Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 16.06.2015, Az.: 13 U 7/15

Höhe der Einspeisevergütung für Strom aus einer zwischen dem 31.03. und 01.07.2012 in Betrieb genommenen Fotovoltaikanlage

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
16.06.2015
Aktenzeichen
13 U 7/15
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2015, 20960
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2015:0616.13U7.15.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 11.12.2014

Fundstelle

  • REE 2015, 177-178

Amtlicher Leitsatz

Ein bloßer Grundlagenbeschluss des Gemeinderats erfüllt nicht die nach der Übergangsregelung des § 66 Abs. 18a EEG 2012 n.F. notwendigen Voraussetzungen an einen sog. Aufstellungsbeschluss im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 2 BauGB, der vor dem Stichtag 1. März 2012 gefasst sein musste, damit für Strom aus Anlagen zur Erzeugung solarer Strahlungsenergie, die nach dem 31. März 2012 und vor dem 1. Juli 2012 nach § 3 Nummer 5 EEG 2012 a.F. in Betrieb genommen worden sind, eine (höhere) Einspeisevergütung auf der Grundlage des EEG 2012 a. F. erlangt werden konnte.

Die genannte Übergangsregelung des § 66 Abs. 18a EEG 2012 n.F. enthält eine verfassungsrechtlich zulässige unechte Rückwirkung. Das schutzwürdige Vertrauen des (potentiellen) Anlagenbetreibers wird dadurch ausreichend gewahrt.

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 11. Dezember 2014 verkündete Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hannover wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Berufungswert: 6.854 €.

Gründe

I.

Die Berufung der Klägerin hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Des Weiteren kommt der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zu, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Eine mündliche Verhandlung gem. § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO hält der Senat ungeachtet der Ausführungen der Klägerin gemäß Schriftsatz vom 8. Juni 2015 weiterhin für nicht geboten. Insbesondere kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die Klägerin Gefahr läuft, mit der Photovoltaikanlage dauerhaft Verluste zu erzielen, die derzeit von ihren Gesellschaftern ausgeglichen werden, und deshalb nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie zukünftig wird Insolvenz anmelden müssen. Der Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des § 522 der Zivilprozessordnung vom 1. April 2011 (BT-Drs. 17/5334, Seite 7) ist nur zu entnehmen, dass über die eingelegte Berufung auch dann mündlich verhandelt werden soll, wenn das Rechtsmittel letztlich ohne Aussicht auf Erfolg bleibt, soweit dies aus anderen Gründen angebracht erscheint, insbesondere die Rechtsverfolgung für den Berufungsführer existentielle Bedeutung hat - wie dies z. B. in Arzthaftungssachen der Fall sein kann - oder wenn das Urteil erster Instanz zwar im Ergebnis richtig, aber unzutreffend begründet ist. In diesen Fällen kann (Hervorhebung durch den Senat) ein anerkennenswertes Bedürfnis bestehen, mündlich zu verhandeln, auch wenn das Rechtsmittel aussichtslos und eine Revision mangels Grundsatzbedeutung nicht zuzulassen ist (BT-Drs. 17/5334, Seite 7, 8). Vorliegend ist jedoch weder das eine noch das andere der Fall. Insbesondere reicht eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung nicht aus, um eine mündliche Verhandlung als geboten anzusehen (OLG Koblenz, Beschluss vom 16. Februar 2012 - 10 U 817/11, juris Rn. 28). Selbst wenn man jedoch annehmen wollte, der Insolvenz einer juristischen Person sei eine "existentielle" Bedeutung beizumessen, genügen die Ausführungen der Klägerin zum einen nicht, um eine bevorstehende Insolvenz zu belegen. Denn es ist weder über Liquiditätslage der Klägerin im Einzelnen etwas dargelegt noch sind ihre Einnahmen und Ausgaben oder ihre Bilanzen bekannt. Zum anderen ist ein der Klägerin positiver Nutzen einer mündlichen Verhandlung nicht erkennbar. Die Beklagte hat bereits deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie zu einer vergleichsweisen Lösung nicht bereit ist. Ihre Argumentation in der Sache hat die Klägerin in einer Vielzahl von Schriftsätzen zum Ausdruck gebracht. Der Sachverhalt ist nicht klärungsbedürftig, weshalb ein weiterer Erkenntnisgewinn unwahrscheinlich ist. Ein über eine erneute Wiederholung der ausgetauschten Standpunkte hinausgehender Nutzen ist von der mündlichen Verhandlung, die lediglich weitere der Klägerin nachteilige Gebühren auslösen würde, nicht zu erwarten.

II.

Wegen des Sachverhalts nimmt der Senat auf den Tatbestand und die sonstigen tatrichterlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils einschließlich der dort wiedergegebenen erstinstanzlichen Anträge sowie die Gründe zu I. des Senatsbeschlusses vom 4. Mai 2015, mit dem der Senat die Zurückweisung der Berufung durch Beschluss angekündigt hat, Bezug. Zu dem Hinweisbeschluss hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 8. Juni 2015 ergänzend Stellung genommen, worauf ebenfalls verwiesen wird.

III.

Die Berufung ist unbegründet. Der Senat hat mit dem vorstehend in Bezug genommenen Hinweisbeschluss - dort unter Ziff. II der Gründe - im Einzelnen erläutert, warum er der Berufung der Klägerin keine Erfolgsaussicht beimisst. Daran hält er auch in Ansehung der Ausführungen der Klägerin mit Schriftsatz vom 8. Juni 2015 fest. Nach erneuter Überprüfung der Sach- und Rechtslage stellt sich die Berufung der Klägerin weiterhin als offensichtlich aussichtslos dar.

Im Ergebnis versucht die Klägerin lediglich, ihre eigene - den Senat nicht überzeugende - Rechtsauffassung und Würdigung des Sachverhalts an die Stelle derjenigen des Senats zu setzen. Dies betrifft vor allem die Frage, ob der Gemeinderat am 23. Januar 2012 einen "Aufstellungsbeschluss" hat treffen wollen bzw. wie dieser bei objektiver Betrachtung auszulegen war. Mit diesen Aspekten hat sich der Senat bereits ausführlich in dem Hinweisbeschluss auseinander gesetzt. Dabei ist der Senat gerade nicht davon ausgegangen, dass es vor allem auf den subjektiven Entschluss der Gemeinde ankam, dem am 23. Januar 2012 gefassten Beschluss eine bestimmte Bedeutung zu verleihen oder nicht. Vielmehr hat er weder objektiv noch subjektiv überzeugende Anhaltspunkte dafür gefunden, dass der Beschluss als "Aufstellungsbeschluss" im Sinne einer formellen Einleitung des Planfeststellungsverfahrens aufzufassen war. Vielmehr spricht - wie schon ausgeführt - mehr dafür, dass der Beschluss vor allem dazu diente, die politische Bereitschaft, das Projekt der Klägerin zu tragen, zu dokumentieren, wofür auch die wortgleichen Beschlüsse des Ortsrats E. und des Umwelt- und Stadtentwicklungsausschusses sprechen.

Dem Umstand, dass in dem Beschluss vom 23. Januar 2012 unter Nr. 2 die Pflichten des Antragstellers (der Klägerin), die Kosten für den Bebauungsplan zu tragen sowie das zugehörige Verfahren und die Planung durchzuführen, aufgeführt sind, ohne dass es - anders als unter Nr. 1 u. Nr. 3, die den (künftigen) Aufstellungsbeschluss und den qualifizierten Bebauungsplan zum Gegenstand haben - durch die Formulierung "soll" einen weiteren Hinweis auf den Zukunftsbezug gab, vermag daran nichts zu ändern. Mit Blick auf die zeitnah erfolgte Beauftragung der Architektin S. V. mit der "Begründung zum Bebauungsplan" (Anlage BB 10) war eine vorab getroffene Regelung zu den Kosten sogar sinnvoll. Der von der Architektin V. erarbeitete Vorschlag ist seinerseits ohne weiteres mit dem grundsätzlichen Bemühen, die Angelegenheit zu beschleunigen, zu vereinbaren. Auf die von der Klägerin für vorzugswürdig gehaltene Auslegung des Beschlusses vom 23. Januar 2012 lässt all dies nicht zwingend rückschließen.

Anhaltspunkte dafür, dass der Gemeinderat im Vorgriff auf die Übergangsregelung gem. § 66 Abs. 18a EEG 2012 n. F. den Bestandsschutz der klägerischen Investition sichern wollte, gibt es ebenfalls nicht, zumal keine Hinweise darauf bestehen, dass sich die Gemeindevertreter der später Gesetz gewordenen Stichtagsregelung bewusst waren.

Soweit die Übergangsvorschrift des § 66 Abs. 18a EEG zum Schutz von Investitionen gezielt gerade auf den zeitlich früheren (förmlichen) Aufstellungsbeschluss und nicht erst auf den Satzungsbeschluss über den Bebauungsplan abstellen mag, impliziert dies nicht gleichzeitig, dass damit auch weitere - im Vorfeld der förmlichen Einleitung des Planfeststellungsverfahrens gefasste - Beschlüsse gleichermaßen erfasst sein sollten oder dies jedenfalls im Wege der ergänzenden Auslegung anzunehmen ist. Im Gegenteil ist der Regelung zu entnehmen, dass mit dem Erfordernis des Aufstellungsbeschlusses auf einen eindeutig abgrenzbaren Zeitpunkt zurückgegriffen werden sollte. Wollte man auch vorangehende Grundsatzbeschlüsse einbeziehen, würde dies zu einem Aufweichen der gesetzgeberischen Intention führen, die Wirkung der Übergangsregelung an klare Voraussetzungen zu knüpfen. Würde man auf bloße Absichtserklärungen abstellen, wäre überdies zweifelhaft, ob die gerade nicht gewünschten "Vorzieheffekte" in dem gebotenen Umfang hätten vermieden werden können, wenngleich nicht zu verkennen ist, dass die Klägerin, die ihrerseits schon Investitionen auf sich genommen hatte, von der Gesetzesänderung hart betroffen worden ist.

IV.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, §§ 711, 713 ZPO.