, der im Jahr 2007 verstarb, betrieb einen Getränkegroßhandel und war Alkoholiker, die Mutter war Hauswirtschafterin. Im Alter von zehn Jahren trennten sich die Eltern und der Angeklagte zog mit seiner Mutter in eine Wohnung. Der Angeklagte wurde regulär eingeschult und besuchte nach der Grundschule eine Realschule, wobei er die neunte Klasse wiederholen musste. Eine zunächst avisierte Ausbildung zum Schornsteinfeger brach er ab und es schloss sich eine Ausbildung zum Bürokaufmann in einem Elektrobetrieb an. Später - jeweils in Haft - holte er zunächst einen qualifizierten Realschulabschluss und sodann das Abitur nach.

Der Angeklagte ist seit Mai 2022 in dritter Ehe mit M. M. (geb. V.) verheiratet, seine Frau hat zwei Kinder im Alter von 10 und 13 Jahren mit in die Ehe gebracht. Zuletzt arbeitete er seit dem 01.11.2022 fest angestellt bei XXX XXX als Berater für Fotovoltaik-Anlagen, dies bis zur seiner Inhaftierung in der hiesigen Sache im April dieses Jahres.

Der Angeklagte begann im Alter von etwa 18 Jahren Kokain zu konsumieren. Welche konkreten Mengen er über die Jahre konsumierte, vermochte die Kammer nicht festzustellen. Der Konsum schwankte, dies auch in den von dem Angeklagten verbüßten Haftzeiten. Auch im Tatzeitraum konsumierte er Kokain, seine Einsichts- und Steuerungsfähigkeit war hierdurch jedoch weder aufgehoben noch erheblich vermindert im Sinne des § 21 StGB.

Ausweislich des Bundeszentralregisterauszuges vom 21.04.2023 ist der Angeklagte bislang wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten:

- Nr. 1: Mit Entscheidung vom 09.03.1990 hat das Amtsgericht Niebüll (Az.: XXX XXX XXX XXX XXX) das Verfahren wegen Diebstahls in zwei Fällen gem. § 47 JGG eingestellt.

- Nr. 2: Mit Urteil vom 18.01.1995 verurteilte ihn das Amtsgericht Niebüll (Az.: XXX XXX XXX XXX XXX) wegen Betruges in sechs Fällen sowie versuchten Betruges und Unterschlagung zu einer Jugendstrafe von 2 Jahren. Mit Entscheidung vom 17.01.1997 wurde ein Rest der Jugendstrafe zur Bewährung ausgesetzt. Die Bewährungszeit wurde in der Folge zunächst verlängert und sodann widerrufen. Die Strafvollstreckung ist erledigt am 11.08.2000. Die nach § 68f StGB eingetretene Führungsaufsicht ist erledigt am 14.07.2020.

- Nr. 3: Am 05.12.1995 verurteilte ihn das Amtsgericht Nordhorn (Az.: XXX XXX XXX XXX XXX) wegen Betruges in neun Fällen und Unterschlagung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 10 Monaten. Mit Entscheidung vom 19.12.1996 wurde ein Rest der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt. Die Bewährung wurde in der Folge widerrufen, die Strafvollstreckung ist erledigt am 03.11.1999.

- Nr. 4: Am 02.07.1998 verurteilte ihn das Amtsgericht Niebüll (Az.: XXX) wegen Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung in sieben Fällen sowie veruntreuender Unterschlagung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr. Die Strafvollstreckung ist erledigt am 22.11.2000.

- Nr. 5: Mit Urteil vom 30.04.2002 verurteilte ihn das Landgericht Kiel (Az.: XXX) wegen Betruges in elf Fällen, davon in sechs Fällen gewerbsmäßig, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten.

- Nr. 6: Am 27.05.2002 verurteilte ihn das Amtsgericht Bonn (Az.: XXX) wegen Betruges in 23 Fällen, davon in zwei Fällen im Versuch, unter Einbeziehung der vorhergehenden Entscheidung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren. Mit Entscheidung vom 19.01.2004 wurde die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe zurückgestellt und sodann durch Entscheidung vom 16.07.2004 zur Bewährung ausgesetzt. Die Bewährungszeit wurde zunächst verlängert und die Aussetzung sodann widerrufen. Mit Entscheidung vom 11.08.2008 wurde die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe erneut zurückgestellt und der Strafrest sodann erneut zur Bewährung ausgesetzt. Die Strafaussetzung wurde sodann widerrufen. Mit Entscheidung vom 16.08.2012 wurde die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe nochmals zurückgestellt. Die Zurückstellung wurde widerrufen, die Strafvollstreckung ist erledigt am 15.10.2019. Die nach § 68f StGB eingetretene Führungsaufsicht ist beendet.

- Nr. 7: Am 24.02.2005 verurteilte ihn das Amtsgericht Flensburg (Az.: XXX) wegen gewerbsmäßigen Betruges in drei Fällen sowie Betruges in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 9 Monaten. Mit Entscheidung vom 12.10.2005 wurde die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe zurückgestellt, die Zurückstellung wurde in der Folge widerrufen. Mit Entscheidung vom 11.08.2008 wurde die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe erneut zurückgestellt, die Zurückstellung erneut widerrufen. Sodann wurde der Rest der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt, dieser Strafaussetzung wurde indes ebenfalls widerrufen. Mit Entscheidung vom 17.08.2012 wurde die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe nochmals zurückgestellt. Die Zurückstellung wurde widerrufen, die Strafvollstreckung ist erledigt am 15.06.2018. Die nach § 68f StGB eingetretene Führungsaufsicht ist erledigt am 09.07.2020.

- Nr. 8: Am 09.11.2006 verurteilte ihn das Landgericht Flensburg (Az.: XXX) wegen Betruges in acht Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten. Mit Entscheidung vom 11.08.2008 wurde die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe zurückgestellt und der Strafrest sodann zur Bewährung ausgesetzt. Die Strafaussetzung wurde widerrufen. Mit Entscheidung vom 17.08.2012 wurde die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe erneut zurückgestellt, diese wurde in der Folge abermals widerrufen. Mit Entscheidung vom 08.04.2020 wurde die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe nochmals zurückgestellt. Die Zurückstellung wurde widerrufen. Mit Entscheidung vom 27.10.2021 wurde die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe nochmals zurückgestellt, sodass er am 28.10.2021 aus der Haft entlassen wurde. Der Strafrest wurde durch Entscheidung vom 14.04.2022 zur Bewährung ausgesetzt.

- Nr. 9: Am 04.12.2009 verurteilte ihn das Amtsgericht Lübeck (Az.: XXX) wegen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.

- Nr. 10: Am 20.04.2011 verurteilte ihn das Landgericht Arnsberg (Az.: XXX) wegen Betruges in zehn Fällen unter Einbeziehung der vorhergehenden Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 3 Monaten sowie einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren. Mit Entscheidung vom 06.05.2011 wurde die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe zurückgestellt und der Strafrest sodann zur Bewährung ausgesetzt. Die Strafaussetzung wurde widerrufen. Mit Entscheidung vom 06.04.2020 wurde die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe zurückgestellt, die Strafvollstreckung ist erledigt seit dem 16.09.2020.

- Nr. 11: Am 16.08.2012 verurteilte ihn das Amtsgericht Husum (Az.: XXX) wegen gewerbsmäßigen Betruges in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren.

- Nr. 12: Am 27.06.2013 verurteilte ihn das Amtsgericht Meschede (Az.: XXX) wegen Betruges in Tateinheit mit Untreue zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten.

- Nr. 13: Mit Urteil vom 25.09.2014 verurteilte ihn das Landgericht Flensburg (Az.: XXX) wegen Betruges in sechs Fällen unter Einbeziehung der beiden vorhergehenden Entscheidungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 4 Monaten sowie zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 4 Monaten. Mit Entscheidung vom 06.04.2020 wurde die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe zurückgestellt. Die Zurückstellung wurde widerrufen, die Strafvollstreckung ist erledigt am 27.06.2021.

- Nr. 14: Am 13.10.2020 verurteilte ihn das Amtsgericht Lüneburg (Az.: XXX) wegen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten. Mit Entscheidung vom 27.10.2021 wurde die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe zurückgestellt und der Strafrest sodann zur Bewährung ausgesetzt.

Im Zuge der Vollstreckung der Verurteilung des Landgerichts Flensburg (BZR Nr.8) vom 09.11.2006 war der Angeklagte zunächst in L. und später in H. inhaftiert. Um seine Rückverlegung nach L. zu verhindern, offenbarte er sich dem LKA K. und leistete Aufklärungshilfe im Hinblick auf Straftaten innerhalb der JVA in L. Aufgrund dieser Zusammenarbeit wurde er in der Folge von Insassen der JVA in L. - auch in Form von Geldzahlungen - unter Druck gesetzt.

Der Angeklagte befindet sich aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts B. vom 31.03.2023 in dieser Sache (Az.: XXX) seit dem 15.04.2023 in Untersuchungshaft.

II.

Der Angeklagte entschloss sich irgendwann vor dem 20.11.2021 (Zeitpunkt der ersten hier abgeurteilten Tat) dazu, sich aus der fortgesetzten Begehung von Betrugstaten eine Einkommensquelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen und damit insbesondere seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Es kam zu folgenden Taten:

1.

Am 07.04.2022 buchte der Angeklagte über die Internetseite der A. Flugreisen GmbH D. eine Pauschalreise für zwei Erwachsene und zwei Kinder nach Teneriffa vom 10. bis 18.04.2022 für 9.868,00 €. Als Zahlart wählte er die Überweisung. Da zwischen Einbuchung und Abreise nur drei Tage lagen, konnte der Eingang der Überweisung nicht abgewartet werden, was dem Angeklagten auch bewusst war. Er trat gemeinsam mit seiner Ehefrau M. M. und zwei Kindern die Reise an und zahlte, wie er es von vorneherein beabsichtigt hatte, auf Rechnungen und Mahnungen der Reisegesellschaft nicht.

2.

Am 08.05.2022 buchte der Angeklagte beim Reisevermittler O. eine Mini-Kreuzfahrt mit der Fährlinie C. nach Oslo für zwei Erwachsene vom 13. bis 14.05.2022 für 841,80 € sowie einer Stadtrundfahrt in Oslo für 175,60 €, obwohl er diese nicht zahlen wollte und konnte, wie er von Anfang an wusste. Er trat die Reise gemeinsam mit seiner Mutter an.

3.

Am 25.10.2022 buchte der Angeklagte über die Internetseite der B. GmbH einen Hotelaufenthalt im Hotel P. M. Glamping für zwei Personen zum Preis von 806,00 € für den Reisezeitraum 28. bis 31.10.2022, obwohl er diese nicht zahlen wollte und konnte, wie er von Anfang an wusste. Er trat die Reise gemeinsam mit seiner Ehefrau M. M. an.

4.

Am 25.12.2022 buchte der Angeklagte über die Internetseite der A. Flugreisen GmbH D. ein Hotelaufenthalt im Hotel V. in L. für zwei Personen zum Preis von 1.546,00 € für den Reisezeitraum 19.12.2022 bis 02.01.2023. Als Zahlart wählte er die Überweisung und übersandte per Email einen gefälschten Beleg über eine vorgeblich ausgeführte Überweisung des Reisepreises. Er trat die Reise sodann gemeinsam mit seiner Ehefrau M. M. an und zahlte, wie er es von vorneherein beabsichtigt hatte, auf Rechnungen und Mahnungen der Reisegesellschaft nicht.

5.

Am 24.05.2022 kaufte und erhielt der Angeklagte beim Juweliergeschäft des Zeugen v. H. in H. zwei Trauringe für insgesamt 2.490,00 €, obwohl er diese nicht bezahlen wollte und konnte, wie er von Anfang an wusste.

6.

Am 19.08.2022 beauftragte der Angeklagte für seine Hochzeit am 20.08.2022 die M. & L. GbR mit einem Livemusikkonzert und weiterer musikalischer Darbietung für einen Betrag von 3.999,00 €, obwohl er diesen nicht bezahlen wollte und konnte, wie er von Anfang an wusste.

7.

Am 25.07.2022 kaufte der Angeklagte beim Autohaus M. in T. einen gebrauchten Pkw Skoda Kodiaq für 48.193,60 € und erhielt diesen mitsamt Papieren und zwei Schlüsseln, obwohl er diesen nicht bezahlen wollte und konnte, wie er von Anfang an wusste.

8.-23.

Im Tatzeitraum wandte sich der Angeklagte darüber hinaus und wie von vornherein beabsichtigt, an eine Vielzahl von Personen, die über das Portal "Ebay-Kleinanzeigen" nach Ferienwohnungen suchten. Mit diesen schloss er in der Folge als vermeintlicher Vermieter Mieterverträge über Ferienwohnungen u.a. auf T., S., in H. und S. ab, obwohl er über Mietwohnungen nicht verfügte und zur Leistung damit nicht in der Lage war. Die jeweils auf sein Konto überwiesenen Mieten behielt der Angeklagte gleichwohl und wie von vorneherein geplant ein.

Im Einzelnen kam es zu folgenden Taten:

TatzeitFerienwohnungGeschädigteMietzinszahlung
8.20.11.2021W. a. F.S.1.400,00 €
9.18.12.2021T.L.1.928,00 €
10.04.01.2022H.L. F. GmbH4.060,00 €
11.20.01.2022L.M.1.564,00 €
12.13.02.2022S.S.1.980,00 €
13.11.03.2022S.L.-V.391,00 €
14.11.03.2022W. a. F.B.406,00 €
15.13.04.2022S.R.1.400,00 €
16.21.04.2022S.S.-P.631,50 €
17.03.05.2022S.S.900,00 €
18.12.05.2022S.J.1.044,80 €
19.12.05.2022S.R.364,00 €
20.24.05.2022S.v. S.410,00 €
21.25.05.2022S.M.1.372,00 €
22.03.06.2022S.B.453,60 €
23.21.07.2022S.M.1.156,00 €

Bei der Tat 23 kam es zu einer stornierungsbedingten Rückbuchung durch die Bank, so dass der Betrag in Höhe von 1.156,00 € einige Tage nach der Überweisung durch die Geschädigte Mehlig an diese zurückgebucht wurde.

III.

1.

Die Feststellungen zur den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten beruhen auf den von dem Angeklagten bestätigten Angaben des Sachverständigen Dr. S. sowie auf dem Bundeszentralregisterauszug vom 21.04.2023.

2.

Die Feststellungen zur Sache hat die Kammer im Wesentlichen aufgrund folgender Erwägungen getroffen:

a)

Der Angeklagte hat sich in der Hauptverhandlung umfassend geständig eingelassen und sämtliche ihm vorgeworfenen Taten glaubhaft eingeräumt. Dabei hat der Angeklagte unter umfassender und zum Teil weitschweifiger Darstellung seiner - auch strafrechtlichen - Vita angegeben, dass er die "Ebay-Geschichten" begangen habe, um an Geld zu kommen. Er habe eine Tat nach der anderen begangen und zwar genau so, "wie sie hier stehen". Er habe dabei unter seinem echten Namen gehandelt und habe auch seine echte Handynummer angegeben. Er habe einfach schnell an Geld kommen wollen. Darüber hinaus seien auch die in der Anklage dargestellten Reisen von ihm und seiner jeweiligen Begleitung in Anspruch genommen worden, ohne diese zu bezahlen. Bei den Trauringen und der Hochzeitsband habe er kein Geld mehr gehabt, die Hochzeit habe ihn immerhin insgesamt rund 50.000,00 € gekostet. Auch das Auto habe er sich aushändigen lassen, ohne es zu bezahlen, er habe dieses dann weiterveräußert um Schulden zu bezahlen.

b)

Die Angaben des Angeklagten werden gestützt durch die im Wege der Selbstlese eingeführten Schriftstücke und Urkunden.

Die objektiven Sachverhalte ergeben sich dabei aus den jeweiligen Anzeigen der Geschädigten, die die Sachverhalte so, wie sie der Angeklagte eingeräumt hat, mitgeteilt haben.

Aus E-Mails und WhatsApp-Chatprotokollen ergibt sich darüber hinaus, wie der Angeklagte insbesondere die Ferienhäuser bei den Geschädigten angepriesen und diese zum Teil auch nachhaltig zur schnellen Zahlung des Mietzinses angehalten hat. Kurz vor dem jeweils vereinbarten Mietzeitraum hat er den Geschädigten dann entweder erzählt, dass es technische Probleme mit der Wohnung gebe oder die Schlüsselübergabe Schwierigkeiten bereite. Im Zuge dessen hat er die Geschädigten hingehalten und zum Teil erst kurz vor dem jeweiligen Anreisetag endgültig abgesagt. Ein Geschädigter stand sogar bereits vor der vermeintlichen Anschrift des Mietobjektes, konnte aber die Hausnummer - weil in Wahrheit nicht existent - nicht finden. Nichts Anderes gilt für die von dem Angeklagten in betrügerischer Absicht erworbenen Trauringe, denn auch den dortigen Geschädigten hat der Angeklagte ab dem Zeitpunkt der Übergabe der Ringe (Mai 2022) mit diversen Ausreden monatelang (die letzte E-Mail des Geschädigten datiert aus September 2022) hingehalten. Aus einer Kontoübersicht zu dem Konto des Angeklagten bei der b. BV Niederlassung Deutschland (Kontonummer XXX) ergeben sich zudem die Mietzinszahlungen der Geschädigten. Darüber hinaus lässt sich ersehen, dass das Geld - bei dem Konto handelte es sich um das Girokonto des Angeklagten für das alltägliche Leben - in den allgemeinen Lebensunterhalt des Angeklagten floss. Größere Barabhebungen oder Überweisungen an "Unbekannte" sind nicht zu verzeichnen.

3.

Die Feststellungen zur Steuerungsfähigkeit des Angeklagten beruhen insbesondere auf folgenden Erwägungen:

Der Sachverständige Dr. S., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, forensische Psychiatrie, Suchtmedizin, Rechtsmedizin und Verkehrsmedizin hat für die Kammer zunächst gut nachvollziehbar ausgeführt, dass der Angeklagte nach seinen eigenen Angaben im Alter von etwa 15 Jahren damit begonnen habe, Alkohol zu trinken. Er habe am Wochenende gefeiert und viel Bier getrunken, später auch Spirituosen. Mit Kokain sei der Angeklagte dann im Alter von etwa 18 Jahren erstmals in Kontakt gekommen. Dies habe ihm gefallen und er habe in der Folge "immer mal wieder" Kokain konsumiert. Während seiner Ausbildung zum Bürokaufmann sei er viel unterwegs gewesen und der Kokainkonsum habe sich gesteigert, zu der Zeit seien es "3 - 4 Nasen" pro Abend gewesen. Im Jahr 1994 sei er für ein Jahr nach B. gegangen, dort habe sich sein Konsum weiter gesteigert auf 1 - 2 g täglich an 3 - 4 Tagen pro Woche. Ab 1995 sei er dann immer wieder inhaftiert gewesen, wobei er in Haft in der Regel ebenfalls konsumiert habe. Später, als er in der Nähe von B. gelebt habe, habe er schließlich täglich 4 - 5 g Kokain konsumiert bis er erneut inhaftiert worden sei. Er habe in der Folge mehrfach Therapien im Sinne des § 35 BtMG absolviert und diese jeweils abgeschlossen, wobei er aber immer wieder rückfällig geworden sei bzw. während der letzten Maßnahme ohnehin durchgängig konsumiert habe, dies auch im Zuge der letzten Inhaftierung. Er habe danach "unkontrolliert gekokst", so auch noch zum Zeitpunkt seiner Hochzeit im Mai 2022. Schließlich habe er im Zuge einer sechs Monate währenden Einzeltherapie in S. selbstständig mit dem Konsum aufgehört und sei nunmehr seit September 2022 clean. Diese Angaben des Angeklagten zum Rauschmittelkonsum - so der Sachverständige weiter - seien insgesamt vage, oberflächlich und wenig detailliert. Dies gelte auch für den hier tatrelevanten Zeitraum. Nach den von dem Angeklagten im Rahmen der Exploration gemachten Angaben sei zu konstatieren, dass diesem im Laufe der Zeit mehrfach Zurückstellungen der Strafvollstreckung zugunsten einer Maßnahme nach § 35 BtMG gewährt worden seien, wobei er während der letzten Entwöhnungstherapie in G. durchgängig Kokain konsumiert haben will. Fragwürdig erscheine bei alledem, dass über Jahre der nach eigenen Angaben nicht unerhebliche Kokainkonsum im Rahmen des Strafvollzuges, auch im offenen Vollzug, wo die Kontrollfrequenz in der Regel höher sei, durchgängig während der letzten Entwöhnungsbehandlung und auch der Ehefrau nie aufgefallen sein soll. Demnach registrierten weder die Beamten in den Vollzugsanstalten noch Therapeuten oder die Ehefrau den angeblichen exzessiven Konsum.

Wenn man die Angaben des Angeklagten dennoch zugrunde legen wolle, so sei diagnostisch von einer Kokainabhängigkeit auszugehen. Für die Frage einer etwaigen Beeinträchtigung der Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit sei dann im Weiteren zu berücksichtigen, dass in der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Betäubungsmittelkonsum bzw. eine dahingehende Abhängigkeit nur in Ausnahmefällen eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit begründen könne. Dies sei nur dann der Fall, wenn die Tat im Zustand eines aktuellen Drogenrausches begangen wurde, der Betreffende durch starke Entzugserscheinungen - oder aus Angst davor - zur Straftat und damit zur Drogenbeschaffung getrieben wurde oder harte Drogen nach langjähriger Abhängigkeit zu schwersten Persönlichkeitsveränderungen führten (Depravation). Nicht zuletzt sei bei der Beurteilung der Schuldfähigkeit auch immer das konkrete Tatgeschehen in den Blick zu nehmen. Zu differenzieren seien Augenblickshandlungen, deren Zielrichtung und Sinnhaftigkeit sich aus der jeweiligen Situation erklärten und bei denen es sich um ein spontanes und wenig konturiertes Geschehen handele. Bei lang hingezogenen Geschehnissen seien deren Anforderungen an den Betreffenden zu berücksichtigen. Zu klären sei dabei, ob und wie er diese bewältigte, Schwierigkeiten meisterte oder scheiterte, ob sich Vorbereitungshandlungen und Sicherungstendenzen belegen ließen oder nicht. Dies ermögliche Rückschlüsse auf Wahrnehmung, Orientierung, Aufmerksamkeit, gedankliche Flexibilität und somit auf die psychische Verfassung überhaupt. Bei der insoweit anzustellenden Gesamtwürdigung sei auch zu bedenken, inwieweit sonstige Verhaltensgewohnheiten mit dem Delikt in Einklang zu bringen seien, ob es sich also eher um ein tradiertes Verhaltensmuster handele oder ob die zur Last gelegte(n) Tat(en) aus dem sonstigen Handlungsspektrum heraussteche(n). Dies zugrunde gelegt sei für den Angeklagten bzw. für die diesem vorgeworfenen Betrugstaten festzustellen, dass es sich dabei um komplexere Tatabläufe handele, die ein Mindestmaß an Planung und Vorbereitung erforderten. Die Ausführung sei keinesfalls spontan, sondern sei intendiert und zielgerichtet erfolgt, wobei der Angeklagte auf neu entstehende Anforderungen prompt und zweckmäßig zu reagieren vermochte. Bei Betrachtung des Lebensweges des Angeklagten und seiner deliktischen Vorgeschichte handele es sich bei der Begehung dieser spezifischen Straftaten um ein tradiertes Verhaltensmuster. Nach alledem fänden sich im Rahmen der Gesamtbetrachtung keine Hinweise dafür, dass die Schuldfähigkeit respektive die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten bei Begehung der Taten erheblich eingeschränkt gewesen sein könnte.

Die Kammer folgt den Angaben des Sachverständigen und macht sich diese nach kritischer eigener Prüfung zu eigen. Der Sachverständige ist für die von ihm erstatteten Gutachten fachlich qualifiziert. Er ist der Kammer aus vielen Verfahren bekannt und hat sein Gutachten auf einer für die Kammer ausreichenden und tragfähigen Grundlage erstattet. Zur Gutachtenerstattung hat der Sachverständige Einblick in die Ermittlungsakte genommen, darüber hinaus hat er an der Hauptverhandlung teilgenommen und mit dem Angeklagten zwei Explorationsgespräche geführt. Zudem hat das in der Hauptverhandlung verlesene Gutachten des Dr. F. vom 12.11.2018 Eingang in seine Begutachtung gefunden. Inhaltlich waren die Ausführungen des Sachverständigen gut verständlich, plausibel und frei von Widersprüchen.

Die Kammer hat nicht übersehen, dass die strafrechtliche Vita des Angeklagten begleitet ist von mehreren Maßnahmen im Zusammenhang mit Zurückstellungen der Strafvollstreckung nach § 35 BtMG. Im Zuge dessen wurde dem Angeklagten mehrfach - etwa durch Gutachten des Dr. F. vom 18.11.2018 - eine Kokainabhängigkeit bescheinigt. Von einem im Rahmen der §§ 20, 21 StGB relevanten Kokainkonsum vermochte sich die Kammer indes nicht zu überzeugen. Dabei hat die Kammer zunächst in den Blick genommen, dass die Angaben des Angeklagten zu seinem vermeintlichen Konsum wenig aussagekräftig sind. So berichtet der Angeklagte meist nur umschreibend ("exzessiv", "massiv" o.ä.) über seinen Konsum, konkret konsumierte Mengen bleiben die Ausnahme. Auch im Hinblick auf sonstige objektive Umstände des Konsums weiß der Angeklagte nur wenig mitzuteilen. So bleibt etwa unklar, wie sich der Angeklagte das Kokain wo bzw. bei wem beschaffte. Gleiches gilt für die beschafften Mengen und Preise oder wie sich die Vorratshaltung gestaltete. Auch zu den Umständen des konkreten Konsumierens und wie er diesen zeitlebens vor Dritten gleichsam geheim halten konnte, weiß der Angeklagte wenig zu berichten. Der Angeklagte weiß zwar durchaus zu überzeugen, wenn es darum geht, die letzten knapp 30 Jahre seines Lebens weitschweifig und chronologisch darzustellen, im Hinblick auf den damit einhergehenden vermeintlichen Kokainkonsum bleibt am Ende allerdings wenig Verifizierbares. So hat der Angeklagte eine durchaus beachtenswerte Schul- und Ausbildung und den Konsum bzw. dessen Folgen hat nach eigenen Angaben nie jemand mitbekommen. Nichts anderes ergibt sich aus dem Gutachten des Dr. F. vom 18.11.2018. Dieser stützt sich maßgeblich auf die Angaben des Angeklagten im Rahmen der damaligen Exploration - welche inhaltlich ähnlich gelagert sind, wie die Angaben im hiesigen Verfahren - und verweist im Übrigen auf die anderweitig bereits mehrfach gestellte Diagnose der Kokainabhängigkeit. Eine im Tatzeitraum relevante Abhängigkeit erschloss sich der Kammer auch mit Blick auf die Kontoumsätze des Girokontos des Angeklagten bei der b. BV nicht. So hat der Angeklagte im Rahmen seiner Einlassung angegeben, "dass mit den Ferienwohnungen" deshalb gemacht zu haben, weil er einfach schnell an Geld für Kokain habe kommen müssen. Den eingeführten Kontoauszügen sind indes keine dahingehend auffälligen Abhebungen oder gar Überweisungen zu entnehmen. Vielmehr wird offenbar, dass der Angeklagte das vereinnahmte Geld für seinen täglichen Lebensbedarf verbrauchte. Schließlich hat die Kammer auch in den Blick genommen, dass bei dem Angeklagten trotz des von diesem geschilderten erheblichen und langjährigen Kokainkonsum offensichtlich keinerlei psychische oder physische Folgeerscheinungen festzustellen sind (zu den Auswirkungen eines dauerhaften Kokainkonsums vgl. nur überblicksartig Patzak/Volkmer/Fabricius, Betäubungsmittelgesetz, 10. Auflage 2022, "Stoffe": Kapitel 1, Teil 3, Rn. 123 f.). Auch der Angeklagte hat außer einer psychischen Abhängigkeit keinerlei psychische oder physische Veränderungen bzw. körperliche Folgeschäden mitgeteilt, die einen dauerhaften erheblichen Kokainkonsum auch nur nahelegen.

IV.

Der Angeklagte ist des gewerbsmäßigen Betruges gem. § 263 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB in 23 Fällen (§ 53 StGB) schuldig, wobei bei den Taten 8.-23. darüber hinaus das Regelbeispiel gem. § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Var. 2 StGB erfüllt ist. Hierfür ist erforderlich, dass der Täter in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen. Das Regelbeispiel ist dabei nicht erst erfüllt, wenn eine große Zahl von Menschen tatsächlich in die Gefahr geraten ist, ihr Vermögen zu verlieren, sondern bereits dann, wenn der Täter in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in diese Gefahr zu bringen. Die Annahme des besonders schweren Falles ist in aller Regel bereits dann gerechtfertigt, wenn der Täter eine Person in wirtschaftliche Not bringt, weshalb bei entsprechender Absicht bereits die einmalige Tatbegehung zur Erfüllung des Regelbeispiels ausreicht (vgl. BGH NStZ 2001, 319). Dass der Angeklagte diese Absicht hatte, ergibt sich nicht zuletzt aus dem objektiven Bild der Geschehnisse. Der Angeklagte hat im Zeitraum eines Jahres Reisen und Dienstleistungen mit dem Wissen und Willen in Anspruch genommen, diese nicht bezahlen zu können und zu wollen. Darüber hinaus hat er - gleichsam nebenher - zu zahlreichen nach Mietwohnungen suchenden Personen Kontakt aufgenommen, um ihnen Mietwohnungen zu vermieten, die er nicht hat. Dass er mit Blick auf letztere vor hatte, diese Vorgehensweise auf eine "kleine" Personenanzahl zu beschränken, erscheint lebensfern. Vielmehr ist es ihm von Anfang an darauf angekommen, seinen Lebensunterhalt durch eine möglichst hohe und kontinuierliche Zahl an "Vermietungen" zu sichern.

V.

1.

a)

Bei der Strafzumessung hat sich die Kammer im Wesentlichen von folgenden Erwägungen leiten lassen:

Ausgehend vom Strafrahmen des § 263 Abs. 3 Satz 1 StGB, der Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vorsieht, hat die Kammer geprüft, ob die Indizwirkung des Regelbeispiels durch besondere strafmildernde Umstände, die für sich allein oder in ihrer Gesamtheit so schwer wiegen, dass die Anwendung des Strafrahmens für besonders schwere Fälle unangemessen erscheint, entkräftet wird. Dies hat die Kammer verneint. Dabei hat sie zugunsten des Angeklagten gewertet, dass er sich zu Beginn der Hauptverhandlung umfassend geständig eingelassen und mit dem Widerruf einer Reststrafenaussetzung (BZR Nr. 8) sowie einer Bewährung (BZR Nr. 14) zu rechnen hat. Darüber hinaus hat die Kammer nicht übersehen, dass sich der Angeklagte einer gewissen Drucksituation durch Insassen der JVA in L. ausgesetzt sah und jedenfalls kurz vor Ende der Hauptverhandlung gewisse Bemühungen im Hinblick auf eine Schadenswiedergutmachung entfaltet hat. Zu Lasten des Angeklagten war demgegenüber sein strafrechtliches Vorleben zu werten. So weist der Zentralregisterauszug des Angeklagten 14 Eintragungen auf, darunter 13 einschlägige Verurteilungen u.a. wegen Betrugs. Der Angeklagte hat in diesem Zusammenhang mehrfach und insgesamt langjährige Haft verbüßt und dabei keine Bewährung oder Reststrafenaussetzung erfolgreich absolviert. Die erste hier abgeurteilte Tat datiert darüber hinaus keine vier Wochen nach seiner letzten Haftentlassung (BZR Nr. 8). Schließlich stand der Angeklagte bei Begehung der Taten und zweifacher laufender (Reststrafen-)Bewährung. Bei den Taten 8.-23. war weiterhin zu Lasten des Angeklagten einzustellen, dass er hier gleich zwei Regelbeispiele des § 263 Abs. 3 Satz 2 StGB verwirklicht hat.

Bei Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände hat die Kammer, auch orientiert an den unterschiedlichen Schadenshöhen, folgende Freiheitsstrafen für tat- und schuldangemessen gehalten:

Tat 7:3 Jahre und 6 Monate
Tat 1:2 Jahre
Taten: 5, 6 und 10:1 Jahr und 6 Monate
Taten: 2, 4, 8, 9, 11, 12, 15, 18, und 21:1 Jahr und 3 Monate
Taten: 3, 13, 14, 16, 17, 19, 20, 22 und 23: 1 Jahr

b)

Bei der gem. §§ 53, 54 StGB zu bildenden Gesamtstrafe hat die Kammer unter nochmaliger Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände sowie mit Blick auf den situativen Zusammenhang der Taten einerseits und den Zeitraum, die Vielzahl an Taten sowie die Gesamtschadenshöhe andererseits auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von

6 Jahren

erkannt.

2.

Bei dem Angeklagten war die Einziehung des Wertes des Taterlangten gem. §§ 73 Abs. 1, 73c Satz 1 StGB in Höhe von insgesamt 86.224,90 € anzuordnen.

3.

Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gem. § 64 StGB kam nicht in Betracht.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird § 64 Satz 1 StGB. Unter einem Hang im Sinne der Vorschrift versteht man eine den Täter treibende oder beherrschende Neigung, das Rauschmittel in einem solchen Umfang zu sich zu nehmen, dass seine Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt werden oder aber der Täter aufgrund seiner Abhängigkeit sozial gefährdet oder gefährlich erscheint (vgl. nur Fischer, StGB, 70. Auflage 2023, § 64 Rn. 7). Einen solchen Hang vermochte die Kammer bei dem Angeklagten nicht festzustellen. Dabei kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen zur Einsichts- und Steuerungsfähigkeit verwiesen werden. Danach lassen sich auf einer Konsumneigung des Angeklagten beruhende erhebliche Einschränkungen von Arbeitsfähigkeit und/oder Gesundheit nicht darstellen. Dies gilt zunächst für die Vergangenheit, nicht zuletzt aber auch für die Frage, ob gegenwärtig (noch) ein Hang vorliegt. Denn selbst wenn man mit dem Angeklagten von einer in der Vergangenheit liegenden Abhängigkeit oder jedenfalls einer eingewurzelten intensiven Neigung, Kokain im Übermaß zu konsumieren, ausgeht, so ist zu berücksichtigen, dass der Angeklagte "die Kokserei" nach eigenen Angaben im Sommer 2022 selbstständig nachgelassen haben will und seit September 2022 clean ist. Er ging seitdem einer geregelten Arbeit nach und lebte mit seiner Familie zusammen. Die Verhältnisse erscheinen jedenfalls dem Angeklagte selbst so verlässlich, dass er über seinen Verteidiger ein Befangenheitsgesuch gegen den Sachverständigen Dr. S. erhob, weil dieser ihm im Rahmen der Begutachtung eine negative Legalprognose bescheinigte. Er wies dabei ausdrücklich darauf hin, dass sich sein "Bezugsrahmen" mit Blick auf seine familiären Verhältnisse sowie der von ihm zuletzt ausgeübten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung erheblich geändert habe, weshalb "die Verhaltensweisen aus der Vergangenheit nicht einfach für die Zukunft als leitend angenommen werden" könnten. Auch die Kammer hatte letztlich keine darüber hinaus gehenden Anhaltspunkte dafür, dass zum jetzigen Zeitpunkt (noch) eine wie auch immer geartete handlungsleitende Neigung des Angeklagten im Hinblick auf Kokain besteht.

Der Vollständigkeit halber weist die Kammer noch auf folgendes hin: Selbst, wenn man einen Hang im Sinne des § 64 StGB annähme, so lässt sich im Weiteren nicht feststellen, dass die verfahrensgegenständlichen Taten in symptomatischer Weise auf diesen Hang zurückgehen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass es sich bei den Taten um Beschaffungskriminalität handelt. Für die Taten 1 bis 7 spricht schon das objektive Tatbild gegen eine Absicht der Konsumfinanzierung, denn hier wurden Dienstleistungen entgegengenommen bzw. Gegenstände (Ringe, Auto) erworben. Aber auch für die Taten 8 bis 23 lässt sich - wie bereits erwähnt - nicht feststellen, dass die vereinnahmten Mietzinszahlungen tatsächlich für den Kauf von Kokain verwendet wurden. Nicht zuletzt wäre dem Angeklagten auch keine hinreichende Erfolgsaussicht für eine Therapie nach § 64 StGB zu bescheinigen gewesen. Zwar sind die kognitiven Fähigkeiten des Angeklagten als hoch einzuschätzen und er zeigt sich therapiemotiviert. Auf der anderen Seite ist der Angeklagte im Arbeits- und Leistungsbereich in der Vergangenheit hinter seinem Potential weit zurückgeblieben, es mangelte ihm diesbezüglich durchgängig an Anstrengungsbereitschaft und Durchhaltevermögen. Dies gilt auch für sämtliche strafjustiziellen Maßnahmen, denn der Angeklagte hat u.a. keine der ihm gewährten Bewährungen oder Reststrafenaussetzungen für sich nutzen können. Darüber hinaus ist unter Berücksichtigung seiner Vorgeschichte, insbesondere der mehrfach durchgeführten stationären Entwöhnungsmaßnahmen, aber auch einer Vielzahl von Kontakten zum ambulanten Suchthilfesystem, vor dem Hintergrund des Ausbleibens von nennenswerten Therapieerfolgen von einem Therapieversagen auszugehen. Nach alledem sind keine konkreten Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass nunmehr eine Unterbringung nach § 64 StGB - auch wenn diese im Vergleich zu Maßnahmen im Zusammenhang mit § 35 BtMG ein anderes "Setting"" mit sich bringt - eine hinreichende Aussicht für einen Behandlungserfolg bietet.

VI.

Die Adhäsionsklägerin hat gegen den Angeklagten einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 1.546,00 € sowie weitere 806,00 € aus Beherbergungsvertrag. Der Angeklagte hat bei der Adhäsionsklägerin Hotelaufenthalte gebucht und in Anspruch genommen, diese indes nicht bezahlt (Taten 3 und 4).

Der jeweilige Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB; die Adhäsionsanträge wurden in der Hauptverhandlung am 28.06.2023 zugestellt.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr. 11, 709 ZPO.

VII.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 Abs. 1 Satz 1, 472a Abs. 1 StPO.