Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 30.05.2002, Az.: 13 U 224/01 (Kart)
Geltendmachung eines Anspruches auf Vergütung für Stromlieferungen im Wege des Urkundenprozesses; Wirksamkeit eines Elektrizitätslieferungsvertrags bei Verletzung wettbewerbsrechtlicher und europarechtlicher Vorschriften; Auslegung einer Vereinbarung im Hinblick auf wettbewerbsbeschränkende Abreden; Sicherstellung einer Vergütungspflicht für den Fall der Unwirksamkeit bereits abgeschlossener Elektrizitätslieferungsverträge
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 30.05.2002
- Aktenzeichen
- 13 U 224/01 (Kart)
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 30459
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2002:0530.13U224.01KART.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 24.08.2001 - AZ: 21 O 5824/00
Rechtsgrundlagen
- § 1 GWB
- § 19 Abs. 1 GWB
- § 20 Abs. 1 GWB
- § 81 Abs. 1 EGV
- § 82 EGV
Fundstellen
- NJW-RR 2002, 1266-1268 (Volltext mit amtl. LS)
- OLGReport Gerichtsort 2003, 68-71
In der Kartellsache
###
hat der Kartellsenat des Oberlandesgerichts Celle
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ### sowie
der Richter am Oberlandesgericht ### und ###
auf die mündliche Verhandlung vom 14. Mai 2002
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hannover vom 24. August 2001 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit derselben Höhe leistet.
Streitwert und Beschwer der Beklagten: 1.163.852,91 EUR (2.276.298,43 DM)
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin, ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen, verlangt im Urkundenprozess Vergütung für Stromlieferungen.
Die beklagten Stadtwerke versorgen die Stadt ###, ausgenommen einige Ortsteile, mit Strom, Gas und Wasser. Die Klägerin betreibt dort das einzige Verteilernetz mit einer Betriebsspannung von 110 kV. Sie belieferte die Beklagte seit Jahrzehnten mit Strom.
Bis Anfang 1999 lag den Lieferungen der Klägerin an die Beklagte der Elektrizitätslieferungsvertrag vom 27. Juni 1991 in der Fassung des 2. Nachtragsvertrags vom 22. November 1995 zugrunde (Anlage K 1). Gemäß Ziffer 1.3 dieses Vertrags war die Beklagte verpflichtet, ihren Bedarf an elektrischer Energie mit bestimmten Ausnahmen nur von der Klägerin zu beziehen. Nach Ziffer 4.2 waren beide Parteien verpflichtet, im jeweiligen Versorgungsgebiet des Vertragspartners ohne dessen Einwilligung Dritten keine elektrische Energie anzubieten. Der Vertrag sollte bis zum 30. Juni 2010 gültig sein (Ziff. 11 des Vertrags).
Am 28. April 1998 trat das Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrecht in Kraft. Die Beklagte und die anderen Stadtwerkskunden der Klägerin schlossen sich zu der Interessengemeinschaft - ### - zusammen, um von der Klägerin eine Verbesserung ihrer Konditionen zu erreichen. In den Verhandlungen mit der Klägerin vertraten die Stadtwerke die Ansicht, dass die von ihnen mit der Klägerin geschlossenen einzelnen Energielieferungsverträge unwirksam seien. Am 7./13. Januar 1999 schlossen die Stadtwerke und die Klägerin folgende Vereinbarung (Anlage K 2):
"1.
Zwischen den in der ### zusammengeschlossenen Mitgliedsunternehmen###
und der ### bestehen jeweils bilaterale Energielieferungsverträge.
2.
Die Frage, inwieweit die in Nr. 1 bezeichneten bilateralen Elektrizitätslieferungsverträge weiterhin wirksam sind, wurde in den bisherigen Verhandlungen offen gelassen und wird durch den Abschluss dieser Vereinbarung nicht berührt.3.
Im Frühjahr 1999 werden die ### und ### eine Strategiekommission bilden. Diese wird mit maximal vier Vertretern von jeder Seite besetzt. Sie hat die Aufgabe, auf der Grundlage der bezeichneten Verträge und des neuen Energierechts Vorschläge für eine weiterhin partnerschaftliche und vertrauensvolle Zusammenarbeit zu beiderseits befriedigenden Konditionen zu erarbeiten.4.
Im Rahmen der Strategiegespräche soll verbindlich geklärt werden, ob die künftige Belieferung in Form der Bündelung des Gesamtbezuges der ### oder weiterhin auf Basis von Einzelverträgen erfolgen soll.Für den Fall der Bündelung sind die Konditionen und Bestandteile eines entsprechenden neuen Bezugsvertrages zu erarbeiten.
Ferner sind in den Verträgen auch Vereinfachungen und Anpassungen eines an die veränderte Situation anzustreben.
Die von der ### ins Gespräch gebrachte Möglichkeit, Teilmengen von anderen Lieferanten zu beschaffen, ist dabei einzubeziehen, wobei die Ausgestaltung davon abhängig ist, ob die Belieferung künftig gebündelt oder weiter auf der Grundlage von bilateralen Verträgen erfolgt.
5.
Für die Jahre 1998 und 1999 werden pauschale Preisnachlässe und für 1999 zusätzlich eine einmalige Gutschrift für den Bezug vereinbart. Der Nachlaß 1998 wird mit den teilweise vorgenommenen Rechnungskürzungen verrechnet werden.Der Preisnachlaß für 1998 beträgt 1,1 Pf/kWh.
1999 erhöht sich der Preisnachlaß um 0,4 Pf/kWh netto.
Die Gutschrift für 1999 entspricht 0,3 Pf/kWh und bemißt sich nach den in 1997 bezogenen Mengen. Die Gutschrift erfolgt in zwölf gleichen Beträgen mit den monatlichen Abrechnungen des Bezuges.
6.
Die Vereinbarung hat eine Laufzeit bis zum 31.12.1999. Die Mitgliedsunternehmer der ### werden bis dahin keine weiteren Rechnungskürzungen mehr vornehmen."
In der Folgezeit belieferte die Klägerin die Beklagte weiter. Sie rechnete die Stromlieferungen unter Berücksichtigung der Preisnachlässe der Vereinbarung vom 7./13. Januar 1999 ab.
Mit Schreiben vom 17. September 1999 kündigte die Beklagte an, dass sie ab dem 1. Januar 1999 ihren Strombedarf bei einem Wettbewerber decken werde. In dem Schreiben verwies sie auf die ihrer Ansicht nach bestehende Unwirksamkeit des Stromlieferungsvertrags vom 27. Juni 1991 mit seinen Nachträgen, hilfsweise sprach sie die Kündigung aus wichtigem Grund zum 31. Dezember 1999 aus. In einem Schreiben vom 29. September 1999 erklärte die Beklagte erneut die "fristlose Kündigung des Stromlieferungsvertrages".
Bis einschließlich Oktober 1999 glich die Beklagte die monatlichen Rechnungen der Klägerin aus. Mit Schreiben vom 20. Dezember 1999 teilte sie der Klägerin mit, aufgrund einer eigenen Abrechnung nach marktüblichen Preisen werde die Novemberrechnung um die Beträge von 656.344 DM (netto) für Oktober und 652.851 DM (netto) für November gekürzt. Die Dezemberrechnung kürzte die Beklagte um 653.130,82 DM netto.
Die nicht bezahlten Rechnungsbeträge hat die Klägerin mit der Klage geltend gemacht.
Seit Januar 2000 bezieht die Beklagte Strom von Dritten.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.276.298,53 DM nebst 3,95% Zinsen seit dem 20. November 1999, 4,68% seit dem 1. Januar 2000, 5,42% seit dem 1. Mai 2000 und 6,26% seit dem 1. September 2000 aus 761.359,04 DM, 3,95% Zinsen seit dem 19. Dezember 1999, 4,68% seit dem 1. Januar 2000, 5,42% seit dem 1. Mai 2000 und 6,26% seit dem 1. September 2000 aus 757.307,16 DM, 4,68% Zinsen seit dem 19. Januar 2000, 5,42% seit dem 1. Mai 2000 und 6,26% seit dem 1. September 2000 aus 757.631,89 DM zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat geltend gemacht: Bei der Vereinbarung vom 7./13. Januar 1999 habe es sich um ein Stillhalteabkommen für die Dauer der Vertragsverhandlungen gehandelt. Nach dem Scheitern der Verhandlungen Ende Juli 1999 könne die Klägerin sich nicht mehr auf die Vereinbarung vom 7./13. Januar 1999 berufen (§ 158 Abs. 2 BGB). Wolle man die Vereinbarung indes nicht als bloßes Stillhalteabkommen einordnen, dann müsse sie als Ausführungsvertrag zum Elektrizitätsversorgungsvertrag vom 27. Juni 1991 angesehen werden. Der Elektrizitätsversorgungsvertrag vom 27. Juni 1991 sei insgesamt unwirksam, denn er verstoße insbesondere im Hinblick auf die Gebietsschutzvereinbarung, die Gesamtbedarfsdeckungsverpflichtung und die 20-jährige Laufzeit gegen §§ 1, 19 Abs. 1, 20 Abs. 1 GWB und gegen Artikel 81 Abs. 1, 82 EGV. Die Urwirksamkeit des Elektrizitätsversorgungsvertrags vom 27. Juni 1991 erfasse auch die Ausführungsvereinbarung vom 7./13. Januar 1999. Weiter hilfsweise werde geltend gemacht, dass die Stromlieferungsvereinbarung durch Schreiben der Verhandlungsführerin ### GmbH vom 29. Juli 1999 aus wichtigem Grund gekündigt worden sei, ferner habe die Beklagte in dem Schreiben an die Klägerin vom 29. September 1999 die fristlose Kündigung der Stromlieferungsvereinbarung erklärt. Die Kündigungen seien gerechtfertigt gewesen. Denn die Klägerin habe die Beklagte erst verspätet oder gar nicht davon unterrichtet, dass sie bzw. ihr Tochterunternehmen endverbrauchenden Sondervertragskunden günstigere Preise angeboten hätten als der Beklagten. Nach Ziffer 7.11 des Stromlieferungsvertrags habe die Klägerin wegen dieser Preisänderungen auch in die Senkung der von der Beklagten zu zahlenden Preise einwilligen müssen. Ein Kündigungsrecht ergebe sich ferner aus 12.2 des Vertrags vom 27. Juni 1991 (Neufestsetzung der Preisregelungen bei Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse), weil aufgrund der geänderten energie- und kartellrechtlichen Rahmenbedingungen die Strompreise in den Jahren 1999/2000 erheblich zurückgegangen seien. Jedenfalls sei mit dem Scheitern der Vertragsverhandlungen die Geschäftsgrundlage für die Vereinbarung vom 7./13. Januar 1999 entfallen. Als Vergütung für den ohne Rechtsgrund gelieferten Strom könne die Klägerin nur den Marktpreis verlangen. Die von der Beklagten vorgenommene Kürzung um 2.276.298,43 DM beinhalte unter Berücksichtigung der Marktpreise nur einen Bruchteil der zu viel gezahlten Summe. Weiter hilfsweise werde geltend gemacht, dass die Beklagte gemäß Ziffer 7.11 des Elektrizitätslieferungsvertrags vom 27. Juni 1991/22. November 1995 sowie gemäß §§ 19 Abs. 1, 20 Abs. 1 GWB und § 315 BGB einen Anspruch auf Anpassung des Strompreises habe.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Auf die Begründung wird Bezug genommen.
Mit der Berufung verfolgt die Beklagte den Klageabweisungsantrag weiter. Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die Klägerin will die Zurückweisung der Berufung erreichen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist unbegründet.
I.
Der geltend gemachte Vergütungsanspruch steht der Klägerin aufgrund der Vereinbarung vom 7./13. Januar 1999 zu.
1.
Die Vereinbarung vom 7./13. Januar 1999 begründet einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Vergütung des in den Monaten Oktober bis Dezember 1999 gelieferten Stroms, zu den gemäß Ziffer 5 der Vereinbarung zu zahlenden Preisen, ohne dass es darauf ankommt, ob der Elektrizitätslieferungsvertrag vom 27. Juni 1991 mit seinen Nachträgen wegen Verletzung der §§ 1, 19 Abs. 1, 20 Abs. 1 GWB oder der §§ 81 Abs. 1, 82 EGV unwirksam ist.
Die wettbewerbsbeschränkenden Abreden in dem Vertrag vom 27. Juni 1991 mit seinen Nachträgen sind nicht Gegenstand der Vereinbarung vom 7./13. Januar 1999. Diese Vereinbarung sollte nach ihrem Wortlaut unter Berücksichtigung der übereinstimmend vorgetragenen Umstände des Vertragsabschlusses für die Zeit bis zum 31. Dezember 1999 neben den "bilateralen" Elektrizitätsversorgungsverträgen stehen bzw., falls diese unwirksam waren, bis zum 31. Dezember 1999 an ihre Stelle treten. Bei der Auslegung der Vereinbarung vom 7./13. Januar 1999 ist Folgendes zu berücksichtigen:
Die Klägerin und die in der Interessengemeinschaft zusammengeschlossenen Stadtwerke waren sich einig geworden, im Frühjahr 1999 eine "Strategiekommission" mit der Aufgabe zu bilden, auf der Grundlage der bestehenden Energielieferungsverträge und des neuen Energierechts Vorschläge für eine weitere Zusammenarbeit zu erarbeiten (Ziffern 3 und 4 der Vereinbarung). Die Stadtwerke vertraten, wie unstreitig ist, den Standpunkt, dass die bisherigen Elektrizitätslieferungsverträge infolge der Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts unwirksam seien, also neue Elektrizitätslieferungsverträge auszuhandeln seien. Die Klägerin hielt die bisherigen Energielieferungsverträge für weiter wirksam. Um die Verhandlungen trotz dieses Streits in Ruhe führen zu können und "Vorschläge für eine weiterhin partnerschaftliche und vertrauensvolle Zusammenarbeit zu erarbeiten", schlossen die Parteien die Vereinbarung vom 7./13. Januar 1999. Nach Ziffer 2 der Vereinbarung sollte die Frage, in wie weit die bilateralen Elektrizitätslieferungsverträge weiterhin wirksam seien, offen gelassen und durch die Vereinbarung nicht berührt werden. Nach Ziffer 5 der Vereinbarung sollten die Stadtwerke während der Laufzeit der Vereinbarungen bestimmte Nachlässe auf die Strompreise erhalten. Nach Ziffer 6 verpflichteten sich die Stadtwerke, während der Laufzeit der Vereinbarung keine weiteren Rechnungskürzungen vorzunehmen.
Aus alledem ergibt sich, dass für die Zeit bis zum 31. Dezember 1999 eine Vergütungspflicht unabhängig von einer etwaigen Unwirksamkeit der bisherigen Energielieferungsverträge begründet werden sollte. Dieses entsprach dem Interesse der Parteien, das Vertragsverhältnis für die Zeit der voraussichtlichen Verhandlungsdauer - unter Berücksichtigung der bereits eingetretenen und der voraussichtlich noch zu erwartenden Marktpreisabsenkungen - auf eine sichere Grundlage zu stellen. Dass die Stadtwerke sich unabhängig von einer etwaigen Unwirksamkeit der bisherigen Verträge zur Zahlung der reduzierten Vergütung verpflichten wollten, ergibt auch daraus, dass sie die Vereinbarung vom 7./13. Januar 1999 trotz ihres erklärten Standpunkts, die bisherige Elektrizitätslieferungsverträge seien unwirksam, unterzeichneten und ausdrücklich erklärten, während der Laufzeit der Vereinbarung keine weiteren Rechnungskürzungen mehr vorzunehmen.
Demgemäß handelt es sich der Vereinbarung vom 7./13. Januar 1999, anders als die Beklagte meint, nicht um einen Ausführungsvertrag zu den bisherigen Stromlieferungsverträgen.
2.
Die somit für die Zeit von Januar bis Dezember 1999 neben dem "bilateralen" Energielieferungsvertrag der Parteien bzw. an dessen Stelle abgeschlossene Vereinbarung vom 7./13. Januar 1999 ist kartellrechtlich unbedenklich.
a)
Die Vereinbarung enthält keine wettbewerbsbeschränkenden Abreden.
b)
Die Beklagte hat nicht dargelegt und durch Urkunden unter Beweis gestellt, dass die Klägerin aufgrund der Vereinbarung vom 7./13. Januar 1999 ein Entgelt verlangt, dass von demjenigen abweicht, dass sich bei wirksamen Wettbewerb ergeben würde (§ 19 Abs. 4 Nr. 2 GWB).
Die von der Beklagten in den Anlagen B 23 bis B 28 vorgelegten Gesprächs- bzw. Vertragsgebote von Drittlieferanten reichen für den Beweis der Behauptung der Beklagten nicht aus. Im Hinblick auf die meisten dieser Unterlagen ist schon nicht ersichtlich, dass es sich um Angebote für den hier interessierenden Zeitraum handelt. Dem Schreiben der ### GmbH vom 22. September 1999 ist ein konkreten Vertragsangebot überhaupt nicht zu entnehmen. Das Schreiben der Firma ### vom 27. Oktober 1999 enthält nur die Eckpunkte eines Stromlieferungsangebots, wobei der Text für eine Laufzeit erst nach dem 1. Januar 2000 spricht. Soweit die ### AG der Beklagten mit Schreiben vom 1. Oktober 1999 einen "ersten Entwurf" eines Stromlieferungsvertrags übersandte, ist in dem vorliegen Teil des Vertragsentwurfs der Lieferzeitraum nicht enthalten. Das Preisangebot der Firma ### vom 18. Oktober 1999 bezieht sich auf den Zeitraum Januar bis Dezember 2000.
Soweit die Angebote der Elektrizitätswerk ### GmbH vom 30. September 1999 und der Wirtschaftlichen Vereinigung deutscher Versorgungsunternehmen vom 25. Februar 1999 sich nach ihrem Wortlaut auch auf den Lieferzeitraum 1999 beziehen, reichen diese Unterlagen zum Beweis des sich bei hypothetischem Wettbewerb ergebenden Preises nicht aus.
c)
Außerdem können Preisabweichungen, die sich im Laufe des Jahres 1999 ergaben, sachlich gerechtfertigt gewesen sein (vgl. Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 19 Rdnr. 160; Bechthold, GWb, 2. Aufl., § 19 Rdnr. 70). Dafür spricht folgendes:
Bei Abschluss der Vereinbarung vom 7./13. Januar 1999 war die zukünftige Preisabwicklung nicht im Einzelnen vorhersehbar. Anhaltspunkte dafür, dass die Preise zur Zeit ihrer Vereinbarung unter Berücksichtigung der absehbaren Entwicklung nicht marktgerecht waren, liegen nicht vor. Beide Parteien gingen das Risiko ein, dass die vereinbarten Preise nicht für alle Monate der verhältnismäßig kurzen Vertragslaufzeit den Marktpreisen entsprechen würden. Die Stadtwerke, die sich nach eigenem Vortrag der Beklagten in einer guten Verhandlungsposition gegenüber der Klägerin befanden, erklärten ausdrücklich, weitere Kürzungen (über den vereinbarten Preisnachlass hinaus) nicht vorzunehmen. Zu berücksichtigen ist auch, dass die Klägerin den Stadtwerken neben der Preisermäßigung für 1999 auch einen Nachlass für das vergangene Jahr gewährte.
3.
Die Vereinbarung vom 7./13. Januar 1999 enthält alle notwendigen Vertragsbestandteile.
Zwar sind in dem fixierten Wortlaut die von der Klägerin zu erbringenden Stromlieferungen nicht genannt, und hinsichtlich der Preise ist nur festgelegt, welche Nachlässe für welche Zeiträume vereinbart sein sollen. Es liegt jedoch auf der Hand, dass nähere Regelungen deshalb fehlten, weil es für die Parteien selbstverständlich war, dass die Stromlieferungen wie bisher erfolgen und sich die Nachlässe auf die bisherigen Preise beziehen sollten. Insoweit haben sich unstreitig auch keine Probleme bei der Vertragsdurchführung ergeben. Die Klägerin rechnete die Stromlieferungen monatlich gemäß der Vereinbarung vom 7./13. Januar 1999 ab, und die Beklagte erhob bis einschließlich September bzw. Oktober 1999 keine Einwände gegen die Rechnungen.
4.
Die Vereinbarung vom 7./13. Januar 1999 enthält entgegen der von der Beklagten vertretenen Ansicht keine auflösende Bedingung im Hinblick auf ein etwaiges Scheitern der Vertragsverhandlungen vor dem 31. Dezember 1999. Insoweit kommt auch eine Anwendung der Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht in Betracht. Denn die Möglichkeit, dass die ab Frühjahr 1999 geplanten Vertragsverhandlungen bereits vor dem 31. Dezember 1999 erfolglos beendet sein könnten, war bei Vertragsabschluss im Jahre 1999 vorhersehbar. Die Beklagte ging in dem Vertrag vom 7./13. Januar 1999 das Risiko ein, trotz dieser Möglichkeit bis Ende 1999 an die Preisabrede gebunden zu sein, ein, wie sich insbesondere aus Ziffer 6 der Vereinbarung ergibt.
5.
Entgegen der von der Beklagten vertreten Meinung ist die Abrede
"die Vereinbarung hat eine Laufzeit bis zum 31. Dezember 1999. Die Mitgliedsunternehmer der ### werden bis dahin keine weiteren Rechnungskürzungen mehr vornehmen"
nicht dahin auszulegen, dass die Mitgliedsunternehmen nach dem 31. Dezember 1999 berechtigt sein sollten, wegen der im Jahr 1999 gezahlten Preise Rückerstattungen geltend zu machen. Eine solche Auslegung ohne irgendwelche Anhaltspunkte im Vertragstext verstieße gegen Treu und Glauben.
6.
Die Vereinbarung vom 7./13. Januar 1999 wurde auch nicht vorzeitig durch Kündigung aus wichtigem Grund beendet.
a)
b)
Soweit die Beklagte im Schreiben vom 29. September 1999 eine "fristlose Kündigung des Stromlieferungsvertrags" aussprach, kann es offen bleiben, ob sie allein die von der BGB-Gesellschaft die mit der Klägerin getroffene Vereinbarung überhaupt kündigen konnte. Jedenfalls musste die Klägerin die Erklärung dahin verstehen, dass nur die Kündigung des Elektrizitätslieferungsvertrags vom 27. Juni 1991 mit seinen Nachträgen ausgesprochen werden sollte, und zwar vorsorglich für den Fall, dass die Auffassung der Beklagten über die Nichtigkeit dieses Vertrags nicht zutreffen würde. Die "Interimsvereinbarung 1999", welche die Beklagte selbst von dem Elektrizitätslieferungsvertrag unterschied (Schreiben vom 17. September 1999, Anlage K 8), ist von der Kündigungserklärung nach ihrem Wortlaut nicht erfasst. Die Annahme, dass die Beklagte die Vereinbarung vom 7./13. Januar 1999 im September 1999 fristlos kündigen wollte, stünde auch im Widerspruch zum späteren Verhalten der Beklagten. Die Beklagte bezog bis Ende des Jahres 1999 weiteren Strom von der Klägerin und glich noch die Stromrechnungen für die Monate September und Oktober 1999 voll aus.
c)
Außerdem kann ein Grund zur außerordentlichen Kündigung nicht festgestellt werden.
Die Beklagte macht geltend, dass die Klägerin durch die Aufnahme von Verhandlungen mit Kunden im "Gebiet der Beklagten" und durch das Anbieten von günstigeren Preisen an dritte Unternehmen gegen den Elektrizitätslieferungsvertrag vom 27. Juni 1991 mit seinen Nachträgen verstoßen habe. Hierauf kann die Beklagte eine Kündigung nicht stützen, weil die im ursprünglichen Vertrag vereinbarten Regelungen des Gebietsschutzes und der Preisanpassung in der Vereinbarung vom 7./13. Januar 1999 nicht enthalten sind. Ein Kündigungsgrund lässt sich insoweit auch nicht deshalb annehmen, weil die Beklagte selbst der Klägerin mit Schreiben vom 17. September 1999 zur erkennen gegeben hatte, dass sie sich an dem Vertrag aus dem Jahr 1991 mit seinen Nachträgen nicht mehr halten, nämlich vom 1. Januar 2000 an ihren Stormbedarf bei einem Wettbewerber decken, wollte.
Soweit die Beklagte die Kündigung damit begründen will, dass die mit der Klägerin vereinbarten Strompreise deutlich über den Marktpreisen gelegen hätten, hat die Beklagte die behaupteten Marktpreise nicht durch Urkunden bewiesen. Außerdem stand bereits bei Vertragsabschluss fest, dass die Strompreise in Bewegung waren. Nachdem die Parteien im Vertrag für die Zeit bis zum 31. Dezember 1999 bestimmte reduzierte Preise festlegten und die Stadtwerke für diesen Zeitraum auf weitere Preiskürzungen ausdrücklich verzichteten, kann eine etwaige Absenkung der Marktpreise unter die vereinbarten Marktpreise nicht als Grund für eine fristlose Kündigung herangezogen werden.
d)
Selbst wenn man im Hinblick auf die gerügten Verstöße ein vertragswidriges Verhalten der Beklagten unterstellte, scheiterte ein Durchgreifen der fristlosen Kündigung daran, dass es der Beklagten zuzumuten gewesen wäre, die aus ihrer Sicht bestehenden Vertragsverstöße zu rügen und der Klägerin zunächst Gelegenheit zur Abhilfe zu geben.
7.
Entgegen der von der Beklagten vertretenen Meinung hat die Klägerin die gelieferten Strommengen hinreichend dargelegt. Die Strommengen ergeben sich aus dem Zahlenwerk der von der Klägerin in Bezug genommenen Rechnungen vom 3. November 1999, 2. Dezember 1999 und 4. Januar 2000, dass unstreitig ist und der eigenen Abrechnung der Beklagten (Anlagen K 5 und Anlagen K 6) entspricht.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 709, 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO n.F. liegen nicht vor.