Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 31.05.1990, Az.: 7 L 169/89
Statistik; Produzierendes Gewerbe; Industrie; Bauhauptgewerbe; Bundesstatistikgesetz; Verfassungsmäßigkeit; Berufsfreiheit; Berufsausübung; Auskunftsanspruch; Auskunftspflicht; Betriebsinhaber; Betriebsleiter; Juristische Person
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 31.05.1990
- Aktenzeichen
- 7 L 169/89
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1990, 13082
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1990:0531.7L169.89.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Hannover - 12.10.1989 - AZ: 2 Hi VG A 155/87
- nachfolgend
- BVerwG - 17.12.1991 - AZ: BVerwG 1 C 36.90
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 2. Kammer Hildesheim - vom 12. Oktober 1989 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann eine Kostenvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe eines gegen ihn festgesetzten Kostenerstattungsbetrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung im Rahmen des Gesetzes über die Statistik im Produzierenden Gewerbe.
Mit Verfügung vom 30. Januar 1987 wurde die Klägerin von dem Beklagten aufgefordert, bis auf weiteres den Monatsbericht nach § 4 Buchst. A, Ziff. I des Gesetzes über die Statistik im Produzierenden Gewerbe (GSPG) sowie den Vordruck zur Vierteljährlichen Auftragsbestandsstatistik ab I. Quartal 1987 nach § 4 Buchst. A Ziff. II PGSG abzugeben. Der Monatsbericht war am 12. Tag des auf den Berichtsmonat folgenden Monats und der Vordruck am 12. Tag nach Ablauf des Berichtsquartals einzureichen. Die Verfügung enthielt folgenden Hinweis: "Die Auskunftspflicht obliegt dem Inhaber oder Leiter eines Betriebes".
In dem Monatsbericht waren die Gesamtzahl der in dem Betrieb beschäftigten Personen nach Tätigkeitsmerkmalen und Ausbildungsstand aufzuschlüsseln. Die Angaben über geleistete Arbeitsstunden und Inlandumsatz waren zu differenzieren nach Bautypen (Wohnungsbau, Landwirtschaftlicher Bau, Gewerblicher und Industrieller Bau) sowie Auftraggebern (Bauten für Bundesbahn und Bundespost, Kirchen, Vereine, Verbände etc.; Bund, Länder, Gemeinden, Sozialversicherungen). Die gleiche Differenzierung wurde für den monatlichen Bericht über den Auftragseingang verlangt.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie behauptete, zu den angegebenen Daten die Berichte nicht wahrheitsgemäß vorlegen zu können, da die Lohn- und Gehaltssummen erst zum 15. des Folgemonats vorlägen. Darüber hinaus sei es nicht möglich, die geleisteten Arbeitsstunden, wie verlangt, zu differenzieren.
Die Klägerin wies den Widerspruch als unbegründet zurück. Sie verwies auf die Möglichkeit von Terminverlängerungen. Außerdem würden von der Klägerin keine differenzierten Nachweise für geleistete Baustellen, für die Aufgliederung des Umsatzes und die Auftragseingänge gefordert, sondern lediglich anteilmäßige Schätzungen.
Mit der am 22. Juli 1987 eingelegten Klage vor dem Verwaltungsgericht Hannover, 2. Kammer Hildesheim, hat die Klägerin ihren vorprozessualen Vortrag wiederholt.
Die Klägerin hat beantragt,
die Verfügung des Beklagten vom 30. Januar 1987 und dessen Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 1987 aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch Urteil vom 12. Oktober 1989 stattgegeben. Diese Entscheidung hat das Verwaltungsgericht auf zwei Gründe gestützt. Die Verfügung verletzte den Bestimmtheitsgrundsatz. Einerseits sei die Klägerin als Adressatin aufgefordert worden, den Monatsbericht und den Vordruck abzugeben, andererseits enthalte die Verfügung den Hinweis, daß die Auskunftspflicht dem Inhaber oder Leiter des Betriebes obliege. Zudem sei nach § 9 GSPG nur der Inhaber oder Leiter eines Unternehmens auskunftspflichtig und hätte daher nicht die Klägerin als Adressatin benennen dürfen. Darüber hinaus werde das Auskunftersuchen nicht in vollem Umfang von § 4 Buchst. A Ziff. I GSPG gedeckt. Diese Vorschrift sehe in den Monatsberichten keine Differenzierung der Beschäftigten oder Aufschlüsselung der geleisteten Arbeitsstunden, des Umsatzes und des Auftragseingangs nach der Art der Bauten und Auftraggeber vor. Damit verstoße diese Erhebung gegen § 9 Abs. 1 des Gesetzes über die Statistik für Bundeszwecke (Bundesstatistikgesetz vom 22. 1. 1987).
Gegen das am 6. November 1989 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 4. Dezember 1989 Berufung eingelegt.
Er ist der Meinung, der Hinweis auf die Auskunftsverpflichtung des Inhabers oder Leiters genüge den Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes gemäß § 37 Abs. 1 VwVfG. Eine namentliche Benennung sei von dem Statistischen Landesamt nicht zu verlangen. Die von der Klägerin geforderte Auskunft werde von § 4 A GSPG gedeckt. Diese Vorschrift eröffne der Statistik-Verwaltung einen Anwendungsspielraum hinsichtlich der Differenzierung der einzelnen Fragestellungen. Diese Diefferenzierungsmöglichkeiten seitens der Verwaltung seien durch die von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ausgelöste Novellierung des Bundesstatistikgesetzes nicht aufgehoben oder eingeschränkt worden.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover, 2. Kammer Hildesheim, vom 12. Oktober 1989 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Meinung, der Adressat des Berichtsersuchens sei nicht hinreichend bestimmt. Der Berufungskläger habe die Möglichkeit, sich über die Person des Betriebsleiters zu informieren. Im übrigen schließt sie sich der Argumentation des verwaltungsgerichtlichen Urteils an.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zutreffend erkannt, daß die von dem Beklagten vorgenommenen statistischen Erhebungen keine Grundlage in dem Gesetz über die Statistik im Produzierenden Gewerbe in der Fassung vom 30. Mai 1980 (BGBl. I S. 641) finden.
Zutreffend hat allerdings die Beklagte darauf hingewiesen, daß an der Verfassungsmäßigkeit des Bundesstatistikgesetzes und des Gesetzes über die Statistik im Produzierenden Gewerbe keine Zweifel bestehen. Die Auferlegung bestimmter Auskunfspflichten durch das Gesetz über die Statistik im Produzierenden Gewerbe vom 30. Mai 1980 i.V.m. dem Bundesstatistikgesetz stellt eine Regelung der Berufsausübung im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dar (ebenso BVerwG, Urt. v. 29. 8. 1968 - BVerwG I C 40.66 - DVBl. 1969 S. 550 zum Gesetz über die allgemeine Statistik in der Industrie und im Bauhauptgewerbe; OVG Lüneburg, Urt. v. 24. 6. 1981 - 9 OVG A 121/79 - zum Gesetz über die Statistik im Produzierenden Gewerbe; Hessischer VGH, Urt. vom 17. 3. 1986 - 11 OE 54/83 - Gewerbearchiv 1986, S. 225). Die Verpflichtung der Betriebe, den mit der Durchführung der Bundesstatistik betrauten Stellen betriebliche Auskünfte zu erteilen, hält sich auch innerhalb der von dem Bundesverfassungsgericht für derartige berufsbeschränkende Regelungen ausgewiesenen verfassungsrechtlichen Grenzen. Danach darf der Gesetzgeber die Freiheit der Berufsausübung im Interesse des Gemeinwohls zur Lösung solcher Sachaufgaben beschränken, die ein Tätigwerden des Gesetzgebers nach dessen eigener Einschätzung notwendig machen bzw. jedenfalls rechtfertigen, wobei dem Gesetzgeber, was die Beurteilung der Notwendigkeit bestimmter Maßnahmen angeht, ein Einschätzungsspielraum zugebilligt wird. Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers ist in verfassungswidriger Weise erst dann überschritten, wenn seine Erwägungen, die zum Erlaß bestimmter berufsbeschränkender Regelungen führen, offensichtlich so fehlsam sind, daß sie vernünftigerweise keine Grundlage für gesetzgeberisches Handeln abgeben können. Wie jedes staatliche Handeln muß darüber hinaus sichergestellt sein, daß der Gesetzgeber seine Rechtsetzungsmacht nicht zu sachfremden Zwecken mißbraucht und daß das von ihm eingesetzte Mittel zur Erreichung des für ihn für notwendig erachteten Zwecks geeignet und erforderlich ist.
Unter Beachtung dieser Grundsätze kann kein Zweifel bestehen, daß die von der Klägerin angegriffene gesetzliche Verpflichtung nicht in verfassungswidriger Weise in die ihr grundgesetzlich gewährleistete Freiheit der Berufsausübung eingreift. Daß amtliche Statistiken vernünftigen Gründen des Allgemeinwohls entsprechen und die wesentliche und notwendige Grundlage einer aktuellen und situationsbezogenen Wirtschafts-, Sozial- und Arbeitsmarktpolitik darstellen, bedarf keiner weiteren Begründung. Nur auf der Grundlage gesicherter Erhebungen dieser Art ist der auf der Basis des Sozialstaatsprinzips intervenierende und daseinsvorsorgende Staat in der Lage, die von ihm im politischen Bereich als notwendig empfundenen Entscheidungen und Handlungen durch seine hierzu berufenen Organe sachlich richtig zu treffen.
Kein Zweifel kann schließlich daran bestehen, daß die hier einschlägigen gesetzlichen Regelungen auch geeignet und erforderlich sind, den vom Gesetzgeber mit ihr angestrebten Zweck zu erreichen.
Zuzustimmen ist dem Beklagten auch insoweit, daß die Klägerin als juristische Person zur Auskunft herangezogen werden konnte.
Gemäß § 9 GSPG sind auskunftspflichtig i.S. von § 10 des Gesetzes über die Statistik für Bundeszwecke i.d.F. vom 14. März 1980 "die Inhaber oder Leiter der Unternehmen und die Leiter der Betriebe". Die letztgenannte Vorschrift wurde durch § 15 des Gesetzes über die Statistik für Bundeszwecke vom 22. Januar 1987 (BStatG) (BGBl. I S. 462) abgelöst. Obwohl der hier im Streit befindliche Bescheid noch auf das Gesetz über die Statistik für Bundeszwecke vom 14. März 1980 verweist, ist doch bereits das Gesetz über die Statistik für Bundeszwecke vom 22. Januar 19.87 maßgebend. Denn letzteres ist am 23. Januar 1987 in Kraft getreten, und der Bescheid erging am 30. Januar 1987. Gemäß § 15 BStatG haben die eine Bundesstatistik anordnenden Rechtsvorschriften, und als eine solche ist das, Gesetz über die Statistik im Produzierenden Gewerbe anzusehen, festzulegen, ob und in welchem Umfang die Erhebung mit oder ohne Auskunftspflicht erfolgen soll. Die Neufassung dieser Vorschrift ist eine Konsequenz des Volkszählungsurteils des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 65, 1) wonach der Gesetz- oder Verordnungsgeber gehalten ist, im Einzelfall zu bestimmen, wie weit die Auskunftspflicht auszudehnen ist (vgl. den Bericht des Innenausschusses (4. Ausschuß) zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Statistik für Bundeszwecke (BT-Drucks. 10/6666 vom 4. 12. 1986).
Gemäß § 15 BStatG können sowohl natürliche wie auch juristische Personen auskunftspflichtig sein. Dieser durch § 15 BStatG gesetzte Rahmen wird durch § 9 GSPG ausgefüllt. Danach sind zur Auskunft verpflichtet die Inhaber oder Leiter der Unternehmen und die Leiter der Betriebe (und nicht, wie im Bescheid angegeben, "Inhaber oder Leiter eines Betriebes"). Der Begriff des Inhabers erfaßt aber nicht nur natürliche, sondern auch juristische Personen. Insofern vermochte sich eine Heranziehung der Klägerin auf § 9 GSPG i.V.m. § 15 BStatG zu stützen. Der Heranziehungsbescheid ist insoweit auch nicht zu unbestimmt. Aus dem Bescheid ergibt sich mit hinreichender Klarheit, daß die unmißverständlich als Adressatin genannte Klägerin und nicht ihr Leiter auskunftspflichtig sein sollte. Schließlich geht ebenfalls der Widerspruchsbescheid davon aus, daß die Klägerin und nicht ihr Leiter zur Auskunft verpflichtet ist. Damit erfüllt der Bescheid vom 30. 1. 1987 entgegen der Meinung des Verwaltungsgerichts die Voraussetzungen des § 37 Abs. 1 VwVfG.
Nicht in Einklang mit §§ 9, 10, 11, BStatG i.V.m. § 4 GSPG steht dagegen die Forderung, die Angaben über geleistete Arbeitsstunden und Inlandsumsatz (Fragengruppe C) sowie Auftragseingang im Berichtsmonat (Fragengruppe D) nach Auftraggebern zu differenzieren.
Gemäß § 10 Abs. 1 BStatG werden Bundesstatistiken auf der Grundlage von Erhebungs- und Hilfsmerkmalen erstellt, wobei gemäß § 9 Abs. 1 BStatG die Erhebungsmerkmale und die Hilfsmerkmale durch die eine Bundesstatistik anordnende Rechtsvorschrift, hier das Gesetz über die Statistik im Produzierenden Gewerbe, bestimmt werden müssen.
§ 9 Abs. 1 BStatG stellt eine besondere Ausprägung des in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Gesetzesvorbehalts dar, wobei der Inhalt dieser Vorschriften bei der Beratung des Gesetzes wie folgt umschrieben wurde:
"Die Erhebungsmerkmale und Hilfsmerkmale sind in den einzelstatistischen Rechtsvorschriften anzugeben (§ 9 Abs. 1). Die in Absatz 1 enthaltene Definition verdeutlicht, daß der Begriff "Erhebungsmerkmale" mehrere Angaben umfassen kann. Dabei wird hinsichtlich des Differenzierungsgrades insoweit ein unterschiedlicher Maßstab anzulegen sein, als sich Erhebungsmerkmale bei Unternehmen und Betriebsstatistiken häufig auf Merkmalkomplexe beziehen werden. Demgegenüber ist bei Bevölkerungsstatistiken - wie etwa im Fall des Mikrozensus und der Volkszählung - oder vergleichbaren Bundesstatistiken eine stärkere Differenzierung nach Merkmalausprägungen angezeigt, um den in diesen Bereichen mit Sinn und Zweck des Frageprogramms weniger vertrauten Auskunftspflichtigen eine ausreichende Einsicht in den jeweiligen Inhalt und Umfang der Erhebung zu geben." (BT/Drucks. 10/5345)
Aus § 9 BStatG folgt, wie der Beklagte auch vorgetragen hat, daß die Erhebungsmerkmale im Gesetz über die Statistik im Produzierenden Gewerbe als Merkmalkomplexe zu verstehen sind. Dies gibt dem Beklagten grundsätzlich eine gewisse Freiheit bei der Formulierung seiner Fragen. Das Verwaltungsgericht hat diesen Gesichtspunkt in seiner Urteilsbegründung verkannt. Auch unter der Geltung des Bundesstatistikgesetzes von 1987 ist die Freiheit der Statistikbehörden, ihre Fragestellung zu formulieren, nicht völlig aufgehoben. Eine derartige Bindung der Statistikbehörden läßt sich dem Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE, 65, 1) nicht entnehmen. Es darf nicht unberücksichtigt bleiben, daß sich das Volkszählungsurteil auf die Erhebung persönlicher Daten dagegen die hier in Frage stehenden Statistiken auf geschäftliche Daten beziehen. Verkannt wird aber auf Seiten des Beklagten, daß das Bundesstatistikgesetzüber § 11 Abs. 3 der Freiheit hinsichtlich der Fragengestaltung Grenzen setzt. Gemäß § 11 Abs. 3 BStatG dürfen die Erhebungsvordrucke keine Fragen über sachliche Verhältnisse enthalten, die über die Erhebungs- und Hilfsmerkmale hinausgehen. Zum Gehalt dieser Vorschrift wurde in den Beratungen des Gesetzes ausgeführt:
"Die Vorschrift stellt sicher, daß nur solche Fragen gestellt werden dürfen, die unter die in der jeweiligen Rechtsvorschrift angeordneten Erhebungsmerkmale subsumierbar sind oder sich im Rahmen der bei der Durchführung der Bundesstatistik verwendeten Hilfsmerkmale halten."
Danach ist § 11 Abs. 3 BStatG i.V.m. § 9 Abs. 1 BStatG so zu verstehen, daß nur diejenigen Angaben abgefragt werden können, die noch unter die im Gesetz über die Statistik im Produzierenden Gewerbe verwandten Erhebungsmerkmale subsumierbar sind. Insofern widerspricht die Argumentation des Beklagten in der Berufungsbegründung, die statistischen Ämter hätten einen weiten "Anwendungsspielraum" hinsichtlich der konkreten Fragestellung, § 11 Abs. 3 BStatG und der dazu gegebenen Begründung des Gesetzgebers.
Die Merkmalkomplexe, die für das Produzierende Gewerbe abgefragt werden können, ergeben sich aus § 4 A I GSPG. Diese Vorschrift benennt fünf hier relevante Merkmalkomplexe: die tätigen Personen, die Arbeitsstunden, die Lohn- und Gehaltssummen, den Umsatz und den Auftragseingang. Diese Merkmalkomplexe tauchen auch in dem Fragebogen auf, wobei sie allerdings teilweise kombiniert sind. Der hier umstrittene Fragenkomplex C verlangt eine Aufschlüsselung der geleisteten Arbeitsstunden und des Umsatzes nach Bautypen und Auftraggebern. Diese Differenzierung ist nicht mehr unter die Merkmalkomplexe "Arbeitsstunden" bzw. "Umsatz" subsumierbar.
Unter den Merkmalkomplex "Arbeitsstunden" fällt die Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden und auch noch die Differenzierung nach Hoch- und Tiefbau. Insofern zielt der Merkmalkomplex "geleistete Arbeitsstunden" auf einen rein innerbetrieblichen Sachverhalt. Die Erfassung auch von außerbetrieblichen Gesichtspunkten wird dadurch nicht ermöglicht. Von daher begegnet bereits die Differenzierung nach Bauarten (Wohnungsbau, Landwirtschaftlicher Bau, Gewerblicher und Industrieller Bau) Bedenken. Denn diese Angaben haben einen über den Merkmalkomplex "Arbeitsstunden" hinausgehenden und nicht mit diesem unmittelbar zusammenhängenden Erkenntniswert.
Dies gilt auch für den Merkmalkomplex "Umsatz". Umsatz wird betriebswirtschaftlich definiert als der Wert der abgesetzten Erzeugnisse und Dienstleistungen. Diese Definition liegt auch dem Bilanzrichtliniengesetz vom 19. Dezember 1985 zu Grunde (BGBl. I S. 2355, vgl. Art. I §§ 275, 277).
Wo der Bundesgesetzgeber mit dem Gesetz über die Statistik im produzierenden Gewerbe in vergleichbaren Gesetzen eine Differenzierung jenes Erhebungsmerkmals wollte, pflegte er dies in den entsprechenden Vorschriften unmißverständlich zum Ausdruck zu bringen. So wird etwa in dem annähernd im gleichen Zeitraum wie das Gesetz über die Statistik im Handel und Gastgewerbe (Handelsstatistikgesetz) vom 10. November 1978 (BGBl. I S. 1733) als Gegenstand statistischer Erhebungen genannt
"der Umsatz nach Arten der ausgeübten wirtschaftlichen Tätigkeiten" (§ 4 Nr. 8),
"im Großhandel und Einzelhandel der Umsatz nach Warengruppen und Absatzformen" (§ 4 Nr. 9),
"im Gastgewerbe der Umsatz nach Beherbergung, Verpflegung einschließlich Getränke und der sonstige Umsatz" (§ 4 Nr. 10),
"der Umsatz nach Arten der ausgeübten wirtschaftlichen Tätigkeiten" (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 b).
Wenn angesichts dieser Praxis des Bundesgesetzgebers in einem ähnlichen, zwei Jahre zuvor erstmals und zwei Jahre später in einer Neufassung in Kraft gesetzten Gesetz lediglich von "Umsatz" die Rede ist, so spricht viel dafür, daß der Gesetzgeber damit ausschließlich den Gesamtumsatz gemeint und es dabei auch hat bewenden lassen wollen. Die Frage nach den Gründen einer solchen gesetzgeberischen Entscheidung läßt sich leicht damit beantworten, daß jede weitere Differenzierung eines Erhebungsmerkmals eine zusätzliche Belastung für den Auskunftspflichtigen bedeutete und der Gesetzgeber sich darum - unabhängig von einer sich aus dem Gesichtspunkt der "Wesentlichkeit" ergebenden Verpflichtung - die Entscheidung darüber vorbehalten wollte, ob dem Auskunftspflichtigen diese Belastung auferlegt werden sollte. Wie dem auch sei, so ist jedenfalls kein durchgreifender Grund für die Annahme ersichtlich, daß der Gesetzgeber bei dem Gesetz über die Statistik im Produzierenden Gewerbe von seiner im Handelsstatistikgesetz zum Ausdruck kommenden Übung hat abweichen wollen. Daher verbietet sich eine Auslegung der §§ 4 und 5 GSPG, welche es der Verwaltung ermöglichte, das gesetzliche Erhebungsmerkmal "Umsatz" beliebig zu untergliedern.
Darüber hinaus hat der Senat Zweifel, ob der Klägerin die ihr abverlangte Differenzierung des Umsatzes überhaupt möglich ist. Der Klägerin ist weder notwendigerweise die zukünftige Nutzung der Bauten, für die sie tätig geworden, ist, bekannt, noch besteht immer Klarheit - z.B. bei Zwischenschaltung einer Bauträgergesellschaft - über den eigentlichen Auftraggeber. Demgegenüber kann sich der Beklagte nicht darauf berufen, daß lediglich Schätzungen, nicht aber exakte Angaben verlangt würden. Denn § 23 BStatG verpflichtet die Klägerin unter Androhung einer Ordnungsstrafe dazu, ihre Angaben richtig und vollständig zu machen.
Die gleichen Bedenken bestehen gegen die im Fragenkomplex D vorgesehene Differenzierung nach Auftraggebern. Auch insoweit ist fraglich, ob die Klägerin die von ihr verlangten Daten überhaupt erbringen kann.
Der Beklagte vermag sich schließlich nicht auf die Überleitungsvorschrift des § 26 BStatG zu berufen. Diese Vorschrift ist für die zur Entscheidung stehende Problematik nicht einschlägig. Denn Abs. 2 bezieht sich nur auf die hier nicht relevanten Hilfsmerkmale, Abs. 3 auf Fragen der Geheimhaltung und Abs. 4 auf die Auskunftspflicht. Dagegen erlaubt § 26 BStatG nicht eine über § 11 Abs. 3 BStatG hinausgehende Befragung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 162 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, da der Rechtssache - insbesondere der Antwort auf die Frage, ob und in welchem Maße die §§ 4 und 5 GSPG eine Differenzierung der gesetzlichen Erhebungsmerkmale in den Erhebungsvordrucken zulassen - grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Dr. Czajka
Wolfrum
Kalz