Landgericht Verden
Beschl. v. 06.04.2016, Az.: 6 T 173/15
Bibliographie
- Gericht
- LG Verden
- Datum
- 06.04.2016
- Aktenzeichen
- 6 T 173/15
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2016, 43019
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG - 07.08.2015 - AZ: 15 M 320/15
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers vom 24.08.2015 werden der Beschluss des Amtsgerichts Nienburg vom 07.08.2015 sowie die Kostenrechnung des Obergerichtsvollziehers ... vom 07.04.2015 aufgehoben und der Obergerichtsvollzieher ... angewiesen, für den Zwangsvollstreckungsauftrag des Gläubigers vom 27.02.2015 keine Gebühr für die Übermittlung eines Vermögensverzeichnisses nach Nr. 261 KV-GvKostG nebst Auslagenpauschale nach Nr. 716 KV-GvKostG zu erheben.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Die weitere Beschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Der Gläubiger betreibt die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner aus einem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Mayen vom 24.03.1995, Geschäftsnummer 94-5616455-0-8. Er erteilte mit Schreiben vom 27.02.2015 (Bl. 2 d.A.) einen Auftrag zur Terminbestimmung zur Abgabe der Vermögensauskunft an die Verteilerstelle für Gerichtsvollzieheranträge bei dem Amtsgericht Nienburg. Die Ziffer 2 des Auftrages lautet:
„2) Ich beantrage die Abgabe der Vermögensauskunft gemäß § 802c ZPO. Von dem im Termin durch den Schuldner vorgelegten Unterlagen nach § 802f ZPO, beantrage ich Kopien zu fertigen. Sollte der Schuldner bereits die Vermögensauskunft abgegeben haben, ist das Datum und der Ort im Protokoll anzuführen und die Unterlagen zurückzusenden. Eine Übersendung des Vermögensverzeichnisses wird ausdrücklich nicht gewünscht.“
Mit Schreiben vom 07.04.2015 (Bl. 3 d.A.) teilte der Obergerichtsvollzieher ... dem Gläubiger mit, dass der Schuldner innerhalb der Frist des § 802d ZPO bereits in anderer Sache eine Vermögensauskunft geleistet habe. Eine Abschrift des Vermögensverzeichnisses werde erteilt. Entsprechend rechnete der Obergerichtsvollzieher eine Gebühr nach KV 261 für die Übermittlung der Vermögensauskunft an den Drittgläubiger in Höhe von 33,00 Euro ab. Die Kostenrechnung des Obergerichtsvollziehers hat dieser per Lastschrift von dem Konto des Gläubigers erhoben.
Mit Schreiben vom 22.04.2015 bat der Gläubiger den Obergerichtsvollzieher ... um Erstattung des aus seiner Sicht zu viel gezahlten Betrages in Höhe von 33,00 Euro.
Mit Schreiben vom 24.04.2014 lehnte der Obergerichtsvollzieher ... den Antrag des Gläubigers auf Rückzahlung der Gerichtsvollzieherkosten für die Übermittlung der Vermögensauskunft ab. Es sei im Gesetz nicht vorgesehen, dass der Gerichtsvollzieher Auskünfte aus dem Schuldnerverzeichnis erteile. Er sei keine Auskunftei. Die Feststellung, ob ein Schuldner die Vermögensauskunft abgegeben habe, könne ausschließlich im Rahmen von § 802d Abs. 1 ZPO getroffen werden.
Mit Schreiben vom 03.06.2015 hat der Gläubiger Erinnerung gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung eingelegt und beantragt, den Obergerichtsvollzieher ... anzuweisen, die zu viel erhobene Gebühr in Höhe von 33,00 Euro zurückzuerstatten (Bl. 1 d.A.).
Der Gläubiger ist der Ansicht, ein bedingter Antrag zur Abgabe der Vermögensauskunft unter Verzicht auf die Übersendung des Vermögensverzeichnisses sei zulässig. § 802d Abs. 1 S. 2 ZPO normiere keine Pflicht des Gerichtsvollziehers, dem Drittgläubiger das letzte abgegebene Vermögensverzeichnis zu übersenden. Der Gläubiger bestimme mit seinen Anträgen Beginn und Umfang der Zwangsvollstreckung. Es stehe ihm frei, die Zwangsvollstreckung jederzeit einstweilen oder endgültig zu beenden.
Das Amtsgericht hat die Erinnerung des Gläubigers mit Beschluss vom 07.08.2015 zurückgewiesen und die Beschwerde hiergegen zugelassen (Bl. 6 d.A.). Zur Begründung führt es aus, dass der Obergerichtsvollzieher berechtigt gewesen sei, eine Gebühr nach KV Nr. 261 des GvKostG in Rechnung zu stellen. Eine beschränkte Antragstellung sei nicht möglich. Der Antrag auf Durchführung der Zwangsvollstreckung werde von Amts wegen im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen geführt. Dabei stehe es dem Vollstreckungsgläubiger nicht frei, dem Gerichtsvollzieher die Prüfung einer inhaltlichen Beschränkung von Anträgen aufzuerlegen. In § 802d Abs. 1 S. 2 ZPO sei eine Verpflichtung des Gerichtsvollziehers zu sehen, einen Ausdruck des letzten abgegebenen Vermögensverzeichnisses zu übersenden, die nicht zur Disposition des Vollstreckungsgläubigers stehe. Anderenfalls würde keine Eintragung in das Schuldnerverzeichnis im Sinne von § 882b Abs. 1 ZPO erfolgen, wodurch dieses seine Bedeutung einbüßen würde. Es sei mit dem Zweck des Schuldnerverzeichnisses nicht vereinbar, wenn dieses durch eine bedingte Antragstellung des Vollstreckungs-gläubigers unterlaufen werde.
Gegen den Beschluss, der ihm am 14.08.2015 zugegangen ist (Bl. 10 d.A.), hat der Gläubiger mit Schreiben vom 24.08.2015 (Bl. 11 d.A.), bei Gericht eingegangen am 25.08.2015, sofortige Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, den Beschluss des Amtsgerichts Nienburg vom 11.08.2015 aufzuheben und der Erinnerung vom 03.06.2015 stattzugeben. Die Begründung entspricht derjenigen, die er mit seiner Erinnerung vorgetragen hat.
Das Amtsgericht Nienburg hat der Beschwerde mit Beschluss vom 31.08.2015 nicht abgeholfen und die Akten dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 13 d.A.).
Der Bezirksrevisor ist angehört worden (Bl. 17 d.A.). Er hält die zulässige sofortige Beschwerde für unbegründet und beantragt daher deren Zurückweisung.
II.
1. Die gemäß §§ 793, 567, 569 Abs. 1 ZPO zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte, sofortige Beschwerde des Gläubigers ist unbegründet.
Es besteht ein Anspruch des Gläubigers auf Erstattung der Gebühr nach KV Nr. 261 GvKostG für die Übersendung des Vermögensverzeichnisses. Der Obergerichtsvollzieher war auf Grund der eingeschränkten Antragsstellung nicht berechtigt, das Vermögensverzeichnis an den Gläubiger zu übersenden.
Die Frage, ob die Übersendung des Vermögensverzeichnisses eine Gebühr nach Nr. 261 KV-GvKostG auslöst, wenn der Vollstreckungsgläubiger hierauf ausdrücklich verzichtet hat, ist umstritten.
a) So haben das LG Würzburg (Beschluss vom 30.03.2015, 3 T 284/15), das LG Kiel (Beschluss vom 1. Juli 2014, 4 T 42/14) sowie das AG Dortmund (Beschluss vom 10. Januar 2014, 241 M 2027/13) entschieden, dass § 802d Abs. 1 S. 2 ZPO eine unverzichtbare Pflicht des Gerichtsvollziehers zur Weiterleitung der bereits abgegebenen Vermögensauskunft begründe, sobald ein Antrag auf Abgabe der Vermögensauskunft gestellt sei und der Gerichtsvollzieher feststelle, dass innerhalb der 2-Jahres-Frist bereits ein Vermögensverzeichnis erstellt worden ist. Eine Beschränkung des Auftrages des Vollstreckungsgläubigers auf Auskunftserhalt über die Vermögensverhältnisse des Schuldners allein durch eine neue Vermögensauskunft sei gesetzlich nicht möglich und eine entsprechende Erklärung gegenstandslos.
Grund für diese Pflicht des Gerichtsvollziehers sei der Wille des Gesetzgebers, alle Gläubiger dauerhaft durch die Schaffung des Schuldnerverzeichnisses und damit einer Möglichkeit zur Prüfung der Kreditwürdigkeit einer Person zu schützen. Dementsprechend sei das Verfahren zur Eintragung in das Schuldnerverzeichnis so gestaltet worden, dass es von Amts wegen betrieben werde. Hierzu gehöre gemäß § 882c Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO auch die Übersendung der Vermögensauskunft als Voraussetzung für eine Eintragungsanordnung. Der Schutzzweck des Schuldnerverzeichnisses werde unterlaufen, würde die Übersendung zur Disposition eines Vollstreckungsgläubigers gestellt.
Ein sachlicher Grund für einen Vollstreckungsgläubiger, seinen Auftrag von vornherein auf die Abnahme eines neuen Vermögensverzeichnisses zu beschränken, sei nicht ersichtlich. Für einen Verzicht eines Vollstreckungsgläubigers auf die Zuleitung der Vermögensauskunft gemäß § 802d Abs. 1 S. 2 ZPO kämen als Motiv allein kostenrechtliche Erwägungen in Betracht. Ein Vollstreckungsgläubiger, der den Vollstreckungsauftrag auf Abnahme der Vermögensauskunft erteile, wisse, dass bei Erledigung dieses Auftrages eine Gerichtsvollzieher-Gebühr anfalle. Für die gleiche Gebühr erhalte er im Falle des § 802d Abs. 1 S. 2 ZPO eine gleich informative – überprüfbare und nachbesserungsfähige – Vermögensauskunft.
b) Die von dem Gerichtsvollzieher zitierte Entscheidung des OLG Düsseldorf (Beschluss vom 23. September 2014, 10 W 130/14) setzt sich mit der Frage der möglichen Beschränkung eines Antrages auf Erteilung der Vermögensauskunft nicht auseinander, sondern stellt darauf ab, dass eine Nichterhebung von Kosten allenfalls nach § 7 Abs. 1 GvKostG möglich sei. Dies setze jedoch eine unrichtige Sachbehandlung durch den Gerichtsvollzieher voraus. In dem von dem OLG Düsseldorf zu entscheidenden Sachverhalt sei dies nicht der Fall gewesen.
c) Demgegenüber haben das OLG Hamm (Beschlüsse vom 10.02.2015, 25 W 277/14 und 25 W 306/14), das OLG Schleswig (Beschlüsse vom 12.02.2015, 9 W 114/14 sowie 9 W 143/14) und das LG Erfurt (Beschluss vom 07.08.2015, 3 T 145/15) angenommen, dass ein Vollstreckungsgläubiger im Rahmen seiner Dispositionsbefugnis seinen Antrag auf Erteilung der Vermögensauskunft hinsichtlich der Übersendung des Vermögensverzeichnisses beschränken könne. Eine Pflicht des Gerichtsvollziehers, auch in diesen Fällen dem Vollstreckungsgläubiger die zuvor abgegebene Vermögensauskunft zu übersenden, bestehe nicht. Vielmehr sei der Gerichtsvollzieher kostenrechtlich an der Übersendung der Vermögensauskunft gehindert. Der Vollstreckungsgläubiger bestimme mit seinem Antrag Beginn, Art und Ausmaß der Zwangsvollstreckung. Nur auf Grund eines Vollstreckungsauftrages werde der Gerichtsvollzieher nach § 802a ZPO tätig. Aus der Stellung des Vollstreckungsgläubigers als Herr des Verfahrens ergebe sich die Möglichkeit, den Vollstreckungsauftrag von Anfang an zu beschränken.
Weder aus § 802d Abs. 1 S. 2 ZPO noch aus § 882bff ZPO lasse sich ableiten, dass ein auflösend bedingter Antrag unzulässig sei. Die Formulierung „anderenfalls“ beinhalte keine zwingende Rechtsfolge. Die Regelung des § 802d Abs. 1 S. 2 ZPO bezwecke die Verfahrensbeschleunigung und diene dem Gläubigerinteresse. Sie beinhalte jedoch nicht eine Pflicht des Vollstreckungsgläubigers zur kostenpflichtigen Entgegennahme eines vorhandenen Vermögensverzeichnisses. Aus der Gesetzesbegründung folge nichts anderes.
Konsequenz sei, dass es bei einem beschränkten Antrag auf Erteilung der Vermögensauskunft nicht zu einer weiteren Eintragung des Schuldners in das Schuldnerverzeichnis komme. Es sei irrelevant, ob hierdurch das Informationsinteresse der Allgemeinheit oder die Warnfunktion des Schuldnerverzeichnisses hinsichtlich der Kreditwürdigkeit von Schuldnern beeinträchtigt werde. Eine eingeschränkte Zwangsvollstreckung stünde insoweit einem vollständigen Verzicht auf die Zwangsvollstreckung gleich. Zudem sei die lückenlose Erfassung der Gesamtzahl der Gläubiger nicht vordringlicher Gesetzeszweck. Eine etwaige Beeinträchtigung des Informationsinteresses des Rechtsverkehrs sei hinzunehmen.
Die bis zur Zuleitung des Vermögensverzeichnisses entfaltete Tätigkeit des Gerichtsvollziehers sei von der Nichterledigungsgebühr der Nrn. 604, 261 KV-GvKostG erfasst. Es bestehe ein Interesse der Vollstreckungsgläubiger, über § 802d ZPO in Erfahrung zu bringen, ob der Schuldner schon früher eine Vermögensauskunft abgegeben habe. Das Datum der Vermögensauskunft und ob der Schuldner nach Ablauf der zweijährigen Sperrfrist erneut zur Abgabe verpflichtet ist, ergebe sich aus dem Schuldnerverzeichnis gerade nicht.
d) Die Kammer schließt sich der zweitgenannten Auffassung an, wonach eine Beschränkung des Antrages auf Abgabe der Vermögensauskunft zulässig ist.
(1) Zunächst sind die Verfahrensgrundsätze in der Zwangsvollstreckung zu berücksichtigen. Grundsätzlich gilt in der Zwangsvollstreckung der Antragsgrundsatz und die Parteiherrschaft (Stöber in: Zöller ZPO-Kommentar, 30. Auflage 2014, Vor § 704 Rn. 19). Daher bestimmt der Vollstreckungsgläubiger Beginn, Art und Ausmaß der Zwangsvollstreckung und ist als Herr des Zwangsvollstreckungsverfahrens anzusehen. Allerdings wird die auf Antrag eingeleitete Zwangsvollstreckung von Amts wegen fortgeführt (Stöber in: Zöller ZPO-Kommentar, 30. Auflage 2014, Vor § 704 Rn. 20). Dies gilt bis der geltend gemachte Anspruch durchgesetzt ist oder der Gläubiger das Verfahren zum Stillstand bringt oder mit Antragsrücknahme beendet (Stöber in: Zöller ZPO-Kommentar, 30. Auflage 2014, Vor § 704 Rn. 20). Gleichwohl ist die Zwangsvollstreckung als formalisiertes Verfahrensrecht öffentlich-rechtlicher Natur zwingendes Recht (Stöber in: Zöller ZPO-Kommentar, 30. Auflage 2014, Vor § 704 Rn. 24). Die Voraussetzungen und Grenzen des staatlichen Vollstreckungshandelns sind daher den Abmachungen der Parteien entzogen, so dass Parteivereinbarungen nur in beschränktem Umfang zulässig sind (Stöber in: Zöller ZPO-Kommentar, 30. Auflage 2014, Vor § 704 Rn. 24). Es kommt daher darauf an, ob in diesem konkreten Fall durch die gesetzgeberische Ausgestaltung des § 802d Abs. 1 ZPO ein Automatismus etabliert worden ist, der als formalisiertes Verfahrensrecht der Disposition des Vollstreckungsgläubigers entzogen ist.
(2) § 802d Abs. 1 ZPO normiert, dass ein Schuldner, der die Vermögensauskunft nach § 802c ZPO oder nach § 284 der Abgabenordnung innerhalb der letzten zwei Jahre abgegeben hat, zur erneuten Abgabe der Vermögensauskunft nur verpflichtet ist, wenn ein Gläubiger Tatsachen glaubhaft macht, die auf eine wesentliche Veränderung der Vermögensverhältnisse des Schuldners schließen lassen. Anderenfalls leitet der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger einen Ausdruck des letzten abgegebenen Vermögensverzeichnisses zu.
Der Wortlaut des § 802d Abs. 1 S. 1 und 2 ZPO ist zunächst eindeutig. Sofern keine Tatsachen glaubhaft gemacht sind, die auf eine wesentliche Veränderung der Vermögensverhältnisse des Schuldners schließen lassen, ist ein Ausdruck des letzten abgegebenen Vermögensverzeichnisses zu übersenden. Ein Spielraum des Gerichtsvollziehers ist aus dem Wortlaut der Vorschriften nicht ersichtlich. Es ist nicht klar, ob der fehlende Spielraum für den Gerichtsvollzieher gleichzusetzen ist mit einem fehlenden Spielraum für den Vollstreckungsgläubiger.
(3) In der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 16/10069, S. 26) wird zu § 802d Abs. 1 S. 2 ZPO lediglich ausgeführt:
„Soweit daher der Anspruch weiterer Gläubiger auf Abgabe der Vermögensauskunft durch die Sperrfrist beschränkt ist, bestimmt Satz 2, dass der Gerichtsvollzieher ihnen einen Ausdruck der letzten abgegebenen Vermögensauskunft zukommen lassen muss.“
Hier ist die Wahl des Wortes „muss“ eindeutig. Ein Spielraum des Gerichtsvollziehers ist in der Gesetzesbegründung nicht vorgesehen. Aus der Tatsache, dass im Weiteren der Gesetzesbegründung auf die genauen Umstände dieser Übermittlung nicht eingegangen wird, kann nicht geschlossen werden, dass dieses „Muss“ keine Wirkung entfalten sollte. Vielmehr ist es ein Indiz dafür, dass der Gesetzgeber hier einen Automatismus einführen wollte, in dem auf die Feststellung, dass bereits eine Vermögensauskunft geleistet worden ist, direkt die Übermittlung des Vermögensverzeichnisses folgt. Gleichzeitig bedeutet dieser Automatismus nicht, dass er ebenfalls für den Vollstreckungsgläubiger gelten soll. Der Ablauf ist für den Gerichtsvollzieher vorgesehen, damit eine anschließende Kommunikation mit dem Vollstreckungsgläubiger, ob die Übersendung eines Vermögensverzeichnisses gewünscht ist, nicht stattfinden muss. Dies beinhaltet jedoch nicht spiegelbildlich, dass der Vollstreckungsgläubiger nicht schon mit dem Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft auf die Übersendung des Vermögensverzeichnisses verzichten könnte.
(4) Einigkeit besteht dahingehend, dass ein eingeschränkter Antrag auf Vermögensauskunft, mit dem auf die Übersendung des Vermögensverzeichnisses verzichtet wird, zur Folge hat, dass eine weitere Eintragung des Schuldners in das Schuldnerverzeichnis gemäß § 882c Abs. 1 Nr. 2 ZPO nicht erfolgt. Die Frage ist, ob ein Informationsinteresse der Allgemeinheit dahingehend besteht, dass sichergestellt wird, dass ein möglichst umfassendes Schuldnerverzeichnis geführt wird. Hier ist zu berücksichtigen, dass Gläubiger grundsätzlich nicht verpflichtet sind, die Zwangsvollstreckung zu betreiben und daher ein vollständiges Schuldnerverzeichnis ohnehin nicht zu erreichen ist. Ziel der Neugestaltung des Schuldnerverzeichnisses war es, die durch die moderne Informationstechnologie eröffneten Möglichkeiten zur Modernisierung des Verfahrens unter Wahrung datenschutzrechtlicher Belange auszuschöpfen, um die Justiz zu entlasten und den Schutz des Rechtsverkehrs weiter zu verbessern (BT-Drucksache 16/10069, S. 1). Die Prüfung der Kreditwürdigkeit von Schuldnern sollte damit erleichtert werden. Der Gedanke des Gesetzgebers war, sämtliche Vollstreckungshandlungen zu bündeln und elektronisch zentriert nachvollziehbar zu machen. Zuvor wurden die Schuldnerverzeichnisse jeweils lokal geführt, weswegen die Informationsmöglichkeiten über einen einzelnen Schuldner umständlich wahrzunehmen waren. Zwingende Rückschlüsse für die rechtliche Verknüpfung von § 802d Abs. 1 S. 1 und S. 2 ZPO lassen sich aus der Zielsetzung des Schuldnerverzeichnisses nicht ziehen.
(5) Es besteht einerseits ein Interesse des Gläubigers an der Beschränkung seines Auftrages hinsichtlich der Kosten. In diesem Fall ist offenkundig, dass die Übersendung des Vermögensverzeichnisses den größten Teil der Kostennote des Gerichtsvollziehers ausmacht, nämlich 33,- Euro von 46,65 Euro. Andererseits ist dem Informationsinteresse des Gläubigers in der Regel schon gedient, wenn ihm über den Weg des § 802d ZPO der Tag bezeichnet wird, an dem der Schuldner die Angaben aus dem Vermögensverzeichnis an Eides statt versichert hat. Darüber wird er über die zweijährige Sperrfrist unterrichtet. Dies ist eine Information, die er aus dem Schuldnerverzeichnis nicht erlangen kann. Auf diesen Zusammenhang bezieht sich Obergerichtsvollzieher ..., wenn er anmerkt, er sei keine Auskunftei. Die konkreten Angaben des Schuldners in dem Vermögensverzeichnis müssen nicht unbedingt von Relevanz für den Vollstreckungsgläubiger sein. Dem Vollstreckungsgläubiger auf dem Weg des § 802d Abs. 1 S. 2 ZPO eine umfangreichere Auskunft aufzudrängen als die, die er beantragt hat, erscheint nicht sachgerecht.
(6) Im Fall der Übermittlung des Vermögensverzeichnisses entsteht zu Gunsten des Gerichtsvollziehers eine Gebühr nach Nr. 261 KV-GvKostG in Höhe von 33,- Euro. Abschnitt 6 des KV-GvKostG sieht die Entstehung von Gebühren für den Fall nicht erledigter Amtshandlungen vor. Nach Nr. 604 KV-GvKostG entsteht bei Nichterledigung von Amtshandlungen der in den Nummern 250 bis 301 genannten Art eine Gebühr in Höhe von 15,- Euro. Abschnitt 6 des KV-GvKostG endet mit der Nachbemerkung:
„Die Gebühr für die nicht abgenommene Vermögensauskunft wird nicht erhoben, wenn diese deshalb nicht abgenommen wird, weil der Schuldner sie innerhalb der letzten zwei Jahre bereits abgegeben hat.“
Aus dem Zusammenspiel dieser Vorschriften ergibt sich, dass der Gesetzgeber auf Seiten des Vollstreckungsgläubigers keinen Automatismus für die Übermittlung des Vermögensverzeichnisses etablieren wollte. Nr. 604 KV-GvKostG schließt Nr. 261 in seine Auflistung mit ein (250-301). Für KV Nr. 260 (Abnahme der Vermögensauskunft) ist eine gesonderte Regelung für den Fall des Eingreifens von § 802d Abs. 1 S. 1 ZPO getroffen, nämlich, dass die Gebühr nicht entsteht. Es ist gerade nicht geregelt, dass eine Nichterledigungsgebühr im Falle der Nr. 261 KV-GvKostG nicht anfällt. Eine gesonderte Regelung für § 802d Abs. 1 S. 2 ZPO gibt es also nicht, obwohl dies möglich gewesen wäre.
e) In dem vorliegenden Fall war der Obergerichtsvollzieher damit entsprechend dem Vollstreckungsauftrag nicht gehalten, das Vermögensverzeichnis zu übersenden. Er hätte auf den Antrag des Gläubigers lediglich mitteilen müssen, wann und wo der Schuldner bereits die Vermögensauskunft abgegeben hat. Für die Nichtvornahme der Handlung aus § 802d Abs. 1 S. 2 ZPO hätte er eine Gebühr nach Nr. 604 KV-GvKostG in Höhe von 15,- Euro erheben können.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 5 Abs. 2 S. 2 GvKostG i.V.m. § 66 Abs. 8 GKG.
3. Gegen diesen Beschluss wird gemäß § 5 Abs. 2 S. 2 GvKostG i.V.m. § 66 Abs. 4 S. 1 GKG die weitere Beschwerde zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Dies ist der Fall, wenn eine klärungsbedürftige Frage zu entscheiden ist, deren Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten ist und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt.