Landgericht Verden
Urt. v. 25.01.2016, Az.: 9 O 14/15

Bibliographie

Gericht
LG Verden
Datum
25.01.2016
Aktenzeichen
9 O 14/15
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 43116
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
OLG - AZ: 16 U 23/16
BGH - AZ: X ARZ 391/16

Tenor:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, den Kläger 24.750,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9. August 2013 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Kläger ist seit dem 20. Oktober 2014 Insolvenzverwalter über das Vermögen der G. GmbH aus V.. Sie wurde am 13. Juni 2013 von der Beklagten und B. G. gegründet. Sie pachtete ab 16. Juli 2013 auf einem Betriebsgrundstück Räumlichkeiten in V.. Unternehmensgegenstand war die Produktion von Möbeln. Bis zum 15. Juli 2013 betrieb in diesen Räumlichkeiten die G. GmbH & Co. KG ein gleiches Geschäft. Über das Vermögen der KG war am 1. Juni 2013 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Rechtsanwalt Dr. S. war ihr Insolvenzverwalter. Er veräußerte mit Vertrag vom 12. Juli 2013 Produktionsmittel und Warenvorräte der KG an die noch in Gründung befindliche Insolvenzschuldnerin, vertreten durch den Beklagten. Der Kaufpreis für das gegenständliche Anlagevermögen betrug nach § 2 des Vertrags (Anlage B2) 25.000,00 €. Nach § 3 Abs. 1 dieses Vertrags wurde der Käufer von seiner Verpflichtung zur Zahlung des am 1. August 2013 fälligen Kaufpreises für das Anlagevermögen frei, wenn er den Nachweis erbrachte, dass der Eigentümer des Betriebsgrundstücks auf sämtliche Forderungen gegen den Verkäufer verzichtete und ihn aus dem Pachtvertrag entlassen würde. Eigentümer des Betriebsgrundstücks war damals die offenbar aus dem Beklagten und W. G. bestehende Grundstücksgesellschaft G. GbR. Zwischen der GbR und der in Gründung befindlichen Insolvenzschuldnerin, vertreten durch den Beklagten wurde am 16. Juli 2013 ein sogenannter Ausgleichsvertrag geschlossen (Anlage B3), wonach sich die Insolvenzschuldnerin verpflichtete, 25.000,00 € an die GbR zu zahlen als Ausgleich dafür, dass diese dem Insolvenzverwalter Dr. S. die im Vertrag vom 12. Juli 2013 (Anlage B2) geforderte Verzichtserklärung abgab. Nachdem der Insolvenzverwalter der KG unter dem 4. September 2013 von der Insolvenzschuldnerin Zahlung von 25.000,00 € für das Anlagevermögen verlangte, gab die G. GbR ihm gegenüber eine Verzichtserklärung ab (Anlagen B4 und B5).

Die Beklagte ist mit drei Geschäftsanteilen mit insgesamt 24.750,00 € an der Insolvenzschuldnerin beteiligt. Sie zahlte am 1. August 2013 auf die drei Geschäftsanteile 5.500,00 €, 6.500,00 € und 12.750,00 € auf das Konto der Insolvenzschuldnerin ein. Wenige Tage später erfolgten zu Lasten desselben Kontos Barabhebungen, und zwar am 6. August 2013 12.500,00 € und am 8. August 2013 12.500,00 €, insgesamt waren es 25.000,00 €. Das entsprach dem satzungsmäßigen Stammkapital der Insolvenzschuldnerin. Das Geld erhielt nach den Auszahlungsquittungen jeweils der Beklagte (Anlagen K2). Unter dem 1. August 2013 veräußerte die Insolvenzschuldnerin in einem Verzeichnis aufgeführte Betriebsmittel für 25.000,00 € an die Beklagte (Anlage K6). Die Vertragsparteien wurden jeweils vertreten durch den Beklagten J. G.. Diese Betriebsmittel leaste die Insolvenzschuldnerin nach Vertrag vom 1. August 2013 von der Beklagten (Anlage K7) zurück.

Nach Kontoauszug vom 14. August 2013 (Anlage B9) erhielt die Insolvenzschuldnerin von der Beklagte per 13. August 2013 25.000,00 €.

Nach Vertrag vom 9. September 2013 veräußerte der Beklagte seinen Anteil an der GbR an die Beklagte (Anlage B6).

Nach Zessionsvertrag vom 1. August 2014 trat die Insolvenzschuldnerin an die G. Immobilienverwaltungs GbR zur Sicherung der Forderungen aus dem Pachtvertrag Kaufpreis- und Werklohnansprüche aus der Geschäftsbeziehung mit der K. GmbH & Co. KG ab (Anlage 9). Die GbR bestand nach diesem Vertrag jetzt aus W. G. und der Beklagten. Zur Sicherung von Vergütungsansprüchen wegen Rechtsverfolgung etc. trat die Insolvenzschuldnerin am 6. Januar 2014 an die H. Rechtsanwaltsgesellschaft GmbH Ansprüche aus der Geschäftsbeziehung mit der Fa. D., K., ab (Anlage K10). Der Beklagte wurde am 1. September 2014 als Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin abberufen (Anlage B10).

Der Kläger macht geltend, dass die Insolvenzschuldnerin insolvenzreif gewesen sei. Sie habe über kein eigenes Vermögen verfügt, unerfüllte Forderungen sogleich abgetreten. Der Kläger bestreitet den sogenannten Ausgleichsvertrag. Sie bestreitet, dass die GbR das bar ausgezahlte Geld erhalten habe. Jedenfalls sei das Geld auf das Konto der Beklagten eingezahlt worden. Sie macht geltend, dass jedenfalls ein unzulässiges Insichgeschäft vorliege.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 25.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9. August 2013 zu zahlen;

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger weitere 1.242,84 € zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie bestreiten die von Klägerseite behauptete Insolvenzreife der Insolvenzschuldnerin ab Juli 2013 wegen eines Verlusts von 61.125,74 €. Sie machen geltend, dass die bar abgehobenen Beträge nicht an die Beklagte zurückgeflossen seien, es sich vielmehr um eine Zahlung an die GbR handele, und zwar in Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Ausgleichsvertrag vom 16. Juli 2013. Eine Haftung des Beklagten bestünde nicht, weil die Insolvenzschuldnerin von ihrer Haftung im Verhältnis zum Insolvenzverwalter der KG befreit worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die im Tatbestand zitierten Urkunden mit ihren Verweisungen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat im Wesentlichen Erfolg.

I. Der Kläger kann von den Beklagten als Gesamtschuldner jedenfalls 24.750,00 € verlangen. Das entspricht dem Betrag, den die Beklagte auf ihre Anteile an der Insolvenzschuldnerin zunächst eingezahlt hatte.

1. Die Beklagte schuldet diesen Betrag, weil sie die von ihr geschuldete Einlage nicht erbracht hat. Mit den Barabhebungen ist auch die von Beklagtenseite eingezahlte Einlage im engen zeitlichen Zusammenhang zurückgezahlt worden. Damit gibt es keine Erfüllungswirkung, weil es an einem definitiven Vermögenszufluss fehlt (vgl. Altmeppen/Roth, GmbHG, 7. Aufl. § 19 Rn. 17). Ob die Beklagte die Mittel zurückerhalten hat, kann dabei offenbleiben. Empfänger der Barabhebungen ist jedenfalls der frühere Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin gewesen. Das ist jedenfalls ein der Beklagten nahe stehender Dritter gewesen. Dafür reicht schon, dass er auch Geschäftsführer der Beklagten gewesen ist. Letztlich ist dies aber auch wirtschaftlich der Beklagten zuzurechnen, die zuvor nach den vorgelegten Urkunden unter Beteiligung des Beklagten Betriebsvermögen von der Insolvenzschuldnerin gekauft hat, und zwar für den nämlichen Betrag von 25.000,00 €, und an sie zurückgeleast hat. Wenn der Beklagte das bar abgehobene Geld an die G. GbR weitergeleitet haben sollte, ändert sich nichts.

Die ggfs. vor der Einlage getroffene Vereinbarung gemäß Ausgleichsvertrag vom 16. Juli 2013, sollte sie wie vorgelegt getroffen worden sein, würde die Beklagte auch nicht von ihrer Einlagepflicht befreien. Denn die an die GbR vereinbarte Zahlung könnte, da sie eine Leistung auch an den Geschäftsführer der Beklagten vorsieht, bei dem es sich um einen der Beklagten nahestehenden Dritten handelt, wegen § 19 Abs. 5 GmbHG nicht befreiend sein.

Die Beklagte hat auch mit der dargelegten Zahlung des Kaufpreises für Betriebsmittel ihre Einlagenpflicht nicht erfüllt. Es handelt sich nach der Zweckbestimmung um eine Kaufpreiszahlung. Die Insolvenzschuldnerin hat in diesem Zusammenhang auch Zahlungsverpflichtungen aus einem Leasing-Vertrag übernommen im Verhältnis zur Beklagten übernommen, so dass ihr der Betrag auch nicht uneingeschränkt zu freien Verfügung stand.

2. Der Beklagte schuldet den Betrag nach § 43 Abs. 3 GmbHG. Er durfte den Betrag nicht an sich als einen der Beklagten nahestehenden Dritten entgegen § 30 Abs. 1 GmbHG auszahlen lassen und ggfs. noch an weitere Dritte weitergeben. Als verantwortlicher Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin und der Beklagten wusste er das auch ganz genau. Die in diesem Zusammenhang vorgelegten Verträge und rechtlichen Konstruktionen sind auch für den auf allen Seiten handelnden Beklagten erkennbar der letztliche untaugliche Versuch, die Kapitaleinzahlungs- und Erhaltungsvorschriften zu umgehen.

3. Die Klage hat keinen Erfolg wegen weiterer 250,00 €, weil weder dargelegt noch ersichtlich ist, dass die Beklagte wegen dieses Betrags zur Einlagenzahlung verpflichtet gewesen wäre. Insoweit ist auch nicht ersichtlich, dass insoweit der Beklagte verantwortlich sein könnte.

Keinen Erfolg hat die Klage auch wegen außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten, deren Notwendigkeit nicht erkennbar ist.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.