Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 20.07.2012, Az.: 10 WF 212/12

Berücksichtigung "berufsbedingten Aufwands" im Rahmen der Einkommensermittlung für PKH/VKH

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
20.07.2012
Aktenzeichen
10 WF 212/12
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2012, 20988
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2012:0720.10WF212.12.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Hannover - 19.06.2012

Fundstellen

  • AGS 2012, 478-479
  • FF 2012, 378
  • FamFR 2012, 396

Amtlicher Leitsatz

Bei der Ermittlung des einzusetzenden Einkommens im Rahmen der PKH-/VKH-Bewilligung besteht keine rechtliche Grundlage für einen - im Unterhaltsrecht bekannten - pauschalen Abzug in Höhe von 5 % des Nettoeinkommens für berufsbedingten Aufwand. Soweit höhere Kosten nicht konkret glaubhaft gemacht werden, können vielmehr entsprechend § 82 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII i.V.m. § 3 Abs. 5 der Durchführungsverordnung zu § 82 SGB XII lediglich 5,20 € pro Monat für Arbeitsmittel berücksichtigt werden.

Tenor:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

1

Ohne Erfolg wendet sich die Antragstellerin gegen die die Höhe der im Verfahrenskostenhilfe bewilligenden Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Hannover vom 19. Juni 2012 zur Zahlung auf die Verfahrenskosten angeordneten Raten; das Amtsgericht hat die Ratenhöhe zutreffend entsprechend den gesetzlichen Vorgaben bestimmt. Auch wenn man - was das Amtsgericht in seiner Berechnung nicht getan hat - entsprechend § 3 Abs. 5 der Durchführungsverordnung (DVO) zu § 82 SGB XII einen Betrag von 5,20 € als pauschale Aufwendungen für Arbeitsmittel absetzt, führt dies zu keiner Änderung der Ratenhöhe.

2

Soweit die Antragstellerin demgegenüber meint, bei der Berechnung des einzusetzenden Einkommens seien pauschal 5 % des Nettoeinkommens für "berufsbedingte Aufwendungen" - das wären im Streitfall 104 € - abzusetzen, geht dies fehl. Für die Übernahme einer allein bei der Unterhaltsberechnung (und auch dort nur außerhalb eines Mangelfalles) üblichen Pauschalierung auf die an gänzlich anderen - sozialhilferechtlichen - Maßstäben orientierte Ermittlung des für die Verfahrenskosten einzusetzenden Einkommens findet sich im Gesetz keinerlei Grundlage (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. zuletzt etwaSenatsbeschluß vom 13. Januar 2012 - 10 WF 8/12 - FamRZ 2012, 1159 f. = JurBüro 2012, 206 f. = BeckRS 2012, 02005 = juris - Tz. 14 = II. 2. der Gründe).

3

Sie wäre zudem unvereinbar mit der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Berücksichtigung von berufsbedingten Aufwendungen aus nichtselbständiger Arbeit im Rahmen von PKH/VKH. Dieser hat gerade ausdrücklich die Rechtsprechung (auch) des Senates bestätigt, daß im Rahmen der Ermittlung des PKH-/VKH-maßgeblichen Einkommens die berufsbedingten Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstelle nicht - wie allerdings ebenfalls im Unterhaltsrecht üblich - mit grundsätzlich 0,30 € pro gefahrenem Kilometer, sondern entsprechend § 3 Abs. 6 Nr. 2a der DVO zu§ 82 SGB XII mit monatlich 5,20 € pro Entfernungskilometer zu bemessen sind (vgl. BGH - Beschluß vom 13. Juni 2012 - XII ZB 658/11 - juris). Der BGH hat in diesem Zusammenhang insbesondere auch darauf abgestellt, daß sich der im Rahmen der PKH-/VKH maßgebliche - sozialhilferechtliche - Einkommensbegriff grundlegend von demjenigen - unterhaltsrechtlichen - des BGB unterscheidet und familienrechtliche Grundsätze daher nicht unbesehen auf den sozialhilferechtlichen Einkommensbegriff übertragen werden können (vgl. aaO. Tz. 20). Vielmehr gibt die DVO zu § 82 SGB XII schon nach der ausdrücklichen Gesetzesbegründung den Gerichten einen Anhaltspunkt für die Bemessung des Freibetrages (vgl. aaO. Tz. 19 m.w.N.).

4

Die besagte DVO definiert in Abs. 4 Satz 1 die beachtlichen berufsbedingten Aufwendungen, zu denen neben den Fahrtkosten (Nr. 2), den Beiträgen für Berufsverbände (Nr. 3) und Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung (Nr. 4) noch die Aufwendungen für Arbeitsmittel (Nr. 1) gehören. Die DVO enthält in § 3 Abs. 5 aber gerade auch hinsichtlich der Aufwendungen für Arbeitsmittel eine abschließende und von den unterhaltsrechtlichen Gepflogenheiten deutlich abweichende Regelung. Danach kann, wenn nicht im Einzelfall höhere Aufwendungen nachgewiesen werden, insofern ein monatlicher Pauschalbetrag von 5,20 € berücksichtigt werden. Über diesen Betrag hinaus kommt im Rahmen der Ermittlung des einzusetzenden Einkommens für die Bewilligung von PKH/VKH eine pauschalierte Berücksichtigung für berufsbedingten Aufwand nicht in Betracht.