Verwaltungsgericht Göttingen
Beschl. v. 23.12.2013, Az.: 2 A 778/13

Abschiebungsanordnung; Dublin-Verfahren; Klaglosstellung; Kostentragung; Polen; Ablauf der Überstellungsfrist; Überstellungsfrist; freiwilliges Unterliegen; Erledigung durch Zeitablauf; Zeitablauf

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
23.12.2013
Aktenzeichen
2 A 778/13
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 64424
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Erledigt sich eine Klage gegen einen Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge nach § 27a AsylVfG durch Ablauf der 6 monatigen Frist zur Überstellung des betroffenen Asylbewerbers an den zuständigen Mitgliedsstaat, so sind die Kosten des Verfahrens bei offenem Ausgang des Klageverfahrens hälftig zu teilen. Die Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch das Bundesamt ist dann kein Fall des freiwilligen Unterliegens.

Gründe

Nach den übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Beteiligten ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen und nach § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO über die Verfahrenskosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden.

Im vorliegenden Fall entspricht es billigem Ermessen, die Kosten des Verfahrens hälftig zu teilen, denn der Ausgang des Klageverfahrens war bis zur Abgabe der prozessbeendenden Erklärungen offen. Dies gilt namentlich vor dem Hintergrund, dass die Frage der Reisefähigkeit der Klägerin zu 1.) und des minderjährigen Klägers zu 2.) nicht abschließend aufgeklärt wurde. Die Rechtmäßigkeit einer Abschiebungsanordnung gem. § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG hängt jedoch davon ab, ob die Überstellung in den zuständigen Mitgliedsstaat aus subjektiven, in der Person des Ausländers liegenden Gründen rechtlich oder tatsächlich möglich ist. Eine Abschiebungsanordnung darf daher erst ergehen, sobald feststeht, dass die Abschiebung bzw. Überstellung durchgeführt werden kann (st. Rspr. der Kammer, vgl. etwa Beschluss vom 6. November 2013 - 2 B 848/13 -, zit. nach juris Rn. 4 ff. m.w.N.).

Eine vollständige Kostentragung durch die Beklagte aufgrund des Ablaufs der 6-Monats-Frist gem. Art. 20 Abs. 1 d) Satz 2 1. Alt. der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und des Verfahrens zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedsstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl. EU L 50 vom 25. Februar 2003, S. 1) - sog. Dublin-II-Verordnung -, geändert durch VO (EG) 1103/2008 vom 22. Oktober 2008 (ABl. EU L 304 vom 14. November 2008, S. 80), kommt dagegen nicht in Betracht. Der Ablauf der Überstellungsfrist während des Laufs eines gerichtlichen Klageverfahrens gegen einen Bescheid des Bundesamtes gem. §§ 27a, 34a Abs. 1 AsylVfG ist kein Risiko, welches ausschließlich der Sphäre der Beklagten zuzuordnen ist. Zwar hindert die Klageerhebung gem. § 75 Abs. 1 AsylVfG nicht den Vollzug der Abschiebungsanordnung; hierzu wäre gem. § 34a Abs. 2 AsylVfG n.F. ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gem. § 80 Abs. 5 VwGO erforderlich gewesen. Gleichwohl sind regelmäßig die kommunalen Ausländerbehörden in Niedersachsen mit dem Vollzug der Überstellung des betroffenen Asylbewerbers an den zuständigen Mitgliedsstaat betraut. Auf die Planung und Durchführung der Überstellung hat das Bundesamt keinen Einfluss; das Dublin-Referat des Bundesamtes in Dortmund koordiniert insoweit nur die Kontingente für die von den Ausländerbehörden angemeldeten Überstellungen. Daneben kann das Bundesamt die im Einzelfall zuständige Ausländerbehörde nur auf das Ende der Überstellungsfrist hinweisen.

Deshalb kann vorliegend nicht davon ausgegangen werden, dass das Bundesamt dem Begehren der Kläger durch den Aufhebungsbescheid vom 18. Dezember 2013 vollumfänglich entsprochen und sich somit freiwillig in die Rolle der Unterlegenen begeben hat.