Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 22.09.2003, Az.: Not 10/03
Verstoß eines Notars gegen Mitwirkungsverbote; Gefahr der Amtsenthebung; Geltung disziplinarrechtlicher Vorschriften; Anfechtung eines Verwaltungsaktes; Möglichkeit der Ahndung im nichtförmlichen Verfahren; Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit; Erfordernis eines besonders schwerwiegenden Verstoßes; Massive Verletzung der Interessen eines Urkundsbeteiligten; Erledigung einer Angelegenheit wegen freundschaftlicher Verbindung; Zeitnähe der Verstöße mit Inkrafttreten des geänderten Beurkundungsgesetzes
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 22.09.2003
- Aktenzeichen
- Not 10/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 18377
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2003:0922.NOT10.03.0A
Rechtsgrundlagen
- § 3 Abs. 1 BeurkG
- § 50 Abs. 1 Nr. 9 BNotO
- § 50 Abs. 3 S. 3 2. HS BNotO
- § 3 Abs. 1 Nr. 7 BNotO
Fundstellen
- KGReport Berlin 2004, 7
- OLGR Düsseldorf 2004, 7
- OLGR Frankfurt 2004, 7
- OLGR Hamm 2004, 7
- OLGR Köln 2004, 7
- OLGReport Gerichtsort 2003, 454-458
- OLGReport Gerichtsort 2004, 7
Verfahrensgegenstand
Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Notars wegen Feststellungen der Voraussetzungen der Amtsenthebung gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 9 BNotO
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Eine Amtsenthebung des Notars wegen grober wiederholter Verstöße gegen Mitwirkungsverbote nach § 50 Abs. 1 Nr. 9 BNotO, § 3 Abs. 1 BeurkG setzt voraus, dass der Notar mehrfach derart schwer gegen Mitwirkungsverbote verstoßen hat, dass größte Zweifel an der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit seiner Amtsführung bestehen.
- 2.
Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebietet es, die Voraussetzungen des § 50 Abs. 1 Nr. 9 BNotO nicht schon dann anzunehmen, wenn dem Notar mehrere "einfache" Verstöße gegen § 3 Abs. 1 BeurkG anzulasten sind, mögen diese auch als vorsätzliche Verletzungen der Vorschrift einzustufen sein; allein die Frage, welche Schuldform dem Notar subjektiv vorzuwerfen ist, kann im Hinblick auf den unbestimmten Rechtsbegriff der "groben wiederholten Verstöße" nicht als entscheidend angesehen werden.
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Bei der Entscheidung über die Amtsenthebung eines Notars ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Nur wenn in Anbetracht des Gewichts der Verstöße die Möglichkeiten des nichtförmlichen Disziplinarverfahrens nicht ausreichen, um dem Notar die Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens vor Augen zu führen, kann - vorausgesetzt es handelt sich um wiederholte grobe Verstöße - die Amtsenthebung als für den Notar einschneidendstes Mittel verfügt werden.
- 2.
Dabei ist auch eine bestehende Zeitnähe zur Änderung des Beurkundungsgesetzes zu beachten, die einen Verstoß gegen neu erwachsene Pflichten weniger gravierend erscheinen läßt.
In dem Rechtsstreitverfahren
hat der Notarsenat bei dem Oberlandesgericht Celle
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ,
den Richter am Oberlandesgericht und
den Notar
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 22. September 2003
beschlossen:
Tenor:
Der Bescheid des Antragsgegners vom 9. April 2003 - Geschäftszeichen: , mit dem der Antragsgegner dem Antragsteller eröffnet hat, dass seine Amtsenthebung gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 9 BNotO in Aussicht zu nehmen ist, wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass der in jener Verfügung genannte Grund für eine Amtsenthebung nicht vorliegt.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Notars.
Der Wert des Verfahrens wird auf 50.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
Der Antragsteller ist seit 1979 als Rechtsanwalt bei dem Amtsgericht und dem Landgericht tätig. Mit Erlass vom 31. Juli 1984 ist er zum Notar für den Bezirk des Oberlandesgerichts mit dem Amtssitz in bestellt worden. Er übt seine Tätigkeit als Rechtsanwalt und Notar allein aus.
I.
Gegen den Notar, der über ein vergleichsweise kleines Notariat verfügt - die Anzahl seiner Urkunden hat 1998 261, 1999 262, 2000 153, 2001 172 und 2002 bis zum 12. August 2002 106 betragen - sind während seiner Amtszeit mehrere Disziplinarverfahren geführt worden, in denen Geldbußen gegen den Notar verhängt worden sind.
So ist zunächst durch Disziplinarverfügung vom 31. Juli 1991 gegen den Notar eine Geldbuße in Höhe von 3.000,00 DM wegen Verstößen bei der Abwicklung von Verwahrungsgeschäften, insbesondere Treuhandgeschäften und Unregelmäßigkeiten bei der Führung der Urkundenrolle sowie der Urkundensammlung verhängt worden.
Mit Disziplinarverfügung vom 13. März 1995 ( ) ist weiter eine Geldbuße in Höhe von 700,00 DM wegen der nicht wortgetreuen Ausführung von Hinterlegungsanweisungen bzw. Treuhandaufträgen, Verstößen gegen die Pflicht zur unverzüglichen Auszahlung von Beträgen, die Entgegennahme unvollständiger Hinterlegungsanweisungen und die fehlende Klarstellung nicht eindeutiger Treuhandaufträge verhängt worden.
Eine weitere Geldbuße in Höhe von 500,00 DM hat das Landgericht - Der Präsident - mit Disziplinarverfügung vom 25. Juni 1999 ( ) dem Notar auferlegt, weil er in einer Familiensache eine Scheidungsfolgenvereinbarung beurkundet hatte, obwohl er zuvor für die geschiedene Ehefrau als Anwalt tätig gewesen war und einen Antrag auf Übertragung der elterlichen Sorge für ein gemeinsames Kind und auf Erlass einer vorläufigen Anordnung gestellt hatte.
Durch eine weitere Disziplinarverfügung des Präsidenten des Landgerichts vom 13. Juni 2000 ( ) ist der Notar schließlich wegen der Verletzung von Mitteilungspflichten, der Nichtablehnung einer Beurkundung, bei der der Verdacht bestand, dass mit der Urkunde unerlaubte oder unredliche Zwecke verfolgt würden, sowie mehrerer Treuhandverstößen mit einer Geldbuße in Höhe von 4.500,00 DM belegt worden.
II.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Vorwurf, der Notar habe wiederholt grob gegen Mitwirkungsverbote gemäß § 3 Abs. 1 BeurkG verstoßen. Der Notar sei deshalb nach § 50 Abs. 1 Nr. 9 BNotO seines Amtes zu entheben. Grundlage der Verfügung des Antragsgegners vom 9. April 2003, mit der dem Notar gemäß § 50 Abs. 3 Satz 3 2. Halbs. BNotO eröffnet worden ist, dass der Antragsgegner seine Amtsenthebung in Aussicht genommen hat (hinsichtlich der Einzelheiten dieser Verfügung wird auf Bl. 43 - 47 der beigezogenen Akten - Bezug genommen), sind insgesamt fünf Fälle, in denen der Notar die mit der Neufassung des Beurkundungsgesetzes geänderten Mitwirkungsverbote nicht beachtet haben soll.
1.
So hat der Antragsgegner dem Antragsteller zunächst einen Verstoß gegen § 3 Abs. 1 Nr. 7 BeurkG angelastet, weil der Antragsteller am 18. November 1998 eine Tilgungsvereinbarung zwischen der GmbH und der GmbH über einen Betrag von 594.497,30 DM beurkundet habe, obwohl er zuvor bereits als Rechtsanwalt der GmbH den Erlass eines Mahnbescheids über 24.638,40 DM gegen die Schuldnerin beantragt habe, wobei dieser Teilbetrag in dem Gesamtbetrag, den die Schuldnerin notariell anerkannt habe, enthalten gewesen sei. Auf Grund dieses Verhaltens sei dem Antragsteller ein zumindest grob fahrlässiger Verstoß gegen das Mitwirkungsverbot des § 3 Abs. 1 Nr. 7 BeurkG anzulasten; die Einlassung, sich erst anlässlich dieser Beurkundung mit der Neufassung des § 3 BeurkG vertraut gemacht zu haben, könne den Notar ebenso wenig entlasten, wie auch der Hinweis in der Urkunde, dass beide Urkundsbeteiligten sich darüber einig gewesen seien, dass der Notar den Mahnbescheid im Interesse beider Beteiligten beantragt gehabt habe, sich nicht entlastend auswirke. Vielmehr müsse von einem Notar erwartet werden, dass er sich schon im Vorfeld konkreter Beurkundungsvorgänge mit der Neufassung der für ihn einschlägigen gesetzlichen Vorschriften auseinander setze und vertraut mache. Ein möglicherweise vorliegendes Fehlverständnis der Neuregelung ändere deshalb nichts an der Vorwerfbarkeit.
2.
Ein weiterer Verstoß gegen § 3 Abs. 1 Nr. 7 BeurkG liege vor, weil der Notar am 20. April 1999 eine Scheidungsfolgenvereinbarung zwischen den Eheleuten beurkundet habe, obwohl er zuvor am 13. Februar 1998 den Scheidungsantrag für die Ehefrau gestellt gehabt habe. Der Verstoß gegen die Pflicht, im Hinblick auf eine frühere anwaltliche Tätigkeit in derselben Angelegenheit tätig zu werden, wiege in diesem Fall besonders schwer, weil dem Notar unmittelbar vor der Beurkundung am 20. April 1999 die Verfügung des Präsidenten des Landgerichts vom 9. April 1999 zugegangen sei, in der ihm disziplinarrechtliche Vorermittlungen wegen des Verstoßes gegen das Mitwirkungsverbot gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 5 BeurkG a.F. angekündigt worden seien. Auch habe der Notar schon in seiner Stellungnahme gegenüber der Notarkammer in der Angelegenheit am 23. Februar 1999 erklärt, dass er durch seine notarielle Tätigkeit im Anschluss an die Tätigkeit als Rechtsanwalt Amtspflichten verletzt habe. Hieraus sei zu schließen, dass er in der Angelegenheit vorsätzlich gegen seine notariellen Pflichten verstoßen habe.
3.
Ein weiterer Verstoß gegen § 3 Abs. 1 Nr. 3 BeurkG sei dem Notar vorzuwerfen, weil er am 2. Dezember 1999 eine Grundschuldbestellung beurkundet habe, bei der Besteller der Grundschuld seine Schwester und sein Schwager gewesen seien. Zwar habe der Notar insoweit in seiner Stellungnahme geltend gemacht, irrtümlich angenommen zu haben, dass es sich bei der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 3 BeurkG nicht um ein zwingendes Mitwirkungsverbot, sondern um eine "Soll"-Vorschrift handele. Es bestehe gleichwohl der Eindruck, dass er sich bewusst über die Regelung hinweg gesetzt habe, weil das Verbot, in Angelegenheiten Angehöriger tätig zu werden, auch schon nach der alten Rechtslage bestanden habe. Insoweit müsse auch berücksichtigt werden, dass gegen den Notar mit Disziplinarverfügung vom 25. Juni 1999 bereits eine Geldbuße in Höhe von 500,00 DM wegen einschlägiger Pflichtverletzungen (Angelegenheit ) festgesetzt worden sei, sodass der Notar besonderen Anlass gehabt habe, die Frage der Zulässigkeit der Mitwirkung genau zu überprüfen und die Kernpflichten eines Anwaltnotars zu beachten.
4.
Ein weiterer Verstoß gegen Mitwirkungsverbote sei darin zu sehen, dass der Notar am 25. Mai 1999 zu seiner Urkundenrolle Nr. 110/99 ein Schuldanerkenntnis einer Frau zu Gunsten der Grundstücksgesellschaft 49 - 51 über 105.000,00 DM beurkundet habe, obwohl er den Rechtsanwälten der Grundstücksgesellschaft zuvor mit Schreiben vom 12. Mai 1999 bereits angezeigt gehabt habe, Frau in derselben Angelegenheit anwaltlich zu vertreten. Trotz des Mitwirkungsverbots des § 3 Abs. 1 Nr. 7 BeurkG sei der Notar in dieser Angelegenheit am 18. Mai 2000 noch einmal tätig geworden und habe in seiner Eigenschaft als Notar ein weiteres Schuldanerkenntnis beurkundet, weil die Bezeichnung der Gläubigerseite in der am 25. Mai 1999 errichteten Urkunde nicht hinreichend bestimmt gewesen sei. In beiden Fällen liege ein Verstoß gegen ein Mitwirkungsverbot vor. Der Antragsgegner habe zwar geltend gemacht, irrig davon ausgegangen zu sein, dass ein Mandatverhältnis zu Frau nicht bestanden habe; dies könne ihn aber nicht entlasten, weil er in seinem Schreiben vom 12. Mai 1999 gegenüber den Anwälten der Gegenseite seine anwaltliche Vertretung angezeigt gehabt habe.
5.
Schließlich sei ein weiterer Verstoß gegen § 3 Abs. 1 Nr. 3 BeurkG darin zu sehen, dass der Notar die Unterschriften seines Bruders und seiner Schwägerin am 12. Mai 2001 auf einer Grundschuldbestellungsurkunde beglaubigt habe, die von der Landessparkasse zu zur Verfügung gestellt worden sei.
Insgesamt lägen damit wiederholte grobe Verstoße gegen Mitwirkungsverbote gemäß § 3 Abs. 1 BeurkG vor. Der Notar sei gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 9 BNotO zwingend seines Amtes zu entheben, ein Ermessen bestehe insoweit nicht. Für die Annahme grober Verstöße gegen Mitwirkungsverbote spreche auch, dass der Notar in einer Stellungnahme vom 27. April 1999 in einem nichtförmlichen Disziplinarverfahren selbst erklärt habe, dass ihm bewusst sei, dass er das Mandat nicht hätte übernehmen dürfen, gleichwohl aber später weitere Verstöße der gleichen Art begangen habe.
III.
Gegen die mit Verfügung vom 9. April 2003 in Aussicht gestellte Amtsenthebung gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 9 BNotO richtet sich der Antrag des Notars auf gerichtliche Entscheidung, den er wie folgt begründet:
Hinsichtlich der Beurkundung des Schuldanerkenntnisses am 18. November 1998 sei zu berücksichtigen, dass der Schuldgrund und der Betrag, der Gegenstand des Anerkenntnisses gewesen sei, mit dem Betrag, den er als Anwalt der GmbH gegen die GmbH per Mahnbescheid verfolgt habe, überhaupt nichts zu tun gehabt habe. Es sei nicht eine Angelegenheit i.S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 7 BeurkG gewesen. Allerdings sei während der Beurkundung u.a. der Betrag von 25.918,40 DM zur Sprache gekommen und die Parteien hätten erklärt, darüber einig zu sein, dass M. diesen Betrag der ebenfalls schuldete. Sie hätten deshalb den Notar gebeten, ihn der Summe des Betrages des Anerkenntnisses hinzuzusetzen. Diesem Wunsch habe sich der Notar nicht verschließen können. Der mit Mahnbescheid geltend gemachte Betrag sei - so hat der Notar in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage erklärt - zu dem Betrag hinzugerechnet worden, über den der Notar bereits eine Urkunde vorbereitet gehabt habe.
Er habe seine frühere Tätigkeit allerdings auch nicht unter den Tisch gekehrt, sondern vielmehr eine Formulierung in den Vertrag aufgenommen, wonach die Parteien mit seiner Tätigkeit als Notar trotz der vorausgehenden Tätigkeit als Anwalt einverstanden gewesen seien. Eine Überprüfung des § 3 Abs. 1 Nr. 7 BeurkG sei erst anlässlich der Verhandlung erfolgt, da die Vorschrift zum Zeitpunkt der Beurkundung erst zwei Monate in Kraft gewesen sei, habe dem Notar eine Kommentierung noch nicht zur Verfügung gestanden. Nach seinem damaligen Verständnis habe er rechtmäßig gehandelt. Ein Verstoß gegen die Vorschrift liege nach seiner Auffassung auch aus heutiger Sicht nicht vor.
In der Angelegenheit sei er bei der Beurkundung am 20. April 1999 davon ausgegangen, einem Mitwirkungsverbot nicht zu unterliegen, weil das Scheidungsverfahren bereits auf einvernehmlicher Basis gelaufen sei. Es sei nur noch die Ehefrau durch eine Rechtsanwältin anwaltlich vertreten worden. Im Hinblick auf seine Prüfung anlässlich der Beurkundung vom 18. November 1998 habe er gemeint, dass auf Grund der Zustimmung der Parteien zu seiner Tätigkeit in Kenntnis der Vorbefassung das gesetzliche Mitwirkungsverbot gegenstandslos sei. Ein Interessenkonflikt habe sich für ihn nicht ergeben. Zwar treffe es zu, dass ihm zu diesem Zeitpunkt bereits disziplinarrechtliche Vorermittlungen wegen eines Verstoßes gegen § 5 Abs. 1 Nr. 5 BeurkG a.F. angekündigt gewesen seien, er sei aber auf Grund der Regelung des § 3 Abs. 2 BeurkG n.F. zu der Auffassung gelangt, bei Einverständnis der Parteien mit seiner Tätigkeit in Kenntnis der Vorbefassung nicht pflichtwidrig zu handeln.
Hinsichtlich der Beurkundung einer Grundbuchbestellung durch seine Schwester und seinen Schwager am 2. Dezember 1999 sei es so gewesen, dass er § 3 Abs. 1 Nr. 3 BeurkG entsprechend dem Wortlaut der Regelung nur als "Soll"-Vorschrift angesehen habe. Einen Verstoß gegen die Regelung könne er insoweit nicht in Abrede nehmen. Dieser Verstoß sei jedoch ohne Folgen geblieben, Interessengegensätze zwischen den Urkundsbeteiligten hätten auch hier nicht bestanden.
Bei der Beurkundung des Schuldanerkenntnisses der Frau zu Gunsten der Grundstücksgesellschaft 49 vom 25. Mai 1999 mit der Ergänzungsurkunde vom 18. Mai 2000 sei zu berücksichtigen, dass zwischen ihm und den Eheleuten ein enges freundschaftliches Verhältnis bestanden habe und dass er den Eheleuten als unentgeltlicher Ratgeber zur Verfügung gestanden habe. Zwar treffe es zu, dass er sich als Anwalt gegenüber den Anwälten der Grundstücksgesellschaft legitimiert habe, eine Abrechnung dieser Anwaltstätigkeit sei aber niemals erfolgt. Auch hätten bei der Abgabe des Schuldanerkenntnisses von vornherein keine Interessengegensätze vorgelegen, ein grober Verstoß gegen § 3 Abs. 1 Nr. 7 BeurkG könne deshalb nicht angenommen werden.
Für die Beglaubigung der Unterschriften seines Bruders und seiner Schwägerin unter einer Grundschuldbestellungsurkunde der Landesbausparkasse zu am 12. März 2001 seien dieselben Erwägungen maßgeblich, wie er sie für die Beurkundung der Unterzeichnung einer Grundschuldbestellung durch seine Schwester und seinen Schwager am 2. Dezember 1999 geltend mache.
Insgesamt seien die Voraussetzungen des § 50 Abs. 1 Nr. 9, der wiederholte grobe Verstöße gegen Mitwirkungsverbote des § 3 Abs. 1 BeurkG voraussetze, nicht erfüllt. Zwar sei bei einem Verstoß gegen § 3 Abs. 1 Nr. 7 ein gegensätzliches Interesse der Urkundsbeteiligten keine gesetzliche Voraussetzung für das Vorliegen des Mitwirkungsverbotes. Bei einem völligen Fehlen eines solchen gegensätzlichen Interesses müsse gleichwohl davon ausgegangen werden, dass es sich nicht um einen besonders schwer wiegenden Verstoß handele. Der Notar habe nur in solchen Fällen mitgewirkt, in denen die Urkundsbeteiligten ausdrücklich mit seiner Tätigkeit einverstanden gewesen seien. Bei dem Schuldanerkenntnis der GmbH sei die anwaltliche Tätigkeit des Notars, die lediglich einen Teilbetrag betroffen habe, nur von untergeordneter Bedeutung gewesen. Soweit ihm Verstöße gegen § 3 Abs. 1 Nr. 3 BeurkG vorzuwerfen seien, habe es sich ebenfalls nur um einseitige Erklärungen gehandelt, Interessenkonflikte seien praktisch ausgeschlossen gewesen. Im Fall der Eheleute müsse berücksichtigt werden, dass er in erster Linie einen Freundschaftsdienst habe leisten wollen. Die anwaltliche Tätigkeit sei von untergeordneter Bedeutung gewesen.
Außerdem sei zu berücksichtigen, dass auch die Notarkammer in ihrer Stellungnahme seine Verstöße gegen Mitwirkungsverbote nicht als derart schwer wiegend angesehen habe, dass sie eine Amtsenthebung rechtfertigen könnten. Vielmehr sei seitens der Notarkammer angeregt worden, nach einem entsprechenden Verfahren Disziplinarmaßnahmen gegen ihn zu verhängen.
Der Antragsteller beantragt,
die Feststellung des Antragsgegners, dass die Amtsenthebung des Betroffenen gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 9 BNotO in Aussicht zu nehmen ist, aufzuheben und festzustellen, dass die Voraussetzungen nach § 50 Abs. 1 Nr. 9 BNotO nicht vorliegen.
Der Antragsgegner beantragt,
festzustellen, dass der Notar wiederholt grob gegen Mitwirkungsverbote gemäß § 3 Abs. 1 des Beurkundungsgesetzes verstoßen hat.
Er hält die Einwände des Antragstellers für nicht durchgreifend und trägt dazu im Einzelnen vor:
Hinsichtlich des Schuldanerkenntnisses der Fa. gegenüber der GmbH spiele es keine Rolle, dass die Beteiligten in der Tilgungsvereinbarung der Parteien neben dem Betrag, bezüglich dessen der Notar bereits anwaltlich tätig gewesen sei, auch andere Beträge verglichen hätten. Das Mitwirkungsverbot des § 3 Abs. 1 Nr. 7 BeurkG könne nicht dadurch unterlaufen werden, dass eine Angelegenheit, in der der Notar zunächst tätig gewesen sei, mit anderen verbunden werde und es so zur Aussetzung des Mitwirkungsverbots komme. Zweck der Vorschrift sei es vielmehr, schon den Anschein einer Gefährdung der Neutralität und Unabhängigkeit des Notars zu vermeiden. Die Hinzusetzung des Betrages des Mahnbescheides könne auch nicht als bloße "Förmelei" angesehen werden. Die Einlassung des Notars, auf Grund des Einverständnisses der Parteien von der Zulässigkeit seiner Urkundstätigkeit ausgegangen zu sein, entlaste ihn nicht. Der Irrtum über die Reichweite des Mitwirkungsverbotes sei in jedem Fall vermeidbar gewesen. Die Beachtung der Mitwirkungsverbote habe auch schon nach alter Rechtslage eine unbedingte Amtspflicht des Notars dargestellt.
Hinsichtlich der Angelegenheit sei dem Notar nicht abzunehmen, dass er im Hinblick auf § 3 Abs. 2 BeurkG angenommen habe, tätig werden zu dürfen. Aus dem Umkehrschluss zu § 3 Abs. 2 BeurkG sei nämlich zu entnehmen, dass ein Einverständnis der Urkundsbeteiligten mit der Tätigkeit des Notars auf den Bestand der Mitwirkungsverbote gerade keinen Einfluss habe. In jedem Fall bleibe es bei einem grob fahrlässigen Verstoß gegen § 3 Abs. 1 Nr. 7 BeurkG.
Soweit es um den Verstoß gegen § 3 Abs. 1 Nr. 3 BeurkG im Zusammenhang mit der Bestellung einer Grundschuld für seine Schwester und seinen Schwager und der Beglaubigung von Unterschriften unter eine Grundschuldbestellungsurkunde für seinen Bruder und seine Schwägerin gehe, erhielten diese Verstöße besonderes Gewicht dadurch, dass der Notar nur kurze Zeit vor den entsprechenden Amtshandlungen durch eine Disziplinarverfügung auf die Bedeutung der Mitwirkungsverbote hingewiesen worden sei.
Auch in der Angelegenheit , bei der Grund für die Tätigkeit des Notars dessen freundschaftliche Beziehung zu den Eheleuten gewesen sein möge, bestünden keine Zweifel, dass er zuvor als Anwalt tätig geworden sei und deshalb ein Mitwirkungsverbot gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 7 BeurkG bestanden habe.
Insgesamt seien wiederholte Verstöße gegen Mitwirkungsverbote festzustellen, die ein erhebliches Gewicht hätten. Teilweise hätten diese Mitwirkungsverbote schon nach alter Rechtslage bestanden. Die Tätigkeit des Notars sei geeignet gewesen, den Anschein der Parteilichkeit in der Öffentlichkeit zu begründen.
IV.
Der Antrag auf gerichtliche Feststellung der Voraussetzungen für eine Amtsenthebung nach § 50 Abs. 1 Nr. 9 BNotO ist zulässig. Der Notar hat im Fall der in Aussicht genommenen Amtsenthebung wegen wiederholter grober Verstöße gegen Mitwirkungsverbote gemäß § 3 Abs. 1 des Beurkundungsgesetzes nach § 50 Abs. 3 Satz 3 BNotO das Recht, das Fehlen der Voraussetzungen für eine Amtsenthebung nach § 50 Abs. 1 Nr. 9 BNotO durch den Notarsenat feststellen zu lassen (zum Verfahren s. Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 5. Aufl., § 50 Rz. 36). Auf das Verfahren ist die Vorschrift für die Anfechtung von Verwaltungsakten (§ 111 BNotO) anwendbar. § 50 Abs. 3 Satz 3 BNotO verweist zwar auf die Zuständigkeit des Disziplinargerichts, hierdurch wird aber der Notarsenat als zuständiges Gericht bezeichnet. Für die Durchführung des Verfahrens gelten nicht die disziplinarrechtlichen Vorschriften (§§ 96 ff. BNotO), sondern es handelt sich um die Anfechtung eines Verwaltungsaktes. Die Feststellung der Voraussetzungen für eine Amtsenthebung nach § 50 Abs. 1 Nr. 9 BNotO stellt keine Disziplinarmaßnahme dar.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist auch begründet.
Der Antragsgegner hätte auf Grund des von ihm vorgetragenen Sachverhalts die Voraussetzungen für eine Amtsenthebung nach § 50 Abs. 1 Nr. 9 BNotO nicht als gegeben ansehen dürfen. Der vom Antragsgegner vorgetragene Sachverhalt rechtfertigt nicht die Feststellung, dass der Notar wiederholt grob gegen Mitwirkungsverbote gemäß § 3 Abs. 1 BeurkG verstoßen hat. Entsprechend der Stellungnahme der Notarkammer hätte es ausgereicht, die Verstöße des Notars gegen Mitwirkungsverbote durch Verhängung einer Geldbuße in nichtförmlichen Disziplinarverfahren zu ahnden. Eine Amtsenthebung des Notars, die für diesen existenzielle Bedeutung hat, wie durch den Vertreter des Notars hervorgehoben wird, kann auf Grund der Verstöße nicht gerechtfertigt werden. Der Senat musste deshalb feststellen, dass die Voraussetzungen für eine Amtsenthebung im Verwaltungsverfahren nicht gegeben sind.
1.
§ 50 Abs. 1 Nr. 9 BNotO (i.d.F. des 3. Gesetzes zur Änderung der Bundesnotarordnung und anderer Gesetze vom 31. August 1998 (BGBl.. I, S. 2585)) erlaubt nunmehr die Amtsenthebung des Notars durch die Justizverwaltung auch bei wiederholten groben Verstößen gegen Mitwirkungsverbote gemäß § 3 Abs. 1 BeurkG, nachdem derartige Verstöße in der Vergangenheit nur im Disziplinarwege gemäß §§ 95 ff. BNotO zu ahnden gewesen sind. Die dem Notar zur Last gelegten Verletzungen der Tatbestände des § 3 Abs. 1 BeurkG reichen aber für eine Amtsenthebung nicht aus, weil keine "groben" Verletzungen der Vorschrift festzustellen sind. Zwar ist bei wiederholten groben Verstößen gegen Mitwirkungsverbote nach der erst sehr spät in die Neufassung der BNotO aufgenommenen Regelung des § 50 Abs. 1 Nr. 9 die Amtsenthebung durch die Verwaltungsbehörde zwingend und es besteht nach dem klaren Wortlaut kein Ermessensspielraum (vgl. Sandkühler, in: Frenz, Neues Berufs und Verfahrensrecht für Notare, Harne/Berlin 1999, Rz. 94; Schippel/Vetter, BNotO, 7. Aufl., § 50 Rz. 34 a). Hieraus kann aber nicht der Schluss gezogen werden, dass bei der Anwendung der Vorschrift der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unbeachtet bleiben darf und schon einfache Verstöße gegen § 50 Abs. 1 Nr. 9 BNotO dazu führen, dass der Notar seines Amtes zu entheben ist. Um den einschneidenden Folgen, die die Amtsenthebung für den Notar hat, gerecht zu werden, muss bei der Prüfung der Frage, ob ein grober Verstoß gegen ein Mitwirkungsverbot vorliegt, ein strenger Maßstab angelegt werden.
Zwar sollten mit der Verschärfung der Mitwirkungsverbote und der Einführung des § 50 Abs. 1 Nr. 9 BNotO Verstöße des Notars gegen Mitwirkungsverbote und damit gegen seine Neutralitätspflichten strenger geahndet werden (s. Sandkühler, a.a.O.). Diese Absicht des Gesetzgebers kann aber nicht bedeuten, dass bei einfachen, minder schweren oder auch völlig durchschnittlichen Verfehlungen, lediglich eine Addition der Verstöße vorgenommen wird, um die Voraussetzungen des § 50 Abs. 1 Nr. 9 BNotO als gegeben anzusehen. Schließlich bleiben der Verwaltungsbehörde als weitere Sanktion die Möglichkeiten des nichtförmlichen Disziplinarverfahrens, in dem solche Verstöße zu ahnden sind, die die Voraussetzungen des § 50 Abs. 1 Nr. 9 BNotO nicht erfüllen. In schweren Fällen kommt ferner auch die Ahndung im förmlichen Disziplinarverfahren in Betracht. Nur wenn in Anbetracht des Gewichts der Verstöße die Möglichkeiten des nichtförmlichen Disziplinarverfahrens nicht ausreichen, um dem Notar die Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens vor Augen zu führen, kann - vorausgesetzt es handelt sich um wiederholte grobe Verstöße - die Amtsenthebung als für den Notar einschneidendstes Mittel verfügt werden.
Dabei ist unabdingbar, dass auch bei der Anwendung der neu geschaffenen Vorschrift der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet wird, um die Vorschrift, die zu einem Einschnitt in die Berufsfreiheit führt, verfassungskonform anzuwenden. So können nicht einmalige oder minder schwere Verstöße gegen die Mitwirkungsverbote ausreichen, um den Notar seines Amtes zu entheben (s. auch Vaasen/Starke, DNotZ 1998, 661, 673; Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, § 50 Rz. 30; Schippel/Vetter, BNotO, § 50 Rz. 34 a - c). Auslegungsbedürftig ist bei der Anwendung des § 50 Abs. 1 Nr. 9 BNotO der unbestimmte Rechtsbegriff der "wiederholten groben" Verstöße gegen Mitwirkungsverbote. Die Auslegung dieses Begriffes muss Korrektiv dafür sein, dass der Gesetzgeber vom einem fehlenden Ermessen der Verwaltungsbehörde bei der Anwendung des § 50 Abs, 1 Nr. 9 BNotO ausgeht. Um zu einer verfassungskonformen Anwendung der Vorschrift zu kommen, dürfen nicht jegliche Verstöße gegen Mitwirkungsverbote zur Einleitung eines Verfahrens nach § 50 Abs. 1 Nr. 9 BNotO führen. Es muss sich vielmehr um besonders schwer wiegende Verstöße handeln, bei denen die Berufswidrigkeit des Handelns des Notars jedermann sofort ins Auge springt und das Vertrauen in die Neutralität des Handelns des Notars massiv gestört ist.
Damit sind weniger schwer wiegende Verletzungen der Mitwirkungsverbote, wie sie etwa anzunehmen sind, wenn ohnehin schon Schwierigkeiten bestehen, überhaupt festzustellen, ob ein Mitwirkungsverbot gegeben ist, von vornherein ausgeschlossen. Ist ernsthaft fraglich, ob ein Vorgang unter die Mitwirkungsverbote zu subsumieren ist, kann dem Notar schwerlich der Vorwurf eines groben Verstoßes gemacht werden. Ebenfalls nicht in den Anwendungsbereich des § 50 Abs. 1 Nr. 9 BNotO fallen mittlere oder durchschnittliche Verletzungen der Mitwirkungsverbote, bei denen zwar ein Verstoß gegen § 3 Abs. 1 Nr. 1 - 9 BeurkG vorliegt, dem Notar aber nicht der Vorwurf gemacht werden kann, seine Verpflichtung zur Unparteilichkeit bewusst missachtet oder eine Schädigung von Urkundsbeteiligten durch das Verstoß gegen ein Mitwirkungsverbot verursacht zu haben. In diesem Zusammenhang kommt es nach Auffassung des Senats nicht entscheidend darauf an, ob dem Notar bei der Verletzung eines Mitwirkungsverbots Vorsatz oder Fahrlässigkeit zur Last zu legen ist. Auch ein vorsätzlicher Verstoß muss nicht unbedingt eine grobe Verletzung eines Mitwirkungsverbotes darstellen, wenn der Notar geltend machen kann, subjektiv darum bemüht gewesen zu sein, Interessen der Beteiligten nicht zu verletzen und nur auf dringendes Bitten der Beteiligten hin - das ihn disziplinarrechtlich allerdings nicht entlasten kann - in der ihm vorgeworfenen Art und Weise gehandelt zu haben.
Vorliegen kann ein "grober Verstoß" dagegen dann, wenn der Notar mit der Verletzung der Mitwirkungsverbote zugleich massiv die Interessen eines Urkundsbeteiligten verletzt. Dies kann zunächst dann der Fall sein, wenn es auf Grund einer bewussten Missachtung eines Mitwirkungsverbotes zu einer Schädigung eines Urkundsbeteiligten kommt. Ein grober Verstoß kann weiter dann vorliegen, wenn der Notar die vorausgehende Tätigkeit in derselben Sache für einen der Beteiligten bei der Beurkundung verheimlicht und dadurch den Eindruck der Unparteilichkeit vermittelt. Es kann erst recht der Fall sein, wenn er unter Verschweigen einer Vorbefassung die Beurkundung auch noch zu Gunsten eines Urkundsbeteiligten beeinflusst. Dabei können grobe Verstöße gegen die Mitwirkungsverbote dem Notar allerdings auch in diesen Fällen nur dann angelastet werden, wenn ihm ein erheblicher Schuldvorwurf zu machen ist (s. Schippel/Vetter, § 50 Rz. 34 b).
Der Senat geht bei seinen Erwägungen davon aus, dass alle Verstöße gegen Mitwirkungsverbote gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 - 9 BNotO gleich zu werten sind und ein Unterschied zwischen den verschiedenen Fallgruppen des § 3 Abs. 1 Nr. 1 - 9 BeurkG nicht zu machen ist. Im Hinblick auf die weit reichenden Folgen, die die Amtsenthebung für den Notar hat, muss wohl auch gelten, dass mehrere grobe Verstöße zusammen kommen müssen, um eine Amtsenthebung nach § 50 Abs. 1 Nr. 9 BNotO zu rechtfertigen. Ein einmaliger Verstoß dürfte - ohne dass der Senat diese Frage vorliegend zu entscheiden hätte - auch dann nicht ausreichen, wenn er als grobe Verletzung einer der Fälle des § 3 Abs. 1 Nr. 1 - 9 BeurkG zu gewichten ist. Der einmalige grobe Verstoß kann - wie im bisherigen Recht - wohl allenfalls dazu führen, dass eine Entfernung des Notars aus dem Amt im Disziplinarverfahren nach § 97 BNotO erfolgt.
2.
Gemessen an diesen Grundsätzen reichen vorliegend die von der Verwaltungsbehörde aufgelisteten Verstöße nicht aus, um zu einer Amtsenthebung des Notars zu kommen. Zwar hat der Notar mehrfach gegen Mitwirkungsverbote i.S.d. § 3 Abs. 1 BNotO n.F. verstoßen. Bei der Bewertung dieser Verstöße ist aber zu berücksichtigen, dass es sich nicht um grobe Verstöße gehandelt hat, durch die die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des notariellen Amtsführung massiv gefährdet worden ist, sondern vielmehr um vergleichsweise einfache Verletzungen der Mitwirkungsverbote des § 3 Abs. 1 Nr. 3 und 7 BNotO, die ohne weiteres durch eine Geldbuße im nichtförmlichen Disziplinarverfahren hätten geahndet werden können.
a)
Soweit die Verwaltungsbehörde dem Notar hinsichtlich der Angelegenheit GmbH/ GmbH einen schweren Verstoß gegen § 3 Abs. 1 Nr. 7 BNotO anlastet, ist unberücksichtigt geblieben, dass die vorausgehende anwaltliche Tätigkeit des Notars nur einen Teilaspekt der späteren Beurkundungstätigkeit ausgemacht hat und der Notar in der Urkunde - insoweit ordnungsgemäß - auf seine vorangehende anwaltliche Tätigkeit hingewiesen hat, sodass ihm schwerlich ein grober Verstoß anzulasten ist. Zwar ist fraglich, ob die nachträgliche Aufnahme der durch Mahnbescheid geltend gemachten Forderung auf Drängen der Urkundsbeteiligten überhaupt nicht als Verstoß gegen § 3 Abs. 1 Nr. 7 BeurkG anzusehen ist, wie der Notar meint. Der Senat braucht diese Frage hier aber nicht abschließend zu entscheiden, weil in jedem Fall kein grober Verstoß vorläge, wie im Übrigen auch der Vertreter der Verwaltungsbehörde in der mündlichen Verhandlung letztlich eingeräumt hat.
Auch wenn der Notar einem anfänglichen Fehlverständnis der geänderten Regelung des § 3 Abs. 1 BeurkG unterlegen sein mag, wie in dem Hinweis zum Ausdruck kommt, den er im Hinblick auf seine vorhergehende Tätigkeit im Mahnverfahren in die Urkunde aufgenommen hat, kann doch nicht festgestellt werden, dass er sich in grober Art und Weise über die Regelung hinweg gesetzt hat. Sein Fehlverständnis des § 3 Abs. 2 BeurkG mag auf einer fahrlässigen fehlerhaften Auslegung der Vorschrift beruht haben. Ein grober Verstoß kann indessen nicht festgestellt werden. Hätte der Notar sich tatsächlich bewusst über die Vorschriften hinwegsetzen wollen, wäre es nahe liegend gewesen, die Vorbefassung in der Urkunde erst gar nicht zu erwähnen. Entsprechen hat der Notar aber nicht gehandelt, als er den aus seiner heutigen Sicht "ungeschickten" Vermerk in die Urkunde aufgenommen hat. Im Übrigen muss auch berücksichtigt werden, dass der Notar keine entgegengesetzten Interessen vertreten hat, sondern eine einvernehmliche Erklärung der Parteien beurkundet hat. Eine Gefährdung der Belange eines Urkundsbeteiligten war damit praktisch ausgeschlossen.
b)
Auch im Fall der Beurkundung der Scheidungsfolgenvereinbarung der Eheleute ist ein grober Verstoß nicht gegeben. Der Notar ist zwar objektiv in einem früheren Fall bereits einschlägig in Erscheinung getreten. Die Auffassung der Behörde, der Notar sei durch das Verfahren bereits massiv gewarnt gewesen, als er die Beurkundung am 20. April 1999 vorgenommen hat, kann aber nicht geteilt werden. Eine Disziplinarverfügung lag zu diesem Zeitpunkt noch nicht vor. Die Einleitungsverfügung vom 9. April 1999 ist nicht dem Notar selbst, sondern dessen amtlich bestellter Vertreterin am 14. April 1999 zugestellt worden. Ob der Notar am 20. April 1999 bereits vom Inhalt dieser Verfügung Kenntnis genommen hatte, kann nicht mehr festgestellt werden. Seine Einlassung ist auf den 27. April 1999 datiert und Fristablauf war der 28. April 1999. Es ist deshalb auch nicht fern liegend, dass der Antragsteller erst nach der Beurkundung vom 20. April 1999 vom Inhalt der Einleitungsverfügung Kenntnis genommen hat. Allein die im März 1999 erfolgte Anhörung durch die Notarkammer reicht nicht aus, um eine massive Warnung anzunehmen.
Im Übrigen zeigt das Vorverfahren aber auch, dass es sich bei der Beurkundung der Scheidungsfolgenvereinbarung, deren Inhalt unstreitig dem Willen der Eheleute entsprach, nicht um eine grobe Verletzung des § 3 Abs. 1 Nr. 7 BeurkG gehandelt haben kann. Die Verwaltungsbehörde hat in der 1999 verhängten Disziplinarverfügung bei einen gleich gelagerten Verstoß mit einem Bußgeld von 500,00 DM eine Sanktion verhängt, die deutlich macht, dass es sich um einen Verstoß von minder schwerer Bedeutung gehandelt hat, der mit einer Geldbuße im untersten Bereich geahndet werden konnte. Trotz der weiteren disziplinarrechtlichen Maßnahmen gegen den Notar, die in dem vorliegenden Verfahren im Übrigen keine Rolle zu spielen haben, weil es ausschließlich um den Verstoß gegen Mitwirkungsverbote geht, hat die Verwaltungsbehörde keine Veranlassung gesehen, eine Geldbuße oberhalb des denkbar geringsten Betrages einer Geldbuße zu verhängen. Schon dies belegt, dass es sich um einen vergleichsweise weniger bedeutenden Verstoß gehandelt hat. Im Hinblick auf diese eigene Einstufung der Verwaltung kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Folgeverstöße, bezüglich derer sich der Notar noch mit der nicht ohne weiteres einprägsamen Fassung des § 3 Abs. 2 BeurkG entschuldigt hat, nun um grobe Verstöße handeln soll, die eine Amtsenthebung gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 9 BNotO rechtfertigen.
c)
Soweit es um die Angelegenheit geht, ist ebenfalls ein grober Verstoß des Notars gegen Mitwirkungsverbote nicht festzustellen. Die Verwaltungsbehörde kann nicht widerlegen, dass der Notar in dieser Angelegenheit in erster Linie auf Grund seiner freundschaftlichen Verbindung zu den Eheleuten , die sich in erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden haben, tätig geworden ist. Nach Anzeige seiner anwaltlichen Vertretung der Ehefrau hätte er zwar ein Schuldanerkenntnis der Mandantin gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 7 BNotO nicht mehr beurkunden dürfen. Dies wird von dem Notar auch eingeräumt. Ein grober Verstoß gegen das Beurkundungsgesetz ist indessen auch hier nicht zu konstatieren. Der Notar hat seine Tätigkeit auf die Urkundsbeteiligte beschränkt, für die Gegenseite ist er nicht tätig geworden.
Er hat in den beiden Fällen, in denen ihm eindeutig Verletzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 7 BeurkG vorzuwerfen sind, unwidersprochen vorgetragen, dass er - wie in den übrigen Fällen auch - nicht in einer Art und Weise tätig geworden ist, die zu Interessenkollisionen wegen der Vertretung wechselseitiger Interessen geführt hat, sondern vielmehr lediglich einvernehmliche Erklärungen der Parteien beurkundet hat. Dies kann ihm zwar im Hinblick auf den Verstoß gegen Mitwirkungsverbote i.S.d. § 3 Abs. 1 BNotO nicht entlasten. Es muss aber in die Überlegungen einbezogen werden, wenn es um die Frage geht, ob die Verstöße als "grobe Verstöße" gegen Mitwirkungsverbote i.S.d. § 50 Abs. 1 Nr. 9 BNotO zu werten sind. Hier ist zu berücksichtigen, dass beispielsweise die Beurkundung einer einvernehmlichen Scheidungsfolgenvereinbarung anders zu beurteilen ist, wenn der Notar zwar bereits als Anwalt den Scheidungsantrag eingelegt hat, die Parteien sich aber inzwischen nicht mehr um die Scheidung streiten, als in einem Fall, in dem der Notar nach einer vorausgehenden anwaltlichen Tätigkeit notariell tätig wird, obwohl die Parteien ihre Streitigkeiten noch nicht untereinander geregelt haben, die anwaltliche Tätigkeit noch fortbesteht und der Notar eine Seite bei den Verhandlungen, die schließlich zu der Beurkundung führen, anwaltlich berät und unterstützt.
d)
Entsprechendes gilt für die Beurkundung bzw. Beglaubigung von Unterschriften von Verwandten im Zusammenhang mit der Bestellung von Grundschulden. Auch insoweit liegen schlichte Verstöße gegen die Mitwirkungsverbote vor, die nicht den Vorwurf rechtfertigen, wiederholt grob die Mitwirkungsverbote des § 3 Abs. 1 BNotO nicht beachtet zu haben, und die deshalb auch nicht geeignet sind, eine Amtsenthebung des Notars, die vorliegend nicht verhältnismäßig wäre, zu rechtfertigen. Die Anwendung des § 50 Abs. 1 Nr. 9 BNotO muss insoweit Fällen vorbehalten bleiben, in denen tatsächlich wiederholte grobe Verstöße gegen Mitwirkungsverbote vorliegen und der Notar sich bewusst über die Vorschriften hinwegsetzt. Die entsprechenden Voraussetzungen sind hier jedenfalls nicht gegeben.
Weiter ist bei den Verstößen zu berücksichtigen, dass sie dem Notar überwiegend zeitnah zum In-Kraft-Treten des neuen Beurkundungsgesetzes unterlaufen sind. Auch diese "Eingewöhnungsschwierigkeiten" beim Umgang mit dem neuen Recht lassen die Verstöße nicht so gravierend erscheinen, dass sie zu einer Amtsenthebung führen müssten. Dies gilt zwar nicht hinsichtlich der Verstöße gegen das Mitwirkungsverbot des § 3 Abs. 1 Nr. 3 BeurkG, das schon nach früherem Recht galt und bezüglich dessen der Notar auch keine Unkenntnis geltend macht. Insoweit sind aber infolge der bloßen Tätigkeit im Rahmen der Abgabe einseitiger Erklärungen, bei denen Interessenkonflikte nicht auftreten konnten, keine "groben" Verstöße festzustellen.
V.
Dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung war demgemäß mit der Kostenfolge des § 111 Abs. 4 Satz 2 BNotO i.V.m. § 201 Abs. 2 BRAO stattzugeben.
Den Geschäftswert hat der Senat nach § 111 Abs. 4 Satz 2 BNotO i.V.m. § 202 Abs. 2 BRAO, § 30 Abs. 2 KostO auf 50.000,00 EUR geschätzt.
Streitwertbeschluss:
Der Wert des Verfahrens wird auf 50.000,00 EUR festgesetzt.
Den Geschäftswert hat der Senat nach § 111 Abs. 4 Satz 2 BNotO i.V.m. § 202 Abs. 2 BRAO, § 30 Abs. 2 KostO auf 50.000,00 EUR geschätzt.