Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 18.07.2012, Az.: 4 U 122/10

Begründetheit der Klage eines Falkenzüchters gegen eine benachbarte Pilzzuchtfarm ohne Nachweis des Falkensterbens aufgrund von Pilzsporenbefall

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
18.07.2012
Aktenzeichen
4 U 122/10
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2012, 19336
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2012:0718.4U122.10.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Verden - 17.06.2010 - AZ: 4 O 531/07

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 17. Juni 2010 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Verden wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits aus beiden Rechtszügen einschließlich der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens 4 OH 13/04 Landgericht Verden sowie des Berufungsverfahrens Oberlandesgericht Celle 4 U 158/08 und die durch die Nebeninterventionen entstandenen Kosten hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten und ihrer Streithelfer wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten oder ihre Streithelfer vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

1

I. Die Klägerin betreibt in H. im Landkreis R. einen Falkenzuchtbetrieb. Die Beklagten zu 1 und 2 sind Eigentümer der dem Betriebsgrundstück der Klägerin benachbarten Grundstücke. Auf diesen Grundstücken betreibt die Beklagte zu 4 - nach Behauptung der Klägerin gemeinsam mit der Beklagten zu 4 auch die Beklagte zu 3 - eine Pilzzuchtfarm. Die Klägerin nimmt die Beklagten mit der Behauptung auf Schadensersatz in Anspruch, dass von dem Geschäftsbetrieb der Pilzzucht ausgehende Schimmelpilzsporen in den Jahren 2004 bis 2006 und 2009 zu einer erhöhten Sterblichkeit von Zuchtfalken im Betrieb der Klägerin geführt hätten. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrags der Parteien und der Streithelfer der Beklagten sowie der von ihnen gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts vom 17. Juni 2010 (Bl. 1363 ff. d. A. Bd. VI) Bezug genommen.

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Das Landgericht hat die Klage nach Vernehmung von Zeugen sowie Einholung eines Gutachtens der Sachverständigen Prof. Dr. K.-J. abgewiesen. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, dass die Beklagten zu 1 und 2 unter dem Gesichtspunkt unerlaubter Handlung schon deshalb keine Haftung treffe, weil bei ihnen kein Verschulden erkennbar sei. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch Vernehmung von Zeugen sei nicht einmal ersichtlich, wann die Beklagten zu 1 und 2 Kenntnis von der Problematik zu hoher Konzentration von Pilzsporen gehabt haben könnten. Dasselbe gelte hinsichtlich der Beklagten zu 3, für die schon nicht erkennbar sei, dass sie die Pilzfarm überhaupt noch betreibe. Ein möglicher Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB richte sich nicht gegen die Beklagten zu 1 und 2 als Eigentümer, sondern den Nutzer des emittierenden Grundstücks.

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Letztlich sei die Klage im Übrigen hinsichtlich aller Beklagter und insbesondere auch der Beklagten zu 4 als jedenfalls unstreitiger (Mit-)Betreiberin der Pilzfarm aber deshalb unbegründet, weil die Klägerin eine schadenverursachende Pflichtverletzung seitens der Beklagten nicht habe beweisen können. Insoweit sei schon zweifelhaft, ob und inwieweit die Beklagten rechtlich überhaupt verpflichtet seien, Emissionen so weitgehend zu vermeiden, dass selbst die Aufzucht empfindlicher Tiere wie der in nördlicheren Gefilden heimischen Gerfalken nicht beeinträchtigt werde. Jedenfalls sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht bewiesen, dass und inwieweit von der Pilzfarm zur Falkenzucht hinüber gelangte Pilzsporen für die Sterblichkeit einzelner Falken verantwortlich seien. Insofern sei auf der Grundlage des Vortrags der Klägerin zu den Windverhältnissen in der Region schon zweifelhaft, in welchem Umfang Pilzsporen tatsächlich von der Pilzfarm auf das Gelände der Klägerin gelangt seien. Nach dem Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. K.-J. könnten im Übrigen zwar Pilzsporen eine Aspergillose herbeiführen, und zwar je höher die Konzentration durch Pilzsporenbefall desto eher. Ein bestimmter Grenzwert, von dem an die einwirkende Konzentration (KBE/m3) zu einer Erkrankung der Tiere führe, lasse sich aber wissenschaftlich nicht bestimmen. Im Übrigen müsse bedacht werden, dass die Aspergillose einerseits zwar möglicherweise Folgeerkrankungen begünstigen könne, umgekehrt aber nicht feststehe, dass der Befall mit Pilzsporen auch zwangsläufig zu Erkrankungen wie Amyloidose, Erblinden pp. führe. Hierfür könnten vielmehr auch andere Faktoren wie Wetterbedingungen, Empfindlichkeit, Stress bei Transport und vor allem allgemein erhöhte Anfälligkeit gegen Erkrankungen wegen Aufzucht und Haltung der Tiere in Gefangenschaft nicht ausgeschlossen werden. Insgesamt könne deshalb nicht festgestellt werden, dass auch nur ein Teil der Falken, für die die Klägerin Schadenersatz begehre, aufgrund von Pilzsporen verendet sei, die bei entsprechender Windrichtung über die Luft von der Pilzfarm in den Betrieb der Klägerin gelangt seien.

4

Gegen dieses Urteil richtet sich die frist- und formgerecht eingelegte sowie begründete Berufung der Klägerin. Das Landgericht habe den erstinstanzlichen Vortrag der Klägerin nicht ausreichend gewürdigt und insbesondere die schon in erster Instanz angetretenen Beweise nicht hinreichend ausgeschöpft. Soweit die Kammer bezweifle, dass wegen der bestehenden regionalen Windverhältnisse überhaupt ausreichend Sporen vom Pilzzuchtbetrieb auf das Betriebsgrundstück der Klägerin gelangt sein könnten, um die erhöhte Sterblichkeit hervorzurufen, sei dieser Teil der Urteilsbegründung überraschend, weil in erster Instanz ohne entsprechenden vorherigen Hinweis erfolgt. Die Klägerin dürfe und müsse deshalb ihren Vortrag insoweit in zweiter Instanz prozessual zulässig ergänzen. Die Klägerin legt hierzu Messergebnisse der M. G. D. GmbH zu den herrschenden Windverhältnissen sowie ein Ausbreitungsmodell betreffend die Schimmelpilzsporenemissionen von Prof. Dr. Ha. vor. Soweit das Landgericht im Übrigen auf der Grundlage der eingeholten Gutachten der Gerichtssachverständigen Prof. Dr. K.-J. gemeint habe, vor allem mit Rücksicht auf die Empfindlichkeit von Zuchtfalken eine Kausalität zwischen Pilzsporenbefall und des Verendens von Tieren nicht feststellen zu können, sei dies auch gerade auf der Grundlage der Untersuchungsergebnisse dieser Sachverständigen fehlerhaft. Die Klägerin legt hierzu eine Anzahl weiterer veterinärmedizinischer Stellungnahmen vor, aus denen sich ergebe, dass die Ursache des Falkensterbens allein im Betrieb der benachbarten Pilzfarm zu sehen sei. Dafür spreche letztlich auch, dass vor Existenz der Pilzfarm Aspergillosefälle in H. gar nicht oder doch selten vorgekommen seien. Zumindest in der Berufungsinstanz müsse deshalb ein weiteres veterinärmedizinisches Sachverständigengutachten zur Kausalitätsfrage, daneben aber auch ein mykotoxikologisches Gutachten eingeholt werden, das sich mit Schimmelpilzsporenemissionen und ihren Folgen konkret auseinandersetze.

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Die Klägerin führt im Übrigen im Einzelnen aus, dass nach ihrer Auffassung das Landgericht die Haftung der Beklagten zu 1 bis 3 auch aus neben der Kausalitätsproblematik bestehenden weiteren Gründen zu Unrecht verneint habe.

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Die Klägerin beantragt,

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unter Abänderung des am 17. Juni 2010 verkündeten Urteils des Landgerichts Verden - Geschäftsnummer 4 O 531/07 - die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 3.025.953 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

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Die Beklagten und ihre Streithelfer beantragen,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Die Beklagten und ihre Streithelfer verteidigen das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres Sachvortrags aus dem ersten Rechtszug. Die Beklagten legen in zweiter Instanz ihrerseits die gutachterliche Stellungnahme eines Veterinärmediziners vor, der einen Kausalzusammenhang zwischen erhöhter Sterblichkeit von Zuchtfalken und Sporenemissionen der Pilzzucht für nicht gegeben erachtet.

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Der Senat hat Beweis erhoben nach Maßgabe seines Beweisbeschlusses vom 4. April 2011 (Bl. 1692 ff. d. A.; Bd. VIII) durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. K.-J. vom 22. Dezember 2011 sowie die mündlichen Erläuterungen durch diese Sachverständige in der mündlichen Verhandlung vom 31. Mai 2012 (Bl. 1233 - 1240 d. A.; Bd. IX) Bezug genommen.

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Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien und den Streithelfern gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Akten des selbständigen Beweisverfahrens Landgericht Verden 4 OH 13/04 sowie die Akten 7400 Js 544/08 Staatsanwaltschaft Hamburg sowie 312 Js 31678/08 Staatsanwaltschaft Verden verwiesen.

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II. Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.

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Das Landgericht hat die Klage mit Recht abgewiesen. Die Klägerin hat auch nach dem Ergebnis der in zweiter Instanz ergänzend durchgeführten Beweisaufnahme nicht bewiesen, dass von der benachbarten Pilzzuchtfarm stammende Pilzsporen zum Tod von Zuchtfalken im Betrieb der Klägerin geführt haben. Mit dem erforderlichen Ursachenzusammenhang fehlt eine für die Haftung sämtlicher Beklagter erforderliche Voraussetzung. Die Berufung der Klägerin war deshalb zurückzuweisen, ohne dass es noch auf die Frage ankam, ob die Klage gegenüber einigen oder allen Beklagten auch aus anderen Gründen abzuweisen war.

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1. Eine Haftung aller Beklagten auf Schadensersatz gegenüber der Klägerin setzt nach allen in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen voraus, dass von der Pilzzuchtfarm herrührende Schimmelpilzsporen zum Tod der Zuchtfalken im Betrieb der Klägerin geführt haben. Dies gilt gleichermaßen für etwaige nachbarrechtliche Ausgleichsansprüche nach §§ 906 Abs. 2, 1004 BGB. Im Rahmen der Kausalität reicht dabei grundsätzlich Mitverursachung aus. Es würde also genügen, wenn festgestellt werden könnte, dass neben anderen Krankheitsursachen oder Einflüssen jedenfalls auch die vom Betrieb der Beklagten emittierten Pilzsporen zum Tod aller mit der Klage geltend gemachter oder wenigstens einiger bestimmbarer oder auch nur eines einzigen Falken beigetragen hätten. Diesen der Klägerin obliegenden Beweis vermochte die Klägerin jedoch nicht zu führen.

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Denn die Klägerin, die mit der Klage Schadensersatz begehrt, ist für die Kausalität als Anspruchsvoraussetzung für den Schadensersatzanspruch beweispflichtig. Sie hat insbesondere zunächst zu beweisen, dass ein Verhalten des Schädigers (hier: jedenfalls die unstreitig den Pilzbetrieb führende Beklagte zu 4) zu der Rechtsgutverletzung (hier: Tod der im Eigentum der Klägerin stehenden Zuchtfalken) geführt hat. Im Rahmen dieser haftungsbegründenden Kausalität kann der Beweis zugunsten der beweisbelasteten Partei (hier: Klägerin) gem. § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO nur als geführt angesehen werden, wenn sich das Gericht eine subjektive Überzeugung von der Wahrheit der Behauptung (hier: der Kausalität der vom Betrieb der Beklagten emittierten Pilzsporen für den Tod der Falken) in einem Maße bilden kann, das verbleibenden Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGHZ 53, 245 (256); Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 286 Rdnr. 19, 20). Diese im Rahmen des § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO generell erforderliche Beweisstärke im Sinne einer "persönlichen Gewissheit" bedeutet zwar einerseits, dass dann, wenn ein Gutachter sich nur auf Wahrscheinlichkeitsgrade festlegt, der Richter nicht gehindert ist, sich gleichwohl eine persönliche Überzeugung von der Wahrheit zu bilden (BGH NJW 94, 801; Zöller/Greger aaO.). Andererseits ist aber auch zu verlangen, dass das Beweismaß der Wahrheitsüberzeugung nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO generelle Geltung hat, so dass im Rahmen der haftungsbegründenden Kausalität für die Annahme, dass der Ursachenzusammenhang bewiesen sei, es nicht genügt, wenn sich der Richter nur von einer auch noch so hohen bloßen Wahrscheinlichkeit überzeugen kann (Zöller/Greger aaO. § 286 Rdnr. 18 m. w. N.). Die Vorschrift des § 287 Abs. 1 ZPO ist demgegenüber nicht für die Frage des Haftungsgrundes, sondern des Haftungsumfangs anwendbar und ändert nichts an den vorstehend dargelegten Anforderungen an die erforderliche Beweisstärke im Rahmen der festzustellenden haftungsbegründenden Kausalität.

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Gemessen an diesen Grundsätzen hat die Klägerin den ihr obliegenden Beweis einer haftungsbegründenden Kausalität nicht zu führen vermocht. Denn die Sachverständige Prof. Dr. K.-J. ist bei dem, was sie bereits anlässlich ihrer sachverständigen Tätigkeit in erster Instanz ausgeführt hat, auch nach Kenntnisnahme des Berufungsvorbringens der Klägerin verblieben. Sie hat auch nach Auswertung des ergänzenden Berufungsvortrags der Klägerin keine Kausalität von vom Pilzzuchtbetrieb der Beklagten stammenden Pilzsporen für den Tod von Tieren aus der Falkenzucht der Klägerin sicher bejahen können. Auch der Senat vermag sich aus den nachfolgenden Gründen mit der Sachverständigen Prof. Dr. K.-J. mehr als die Gewissheit einer möglicherweise hohen, im vorliegenden Fall aber nicht ausreichenden Wahrscheinlichkeit dahingehend, dass tatsächlich Falken an vom Pilzzuchtbetrieb stammenden Sporen verendet sind, aus den nachfolgenden Gründen nicht zu bilden:

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a) Der Senat hat gem. Ziffer 2 seines Beweisbeschlusses vom 4. April 2011 eine ergänzende sachverständige Stellungnahme der Gutachterin Prof. Dr. K.-J. in erster Linie deshalb eingeholt, um festzustellen, ob sich in Anbetracht des neuen Vortrags der Klägerin in der Berufungsbegründung (Seite 16 ff., 21 ff.) aus veterinärmedizinischer sachverständiger Sicht etwas am bisherigen Befund ändert. Das hat die Sachverständige in ihrem Gutachten vom 22. Dezember 2011 mit der Begründung verneint, dass aufgrund des von ihr angenommenen multifaktoriell beeinflussten Krankheitsgeschehens ohnehin keine Prozentzahl genannt werden könne, in welcher Höhe Emissionen aus der Pilzfarm am Verenden einzelner streitgegenständlicher Vögel beteiligt gewesen seien. Ist die Annahme der "Multikausalität" der Aspergillose zutreffend, bedarf es mithin auch keiner Vertiefung der regional für die Betriebe der Klägerin und der Beklagten zu 3 bzw. 4 herrschenden Windverhältnisse mehr, weil sie auch unter Zugrundelegung der Darstellung der Klägerin als richtig auf das Ergebnis keinen Einfluss haben.

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b) Dabei, dass entsprechend ihren schriftlichen Gutachten erster und zweiter Instanz eine Monokausalität auch bei Überwiegen eines Belastungsfaktors nicht entstehen kann, ist die Sachverständige Prof. Dr. K.-J. auch gegenüber den ausführlichen im Schriftsatz der Klägerin vom 1. März 2012 niedergelegten Fragen im Rahmen ihrer mündlichen Erläuterungen im Senatstermin vom 31. Mai 2012 verblieben. Sie hat insbesondere ausgeführt, im vorliegenden Fall selbst 48 Falken aus den Jahren 2004 und 2005 untersucht zu haben. Von diesen 48 von ihr sezierten Kadavern hätten bis auf zwei alle Aspergillose gehabt. Würde man nur dieses Untersuchungsergebnis zugrunde legen, könne man zwar von einer Monokausalität sprechen. Das würde aber nicht berücksichtigen, dass es die aktenkundigen zahlreichen weiteren Untersuchungen anderer Falken durch verschiedenste Tierärzte gebe, die eine Mehrzahl anderer Erkrankungen wie etwa Amyloidose, Gicht, Blindheit usw. festgestellt hätten. Dass diese Erkrankungen etwa nur dadurch ausgelöst worden seien, dass die entsprechenden Tiere mit Aspergillose befallen oder überhaupt Pilzsporen ausgesetzt worden seien, sei wissenschaftlich nicht nachweisbar. Statistische Erhebungen sprächen eher für Zusammenhänge zwischen Amyloidose und anderen Erkrankungen als zwischen Aspergillose und Amyloidose. Für eine Multikausalität spreche im Übrigen vor allem der Belastungsfaktor der Zucht und Haltung in Gefangenschaft.

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Diese Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. K.-J. überzeugen den Senat. Dass in Gefangenschaft lebende Tiere - und zwar auch bei noch so optimalen äußeren Haltungsbedingungen, die auch die Sachverständige angenommen hat - nicht in ihrer Widerstandsfähigkeit gegenüber Krankheitseinflüssen gleich einem wild und in Freiheit und in der seiner Art entsprechenden Heimat lebenden Tier gleich zu erachten sein können, leuchtet jedenfalls ein. Das gilt auch für die weitere Annahme, dass Hybridzucht keine Inzucht ausschließe sowie den Risikofaktor "Wetter". Dass die Todesrate im hier nicht streitgegenständlichen Jahr 2003 ("Jahrhundertsommer") deutlich höher war als in 2004, ist unstreitig und auch aus der Anlage K 147 und dort abgebildeten Säulengrafik zu entnehmen. Hinzu kommt zwar nicht für die Liste der Tiere in der Anlage K 147, wohl aber für die in den Listen K 31 und K 200 Transportstress als weiterer Erkrankungs- und damit auch Sterblichkeitsfaktor.

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Wegen der mit der Sachverständigen Prof. Dr. K.-J. anzunehmenden Multikausalität bleibt es dabei, dass auch nicht durch Pilzsporenbefall ausgelöste Krankheiten im maßgebenden Zeitraum den Tod von Falken im Betrieb der Klägerin verursacht haben können. Solche Ursachen sind den Beklagten nicht zurechenbar, weil sie hieran gar nicht, auch nicht im Sinne einer Mitursache, beteiligt sind. Kann aber nicht festgestellt werden, welche Ursache zum Tod von Falken geführt hat, kann auf diesen Sachverhalt auch keine Haftung der Beklagten gegründet werden. Der Senat betont in diesem Zusammenhang ausdrücklich, dass er zwar mit der Sachverständigen Prof. Dr. K.-J. eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür als gegeben ansieht, dass tatsächlich auch Falken im Betrieb der Klägerin durch Pilzsporenbefall aus der Pilzzucht verendet sind. Der Senat kann aber zugunsten der Klägerin nicht mit der für eine Überzeugung erforderlichen Sicherheit feststellen, dass sich der vorhandene Gefährdungstatbestand konkret in auch nur einem der mit der Klage geltend gemachten Todesfälle realisiert hat.

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Denn zum einen ist wissenschaftlich nicht beweisbar, dass überhaupt ein konkreter Falke aufgrund von Pilzsporenbefall aus dem Betrieb der Pilzzucht stammend verendet ist. Zum anderen hat die Sachverständige Prof. Dr. K.-J. auch ausgeführt, dass ohnehin - auch ohne die Pilzfarm in der Nachbarschaft - immer Pilzsporen in der Luft sind und deshalb keine auch nur annähernd gesicherte Aussage dahin getroffen werden kann, in welchem Umfang die Pilzfarm zu den Aspergillosefällen beigetragen hat. Vielmehr besteht auch eine Wahrscheinlichkeit dafür, dass normale Umweltbelastung bei Jungfalken Aspergillose auslöst (Gutachten Prof. Dr. K.-J. vom 15. April 2010, S. 7). Dieser Inzidenzwert ist, wie die Sachverständige im Senatstermin nochmals bestätigt hat (Sitzungsprotokoll vom 31. Mai 2012, S. 5), mit maximal bis 10 % anzunehmen. Hiernach lagen die Erkrankungen/Todesfälle von Falken im Zuchtbetrieb der Klägerin aber für sämtliche klagegegenständlichen Zeiträume noch im Rahmen. Denn die Sachverständige konnte auch nicht feststellen, dass entsprechend der Behauptung der Klägerin in der Zeit vor 2000 die Inzidenzrate wesentlich geringer war. Die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen ließen diese Schlussfolgerung nach Auswertung durch die Sachverständige nicht hinreichend zu.

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Im Übrigen ist außerdem nicht feststellbar, welcher der anderen Belastungsfaktoren außer Pilzsporen (andere Erkrankungen, Gefangenschaft als solche, Transportstress usw.) in welchem Umfang welche Todesraten zur Folge hatten. Da für jeden einzelnen hier streitgegenständlichen toten Falken außer Pilzsporen aus dem benachbarten Betrieb der Pilzzucht auch andere von der Pilzzucht unabhängigen Todesursachen in Frage kommen, kann der Senat auch trotz der tatsächlich sicherlich bestehenden hohen Wahrscheinlichkeit, dass einige davon eben doch an Pilzsporen aus dem Pilzzuchtbetrieb verendet sind, sich hiervon nicht die nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO im Rahmen der haftungsbegründenden Kausalität notwendige Überzeugung zugunsten der Klägerin bilden.

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c) Beweiserleichterungen kommen der Klägerin nicht zugute.

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Die Regelungen über den Anscheinsbeweis gelten nur für typische Geschehens-abläufe, bei denen ein Sachverhalt vorliegt, der nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder einen bestimmten Geschehensablauf hinweist. Diese Grundsätze greifen zugunsten der Klägerin nicht ein, weil außer vom Falkenzuchtbetrieb stammende Pilzsporen auch normal immer in der Luft befindliche Pilzsporen sowie andere Krankheitsursachen als Pilzsporen nicht auszuschließen sind. Deshalb kann der von der Klägerin zu führende Beweis einer haftungsbegründenden Kausalität auch nicht etwa unter dem Gesichtspunkt als geführt angesehen werden, dass die Klägerin zwar nicht direkt bewiesen habe, dass von der Pilzfarm herkommende Sporen das Verenden von Falken verursacht hätten, dies aber deshalb angenommen werden müsse, weil alle anderen in Betracht kommenden Ursachen ausgeschlossen werden könnten (vgl. hierzu BGH NJW 1999, 2896 [BGH 11.06.1999 - V ZR 377/98]; OLG Hamm, Urteil v. 25. Juni 2002 - 34 U 6/97, Juris Rdnr. 39). Vielmehr steht nach den Ausführungen der Sachverständigen fest, dass schon durch die normale Sporenbelastung der Luft ein nicht unerheblicher Anteil von Falken an Aspergillose erkrankt.

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Schließlich kann zugunsten der Klägerin auch keine Beweislastumkehr eingreifen. Denn es ist auf der Grundlage der eingeholten gerichtlichen Sachverständigengutachten auch nicht festzustellen, dass bei dem Betrieb der Pilzzucht festgelegte oder anerkannte Immissionsgrenzwerte, auch nicht Grenzwerte der KBE/m3 überschritten wurden. Eine Beweislastumkehr lässt sich im vorliegenden Fall auch nicht mit der Erwägung rechtfertigen, dass, wie etwa bei spezifischen Pflichtverletzungen im Bereich der Produkthaftung oder auch des Umweltschutzes teilweise auch in der Rechtsprechung angenommen (vgl. dazu MünchKommZPO/Prütting, 3. Aufl., § 286 Rdnr. 47), der Geschädigte nicht mit weiteren Beweisanforderungen belastet werden dürfe, wenn feststehe, dass die schadensauslösende Pflichtverletzung jedenfalls aus der Risikosphäre des Schädiger stamme. Denn es steht vorliegend auch nicht fest, dass und in welchem Umfang überhaupt Pilzsporen aus dem Betrieb der oder des Beklagten in den Falkenzuchtbetrieb gelangt und dies auf Pflichtverletzungen der Beklagten beruhte.

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d) Zu dem gleichen Ergebnis käme man im Übrigen auch dann, wenn man entgegen den einleitend dargestellten rechtlichen Grundlagen die Frage der (haftungsbegründenden) Kausalität nicht nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO, sondern nach § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO beurteilen könnte. Denn auch für eine Schadensschätzung nach dieser Vorschrift, also im Rahmen der etwa noch zu prüfenden Frage nach der Höhe und dem Umfang des Schadens, benötigt der Richter als Ausgangssituation greifbare Tatsachen, die die Klägerin als Geschädigte im Einzelnen darlegen und zu beweisen hat. Eine völlig abstrakte Berechnung des Schadens, auch in Form der Schätzung eines "Mindestschadens" lässt § 287 ZPO grundsätzlich auch nicht zu (so erst kürzlich BGH, Urteil vom 8. Mai 2012 - VI ZR 37/11 unter Hinweis auf BGH in VersR 2004, 874, 875 [BGH 16.03.2004 - VI ZR 138/03] m. w. N.). Auch eine solche Schätzungsgrundlage stünde dem Senat aus den bereits dargelegten Gründen nicht zur Verfügung, weil der Senat weder prozentual noch in einer sonstigen Weise eine Tatsachengrundlage dafür hätte anzunehmen, dass eine bestimmte Anzahl oder ein bestimmter Prozentsatz von den mit der Klage geltend gemachten Zuchtfalken durch Pilzsporen aus dem Betrieb der Beklagten zu 4 zu Tode gekommen ist. Das würde auch dann gelten, wenn man die sogenannte Inzidenzrate mit 10 % als Maximalwert zugrunde legt, da dieser Wert im Betrieb der Klägerin nicht überschritten ist.

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2. Die Berufung musste deshalb zurückgewiesen werden, weil die Klägerin den von ihr zu erbringenden Beweis, dass der von ihr mit der Klage geltend gemachte Schaden auch nur teilweise auf vom benachbarten Pilzzuchtbetrieb stammende Schimmelpilzsporen zurückzuführen ist, nicht zu führen vermochte. Der Senat sieht auch keine Möglichkeit, diese Frage durch Einholung eines anderen bzw. weiteren Sachverständigengutachtens noch aufklären zu können. Die Beauftragung eines Toxikologen verspricht keinen Erkenntniswert, weil eine solche (aufwendige) Untersuchung zwar tatsächlich möglich wäre, aber derzeit wissenschaftlich nicht bekannt ist, welche Toxine sich durch Pilzsporenbefall bilden und wie sie wirken und weil außerdem auch unbekannt ist, inwieweit sie sich im Kadaver abbauen. Die Beauftragung eines Epidemiologen verspricht keinen weiteren Erkenntniswert, weil als vorhandenes Datenmaterial nur die Anlage K 147 (Vögel in H. ohne Transport) zur Verfügung stünde, die als Datenmaterial für eine aussagefähige Berechnung aber nicht ausreicht. Der Senat folgt auch insoweit den Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. K.-J. im Senatstermin, und zwar auch in ihrer weiteren Beurteilung, dass die Einschaltung eines Immunologen nicht erfolgversprechend ist, weil wegen der unterschiedlichen Immunsysteme zwischen Mensch und Tier ohnehin nur die Einschaltung eines Vogelimmunologen in Betracht käme. Selbst wenn dieser Immunologe zu dem Schluss käme, dass alle mit Pilzsporen befallenen Falken hieran sterben, könnte nicht festgestellt werden, dass es sich im Einzelfall um aus der benachbarten Pilzzucht stammende Sporen handelt und im konkreten Fall nicht (und zwar ausschließlich) aus anderen Krankheiten Todesfälle stammen.

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Der Senat hat auch keinen Anlass gesehen, das Gutachten eines weiteren Veterinärmediziners einzuholen. Die Voraussetzungen des § 412 Abs. 1 ZPO liegen nicht vor. Das Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. K.-J. kann nicht im Sinne dieser Vorschrift als ungenügend erachtet werden. Auf die vorstehenden Ausführungen wird verwiesen. Es ist weder für die Klägerin dargetan noch sonst ersichtlich, dass ein anderer Sachverständiger über überlegene Forschungsmittel oder Erfahrungen verfügt, die seine Beauftragung erfordern (vgl. dazu Zöller/Greger aaO., § 412 Rdnr. 2).

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3. Die Berufung der Klägerin war hiernach zurückzuweisen. Die Klage ist schon unbegründet, weil die Klägerin nicht bewiesen hat und auch nicht beweisen kann, dass trotz einer von der benachbarten Pilzzucht ausgehenden Gefährdung auch nur ein einziger Todesfall wirklich auf von dem Pilzzuchtbetrieb ausgehende Schimmelpilzsporen zurückzuführen ist. Ob und in welchem Umfang hierbei die Beklagten als Nachbarn überhaupt verpflichtet sind, Schimmelpilzemissionen zur Vermeidung der Beeinträchtigung selbst empfindlicher Tiere zu vermeiden (vgl. dazu auch die Ausführungen im Urteil des Landgerichts erster Instanz auf Seite 9 ff. zu Ziffer III. 1.) kann unentschieden bleiben. Entscheidungsunerheblich ist auch wegen schon nicht bewiesener haftungsbegründender Kausalität die weitere Frage, ob die Haftung der Beklagten zu 1 und 2 und auch der Beklagten zu 3 noch außerdem aus den vom Landgericht (LGU Seite 7 - 9 zu Ziffer I. und II.) genannten Gründen entfällt.

31

III. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

32

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache gem. § 543 Abs. 2 ZPO weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Es handelt sich vielmehr um eine Einzelfallentscheidung.