Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 22.06.2015, Az.: 7 W 31/15 (L)

Gerichtsgebühren in Hofesfeststellungsverfahren

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
22.06.2015
Aktenzeichen
7 W 31/15 (L)
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2015, 25574
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2015:0622.7W31.15L.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Winsen (Luhe) - 11.02.2015

Fundstellen

  • AUR 2015, 380-381
  • AuUR 2015, 380-381
  • FamRZ 2016, 737
  • ZEV 2015, 551

Amtlicher Leitsatz

Für Feststellungsverfahren der Hofeseigenschaft gemäß § 11 Abs. 1 lit. a HöfeVfO wird nach Nr. 15112 KV-GNotKG eine 0,5 Gebühr nach der Tabelle A erhoben.

Tenor:

I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 3 wird als unzulässig verworfen.

II. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Winsen (Luhe) vom 11.02.2015 aufgehoben und der Beschluss vom 23.03.2015 geändert.

1. Auf die Erinnerung wird der Kostenansatz in der Kostenrechnung des Amtsgericht Winsen (Luhe) vom 23. Februar 2015 wie folgt geändert:

Für das vorliegende Feststellungsverfahren der Hofeseigenschaft gemäß § 11 Abs. 1 lit. a HöfeVfO wird eine Gebühr in Höhe von 693,00 € nach Nr. 15112 KV-GNotKG (0,5 Gebühr nach der Tabelle A) erhoben.

2. Hinsichtlich des Geschäftswertes für das erstinstanzliche Verfahren bleibt es bei der Festsetzung auf 150.000,00 € gemäß dem ursprünglichen Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Winsen (Luhe) vom 01.12.2014.

Gründe

I.

Mit Beschluss vom 01.12.2014 hat das Landwirtschaftsgericht nach § 11 Abs. 1 lit. a HöfeVfO antragsgemäß - zwischen allen Beteiligten bestand insoweit Einigkeit - festgestellt, dass der im Grundbuch von T. Blatt ... eingetragene Grundbesitz bereits seit (mindestens) 01.10.2010 kein Hof im Sinne der Höfeordnung ist. Es hat weiterhin den Beteiligten zu 1 und 2 die Gerichtskosten auferlegt sowie den Geschäftswert auf 150.000,00 € festgesetzt. Daraufhin ist mit Kostenrechnung vom 16.12.2014 gegen den Beteiligten zu 2 nach Nr. 15112 KV-GNotKG eine halbe Gebühr nach Tabelle A in Höhe von 693,00 €, zuzüglich 14,00 € Auslagen für vier Zustellungen mit Postzustellungsurkunde gemäß Nr. 31002 KV-GNotKG, mithin insgesamt 707,00 € festgesetzt worden.

Mit weiterem Beschluss vom 11.02.2015 hat das Landwirtschaftsgericht dann von Amts wegen die Festsetzung des Geschäftswerts dahin geändert, dass dieser nicht nach § 48 GNotKG entsprechend dem vierfachen Einheitswert 150.000,00 €, sondern gemäß § 46 GNotKG nach dem geschätzten Verkehrswert 990.000,00 € betrage (Bl. 49 ff. d. A.). Daraufhin ist durch Kostenrechnung vom 23.02.2015 gegen den Beteiligten zu 2 nach dem vorgenannten geänderten Geschäftswert ein Gesamtbetrag von 10.686,00 € festgesetzt worden, wobei, anders als bei der ersten Kostenrechnung vom 16.12.2014, nicht ein halbe Gebühr nach Nr. 15112 KV-GNotKG, sondern nunmehr eine zweifache Gebühr nach Nr. 15110 KV-GNotKG in Ansatz gebracht worden ist.

II.

1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 3 ist unzulässig und deshalb zu verwerfen. Denn der Beteiligten zu 3 sind durch den landwirtschaftsgerichtlichen Beschluss vom 01.12.2014 keine Kosten auferlegt worden. Mithin ist sie durch die Kostenrechnung vom 23.02.2015 sowie die richterlichen Beschlüsse vom 11.02.2015 und vom 23.03.2015 nicht beschwert.

2. Demgegenüber ist die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und des Beteiligten zu 2 nach § 81 Abs. 2 und § 83 Abs. 1 GNotKG zulässig und darüber hinaus auch in der Sache begründet.

a) Gerichtskosten

Für das vorliegende Feststellungsverfahren der Hofeseigenschaft bezogen auf einen bestimmten Zeitpunkt gem. § 11 Abs. 1 lit. a HöfeVfO sind Gebühren nach Nr. 15112 KV-GNotKG zu erheben und nicht nach Nr. 15110 KV-GNotKG. Auslagen für Zustellungen waren darüber hinaus nicht zu fordern.

aa) Bei dem 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz ging es dem Gesetzgeber darum, die Gebührentatbestände einfacher und übersichtlicher zu gestalten. Dementsprechend heißt es in der Gesetzesbegründung auszugsweise (BT-Drucksache 17/11471 S. 212):

"Zu Abschnitt 1

Dieser Abschnitt enthält Gebührenvorschriften für Verfahren vor dem Landwirtschaftsgericht und für Pachtkreditsachen im Sinne des Pachtkreditgesetzes.

Erfasst werden damit zum Einen die Verfahren nach § 1 Nummer 1 und 2 bis 6 des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen (§ 23a Absatz 2 Nummer 9 GVG) und Verfahren nach der Höfeordnung (HöfeO) sowie nach der Verfahrensordnung für Höfesachen (HöfeVfO). In diesen Gesetzen sind bisher zahlreiche Kostenvorschriften sowie Verweise auf die Kostenordnung enthalten. Um die Transparenz der Kosten für derartige Verfahren zu erhöhen, sollen künftig sämtliche Gebührentatbestände in einem Abschnitt des GNotKG gebündelt werden. Zudem soll aus Gründen der Vereinfachung und Entbürokratisierung die Vielzahl der Gebührentatbestände und Gebührensätze reduziert werden. Der Entwurf sieht nur noch zwei Grundtatbestände vor; alle Verfahren werden entweder einem Gebührensatz von 2,0 oder von 0,5 zugeordnet. Zudem wird für die Verfahren mit dem Gebührensatz von 2,0 ein Ermäßigungstatbestand vorgeschlagen, der den Fall der Beendigung ohne Endentscheidung und der rechtzeitigen Antragsrücknahme erfasst. Mit diesen Vorschlägen wird das Kostenrecht im Bereich der Landwirtschaftssachen deutlich anwenderfreundlicher."

Weiter heißt es zu Nr. 15112 KV-GNotKG (BT-Drucks., aaO., S. 213):

"Diese Vorschrift stellt einen Auffangtatbestand für sämtliche Verfahren vor den Landwirtschaftsgerichten dar, die nicht in Nummer 15110 KV GNotKG geregelt sind. Aus Vereinfachungsgründen wird für sämtliche Verfahren ein einheitlicher Gebührensatz vorgesehen."

bb) Bei dem Hofesfeststellungsverfahren gem. § 11 Abs. 1 lit. a HöfeVfO handelt es sich nicht um einen "sonstigen Antrag" i.S.d. Nr. 15110 Nr. 4 KV-GNotKG. Wie aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. aaO., S. 213) ersichtlich ist, soll Nr. 15110 KV-GNotKG im Sinne der angestrebten Vereinheitlichung nur diejenigen Gebührentatbestände zusammenfassen, für die nach altem Recht entweder das Vierfache oder das Doppelte der vollen Gebühr vorgesehen war. Für die Verfahren nach der Höfeverfahrensordnung wird dementsprechend (nur) § 22 HöfeVfO (a. F.) genannt, der das Doppelte der vollen Gebühr vorsah, und zwar "für a) Feststellungsverfahren nach § 11 Abs. 1 Buchstabe g, b) Verfahren zur Regelung und Entscheidung der mit dem Hofübergang zusammenhängenden Fragen im Fall des § 14 Abs. 3 der Höfeordnung, c) Verfahren über sonstige Anträge und Streitigkeiten nach § 18 Abs. 1 der Höfeordnung und nach § 25". Dementsprechend sind diese drei Gebührentatbestände des § 22 HöfeVfO (a. F.) in der neuen Gebührenvorschrift der Nr. 15110 KV-GNotKG unter Ziffern 2, 3 und 4 wortgleich übernommen worden. Mithin würde das vorliegende Feststellungsverfahren der Hofeseigenschaft gem. § 11 Abs. 1 lit. a HöfeVfO nur dann unter Ziffer 4 zu subsumieren sein, wenn es auch nach altem Recht unter die im Wortlaut gleichlautende, eine doppelte Gebühr auslösende Vorschrift des § 22 lit. c HöfeVfO einzuordnen gewesen wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Das Feststellungsverfahren der Hofeseigenschaft gem. § 11 Abs. 1 lit. a HöfeVfO fiel nicht unter diese Vorschrift des § 22 lit. c HöfeVfO. Vielmehr waren die Feststellungsverfahren nach § 11 Abs. 1 Buchstaben a bis f und h unter § 21 lit. a HöfeVfO (a. F.) aufgeführt, der den Ansatz nur einer vollen Gebühr vorsah. Diese Verfahren unterfallen daher auch nach neuem Recht nicht als "sonstige Anträge und Streitigkeiten" der Ziffer 4 der Nr. 15110 KV-GNotKG, sondern als "Verfahren im Übrigen" dem Auffangtatbestand der Nr. 15112 KV-GNotKG, sodass nur die Hälfte der vollen Gebühr in Ansatz zu bringen ist (so auch HK-GNotKG/Giers, 1. Auflage 2013, Nr. 15110 KV-GNotKG, Rn. 4 und Nr. 15112 KV-GNotKG, Rn. 1; BeckOK KostR/Zimmermann, Nr. 15112 KV-GNotKG, Rn. 4; Korintenberg/Fackelmann, GNotKG, 19. Aufl. 2015, Nr. 1510 KV, Rn. 11 und Nr. 15112 KV, Rn. 19; vgl. ferner für die Genehmigung von Hofübergabeverträgen: Senatsbeschl. v. 22.04.2015 - 7 W 18/15, sowie Beschl. d. OLG Hamm v. 16.04.2015 - I-15 W 13/15, 15 W 13/15 -, juris).

cc) Auslagen für Zustellungen waren nicht in Ansatz zu bringen, da nicht mehr als zehn Zustellungen im ersten Rechtszug erfolgt sind (Anlage 1 Nr. 31002 KV-GNotKG).

b) Geschäftswert

Auch insoweit ist die Beschwerde begründet. Dies führt im Ergebnis zur Wiederherstellung der ursprünglichen Festsetzung in Höhe von 150.000,00 € gemäß Ziffer 3. des Beschlusses des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Winsen (Luhe) vom 01.12.2014 (Bl. 19 ff. d. A.).

Das Landwirtschaftsgericht hat allerdings in seinem Abänderungsbeschluss vom 11.02.2015 zutreffend ausgeführt, dass § 48 GNotKG für die Bestimmung des Verfahrenswertes keine unmittelbare Anwendung findet, "weil die kumulative Voraussetzung, dass nämlich 1. die unmittelbare Fortführung des Betriebs durch den Erwerber selbst beabsichtigt ist und 2. der Betrieb unmittelbar nach Vollzug der Übergabe oder Zuwendung einen nicht nur unwesentlichen Teil der Existenzgrundlage des zukünftigen Inhabers bildet, nicht vorliegt" (Bl. 52 d. A.). Die Annahme, infolgedessen sei der Wert gemäß § 46 GNotKG nach dem Verkehrswert (nach Abzug der Verbindlichkeiten) zu bemessen, ist aber nicht zwingend.

Zwar wird die Auffassung vertreten, für Feststellungsverfahren nach § 11 Abs. 1 Buchstabe a HöfeVfO sei der Wert des Hofes nach Abzug der Verbindlichkeiten maßgebend. Damit dürfte gemeint sein, dass der Verkehrswert nach § 46 Abs. 2 GNotKG zu schätzen sei, so wie das Landwirtschaftsgericht dies im vorliegenden Fall vorgenommen hat (vgl. Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 1. Aufl. 2014, § 76, Rn. 24; BeckOK KostR/von Selle, aaO., § 76, Rn. 3). Demgegenüber wird von der Beschwerde geltend gemacht und in der Kommentarliteratur ebenfalls vertreten, in Feststellungsverfahren nach § 11 Abs. 1 Buchstabe a HöfeVfO sei der Wert gemäß § 36 GNotKG nach billigem Ermessen zu bestimmen. Dies rechtfertige in entsprechender Anwendung von § 48 GNotKG höchstens die Festsetzung in Höhe des vierfachen Einheitswertes (HK-GNotKG/Giers, aaO., § 76, Rn. 31; Korintenberg/Hellstab, aaO., § 76, Rn. 3, 4; Giers in Schneider/Volpert/Fölsch, Das gesamte Kostenrecht, 1. Aufl. 2014, § 76 GNotKG, Rn. 31).

Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an. Denn der Umstand, dass § 48 GNotKG als Spezialtatbestand nicht unmittelbar anzuwenden ist, führt zunächst zwingend zur Anwendung der allgemeinen Bestimmung des § 36 GKG, wonach der Wert nach billigem Ermessen festzusetzen ist. Dies könnte dann zwar im Weiteren zur Anwendung der Werte des § 46 Abs. 2 GNotKG führen, wenn man der Auffassung wäre, beim Feststellungsverfahren nach § 11 Abs. 1 Buchstabe a HöfeVfO sei das Interesse mit dem Verkehrswert (nach Abzug der Verbindlichkeiten) gleichzusetzen. Dieser Annahme steht aber entgegen, dass nicht um den Sachwert des betroffenen landwirtschaftlichen Grundbesitzes als solchen gestritten wird, sondern das Interesse "nur" darauf gerichtet ist, den Grundbesitz außerhalb der Höfeordnung nach allgemeinem Erbrecht weiterzugeben und etwa - was nach der Höfeordnung ausgeschlossen ist, weil dort der Hof nur als Ganzes an einen Hofnachfolger gegeben werden kann - zwischen mehreren Miterben, z. B. Nachkömmlingen, aufteilen zu können. Wenngleich dies ein durchaus elementares Interesse sein dürfte, ist es mit dem Sachwertinteresse jedenfalls in den Fällen nicht deckungsgleich, in denen bei Einigkeit aller Erbprätendenten durch das Feststellungsverfahren lediglich die Vermutungswirkung des eingetragenen Höfevermerks beseitigt werden soll. Bei offensichtlichem Wegfall der Hofeseigenschaft außerhalb des Grundbuches hätte sich das Feststellungsverfahren überhaupt erübrigt, und es hätte trotz noch bestehenden Hofvermerks ein Erbschein nach allgemeinem Erbrecht ausdrücklich auch für das Grundvermögen erteilt werden können (OLG Celle RdL 2012, 188). In Fällen der vorliegenden Art erscheint es eher als angemessen, einen wesentlich geringeren Wert als den Sachwert, also den Verkehrswert (nach Abzug der Verbindlichkeiten) in Ansatz zu bringen und insoweit im Regelfall in entsprechender Anwendung von § 48 GNotKG an den vierfachen Einheitswert anzuknüpfen. Damit war hier die ursprüngliche Streitwertfestsetzung gemäß dem Beschluss des Landwirtschaftsgericht vom 01.12.2014 (Bl. 21 d. A.) im Ergebnis wieder herzustellen.

III.

1. Eine Entscheidung über Gebühren und Kosten ist nicht veranlasst, weil das Verfahren gemäß § 81 Abs. 8 und § 83 Abs. 3 GNotKG gebührenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden.

2. Der Beschluss ist gemäß § 81 Abs. 4 Satz 1 sowie § 83 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 81 Abs. 4 Satz 1 GNotKG nicht anfechtbar.