Landgericht Osnabrück
Urt. v. 19.10.2011, Az.: 1 S 203/10

Verkennung der Darlegungs- und Beweislast der Parteien durch das Gericht in einem Mietrechtsstreit

Bibliographie

Gericht
LG Osnabrück
Datum
19.10.2011
Aktenzeichen
1 S 203/10
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2011, 41728
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOSNAB:2011:1019.1S203.10.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Lingen - 06.03.2008 - AZ: 4 C 142/08
AG Lingen - 29.03.2010 - AZ: 4 C 142/08

Fundstelle

  • WuM 2013, 189

In dem Rechtsstreit
Herrn xxx,
Beklagter und Berufungskläger
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanw. xxx
gegen
Frau xxx,
Klägerin und Berufungsbeklagte
Prozessbevollmächtigte: xxx
hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück auf die mündliche Verhandlung vom 05.10.2011 durch
den xxx
den Richter am Landgericht xxx und
den Richter xxx
für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Auf die Berufung des Beklagten werden die am 06.03.2008 und 29.03.2010 verkündeten Urteile des Amtsgerichtes Lingen - 4 C 142/08 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    1. a)

      Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 78,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf je 26,00 € seit dem 05.12.2007, 05.01.2008 und 05.02.2008 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 46,41 € zu zahlen.

    2. b)

      Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an den Beklagten 3.698,58 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.01.2009 und vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 446,13 € zu zahlen.

    3. c)

      Die Klägerin wird ferner verurteilt, das zu ihren Gunsten bestellte Pfandrecht an dem Sparguthaben zur Kto.-Nr. xxx bei der Sparkasse xxx in Höhe von 500,00 EUR zur Auszahlung an den Beklagten freizugeben.

    4. d)

      Im Übrigen werden Klage und Widerklage abgewiesen.

  2. 2.

    Die Anschlussberufung wird zurückgewiesen.

  3. 3.

    Die Kosten des Rechtsstreites erster Instanz tragen die Klägerin zu 89 % und der Beklagte zu 11 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 90 % und der Beklagte zu 10%.

  4. 4.

    Das Urteil ist vorläufig vollsteckbar.

[Gründe]

I.

Das Amtsgericht hat den Beklagten durch Schlussurteil vom 29.03.2010 zur Zahlung von offenstehenden Mieten für den Zeitraum Dezember 2007 bis März 2008 und Mai 2008 sowie zu Schadensersatz wegen der Beschädigung der Mietsache verurteilt. Seine Widerklage hat das Amtsgericht nahezu vollumfänglich abgewiesen.

Zunächst wird vollumfänglich auf die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichtes Lingen im angefochtenen Urteil vom 29.03.2010 Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).

Zweitinstanzlich ist Folgendes zu ergänzen:

Der Beklagte hat gegen das ihm am 06.04.2010 zugestellte Urteil des Amtsgerichtes Lingen mit Schriftsatz vom 27.04.2010, eingegangen bei Gericht am 30.04.2010, Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung mit bei Gericht am 06.07.2010 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 30.07.2010, eingegangen bei Gericht am 30.07.2010, Anschlussberufung eingelegt.

Mit den Berufungen verfolgen die Parteien ihr Begehren aus erster Instanz weiter, soweit sie dort keinen Erfolg hatten.

Der Beklagte rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Er ist der Ansicht, das Urteil des Amtsgerichts Lingen basiere auf einer unzutreffenden Erwägung hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast der Parteien. Das Amtsgericht habe verkannt, dass nach der Sphärentheorie die Klägerin als Vermieterin darlegen und beweisen müsse, dass der Mangel in der Mietsache nicht aus ihrem Pflichtenkreis stamme. Darüber hinaus habe das Amtsgericht im Rahmen seiner Tatsachenfeststellung und der Beweiswürdigung verkannt, dass im Zeitpunkt der Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens die Wände in dem streitgegenständlichen Mietobjekt bereits deshalb trocken gewesen seien, weil die Klägerin im Dezember 2007, und damit 2 1/2 Monate vor Einholung des Sachverständigengutachtens, die Hohlschichten im Mauerwerk habe ausschäumen lassen. Die Klägerin habe dadurch seine Beweisführung vereitelt. Dies habe der Sachverständige xxx im Rahmen seines Gutachtens nicht hinreichend gewürdigt. Unter Zugrundelegung der zutreffenden Darlegungs- und Beweislast habe die Klägerin einen Ausschluss des unstreitigen Schimmelbefalls aus ihrem Pflichtenkreis nicht beweisen können. Das Amtsgericht habe insoweit bereits ein Beweislasturteil zu ihrem Nachteil treffen müssen.

Ferner habe das Amtsgericht in seinem Urteil die unzutreffenden Ausführungen zum Lüftungsverhalten des Sachverständigen xxx übernommen. Diese seien falsch dargestellt und interpretiert. Für die Frage des zumutbaren Heiz- und Lüftungsverhaltens sei es irrelevant, ob Feuchtigkeit von innen oder außen komme. Vielmehr komme es auf ein Zusammenwirken aller Faktoren einer Wohnung an, die auf die Raumfeuchtigkeit Einfluss haben. Darüber hinaus habe das Amtsgericht verkannt, dass der Sachverständige xxx die ihm gestellte Beweisfrage nicht abschließend beantworte habe. So habe er in seinem Gutachten ausgeführt, dass er eine Aussage über extreme, nicht zumutbare Lüftungs- und Heizungsmaßnahmen konkret bezogen auf diese Wohnung nicht treffen könne. Auch habe sich Sachverständige mit den von ihm, dem Beklagten, vorgetragenen Heizungs- und Lüftungsverhalten im Rahmen des Gutachtens in nicht auseinandergesetzt.

Das Amtsgericht habe auch fehlerhaft die von Seiten des Beklagten angebotenen Zeugen xxx und xxx nicht gehört, welche im Falle ihrer Vernehmung bekundet hätten, dass die Wohnung bereits vor Einzug und nach Auszug des Beklagten von Schimmelpilzen befallen gewesen sei. Dies hätte zur Frage der Ursache der Feuchtigkeit in der Wohnung Auskunft gegeben, welches das Gericht fehlerhaft unterlassen habe. Darüber hinaus ergebe sich aus dem Umstand, dass die Wohnung bereits vor Einzug des Beklagten unter Schimmelbefall gelitten habe, ein Schadensersatzanspruch des Beklagten gegen den Kläger aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen.

Er beantragt:

  1. 1.

    Das Urteil des Amtsgerichts Lingen vom 29.03.2010, Az.: 4 C 142/08, zugestellt am 06.04.2010, sowie das Anerkenntnis-Vorbehaltsurteil des Amtsgerichts Lingen vom 06.03.2008, Az.: 4 C 142/08, werden aufgehoben, sodann wird die Klage abgewiesen, soweit ein Betrag in Höhe von mehr als 78,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf je 26,00 EUR seit dem 05.12.2007, 05.01.2008, sowie 05.02.2008 geltend gemacht wird.

  2. 2.

    Darüber hinaus wird die Berufungsbeklagte unter Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts Lingen vom 29.03.2010, Az.: 4 C 142/08, zugestellt am 06.04.2010, auf die Widerklage des Berufungsklägers verurteilt,

    1. a.

      diesem einen Betrag in Höhe von 4.422,10 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.01.2009 zu zahlen,

    2. b.

      das zugunsten der Berufungsbeklagten bestellte Pfandrecht an dem Sparguthaben zur Kto.-Nr. xxx bei der Sparkasse xxx in Höhe von 500,00 EUR zur Auszahlung an den Berufungskläger freizugeben,

    3. c.

      an den Berufungskläger die vorgerichtlich entstandenen Anwaltskosten in Höhe von 489,45 EUR zu zahlen.

hilfsweise beantragt er:

Das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts Lingen vom 29.03.2001, Az.: 4 C 142/08 wird aufgehoben und sodann zur erneuten Entscheidung an das erstinstanzliche Gericht zurückverwiesen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Im Wege der Anschlussberufung beantragt sie,

unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Lingen vom 29.03.2010 die Widerklage insgesamt abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, das Amtsgericht habe sie auf die Widerklage hin zu Unrecht zur Zahlung in Höhe von 55,00 EUR verurteilt. Dem Beklagten stünde dieser Betrag aus den Gesichtspunkten der ungerechtfertigten Bereicherung nicht zu. Vielmehr sei es ein Vorauszahlungsbetrag auf die Betriebskosten. Dieser sei auch dann zu zahlen, wenn der Mieter das Mietobjekt nicht bewohne.

Sie ist ferner der Ansicht, die Einwendungen des Beklagten seien gemäß § 531 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Der Beklagte habe gemäß § 411 Abs. 4 ZPO Gelegenheit zur Stellungnahme auf das Sachverständigengutachten gehabt. Diesbezüglich habe er Einwände erhoben, die das Amtsgericht in seiner Entscheidung berücksichtigt habe. Weitere Einwände, die nunmehr in der Berufung erhoben werden, seien unbeachtlich. Dem Sachverständigen xxx sei bei dem Ortstermin am 14.03.2008 ein Angebot der Firma xxx überreicht worden. Dieses Angebot beziehe sich auf die Trockenlegung der Baufeuchte und sei vom Sachverständigen bei der Erstellung seines Gutachtens berücksichtigt worden.

Altschäden seien von der Klägerin nicht überstrichen worden.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen xxx und xxx sowie durch Vernehmung der Zeugin xxx durch den ersuchten Richter. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll der mündlichen Verhandlung vom 23.03.2011 (Bl. 73-75 d.A Bd. II) sowie auf das Protokoll der richterlichen Vernehmung durch das Amtsgerichtes Viersen vom 07.07.2011 (Bl. 92-94 d.A. Bd. II) verwiesen.

II.

Die Berufung und die Anschlussberufung sind zulässig. Sie wurden insbesondere frist- und formgerecht eingelegt (§ 511, 517, 519, 520 ZPO).

1.

Die Berufung hat auch vollumfänglich Erfolg, soweit sich der Beklagte gegen seine Verurteilung über einen Betrag von 78,00 € hinaus wendet.

Soweit das Amtsgericht der Klägerin einen Anspruch auf Miete für den Zeitraum Dezember 2007 bis März 2008 und Mai 2008 sowie Schadensersatz wegen der Beschädigung der Mietsache zugesprochen hat, beruht die Entscheidung des Amtsgerichtes auf einem Rechtsfehler i. S. v. § 546 ZPO.

Das Amtsgericht hat in seinem Schlussurteil die Darlegungs- und Beweislast der Parteien insoweit verkannt; als es über die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 03.12.2007 wegen Schimmelpilzbildung und Feuchtigkeitsschäden entschieden und diese als unwirksam angesehen hat.

Die Kündigung des Beklagten hat das Mietverhältnis zum 03.12.2007 entgegen der Ansicht des Amtsgerichtes fristlos beendet.

Gemäß § 543 Abs. 2, Nr. 1 BGB ist eine außerordentliche Kündigung dann begründet, wenn ein erheblicher Sachmangel i.S.v. § 536 BGB vorlag und dadurch die Tauglichkeit und der Gebrauch der Mietsache entzogen bzw. erheblich beeinträchtigt wurde (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 69. Auflage, § 543 Rn. 18). Ein solcher Mangel ist zwischen den Parteien unstreitig. In der Wohnung war erheblicher Schimmelbefall vorhanden. Dies hat der Sachverständige xxx anlässlich seiner Ortstermine festgestellt. Ein tauglicher Kündigungsgrund lag daher dem Grunde nach vor. Schimmelbildung und Feuchtigkeit in der Wohnung ist in nach h.M. als erheblicher Mangel der Mietsache anerkannt (vgl. LG Berlin GE 2009, 845; GE 1989, 149; LG Hamburg ZMR 2008, 456; AG Charlottenburg GE 2007, 1387; Blank in Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Auflage, § 536 Rn. 27)

Insoweit ist das Amtsgericht in seiner Entscheidung auch noch zu Recht von einer Beweislast des Beklagten als Mieter ausgegangen. Der Mieter muss grundsätzlich einen solchen Mangel darlegen und beweisen (Palandt/Weidenkaff, a.a.O., § 543 Rdnr. 57). Dies war hier jedoch nicht nötig, da die Mängel unstreitig vorlagen.

Das Amtsgericht hat dagegen nicht zwischen dem Kündigungsgrund an sich und dem Ausschluss des Kündigungsrechtes differenziert. Soweit die Entscheidung darauf gestützt wird, dass der Beklagte als Mieter nicht beweisen konnte, dass der Mangel in den Verantwortungsbereich der Klägerin als Vermieterin fällt, beruht das Urteil auf einer unrichtigen Beweislastverteilung.

Das Kündigungsrecht des Mieters ist nur dann ausgeschlossen, wenn der Mieter den Mangel zu vertreten hat (Blank in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Auflage, § 543 Rn. 25). Hinsichtlich der Frage, ob der Mieter den Mangel zu vertreten hat, gelten dabei die Grundsätze zur Beweislastverteilung bei ungeklärter Schadensursache (Blank in Schmidt-Futterer, a.a.O., § 543 Rn. 25). Danach trägt der Vermieter die Beweislast dafür, dass der Mangel in den Verantwortungsbereich des Mieters fällt. Erst wenn dies nachgewiesen ist, muss der Mieter darlegen und beweisen, dass er diesen Mangel nicht zu vertreten hat.

Diesen Ausschluss des Mangels aus ihrem Verantwortungsbereich konnte die Klägerin zur Überzeugung der Kammer nicht erbringen.

Dabei verkennt die Kammer nicht, dass das Amtsgericht zwar auf Grundlage einer falschen Beweislastverteilung die Ausführungen des Sachverständigen xxx aus dem selbstständigen Beweisverfahren 4 H 1/08 gewürdigt, der Sachverständige im Rahmen seines Gutachtens sowie der Ergänzungsgutachten jedoch dargelegt hat, dass baubedingte Mängel am Haus nicht ursächlich für. die Schimmelbildung gewesen seien. Hierzu hat er ausgeführt, dass im Zeitpunkt seiner Besichtigung die Wand trocken, die Fußbodenleiste trocken und das Mauerwerk nicht undicht gewesen seien.

Er könne im Rahmen seiner Besichtigung keine erhöhten Feuchtigkeitswerte messen, welche einen Rückschluss auf baubedingte Fehler geben würden.

Insoweit begründen die tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichtes zu den baubedingten Mängeln, als sie sich auf das Gutachten des Sachverständigen xxx beziehen, auch unter Berücksichtigung einer falschen Beweislastverteilung keine Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit. Die Einwände des Beklagten gegen die Würdigung des Gutachtens greifen nicht durch.

Entgegen der Ansicht des Beklagten hat sich der Gutachter auch mit der Frage der Hohlschaumversieglung auseinandergesetzt. Hierzu hat er ausgeführt, dass diese Versiegelung, welche zwischen den Parteien unstreitig ist, keinen Einfluss auf eine Austrocknung der Wand gehabt habe. Der Thermoschaum führe gerade nicht dazu, dass die Wand besonders schnell trocken würde. Seine Messergebnisse seien nicht verzerrt.

Das Amtsgericht hätte daher auch unter Zugrundelegung der richtigen Beweislastverteilung zu dem Ergebnis kommen können, dass die Feuchtigkeits- und Schimmelbildung nach den sachverständigen Feststellungen keine baubedingte Ursache hatten.

Die Feststellungen des Amtsgerichtes beruhen jedoch insoweit auf einem Fehler, welcher in der Hauptsache zur Abweisung der Klage führt, als mit dem Ausschluss von baubedingten Mängeln noch kein Ausschluss der Schimmelbildung aus dem Verantwortungsbereich der Klägerin einhergeht.

Die Nachweispflicht des Vermieters entfällt nämlich nur dann, wenn nach den Umständen nur noch eine Ursache aus dem Risikobereich des Mieters in Betracht kommen kann (Eisenschmid in Schmidt-Futterer, a.a.O., § 536 Rn 218). Von einem solchen Ausschluss ist die Kammer nach der durchgeführten Beweisaufnahme nicht hinreichend überzeugt.

Der Beklagte hatte hierzu bereits erstinstanzlich behauptet, dass bereits vor seinem Einzug und nach seinem Auszug Schimmelbildung in der Wohnung vorhanden gewesen sei. Ein solcher "Altschaden", welcher dann unabhängig von dem Mietgebrauch des Beklagten gegeben wäre, fällt ebenfalls in den Verantwortungsbereich der Klägerin.

Dass ein solcher Schaden vorlag, steht zur Überzeugung der Kammer nach der durchgeführten Beweisaufnahme fest.

Die Zeugen xxx und xxx haben jeweils unabhängig voneinander bekundet, dass sowohl vor als auch nach der Mietzeit des Beklagten Schimmelpilzbildung in der streitgegenständlichen Wohnung vorhanden war.

Der Zeuge xxx hat diesbezüglich bekundet, dass bereits während seiner Mietzeit, d.h. vor dem Beklagten Schimmel in der Wohnung vorhanden gewesen sei. Im Winter sei im Schlafzimmer Feuchtigkeit an der Wand gewesen. Aufgefallen sei ihm dann der Schimmel an der Schlafzimmer-Frontseite sowie an der Zwischenwand im Schlafzimmer sowie in der Küche. Der Schimmel sei großflächig gewesen ("dunkle Flecken").

Auch die Zeugin xxx hat bekundet, dass während ihrer Mietzeit, d.h. nach der Mietzeit des Beklagten, Schimmel vorhanden gewesen sei. Ferner hat sie bekundet, dass sie auch noch nach ihrem Auszug Feuchtigkeit an der Wohnzimmerwand bemerkt habe, nachdem die Tapete im Rahmen der Renovierung der Wohnung entfernt worden sei.

In diesem Zusammenhang hat die Kammer auch berücksichtigt, dass im Zeitpunkt der letzten Begutachtung durch den Sachverständigen xxx im 06.04.09, d.h. weit nach Auszug des Beklagten im März 08, wiederum Schimmelbildung in der Wohnung vorhanden war, obwohl die Wohnung vorher bereits durch die Klägerin renoviert wurde.

Insbesondere die Aussage der Zeugin xxx erscheint der Kammer glaubhaft, weil sie völlig unabhängig von dem hier anhängigen Rechtsstreit erfolgt ist. Die Zeugin ist bereits seit geraumer Zeit aus der Wohnung ausgezogen und hat keinen Kontakt zu den Parteien dieses Rechtsstreites. Für die Kammer ist daher nicht ersichtlich, warum die Aussage dieser unbeteiligten Zeugin nicht der Wahrheit entsprechen sollte.

Auch der Aussage des Zeugen xxx ist glaubhaft zu entnehmen, dass bereits während seiner Mietzeit an den gleichen Stellen wie bei seinen zwei Nachmietern Schimmelpilze auftraten. Der Inhalt seiner Aussage deckt sich im Wesentlichen mit anderen objektiven Feststellungen des Sachverständigen sowie der Aussage der unabhängigen Zeugin xxx und den Angaben des Beklagten selbst. Die Kammer sieht deshalb keine Veranlassung, ihr keinen Glauben zu schenken.

An den gleichen Stellen in der Wohnung waren danach bei drei unterschiedlichen Mietern mit (unterstellten) unterschiedlichen Lebensgewohnheiten die gleichen Schimmelprobleme aufgetreten. Eine Mängelursache im Bereich des Beklagten erscheint der Kammer daher ausgeschlossen. Hierauf kommt es jedoch nicht an. Den Ausschluss aus ihrem Verantwortungsbereich konnte die Klägerin jedenfalls nicht erbringen. Entweder liegen doch baubedingte Mängel als Schimmelursache vor oder durch das Wohnverhalten des ersten Mieters Jonen wurde der Schimmel hervorgerufen, welcher danach nicht mehr endgültig beseitigt wurde.

Für die Kammer sind daher mehrere denkbare Varianten möglich, in denen der Sachmangel nicht in den Verantwortungsbereich des Beklagten fällt. Es bleibt daher letztendlich dabei, dass die Klägerin die Ursache der Schimmel- und Feuchtigkeitsproblematik nicht derart aus ihrem Verantwortungsbereich ausschließen konnte, dass nur noch eine Ursache im Bereich des Mieters übrig blieb.

Die Aussage des Zeugen xxx war dagegen für die ihm gestellte Beweisfrage, ob Schimmelbefall während der Mietzeit vorhanden war, nicht ergiebig. Der Zeuge hat die Wohnung erst nach Auszug des Zeugen xxx als Makler übernommen und auch erst während der Renovierungsphase gesehen.

Die im letzten Schriftsatz der Klägerin angebotenen Zeugen waren nicht mehr zu vernehmen. Das Beweisangebot ist gemäß §§ 529, 530, 531 ZPO als verspätet zu zurückzuweisen.

Auch die Frage, ob der Zeuge xxx den Schimmel anlässlich seines Auszuges gegenüber der Vermieterin angezeigt habe, ist für das Beweisergebnis nicht relevant. Auf ein Verschulden der Klägerin kommt es weder für den Schadensersatzanspruch des Beklagten nach § 536 a Abs. 1 BGB noch für sein Kündigungsrecht nach § 543 BGB an (vgl. Palandt/Weidenkaff, a.a.O., § 543 Rn. 18). Unter Abwägung der gegenseitigen Interessen liegt ein außerordentlicher Grund zur Kündigung für den Beklagten unabhängig von der Kenntnis der Klägerin von dem Schimmel vor.

Die Kündigung des Beklagten vom 03.12.2007 ist daher unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen wirksam. Der Anspruch der Klägerin auf rückständige Miete ist damit nicht begründet. Das Vertragsverhältnis war bereits mit dem Zugang der Kündigung beendet und die zu zahlende Miete nach § 536 BGB wegen eines wesentlichen Mangels, mit Ausnahme der Miete für die Garage, auf Null gemindert.

Auch ein Schadensersatzanspruch wegen der Beschädigung der Mietsache steht der Klägerin nicht zu. Sie muss als Vermietern auch im Rahmen eines Schadensersatzanspruches gemäß § 280 BGB bzw. § 823 BGB darlegen und beweisen, dass die streitgegenständlichen Mängel vom Mieter verursacht worden sind und er damit gegen seine mietvertraglichen Pflichten verstoßen hat. Dies ist ihr aus den o.g. Gründen nicht gelungen.

Diesbezüglich steht ihr mangels Anspruchs in der Hauptsache auch kein Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu. Soweit die Klägerin aber die unstreitig vom Beklagten geschuldete Garagenmiete in Höhe von 78 € geltend gemacht hat, steht ihr ein Ersatz der Anwaltskosten in Höhe von 46,41 € zu.

Das Urteil des Amtsgerichtes war daher insoweit aufzuheben und die Klage auf Antrag des Beklagten im tenorierten Umfang abzuweisen.

Auch die Anschlussberufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Soweit das Mietverhältnis bereits mit der Kündigung vom 03.12.2007 wirksam beendet war, schuldet der Beklagte auch nicht die Entrichtung der Nebenkostenvorauszahlung für den Monat April 2008.

2.

Die Berufung hat auch überwiegend Erfolg, soweit der Beklagte sich gegen die Abweisung seiner Widerklage wendet.

Er hat gemäß § 812 BGB einen Anspruch auf Rückerstattung wegen der von ihm auf das Anerkenntnis-Vorbehaltsurteil samt Kostenfestsetzungsbeschluss sowie für den Monat April 2008 gezahlten Beträge in Höhe von 1948,28 €. Ein Rechtsgrund für die Zahlungen bestand nicht. Aus den unter Ziff. 11.1. genannten Gründen ist das Mietverhältnis wirksam zum 03.12.07 beendet. Die im Anerkenntnis-Vorbehaltsurteil tenorierten Beträge samt Kosten muss der Beklagte nicht erstatten.

§ 814 BGB ist nicht hingegen einschlägig. Der Beklagte hat nicht in Kenntnis seiner Nichtschuld geleistet, sondern zur Vermeidung der Vollstreckung bzw. unter Vorbehalt hinsichtlich der Miete für April 2008 (vgl. Palandt/Sprau, a.a.O., § 814 Rn. 5).

Die Rückerstattungsbeträge ergeben sich aus den Zahlungen des Beklagten auf das Anerkenntnisvorbehaltsurteil in Höhe von 1237,17 €, auf den Kostenfestsetzungsbeschluss in Höhe von 406,11 € sowie die Miete für April in Höhe von 305,00 €.

Ebenfalls steht dem Beklagten ein verschuldensunabhängiger Schadensersatzanspruch gemäß § 536 a BGB gegen die Klägerin auf insgesamt 1750,30 € zu. Der Schimmelbefall in der Mietwohnung stellt für den Beklagten einen anfänglichen, wesentlichen Mangel der Mietsache dar. Zur Überzeugung der Kammer steht aus den o.g. Gründen fest, dass bereits Schimmel bei Einzug des Beklagten in die Wohnung vorhanden war. Auf ein Verschulden der Klägerin kommt es daher nicht an. Diesbezüglich wird auf die unter 11.1. dargelegten Ausführungen verwiesen.

Der Beklagte kann somit die kausal durch den Mangel hervorgerufenen Schadenspositionen ersetzt verlangen.

Hinsichtlich der Reinigung seines Inventars sind 808 € zu ersetzen. Der Vortrag des Beklagten hinsichtlich des Schadens i.H.v. 961,52 € ist insoweit teilweise unschlüssig. Diesbezüglich hat der Sachverständige xxx in seinem Gutachten einen Aufwand von 961,52 € incl. Mehrwertsteuer errechnet. Der Beklagte hat jedoch nicht schlüssig dargelegt, dass bei ihm auch eine Mehrwertsteuer angefallen wäre. Es ist danach gemäß § 249 Abs. 2, Satz 2 BGB nur ein Schaden i.H.v. 808 € zu berücksichtigen.

Die Kosten für die Entsorgung der beschädigten Gegenstände i.H.v. 107,10 € sind zu ersetzen. Diese sind kausal auf den relevanten Mangel zurückzuführen. Einer Beweisaufnahme zur Höhe hat es nicht bedurft. Der Schaden kann gemäß § 287 ZPO geschätzt werden. Der Kammer liegen alle relevanten Anknüpfungstatsachen durch Rechnung der Firma Reholand vom 02.04.2008 vor. Die Kosten erscheinen auch nicht übermäßig hoch, als dass der Beklagte gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen hätte.

Hinsichtlich der geltend gemachten Umzugskosten ist ebenfalls unter Anwendung von § 287 ZPO von einem Stundensatz in Höhe von 7 € je Arbeitsstunde auszugehen. Danach errechnet sich der ersatzfähige Arbeitsaufwand für den Umzug insgesamt auf 280,00 € (40h x 7€).

Auch die Kosten für den Makler in Höhe von 446,25 € und für die neuen Internetanschlüsse/Telefonanschlüsse in Höhe von 108,95 € sind ersatzfähig. Für eine Schadensschätzung nach § 287 ZPO bestehen genügende Anknüpfungstatsachen durch die Rechnungen vom 28.12.2007, 06.03.2008 und 28.05.2008. Die Kosten sind auch adäquat durch den mangelbedingten Auszug des Beklagten entstanden. Dass die Kosten auch bei einem normalen Auszug des Beklagten angefallen wären, steht der Ersatzfähigkeit nicht entgegenstehen. Der Beklagte hat lediglich ein halbes Jahr in der streitgegenständlichen Wohnung gewohnt. Dass er unter normalen Umständen nach so kurzer Zeit wieder ausgezogen wäre, kann man unter lebensnaher Betrachtung nicht annehmen.

Ebenso besteht ein Anspruch des Beklagten auf Freigabe der Kaution (vgl. Palandt/Weidenkaff, a.a.O., Einf. § 535 Rn. 122 und 126). Das Mietverhältnis ist mittlerweile beendet. Weitere Ansprüche der Klägerin, welche sie der Freigabe der Kaution entgegenhalten könnte, sind nicht ersichtlich und nach § 548 Satz 1 BGB mittlerweile verjährt.

Insgesamt besteht für den Beklagten daher ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 1770,03 € sowie ein Anspruch auf Freigabe der Kaution.

Ferner hat der Beklagte gemäß §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB Anspruch auf Ersatz seiner anteiligen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Soweit berechtigte Ansprüche mit der Widerklage geltend gemacht wurden, ist dem Beklagten deshalb ein Betrag in Höhe von 446,13 € zu erstatten.

Soweit der Beklagte darüber hinaus Schadenersatz verlangt, war die Widerklage auch in der Berufung abzuweisen. Der Beklagte muss die Grundsätze der Schadensminderungspflicht nach § 254 BGB beachten. Hinsichtlich der Kosten für 10 Übernachtungen bei einem Freund und dem geliehenen Anhänger sind ihm tatsächlich keine Kosten und kein Schaden entstanden. Eine fiktive Schadensberechnung findet nicht statt, weil insoweit kein anerkannter Anwendungsfall vorliegt. Für den Beklagten bestand kein ersatzfähiger, genereller Nutzungswille, welcher auch im Rahmen einer fiktiven Berechnung als Schaden Berücksichtigung finden könnte. Im Übrigen ist er im Bereich des Zumutbaren verpflichtet, den Schaden gering zu halten.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 92 Abs. 1, 97, 708 Nr. 10 ZPO.