Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 23.01.1998, Az.: 12 L 107/98

Verzicht auf Sozialleistung; Bestandsschutzleistung; Widerruf einer Verzichtserklärung; Unterbrechung der Gewährung; Anspruchsuntergang

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
23.01.1998
Aktenzeichen
12 L 107/98
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1998, 14238
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1998:0123.12L107.98.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Braunschweig 16.10.1997 - 3 A 3104/97

Amtlicher Leitsatz

1. Der Frage, welche Wirkungen der Widerruf des Verzichts auf Sozialleistungen nach § 46 Abs 1 Halbs 2 SGB I (SGB 1) hat, ist vorgelagert die Klärung der Reichweite des Widerrufs selbst; des Widerrufes bedarf es hinsichtlich einer abgegebenen schriftlichen Verzichtserklärung nur, soweit diese auch tatsächlich reicht.

2. Nach § 45 Abs 1 Halbs 1 SGB I (SGB 1) kann durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Leistungsträger nur auf "Ansprüche auf Sozialleistungen" verzichtet werden. Der Verzicht kann sich nicht erstrecken auf das Bestehen von Tatsachen, die gesetzlich Tatbestandsmerkmale ausfüllen, auf einen abstrakten "Besitzstand" oder auf eine abstrakte "Rechtsposition".

3. Bei einem zeitweiligen Verzicht der Leistungen nach Art 51 PflegeVG (Bestandsschutzleistungen) kann sich die Verzichtserklärung nur auf die monatsweise zu gewährenden Leistungen erstrecken. Der "Besitzstand" als solcher ist keine dem Verzicht zugängliche Rechtsposition.

4. Art 41 PflegeVG setzt keinen kontinuierlichen, ununterbrochenen Bezug von Besitzstandsleistungen seit dem 1. April 1995 voraus. Für eine den Wortlaut der Vorschrift mißachtende, teleologisch-reduzierende Auslegung des Art 51 PflegeVG dahin, daß jedenfalls eine dem Anspruchsberechtigten zuzurechnende (zeitweilige) Unterbrechung der Gewährung von Besitzstandsleistungen zum endgültigen Anspruchsuntergang führe, besteht weder Raum noch Anlaß.

5. Offen bleibt, ob ein "Entfall" des Anspruchs auf Besitzstandsleistungen in analoger Anwendung des Art 51 Abs 5 S 2 PflegeVG dann in Betracht zu ziehen ist, wenn ein Berechtigter - in Kenntnis der Folgen - für mehr als ein Jahr auf die Bestandsschutzleistungen verzichtet hat oder auf sie wegen Überschreitung der Einkommensgrenzen keinen Anspruch hatte.