Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 12.07.2012, Az.: 8 U 61/12
Verkehrssicherungspflicht der Gemeinde für einen ausgewiesenen Rundweg für Radfahrer und Wanderer
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 12.07.2012
- Aktenzeichen
- 8 U 61/12
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2012, 20986
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2012:0712.8U61.12.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 19.01.2012
Rechtsgrundlage
- § 823 BGB
Fundstellen
- FStBW 2012, 1023-1025
- FStHe 2013, 118-119
- FStNds 2013, 137-139
- GV/RP 2013, 96-98
- NJW 2013, 6
- NJW-RR 2013, 84-86
- NVwZ-RR 2013, 9-11
- NZV 2013, 6
- NZV 2013, 129-131
- RdW 2012, 595-597
Amtlicher Leitsatz
Die Verkehrssicherungspflicht einer Gemeinde für einen von ihr ausgewiesenen und beworbenen "Rundweg für Wanderer und Radfahrer" durch Feld und Flur ist in Bezug auf eingetretenen Astbruch eines an den Weg angrenzenden Baumes im Vergleich zur Kontrollpflicht von Straßenbäumen eingeschränkt und kann im Einzelfall durch einmal jährliche Kontrolle zur Winterzeit hinreichend erfüllt werden.
Tenor:
1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 19. Januar 2012 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
2. Dieses Urteil und das am 19. Januar 2012 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hannover sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
4. Der Wert des Berufungsverfahrens beträgt bis zu 4.000,00 Euro.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schmerzensgeld und Ersatz von Heil- und Behandlungskosten wegen der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht.
Die Klägerin befuhr am 8. Oktober 2010 mit ihrem Fahrrad einen Weg in der Feldmark X., welcher von der Beklagten unterhalten wird und sich auf ihrem Gemeindegebiet befindet, als ein ca. 15 cm starker und 8 m langer belaubter Ast von einem am Wegrand stehenden Baum abbrach, auf das Fahrrad der Klägerin stürzte und diese sich verletzte.
Die Klägerin erlitt ein Oberschenkelkompartment rechts und wurde noch am 8. Oktober 2010 operativ behandelt. Sie verblieb bis 16. Oktober 2010 stationär im Krankenhaus. Eine weitere Physiotherapie schloss sich an, um die Beweglichkeit von Knie und Hüfte wiederherzustellen. Aufgrund der erlittenen Schmerzen macht die Klägerin ein Schmerzensgeld von mindestens 3.000,00 € geltend und verlangt Ersatz der ihr infolge der Behandlung entstandenen Kosten in Höhe von insgesamt 406,59 € (Anlagen K 8 bis 15, Bl. 23 bis 32 d. A.). Für die vorgerichtliche Beauftragung ihres Anwaltes entstanden Kosten in Höhe von 359,50€.
Die Klägerin hat behauptet, der von ihr befahrene Weg sei als Radweg gewidmet und gehöre zu einem Naherholungsgebiet, welches im Jahr 2000 anlässlich der Weltausstellung von der Beklagten erschlossen und angelegt worden sei. Die Beklagte sei ihrer Verkehrssicherungspflicht nicht nachgekommen und habe die am Wegrand befindliche Baumgruppe verwildern lassen und nur im unteren Bereich gepflegt, während Totäste aus dem oberen Bereich der Baumkronen nicht entfernt worden seien. Bei dem Ast, welcher sie verletzt habe, habe es sich um einen Totast gehandelt, welcher hätte entfernt werden müssen.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 406,59 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 26.11.2010 zu bezahlen,
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für den Schadensfall vom 28.10.2010 ein ausdrücklich in das Ermessen des Gerichtes gestelltes, angemessenes Schmerzensgeld zu bezahlen,
3. die Beklagte weiter zu verurteilen, an die Klägerin außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 359,50 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz der EZB ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, der Weg diene in erster Linie der Erschließung des angrenzenden Waldes und der umliegenden Felder. Er sei nicht für Fußgänger- und Fahrradverkehr gewidmet. Diese Nutzung werde lediglich geduldet, da es sich um einen "tatsächlich öffentlichen Weg" im Sinne des § 25 Abs. 1 Niedersächsisches Waldgesetz (NWaldLG) handele. Totholz müsse im Wald verbleiben, um den dort lebenden Tieren einen ausreichend geschützten Raum zu geben. Außerdem gehöre der Weg auch zu einem Wildschutzgebiet, weshalb mit Totholz zu rechnen gewesen sei. Wer einen solchen Weg betrete, handele auf eigene Gefahr; für natur- und waldtypische Gefahren werde nicht gehaftet. Im Übrigen handele es sich bei dem Ast, welcher die Klägerin verletzt habe, nicht um Totholz, sondern um einen belaubten Ast. Dieser sei aufgrund eines Sturmschadens von dem Baum abgebrochen und herabgestürzt. Auch wenn unklar sei, ob an dem Unfalltag Sturm geherrscht habe oder der Ast bereits kurz vorher abgebrochen gewesen sei, sei er noch von anderen Ästen gehalten worden. Selbst wenn die Beklagte eine Verkehrssicherungspflicht verletzt hätte, sei dies nicht schadensursächlich geworden.
Mit dem angefochtenen Urteil, auf welches wegen der weiteren Darstellung zum Sach- und Streitstand Bezug genommen wird (Bl. 165 ff. d. A.), hat das Landgericht die Klage abgewiesen, weil das Unfallereignis nicht ursächlich auf die Verletzung einer der Beklagten obliegenden Verkehrssicherungspflicht zurückzuführen sei. Dabei könne sich die Beklagte nicht auf die Regelungen des NWaldLG berufen, weil bereits fraglich sei, inwieweit es sich um einen Waldbereich und nicht nur um eine einzelne Baumreihe handele. Letztlich blieben "normale" Verkehrssicherungspflichten weiter bestehen, wobei der von der Klägerin benutzte Weg ungeachtet seiner Widmung durch entsprechende Hinweisschilder als Fahrradweg ausgewiesen ist und entsprechend genutzt wird. Es fehle jedoch an der unfallursächlichen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten durch die Beklagte, denn es handele sich bei dem die Verletzungen auslösenden Ast um einen belaubten Ast. Selbst wenn man, wie bei Straßenbäumen üblich, verlangen würde, dass die Beklagte die Bäume zweimal im Jahr, nämlich einmal im belaubten und einmal im unbelaubten Zustand, auf Totholz hin überprüfen würde und dieses zumindest unmittelbar am Weg entfernen würde, wäre der unfallursächliche Ast nicht aufgefallen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit welcher sie ihr erstinstanzliches Klageziel weiterverfolgt. Die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch die Beklagte sei für den der Klägerin entstandenen Schaden ursächlich gewesen. Bereits erstinstanzlich habe sie vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass die Beklagte wesentliche auf eine Gefahr hindeutende Anzeichen nicht beachtet habe. In der Baumgruppe hätte sich unmittelbar nach dem Vorfall eine Vielzahl von Totästen befunden, wozu die Klägerin auf einen Bildbericht der Dipl.-Ing. agr. A. T. ... (Anlage K 17, Bl. 119 - 163 d. A.) Bezug nimmt und Beweis durch Einholung eines entsprechenden Sachverständigengutachtens angeboten hat.
Die Klägerin beantragt,
das am 19.01.2012 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hannover - 3 O 185/11 - zu ändern und nach den erstinstanzlichen Schlussanträgen der Klägerin zu entscheiden (Bl. 192 d. A.).
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Vorbringen der Klägerin weiterhin für unschlüssig, weil sie selbst vortrage, von einem belaubten Ast getroffen worden zu sein. Dieser habe nicht im Rahmen der regelmäßigen Baumkontrollen als gefährlich erkannt werden können und müssen.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld nach§§ 839, 254 BGB i. V. m. Art. 34 Satz 1 GG gegen die Beklagte zu, weil die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht in diesem Fall nicht nachgewiesen ist und eine solche nicht feststellbar ursächlich für den Unfall und den Schaden der Klägerin geworden ist.
A) Die Beklagte ist grundsätzlich verkehrssicherungspflichtig für auf ihrem Gemeindegebiet befindliche Radwege und damit für die Überwachung der Verkehrssicherheit zuständig. Die Verkehrssicherungspflicht erstreckt sich auch auf den Schutz vor Gefahren durch Bäume an Straßen und Wegen, weshalb ihre Verletzung dem Grunde nach geeignet ist, Haftungsansprüche zu begründen (vgl. BGH, NJW 2004, 1381 [BGH 04.03.2004 - III ZR 225/03], [BGH 04.03.2004 - III ZR 225/03] zitiert nach juris, Rdnr. 4, für Amtshaftungsansprüche von Straßenbäumen). Es ist jedoch zweifelhaft, ob die Beklagte in Bezug auf den Unfallort eine solche Pflicht verletzt hat.
1. Die verkehrssicherungspflichtige Beklagte muss grundsätzlich Bäume oder Teile von ihnen entfernen, wenn sie den Verkehr gefährden, insbesondere wenn sie nicht mehr standsicher sind oder herabzustürzen drohen. Zwar stellt jeder Baum an einer Straße oder auch - wie hier - einem Rad- und Fußweg eine mögliche Gefahrenquelle dar, wenn durch Naturereignisse sogar gesunde Bäume entwurzelt oder geknickt oder Teile von ihnen abgebrochen werden können. Andererseits ist die Erkrankung oder Vermorschung eines Baumes von außen nicht immer erkennbar; trotz starken Holzzerfalls können die Baumkronen oder Äste noch völlig grün sein und äußere Krankheitszeichen fehlen. Ein verhältnismäßig schmaler Streifen unbeschädigten Kambiums genügt, um eine Baumkrone rundum grün zu halten. Das rechtfertigt aber nicht die Entfernung aller Bäume aus der Nähe von Straßen und Wegen; denn der Verkehr muss gewisse Gefahren, die nicht durch menschliches Handeln entstehen, sondern auf Gegebenheiten oder Gewalten der Natur beruhen, als unvermeidbar hinnehmen. Eine schuldhafte Verletzung der Verkehrssicherungspflicht liegt in solchen Fällen nur dann vor, wenn Anzeichen verkannt oder übersehen worden sind, die nach der Erfahrung auf eine weitere Gefahr durch den Baum hinweisen (insgesamt siehe BGH, NJW 2004, 1381 [BGH 04.03.2004 - III ZR 225/03], zitiert nach juris, Rdnr. 5). Wie bereits das Landgericht angeführt hat, dienen Verkehrssicherungspflichten nicht dazu, einzelne Verkehrsteilnehmer vor dem allgemeinen Lebensrisiko zu schützen und dessen Folgen auf den Sicherungspflichtigen abzuwälzen (OLG Koblenz, OLGR 1998, 404, 405).
2. Aus diesen Grundsätzen hat die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte vielfach die Folgerung gezogen, dass eine sorgfältige äußere Gesundheits- und Zustandsprüfung regelmäßig zweimal im Jahr erforderlich ist, nämlich einmal im belaubten und einmal im unbelaubten Zustand (BGH, aaO., Rdnr. 6, unter Verweis auf OLG Düsseldorf, VersR 1992, 467, und 1997, 463 f.; OLG Hamm, NJW-RR 2003, 968; OLG Brandenburg, OLGR 2002, 411). Allerdings richtet sich der Umfang der Verkehrssicherungspflicht für Straßen und Wege danach, für welche Art von Verkehr ein Weg nach seinem äußeren Bild unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse und der allgemeinen Verkehrsauffassung gewidmet ist (BGH, VersR 1989, 847, 848[BGH 15.12.1988 - III ZR 112/87]). Bei Waldwegen ist über den Umfang der Verkehrssicherungspflichten nach dem konkreten Einzelfall zu entscheiden. Die Behörden müssen mit Rücksicht auf die vielfältigen Aufgaben der öffentlichen Hand nur diejenigen Maßnahmen ergreifen, die objektiv erforderlich und nach objektiven Maßstäben zumutbar sind.
a) Dabei ist die Gestaltung als Rad- und Wanderweg zu berücksichtigen. Es kommt nicht auf eine förmliche "Widmung" als Radweg durch die Gemeinde an, sondern auf das äußerlich erkennbare Bild, zu dessen Nutzung der Weg bestimmt ist und der sichtbare Ausbauzustand. Hieran orientiert sich der Nutzer, der der angebrachten Beschilderung folgt, und stellt sich darauf ein. Der Weg ist als Radweg beschildert (Lichtbild Bl. 17 d. A.) und auch als Wanderweg ausgewiesen und als solcher beworben (Lichtbilder Bl. 162, 163 d. A.). Begibt man sich auf die Internet-Seite der Beklagten (www.x.de), findet man unter der Rubrik "Kultur + Freizeit" und dem Unterpunkt "Wanderwege" ein doppelseitiges PDF-Dokument, unter welchem unter der Überschrift "...wanderbares ... Land" auch das hier betroffene Wegestück als Bestandteil des "L.-Weg" (siehe auch Lichtbild Bl. 162 d. A.) beworben wird. Die Beklagte lädt also zur Nutzung dieses ausgewiesenen Rad- und Wanderweges im Rahmen der Naherholung für Anwohner und Besucher ein. Andererseits ist der Beklagten zuzugestehen, dass die Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht für den innerstädtischen Bereich und häufiger frequentierte Verkehrswege (Bl. 108 d. A.) höher anzusetzen sind. Der hier bestehende Rad- und Wanderweg ist auch nicht mit dem Ge- und Verbotszeichen Nr. 240 bzw. 241 oder 237 für Sonderwege (Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO, Abschnitt 5.) gekennzeichnet. Er ist nicht gepflastert und auch hinsichtlich seiner tatsächlichen Nutzung ist nicht ersichtlich, dass er mit einem parallel zu einer Landstraße verlaufenden Rad- und Fußweg zu vergleichen ist.
b) Hier hatte die Klägerin einen durch entsprechende Beschilderung ausgewiesenen Rad- und Wanderweg (§ 25 Abs. 1 NWaldLG) benutzt der naturnah ohne Pflasterung zwischen Wiesen und Feldern verlief. Selbst, wenn die auf den Lichtbildern erkennbaren Bäume noch keinen Wald mit einem Naturhaushalt mit eigenem Binnenklima darstellen (§ 2 Abs. 3 NWaldLG), sondern nur eine einzelne Baumreihe (§ 2 Abs. 7 Nr. 1 NWaldLG), war die naturnahe Gestaltung des Weges und der Umgebung auch an der Sicherung der Lebensräume wildlebender Tiere, Pflanzen und sonstiger Organismen im Wald orientiert (vgl. § 11 Abs. 2 Nr. 3 NWaldLG).
c) Aus den von der Beklagten vorgelegten Arbeitsnachweisen (B 3, Bl. 82 ff. d. A.) ist ersichtlich, dass sie die fraglichen Bäume regelmäßig einmal im Jahr im Dezember bzw. Januar besichtigen und Baumschnitt- und Fällarbeiten durch Mitarbeiter durchführen lässt. Dies war im Januar 2009 (Bl. 82 - 92), dann wieder im Januar 2010 (Bl. 93 - 96 d. A.) und wiederum im Dezember 2010 (Bl. 98 - 101 d. A.) geschehen, jetztmalig also fast zehn Monate vor dem Unfall der Klägerin (08. Oktober 2010) am 25. und 26. Januar 2010. Handelt es sich also um einen Weg, für den die Beklagte einerseits verkehrssicherungspflichtig ist, der andererseits aber nicht die Verkehrsbedeutung eines nach StVO ausgewiesenen Rad- und Fußweges hat, hat die Beklagte damit den zu stellenden Anforderungen noch genügt.
B) Letztlich scheitert eine Haftung der Beklagten aber an der fehlenden Kausalität einer möglichen Pflichtverletzung der Beklagten für den Unfall der Klägerin.
1. Darlegungs- und beweispflichtig ist insoweit die Anspruchstellerin. Ihr obliegt auch der Nachweis, dass bei der zumutbaren Überwachung der Bäume eine Schädigung entdeckt worden wäre (BGH, NJW 2004, 1381 [BGH 04.03.2004 - III ZR 225/03], [BGH 04.03.2004 - III ZR 225/03] zitiert nach juris, Rdnr. 9; OLG Oldenburg, VersR 1977, 845, 846).
Wurden die Bäume nicht kontrolliert, so ist dies für das Schadensereignis nur dann kausal, wenn eine regelmäßige Besichtigung zur Entdeckung der Gefahren bzw. der Schädigung des Baumes geführt hätte (BGH, aaO., m. w. N.). Nach ständiger Rechtsprechung hat der durch eine Amtspflichtverletzung Geschädigte grundsätzlich auch den Beweis zu führen, dass ihm hierdurch ein Schaden entstanden ist. Nur, wenn die Amtspflichtverletzung und der zeitlich nachfolgende Schaden feststehen, so kann der Geschädigte der öffentlichen Körperschaft den Nachweis überlassen, dass der Schaden nicht auf die Amtspflichtverletzung zurückzuführen ist. Dies gilt jedoch nur, wenn nach der Lebenserfahrung eine tatsächliche Vermutung oder eine tatsächliche Wahrscheinlichkeit für den ursächlichen Zusammenhang besteht; anderenfalls verbleibt die Beweislast beim Geschädigten (BGH, aaO., Rdnr. 10). Eine solch überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht hier nicht.
2. Werden Ersatzansprüche wegen Schäden durch Astbruch bei einem Straßenbaum geltend gemacht und steht fest, dass der Verkehrssicherungspflichtige seine Kontrollpflichten hinsichtlich des Baumes verletzt hat, hat weiterhin der Geschädigte zu beweisen, dass sich bei der gebotenen Kontrolldichte Hinweise auf die Gefahr eines Astabbruches ergeben hätten, die dem Verkehrssicherungspflichtigen Anlass zum Handeln hätten geben müssen (OLGR Celle 2003, 399, zitiert nach juris). Beweiserleichterungen kommen dem Geschädigten dabei nicht zugute. Es streitet nicht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass bei einer häufigeren und intensiveren Kontrolle des Baumes der streitgegenständliche Unfall hätte vermieden werden können.
Dies würde einen typischen Geschehensablauf voraussetzen. Das Abbrechen eines Astes wie auch das Umstürzen eines Baumes kann aber vielfältige Ursachen haben. Es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz, wonach ein Ast oder Baum, bevor er abbricht, bei einer normalen Sichtkontrolle und schon gar nicht mehrere Monate zuvor, Krankheitssymptome aufweisen muss (OLG Celle, aaO.). Gerade darin unterscheidet sich die Situation bei einem Baumschaden zu anders gelagerten Verkehrssicherungspflichtverletzungen (z. B. OLG Celle, Urteil vom 13.11.2002, 9 U 121/01, für den Fall einer fehlenden Kanalabdeckung) und steht auch nicht im Widerspruch zu den vom Bundesgerichtshof hierzu aufgestellten Regeln (vgl. BGH, VersR 2004, 877 f., zitiert nach juris).
a) Zu Recht legt das Landgericht insoweit zugrunde, dass die Klägerin selbst vorträgt, dass es sich um einen voll belaubten Ast handelte (Protokoll vom 1. Dezember 2011, Bl. 113 d. A.), welchen sie auf dem Lichtbild Bl. 16 d. A. wiedererkannte. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob am Vorfallstage Sturm geherrscht hat oder der Ast kurze Zeit zuvor abgebrochen war, weil damit eine Erkennbarkeit bestenfalls unmittelbar vor dem Unfall gegeben gewesen wäre, nicht jedoch im Rahmen zumutbarer oder erforderlicher Baumkontrollen. Bei diesen wären Sichtkontrollen vom Boden aus ausreichend gewesen. Eine Verpflichtung zur Kontrolle jeden Baumes mittels eines Hubsteigers in der Krone kann zumutbar nicht verlangt werden. Solche Maßnahmen können angezeigt sein, wenn die Sichtkontrolle konkrete Anhaltspunkte für Schäden in der Krone des betreffenden Baumes ergibt, die es zu überprüfen gilt. Mangels konkret erkennbarer Schadhaftigkeit des betreffenden Astes besteht keine Kausalität.
b) Daran ändern auch die mit der Berufung nochmals angeführten Lichtbilder der von der Klägerin beauftragten Sachverständigen T.- ... (Bl. 119 ff. d. A.) und ein mutmaßlich leidlicher Pflegezustand der Baumgruppe mit einer Vielzahl von Totästen (Bl. 194 d. A.) nichts. Es geht nicht darum, ob ggf. andere Totäste erkannt und beseitigt worden wären, sondern ob bei einer zumutbaren Kontrolle vom Boden aus dieser, den Schaden auslösende Ast, erkannt, beseitigt und damit die Gefahr unterbunden worden wäre. Für den streitgegenständlichen Vorfall sind die Lichtbilder nicht aussagekräftig. Was Fotos von anderen Ästen der Bäume zu entnehmen wäre, ist insoweit nicht aussagekräftig (Bl. 117 d. A.). Aber selbst wenn dies den streitbefangenen Ast beträfe, ergäbe sich hieraus keine Aussage zur Erkennbarkeit im Rahmen einer Baumschau.
Die Fotodokumentation soll nach Angaben der Klägerin "kurz nach" dem Schadensereignis erstellt worden sein (Bl. 116 d. A.). Der Unfall der Klägerin ereignet sich am 8. Oktober 2010 und der herabgestürzte Ast war voll belaubt, wie auch ein weiter Teil der Bäume in der Umgebung (Lichtbild Bl. 16 d. A.). Zudem lag herbstliches Laub auf den Wegen. Zum Zeitpunkt, als die Lichtbilder der Sachverständigen (Bl. 119 - 163 d. A.) gefertigt wurden, herrschte scheinbar Frost, die Landschaft war vollständig mit Schnee bedeckt und die Bäume und Büsche waren vollständig entlaubt.
C) Auf die Schadenshöhe kommt es danach nicht mehr an. Auch die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten kann die Klägerin mangels Anspruchs in der Sache nicht verlangen.
D) Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Anlass, gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO die Revision zuzulassen, hat der Senat nicht.