Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 11.12.2013, Az.: 1 A 50/13

Blockade; Gefahrenbereich; Landmaschine; Platzverweis; Räumung

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
11.12.2013
Aktenzeichen
1 A 50/13
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2013, 64425
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Polizei ist berechtigt, für die Räumung einer Traktorenblockade um die Räumungsstelle einen Bereich festzulegen, innerhalb dessen sie den Aufenthalt von Personen als Gefahr ansieht. Verlassen Personen trotz Aufforderung diesen Gefahrenbereich nicht, kann die Polizei einen Platzverweis ohne eine weitere individuelle Prüfung des Vorliegens einer Gefahr aussprechen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Platzverweises.

Am 18.11.2012 wurden sog. O. -Brennelemente in das Kernkraftwerk P. transportiert. Der Transport sollte über die Hauptstraße bei Q. /R., der Verbindungsstraße zwischen dem nördlich gelegenen Ort Q. /R. und dem südlich gelegenen Kernkraftwerk, erfolgen. Neben weiteren Demonstrationen blockierten Gegner des Transports nachmittags die Hauptstraße nördlich des Grenzgrabens mittels abgestellter und verlassener landwirtschaftlicher Maschinen. Parallel zu der Hauptstraße führt ein Rad- bzw. Gehweg, an den sich eine Böschung anschließt. An der Hauptstraße befand sich zwischen der Blockade und dem Kernkraftwerk an diesem Tag ein „Protestcamp“.

Das S. T. beauftragte durch Erlass vom 20.07.2012 die Beklagte gem. § 100 Abs. 4 Nds. SOG mit der Gesamteinsatzleitung aller polizeilichen Maßnahmen in Niedersachsen anlässlich des O. -Transportes.

Die Räumung der Blockade sollte die sog. Technische Einsatzeinheit unterstützen, die der Beklagten in besonderen Einsatzlagen unterstellt ist. Sie sollte die schweren Maschinen durch Wendemanöver und Rangieren von der vorgesehenen Transportstrecke entfernen. Wegen der einbrechenden Dämmerung wurde die Räumungsstelle besonders ausgeleuchtet. Um einen Zulauf von Personen aus dem „Protestcamp“ zu der Blockaderäumung zu verhindern und einen gefahrlosen Ablauf der Räumung zu gewährleisten, nahm die 5. Bereitschaftspolizeihundertschaft (5. BPH) an der Hauptstraße / Ecke Grenzgraben eine Absperrung (Polizeikette) mit Blickrichtung zum Kernkraftwerk ein. Die Polizisten riegelten die Fahrbahn und den Rad-/Fußweg ab. Sie ließen Personen, die die Blockadestelle lediglich passieren wollten, durch diese hindurch und begleiteten sie auf dem Rad-/Fußweg in Richtung der Ortschaft Q.. Auch in entgegengesetzter Richtung verkehrten begleitete Fußgänger.

Der Kläger ist Mitglied der Organisation „BürgerInnen beobachten die Polizei und Justiz“ und hielt sich als Demonstrations- und Protestbeobachter, nicht als Versammlungsteilnehmer, im Bereich des Kernkraftwerks auf. Er trug eine mit dem Logo der Organisation gekennzeichnete Warnweste und wollte, was er eingesetzten Polizisten auch mitteilte, polizeiliche Maßnahmen und vor allem durchzuführende Ersatzvornahmen an Traktoren und anderen Landmaschinen beobachten und zu Beweissicherungszwecken dokumentieren. Eine Polizeizugführerin informierte er, dass er die Räumungsmaßnahme nicht behindern wolle. Nach einer allgemeinen Durchsage begab sich der Kläger zumindest auf den Rad-/Fußweg. Möglicherweise zu diesem Zeitpunkt, jedenfalls aber als die Polizeikräfte eintrafen, um die Blockade zu räumen, verließ der Kläger seine Beobachtungsposition auf dem Rad-/Fußweg und positionierte sich auf der Böschung in einer Entfernung von 20 bis 30 m zur Räumungsstelle. Auf der Böschung befanden sich etwa sechs bis sieben Polizeibeamte, neben die sich der Kläger stellte. Wegen der örtlichen Gegebenheiten wird im Übrigen auf die vom Kläger als Anlage zum Schriftsatz vom 26.04.2013 eingereichten Skizzen (Bl. 49 -51 der Gerichtsakte) Bezug genommen.

PHK U., Zugführer der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit der 5. BPH, bat bei der Hundertschaftsführung um eine Klärung der Zutrittsberechtigung des Klägers. Diese teilte ihm mit, dass auch Personen der Organisation, der der Kläger angehört, allein aus dieser Zugehörigkeit kein Recht ableiten könnten, sich hinter der von der Polizei errichteten Absperrung im potentiellen Gefahren- und Arbeitsbereich aufzuhalten. Daraufhin geleiteten Beamte den Kläger um 17.10 Uhr zu der Absperrung. Dort zeigte er sich mit der Maßnahme nicht einverstanden und legte PHK U. einen Flyer mit Ausschnitten von Urteilen und Aktenzeichen vor, die seine Einschätzung untermauern sollten, sich im Namen der Organisation hinter der Absperrung aufhalten zu dürfen.

Nach Weiterleitung der Aktenzeichen wurde PHK U. von dem Gesamteinsatzleiter im Einsatzabschnitt V. -W. mitgeteilt, dass auch Angehörige der Organisation „BürgerInnen beobachten die Polizei und Justiz“ keinen Anspruch auf Zugang zum unmittelbaren Arbeitsbereich der Polizei hätten, der über die Rechte anderer Bürger hinausgehe. Daraufhin forderte PHK U. den Kläger auf, sich vor die polizeiliche Absperrung zu begeben. Dem kam der Kläger unter Begleitung von Polizisten nach.

Der Kläger hat am 21.11.2012 bei dem Verwaltungsgericht X. Klage gegen die Polizeidirektion E. erhoben. Nach weiterer Aufklärung der polizeilichen Zuständigkeiten hinsichtlich des Brennelemente-Transportes hat er am 14.12.2012 seine Klage geändert und gegen die jetzige Beklagte gerichtet. Das Verwaltungsgericht X. hat sich mit Beschluss vom 05.02.2013 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das erkennende Gericht verwiesen.

Der Kläger ist der Auffassung, er habe ein besonderes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Platzverweises unter den Gesichtspunkten eines evidenten Grundrechtseingriffs in die allgemeine Handlungsfreiheit, einer Wiederholungsgefahr sowie eines Rehabilitationsinteresses. Hierzu behauptet er, er habe die Einhaltung einer rechtsstaatlichen Vorgehensweise bei der Räumung der Blockade überwachen wollen, nachdem bei vergangenen Atommülltransporten Landmaschinen von Polizisten beschädigt worden seien. Es herrsche ein grundsätzlicher Dissens zwischen den Beteiligten darüber, inwieweit die Beobachtung polizeilicher Maßnahmen u.a. dadurch vereitelt werden dürfe, dass durch z.B. im Rahmen einer möglicherweise zu weit ausgelegten Einschätzungsprärogative der als solcher bezeichnete „potentielle Gefahren- bzw. Arbeitsbereich der Technischen Einsatzeinheit“ derart großflächig gefasst werde, dass eine Beobachtung nicht mehr möglich sei. Zudem dürfte bei einem unbeteiligten Beobachter der Szenerie der Eindruck entstanden sein, dass der Kläger wegen eines schwerwiegenden Verstoßes gegen die Rechtsordnung fortgeführt worden sei. Diesen Makel des gefährlichen Störers wolle er beseitigt wissen. Der Kläger behauptet weiter, er habe sich während der gesamten Räumungsarbeiten, die zu keinem Zeitpunkt unterbrochen worden seien, auf der Böschung aufgehalten und diese bereits aus Gründen der Eigensicherung nicht verlassen wollen. Wegen der ausreichenden Ausleuchtung der Räumungsstelle und seiner guten Kameratechnik sei es kein Problem gewesen, von der Böschung aus die in etwa 20 bis 30 m Entfernung stattfindende Räumung in Einzelheiten aufzunehmen. Im Rahmen der Diskussion um den Platzverweis mit PHK U. habe er sich ruhig und vernunftorientiert verhalten. Er trägt außerdem vor, der Platzverweis sei unverhältnismäßig gewesen, weil es ein milderes Mittel dargestellt hätte, wenn die Beklagte ihn angewiesen hätte, die Böschung nicht zu verlassen. Es habe keinerlei Anhaltspunkte dafür gegeben, dass er sich nicht an Polizeianweisungen gehalten hätte. Auch habe er kein Verhalten gezeigt, das eine Gefahr hätte begründen können.

Der Kläger beantragt,

festzustellen, dass der gegenüber ihm ausgesprochene Platzverweis der Beklagten gegen 17.00 Uhr am 18.11.2012 an der Hauptstraße in R. rechtswidrig gewesen ist.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint, dem Kläger fehle das erforderliche Feststellungsinteresse. Es sei völlig unklar, ob und wann ein erneuter Brennelementetransport zum Atomkraftwerk P. erfolgen werde. Anlässlich der Castortransporte werde regelmäßig die Gesamteinsatzleitung der PD Y. übertragen. Deshalb sei ungewiss, ob der Beklagten erneut eine Einsatzleitung bei einem evtl. Brennelementetransport übertragen werde. Die Beklagte trägt weiter vor, das Vorbeiführen von Personen an der Räumungsstelle auf dem Fuß-/Radweg sei nur in Absprache mit der Technischen Einsatzeinheit erfolgt, die selbstständig entscheide, ob sie ihre Arbeiten unterbreche oder nicht. Zuzugeben sei, dass die Position des Klägers auf der Böschung unter der Voraussetzung, dass er dort verweile, keine bzw. nur eine geringe Gefahr dargestellt habe. Allerdings sei davon auszugehen gewesen, dass der Kläger sich fortlaufend im „gesperrten Gefahrenbereich“ habe aufhalten und seine Position auf der Böschung habe verlassen wollen. Er habe sich während der Räumungsarbeiten nicht ausschließlich auf der Böschung aufgehalten. Auf Grund der einsetzenden Dämmerung hätte er für eine gute Dokumentation näher an die Räumungsarbeiten herangehen müssen. Er habe gegenüber eingesetzten Beamten geäußert, dass er die Traktorbewegungen aus nächster Nähe verfolgen wolle. Außerdem habe er sich gegenüber PHK U. verärgert gezeigt und mehrfach seinen Unmut geäußert. Die Beklagte ist außerdem der Auffassung, ihr habe kein milderes Mittel als der gewählte Platzverweis zur Verfügung gestanden. Ein polizeilich begleitetes Verweilen des Klägers im „abgesperrten Gefahrenbereich“ hätte die Gefahr nicht sicher abwehren können, weil der Kläger sich frei in der Gefahrenzone hätte bewegen können. Auch hätte eine solche Maßnahme unverhältnismäßig viele Polizeikräfte gebunden. Aus ihrer Sicht sei es gegenüber dem Platzverweis kein milderes Mittel, dem Kläger zwei Beamte zur Seite zu stellen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Der Beteiligtenwechsel auf Seiten der Beklagten ist als Klageänderung zulässig, weil einerseits die Beklagte in ihn durch ihre rügelose Einlassung eingewilligt hat und er andererseits sachdienlich ist. Der Streitstoff bleibt im Wesentlichen derselbe und die Klageänderung fördert die endgültige Beilegung des Streits.

Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Bei dem polizeilichen Platzverweis handelt es sich um einen Verwaltungsakt auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr. Dieser Verwaltungsakt war nach Abschluss der Räumungsarbeiten am 18.11.2012 und damit vor Klageerhebung erledigt. Ob der Kläger sich wegen des Platzverweises auf einen tiefgreifenden Grundrechtseingriff berufen oder ob er wegen seiner Absicht, auch künftig polizeiliches Handeln im Zusammenhang mit der Räumung von Traktorenblockaden unbedrängt beobachten zu wollen, ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse wegen Vorliegens einer Wiederholungsgefahr bzw. ein Rehabilitationsinteresse geltend machen kann, kann dahinstehen, denn die gegen den Platzverweis gerichtete Klage ist unbegründet.

Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Nds. SOG können die Verwaltungsbehörden und die Polizei zur Abwehr einer Gefahr jede Person vorübergehend von einem Ort verweisen oder ihr vorübergehend das Betreten eines Ortes verbieten. Gefahr ist eine konkrete Gefahr, das heißt eine Sachlage, bei der im einzelnen Fall die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass in absehbarer Zeit ein Schaden für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung eintreten wird (§ 2 Nr. 1 a Nds. SOG). Wie sich aus der beispielhaften Aufzählung in § 17 Abs. 1 Satz 2 Nds. SOG ergibt, kann sich die den Erlass eines Platzverweises rechtfertigende Gefahr (Funktionsfähigkeit der Einrichtungen des Staates) bereits daraus ergeben, dass ein Einsatz zur Gefahrenabwehr – hier der Polizei – objektiv behindert wird (vgl. Böhrenz/Unger/Siefken, Nds. SOG, 9. Aufl. 2008, § 17  Rn.5; Pewestorf/Söölner/Tölle, Polizei- und Ordnungsrecht - Berliner Kommentar, 2009, zu dem insoweit wortgleichen § 29 Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz - ASOG Bln, Rn. 5). Dabei ist von der Erkenntnislage zu Beginn der Räumungsarbeiten auszugehen, sog. ex ante-Prognose.

Die Aufforderung der Beklagten an den Kläger, sich vor die Absperrung zu begeben, stellt einen derartigen Platzverweis und nicht ein Aufenthaltsverbot nach § 17 Abs. 4 Nds. SOG dar, denn die Maßnahme galt nur vorübergehend für die Zeit der Räumung der Landmaschinen. Laut dem Verlaufsprotokoll der Polizei dauerte die Räumung ca. zwei Stunden.

Die Einschätzung der Beklagten, dass die Anwesenheit von Zivilpersonen, die die Räumungsstelle nicht lediglich in Polizeibegleitung passieren wollten, sondern sich dort aufhalten wollten, eine Gefahr darstellt, ist nicht zu beanstanden. Unbegleitete Personen jenseits der Polizeikette hätten ohne Überwindung weiterer Hindernisse die Fahrbahn betreten können. Dadurch hätten sie nicht ausschließlich sich selbst gefährdet, was möglicherweise von der grundrechtlich geschützten Selbstbestimmung gedeckt wäre, sondern auch schutzbereite Dritte. Für den Fall, dass die Zivilpersonen in eine gefährliche Situation geraten wären, wäre es naheliegend gewesen, dass ihnen Polizeibeamte, die fortlaufend den Rad-/Gehweg beschritten, zu Hilfe geeilt wären. Zivilpersonen jenseits der Absperrung hätten damit auch fremde Rechtsgüter, namentlich Leib und Leben anderer Personen, und somit die öffentliche Sicherheit gefährdet. Dabei genügte bereits die Möglichkeit, dass die Zivilpersonen die Straße betreten könnten. Denn die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts waren wegen der hohen Bedeutung der Individualrechtsgüter Leib und Leben abgesenkt. Je größer oder folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden sein kann, umso geringer sind die an die Wahrscheinlichkeit zu stellenden Anforderungen (Saipa, Nds. SOG, Loseblattsammlung, Stand Mai 2013, § 2 Rn. 5; st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 02.06.1991 – 1 C 4/90 –, juris, Rn. 16).

Auch hätten verweilende Zivilpersonen die Arbeit der Polizei beeinträchtigen können. Mit der Räumung der Blockade war die Polizei zur Abwehr einer Gefahr, nämlich zur Gewährleistung eines ungestörten Transports der Brennelemente, tätig. Wenn Personen die zu räumende Fahrbahn betreten hätten, hätten sie die Entfernung der Fahrzeuge behindert, denn die Fahrer hätten auf sie Rücksicht nehmen müssen. Dies hätte die Räumung auch angesichts der einbrechenden Dunkelheit und der mangelnden Wendigkeit der Fahrzeuge verzögert. Damit war das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit auch in der Ausprägung der Funktionsfähigkeit von staatlichen Einrichtungen betroffen.

Die Beklagte war deshalb berechtigt, für die Räumung einen Gefahren- und Arbeitsbereich festzulegen, innerhalb dessen sich ohne besondere Berechtigung keine Zivilpersonen aufhalten durften. Diese Betrachtungsweise gewährleistet die effektive Durchführung des ungestörten Transports der Brennelemente. Bei der Bemessung des Gefahrenbereichs stand der Beklagten ein Ermessen zu. Dass der Abstandsbereich hier ermessensfehlerhaft oder willkürlich festgelegt wurde, ist nicht ersichtlich. Soweit der Kläger behauptet, der Bereich sei extra groß gefasst worden, um ihn von der genauen Beobachtung der Räumung auszuschließen, handelt es sich um eine bloße Spekulation, für die sich keinerlei Anhaltspunkte ergeben haben. Die Einrichtung des Gefahrenbereichs war auch verhältnismäßig.

Die Beklagte musste somit nicht hinsichtlich jeder einzelnen, sich dort aufhaltenden Person aufklären, ob diese sich auf die zu räumende Fahrbahn begeben würde. Dadurch wären unverhältnismäßig viele Polizeikräfte gebunden worden, die gefehlt hätten, um an der Absperrung mitzuwirken oder Passanten auf dem Rad-/Fußweg entlang der Räumungsstelle zu geleiten.

Nachdem die Beklagte den einzuhaltenden Abstandsbereich ordnungsgemäß festgelegt hatte, durfte sie den Kläger anweisen, sich daraus zu entfernen und sich vor die polizeiliche Absperrung zu begeben. Es kommt für das Vorliegen einer Gefahr deshalb nicht darauf an, ob der Kläger auf der Böschung bleiben und nicht näher an die Räumungsstelle gehen wollte. Eine individuelle Prüfung ist nicht mehr erforderlich (so auch Rachor in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl. 2012, E Rn. 438). Ein besonderes Aufenthaltsrecht, sich jenseits der Polizeiabsperrung aufzuhalten, hatte der Kläger nicht. Durch das Beobachten übte er seine allgemeine Handlungsfreiheit und sein Recht auf körperliche Bewegungsfreiheit aus. Eine Wahrnehmung fremder Eigentumsrechte, beispielsweise der Eigentümer der Landmaschinen, hat der Kläger weder behauptet noch ist sie erkennbar.

Der Platzverweis war auch verhältnismäßig, d.h. geeignet, erforderlich und angemessen, um die Gefahr abzuwenden. Der Platzverweis war nicht deshalb ungeeignet, weil Fußgänger in Begleitung von Polizeibeamten den Rad-/Gehweg entlang der Räumungsstrecke beschritten. Die Fußgänger befanden sich zwar näher an den Rangierarbeiten als der auf der Böschung stehende Kläger. Sie wurden jedoch von Beamten begleitet, die sich mit Kollegen abstimmen konnten und tatsächlich gewährleisteten, dass die Passanten den vorgesehenen Weg nicht verließen. Darüber hinaus genügte es, dass der Platzverweis gegenüber dem Kläger einen Schritt in Richtung der Abwehr der Gefahr bedeutete. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte Polizisten mit der Begleitung von Fußgängern betraute, nicht aber mit der Beaufsichtigung des Klägers. Zum einen war die Interessenlage der betroffenen Personen verschieden: Während die Fußgänger die Räumungsstelle nur (kurzfristig) passieren wollten, wollte der Kläger sie (fortlaufend) beobachten. Zum anderen handelte es sich um Personengruppen, so dass es nachvollziehbar erscheint, wenn die Beklagte sich vorrangig um deren Belange kümmert. Da der Platzverweis nur sehr kurz dauerte, war der Eingriff in die körperliche Bewegungsfreiheit und die allgemeine Handlungsfreiheit des Klägers nur sehr gering und stand nicht außer Verhältnis zu dem Zweck, den reibungslosen Ablauf der Rangierarbeiten und die Sicherheit von Leib und Leben zu gewährleisten.

Nach alledem ist der Platzverweis an den Kläger am 18.11.2012 rechtmäßig gewesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO analog sowie § 83 Satz 1 VwGO i. V. m. § 17 b Abs. 2 Satz 2 GVG. Entsprechend § 155 Abs. 2 VwGO hat Kläger die Kosten der ausgeschiedenen Beklagten und nach § 83 Satz 1 VwGO i. V. m. § 17 b Abs. 2 Satz 2 GVG die durch die Anrufung des unzuständigen Gerichts verursachten Mehrkosten zu tragen.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.