Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 29.10.2002, Az.: 5 A 127/02

Anerkennung; Beratungsbescheinigung; Beratungsstelle; Donum vitae; Förderung; Personalkosten; Sachkosten; Schwangerschaftsabbruch; Schwangerschaftsberatungsstelle; Schwangerschaftskonfliktberatung

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
29.10.2002
Aktenzeichen
5 A 127/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 43836
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
OVG Niedersachsen - 30.10.2003 - AZ: 11 LC 18/03
BVerwG - 15.07.2004 - AZ: BVerwG 3 C 48.03

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1.) Katholische Beratungsstellen, die auf der Grundlage der bischöflichen Richtlinien vom September 2000 mit Ergänzung vom November 2000 Ratsuchende beraten, können weiterhin Beratungsstellen nach § 3 SchKG sein.

2.) Soweit nach den örtlichen Verhältnissen ein anderweitig nicht gedeckter Bedarf nach einer Beratung mit katholischer Ausrichtung besteht, besteht ein Förderanspruch dem Grunde nach gem. § 4 Abs. 2 SchKG auch für (katholische) Beratungsstellen, die "nur" nach § 2 SchKG beraten.

3.) Die genaue Höhe des Förderanspruchs steht im Ermessen des Landes.

Tenor:

Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheides vom 5. April 2001 i.d.F. ihres Widerspruchsbescheides vom 13.  März 2002 verpflichtet, über den Förderantrag des Klägers vom 11. Januar 2001 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger und die Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils festgesetzten Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

1

Der Kläger, eine juristisch selbständige Ortsgruppe des Gesamtvereins „Sozialdienst katholischer Frauen“, begehrt für seine auf der Grundlage der bischöflichen Richtlinien für katholische Schwangerschaftsberatungsstellen vom September 2000 nebst Ergänzung vom November 2000 erfolgende Schwangerschaftsberatung in Braunschweig einen Zuschuss zu den Personal- und Sachkosten für das Jahr 2001.

2

Er stützt sich dabei auf § 4 Abs. 2 des Gesetzes zur Vermeidung und Bewältigung von Schwangerschaftskonflikten - Schwangerschaftskonfliktgesetzes (nachfolgend = SchKG) vom 27. Juli 1992 (BGBl. I, Seite 1398, geändert durch Artikel 1 des Schwangeren- und Familienänderungsgesetzes vom 21. August 1995, BGBl. I, Seite 1050). Danach gilt: „Die zur Sicherstellung eines ausreichenden Angebots nach den §§ 3 und 8 erforderlichen Beratungsstellen haben Anspruch auf eine angemessene öffentliche Förderung der Personal- und Sachkosten.“ Gemäß § 4 Abs. 3 SchKG regelt das Landesrecht Näheres. Das Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales (MFAS) hat dazu am 15. Dezember 1999 die Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zum Betrieb von Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen erlassen (Nds. Ministerialblatt 2000, Seite 113 ff.). Nach Ziffer 4 dieser Richtlinie „ist Voraussetzung der Förderung die Anerkennung der Beratungsstelle als Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle nach den §§ 8 und 9 SchKG.“ Beratungsstellen im Sinne von § 3 SchKG ohne Anerkennung als Konfliktberatungsstelle werden danach nicht gefördert. Für sie gibt es auch im Übrigen keine landesrechtlichen Bestimmungen.

3

Die Beratungsstelle des Klägers war mit Wirkung ab dem 1.1.1995 als Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle (staatlich) anerkannt. Auf der Grundlage der o.a. Förderrichtlinie erhielt sie bis zum Jahr 2000 jährlich eine beratungsbezogene Förderung in Form von Fallpauschalen.

4

Nach den o.a. Richtlinien der Bischöfe aus dem Jahr 2000, die wiederum auf ein Schreiben des Papstes an die deutschen Bischöfe vom 11.1.1998 zurückgehen, dürfen „Beratungsbescheinigungen, die eine der Voraussetzungen für eine straffreie Abtreibung sind, nicht mehr ausgestellt“ werden. Außerdem ist es den katholischen Schwangerschaftsberatungsstellen gemäß § 4 untersagt,

5

„-Ratsuchende auf Einrichtungen hinzuweisen, die Beratungsbescheinigungen  ausstellen, die eine der Voraussetzungen für eine straffreie Abtreibung sind,

6

Ratsuchende auf Ärzte, Krankenhäuser oder Einrichtungen hinzuweisen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen,

7

Anträge zur Finanzierung von Schwangerschaftsabbrüchen auszulegen, auszufüllen oder dabei unterstützend mitzuwirken oder

8

sich durch Gutachten, Stellungnahmen oder Erteilung von Auskünften an einer ärztlichen Indikationsfeststellung oder deren Vorbereitung zu beteiligen.“

9

Nach der o.a. Ergänzung zu den bischöflichen Richtlinien vom November 2000 ist jede hilfesuchende Frau zu Beginn der Beratung hierauf hinzuweisen. In diesem Zusammenhang „ist eine Information über andere Beratungsstellen, die Schwangerschaftskonfliktberatung im Sinne von §§ 5-7 SchKG durchführen, nicht ausgeschlossen.“

10

Die Beratungsstelle des Klägers teilte der Beklagten deshalb mit, dass sie ab dem 1. Januar 2001 keine Beratungsnachweise gem. § 7 SchKG mehr ausstelle. Die Beratung gemäß § 2 SchKG werde jedoch fortgesetzt. Daraufhin wurde die Anerkennung dieser Beratungsstelle als Konfliktberatungsstelle mit inzwischen bestandskräftigem Bescheid vom 14. Dezember 2000 mit Wirkung ab Jahresbeginn 2001 widerrufen. Über einen erneuten Antrag auf Anerkennung als Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle vom September 2001 ist noch keine bestandskräftige Entscheidung ergangen.

11

Mit Bescheid vom 5. April 2001 lehnte die Beklagte die am 11. 1. 2001 (2000 dürfte ein Druckfehler sein) beantragte weitere Förderung der klägerischen Beratungsstelle für das Jahr 2001 ab. Die dazu nach dem o.a. Erlass des MFAS vom 15.12.1999 erforderliche staatliche Anerkennung als Konfliktberatungsstelle nach § 8 SchKG fehle.

12

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 20.4.2001 Widerspruch ein. Seiner Beratungsstelle stehe ein Förderanspruch unmittelbar aus § 4 SchKG zu. Danach ergebe sich ein Förderanspruch auch für Beratungsstellen im Sinne von § 3 SchKG, die – wie hier - nicht zugleich Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen im Sinne von § 8 SchKG seien. Der entgegenstehende Erlass des MFAS sei deshalb unbeachtlich. Das Land sei gesetzlich verpflichtet, gerade auch katholische Beratungsstellen zu fördern. Gemäß § 2 SchKG müsse nämlich eine Auswahlmöglichkeit zwischen verschiedenen weltanschaulichen Ausrichtungen gegeben sein; dazu gehöre eine katholische Beratung. Die katholische Beratung werde nur von den Beratungsstellen in Trägerschaft von Bistum, Caritas und Sozialdienst katholischer Frauen, nicht aber von dem Verein Donum vitae gewährleistet.

13

Die Beklagte wies diesen Widerspruch (in Abstimmung mit dem MFAS) mit Widerspruchsbescheid vom 13. März 2002 zurück. Über die Begründung des Ausgangsbescheides hinaus wird angeführt: Aus § 4 SchKG ergebe sich kein Förderanspruch von Beratungsstellen im Sinne von § 3 SchKG, d.h. solchen, die nur eine Beratung nach    § 2 SchKG durchführen. Dies folge nicht nur aus dem Wortlaut, sondern auch aus dem Sinn und Zweck des SchKG, da beide Beratungen nicht isoliert zu sehen seien. In jedem Angebot einer Konfliktberatung sei das Angebot einer Beratung nach § 2 SchKG mitenthalten. Zudem sei die in § 4 Abs. 1  SchKG vorgeschriebene „Beratungsdichte“ mit einer Beratungskraft je 40.000 Einwohner für beide Beratungsformen gemeinsam, nicht jedoch für jede gesondert gedacht. Bereits in der Gesetzesbegründung werde darauf hingewiesen, dass „damit zu rechnen sei, dass der Anspruch (auf Beratung nach § 2 SchKG) weitgehend durch die als Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen anerkannten Beratungsstellen erfüllt werde.“ Im Übrigen sei es einer Schwangeren nicht zuzumuten, zunächst gleichsam vergeblich eine Beratungsstelle nach § 2 SchKG aufzusuchen. Außerdem sei der Beratungsstelle des Klägers nach den bischöflichen Richtlinien nicht einmal eine Beratung im Sinne von § 2 SchKG möglich, da die notwendige Information darüber, wo eine Beratungsbescheinigung erhältlich sei, nicht erteilt werde. Aufgrund der zehn geförderten Beratungsstellen der katholischen Laienorganisation Donum vitae sei schließlich die Pluralität des Beratungsangebots sichergestellt.

14

Der Kläger hat daraufhin am 10. April 2002 den Verwaltungsrechtsweg beschritten. Er trägt über die Begründung seines Widerspruchs hinaus vor: Seine Beratungsstelle erfülle die Anforderungen an eine Beratung nach § 2 SchKG; insbesondere werde über die Methoden zur Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs sowie die Folgen eines Abbruchs einschließlich der Risiken beraten. Auf die Beratungsstellen in der Trägerschaft des Vereins Donum vitae könne nicht verwiesen werden. Deren Beratung sei nämlich nicht am katholischen Glauben ausgerichtet. Im Übrigen seien diese Beratungsstellen erst Mitte 2001 eingerichtet worden. Der Beratungsstelle des Klägers stehe somit ein Förderanspruch in Höhe von (mindestens) 50% ihrer nachgewiesenen notwendigen Personal- und Sachkosten zu, entsprechend 23.401, 21 EUR (vgl. zur Berechnung die Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung).

15

Im Jahr 2001 sind in der Beratungsstelle des Klägers 400 Beratungen nach § 2 SchKG („allgemeine Beratungen“) und eine Beratung nach § 5 SchKG („Konfliktberatung“ ohne Beratungsnachweis), im Vorjahr 397 Beratungen nach § 2 SchKG und 10 Beratungen nach § 5 SchKG durchgeführt worden.

16

Der Kläger beantragt,

17

den Bescheid der Beklagten vom 5. April 2001 und ihren Widerspruchsbescheid vom 13. März 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die klägerische Beratungsstelle im Jahr 2001 mit (mindestens) 23.401,21 € zu fördern,

18

hilfsweise den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

19

Die Beklagte beantragt,

20

die Klage abzuweisen.

21

Sie trägt weitere Gründe für ihre Ansicht vor, dass die Beratungsstelle des Klägers aufgrund der bischöflichen Richtlinien nicht alle in § 2 SchKG angeführten Beratungsaufgaben wahrnehmen könne und deshalb keine Beratungsstelle im Sinne von § 3 SchKG darstelle. Nach diesen Richtlinien dürfe nämlich nicht über alle die Schwangerschaft unmittelbar oder mittelbar berührenden Fragen hinreichend beraten werden. Nach seiner Satzung berate hingegen auch der Verein Donum vitae auf der Grundlage des katholischen Glaubens.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte nebst Anlagen und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

23

Die zulässige Verpflichtungsklage ist hinsichtlich des Hilfsantrages begründet, im Übrigen (hinsichtlich des Hauptantrages) aber unbegründet.

24

Der Beratungsstelle des Klägers steht zwar nicht nach der Richtlinie des MFAS (1), .... aber nach § 4 Abs. 2 SchKG dem Grunde nach ein Förderanspruch zu (2); die genaue Höhe des Förderanspruches liegt jedoch im Ermessen des Landes und kann daher vom Gericht nicht näher beziffert werden (3).

25

1. Ein Förderanspruch kann nicht auf die zur Ausführung des § 4 Abs. 2 SchKG erlassene Richtlinie des MFAS vom 15. Dezember 1999 über die Gewährung von Zuwendungen zum Betrieb von Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen (Nds. Ministerialblatt 2000, Seite 113 ff.) gestützt werden. Notwendige Zuwendungsvoraussetzung ist danach nämlich die hier fehlende Anerkennung als Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle nach den §§ 8 und 9 SchKG

26

Auf welchen Zeitpunkt insoweit abzustellen ist, kann dahinstehen. Die klägerische Beratungsstelle hat eine solche Anerkennung nämlich weder gegenwärtig inne noch zu einem anderen in Betracht kommenden Zeitpunkt  - zum Jahresbeginn 2001, während des Jahres 2001 oder zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides -  innegehabt.

27

Das Verfahren war insoweit auch nicht gemäß § 94 VwGO wegen Vorgreiflichkeit der Entscheidung über den Antrag des Klägers auf Wiederanerkennung seiner Beratungsstelle als Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle auszusetzen.

28

Die Entscheidung über die Wiederanerkennung der Beratungsstelle des Klägers als Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle für dieses Verfahren ist schon nicht „vorgreiflich“ i.S.v. § 94 VwGO, weil dem Kläger aus den nachfolgend unter Ziffer 2.) angeführten Gründen unabhängig von dieser Wiederanerkennung jedenfalls dem Grunde nach ein Förderanspruch zusteht.

29

Im Übrigen haben das Nds. Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 21.1.2002 in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren (11 MA 3363/01) und nachfolgend das VG Hannover mit Urteil vom 26.8.2002 (- 10 A 2141/01 – mwN) im Hauptsacheverfahren zutreffend entschieden, dass zu den Voraussetzungen für die Anerkennung als Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle notwendig die Bereitschaft gehört, entsprechende Beratungsbescheinigungen auszustellen. Dies darf die klägerische Beratungsstelle nach den bischöflichen Richtlinien jedoch nicht und will es auch nicht.

30

2. Anspruchsgrundlage für eine Förderung der Beratungsstelle des Klägers ist jedoch § 4 Abs. 2 des Gesetzes zur Vermeidung und Bewältigung von Schwangerschaftskonflikten - Schwangerschaftskonfliktgesetzes (= SchKG) -  vom 27. Juli 1992 (BGBl. I, Seite 1398, geändert durch Artikel 1 des Schwangeren- und Familienänderungsgesetzes vom 21. August 1995, BGBl. I, Seite 1050). Danach gilt: „Die zur Sicherstellung eines ausreichenden Angebots nach den §§ 3 und 8 erforderlichen Beratungsstellen haben Anspruch auf eine angemessene öffentliche Förderung der Personal- und Sachkosten.“

31

Die Kammer folgt der Rechtsprechung (vgl. das noch nicht rechtskräftige Urteil des 11. Senats des Nds. OVG vom 26.4.2001 -  11 L 4042/00 – NVwZ 2001, 944 m.w.N.), wonach diese Regelung den dadurch begünstigten Beratungsstellen dem Grunde nach unmittelbar einen Förderanspruch gewährt. Denn sie sollen (oder können) nicht nur gefördert werden, sondern „haben Anspruch auf einen angemessene öffentliche Förderung.“ Dies ist eine bundesgesetzlich festgelegte „Pflichtaufgabe des Landes“ (vgl. das o.a. Urteil des Nds. OVG v. 26.4.2001), soweit die Beratungsstellen „zur Sicherstellung eines ausreichenden Angebots nach den §§ 3 und 8 (SchKG) erforderlich sind.“

32

Demnach steht der Beratungsstelle des Klägers ein Förderanspruch zu, da sie eine solche im Sinne von §§ 3, 4 SchKG (2.1) und zur Sicherstellung eines ausreichenden Angebots nach § 3 SchKG erforderlich ist (2.2).

33

2.1 Die Beklagte ist zwar keine Konfliktberatungsstelle im Sinne von § 8 SchKG, aber eine Beratungsstelle im Sinne von §§ 3, 4 SchKG.

34

2.1.1 Dass es Beratungsstellen im Sinne von § 3 SchKG gibt, die nicht zugleich Konfliktberatungsstellen i.S.v. § 8 SchKG sind, folgt aus Wortlaut und Systematik des Gesetzes: Unter der in Abschnitt 1 des SchKG enthaltenen Überschrift: „Beratungsstellen“ regelt § 3 Abs. 1 Satz 1 SchKG, dass die Länder ein ausreichendes Angebot wohnortnaher Beratungsstellen für die Beratung nach § 2 sicherzustellen haben. Demgegenüber wird erst in dem - in Abschnitt 2 des Gesetzes unter der Überschrift „Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen“ enthaltenen - § 8 bestimmt, dass „die Länder für die Beratung nach den §§ 5 und 6 ein ausreichendes plurales Angebot wohnortnaher Beratungsstellen sicherzustellen haben.“ Eine gesetzliche Bestimmung, wonach diese beiden unterschiedlichen Beratungsangebote gemeinsam von einer Beratungsstelle wahrgenommen werden müssen, gibt es nicht.

35

2.1.2 Die Kammer geht weiterhin davon aus, dass sich aus dem SchKG eine zur Feststellung eines Förderanspruches hinreichende (bundesrechtliche) Definition der „Beratungsstelle“ im Sinne des § 3 des Gesetzes ergibt (im Ergebnis ohne nähere Problematisierung ebenso: VG Minden, Urteil vom 24.1.2002 – 7 K 27/01 -, DÖV 2002, 439 f., sowie Ellwanger, Schwangerschaftskonfliktgesetz, 1997, § 2).

36

Zwar enthält das SchKG im Gegensatz zu dem Schwangeren- und Familienhilfegesetz vom Juli 1992 (SFHG) als vorhergehender Regelung keine ausdrückliche Bestimmung, welche Anforderungen im Einzelnen an eine Beratungsstelle im Sinne von § 3 SchKG zu stellen sind. Das SFHG vom Juli 1992 regelte hingegen in § 3 Abs. 2, wer Beratungsstelle im Sinne von § 3 Abs. 1 sein konnte, und bestimmte in Absatz 3 dieser Bestimmung ergänzend, welchen personellen Anforderungen eine solche Stelle genügen mußte; allerdings gab es damals nach den §§ 1 – 4 SFHG auch nur eine einheitliche Beratung und nicht zwei (getrennte) Beratungsangebote und -stellen. In § 3 Abs. 3 Nr. 4 SFHG war darüber hinaus ausdrücklich vorgeschrieben, dass eine Beratungsstelle zu einer Beratung nach § 2 in der Lage sein musste. Nach § 3 Abs. 4 SFHG war den Ländern lediglich die Verfahrensregelung überlassen worden. Diese Regelungen in den Absätzen 2 bis 4 des § 3 SFHG sind durch das o.a. Änderungsgesetz vom 21. August 1995 aufgehoben worden, und zwar mit der Begründung (vgl. Bundestagsdrucksache 13/1850, Artikel 1 Nr. 5), dass „nur hinsichtlich dieser ... “ (Schwangerschaftskonflikt)„Beratung einheitliche Vorgaben für die Anerkennung im Hinblick auf den Schutz ungeborenen Lebens erforderlich sind. Die Zulassung der Beratungsstellen, deren sich die Länder zur Erfüllung des Beratungsanspruchs nach § 2 SchKG bedienen wollen, kann daher insgesamt den Ländern im Rahmen des Sicherstellungsauftrags überlassen bleiben.“ Eine nähere landesrechtliche Definitionsbestimmung zum Begriff der Beratungsstelle im Sinne des § 3 SchKG fehlt jedoch in Niedersachsen        ebenso wie ein dahingehendes Zulassungsverfahren.

37

Das Fehlen solcher ergänzender landesrechtlicher Regelungen über die Ausgestaltung von Beratungsstellen nach § 3 SchKG führt aber nach Ansicht der Kammer nicht dazu, dass der Begriff der „Beratungsstelle“ im Sinne dieses und des folgenden Paragraphen des SchKG zu unbestimmt ist. § 2 SchKG enthält eine ausführliche Aufgabenbeschreibung von Beratungsstellen gemäß § 3 SchKG. Jedenfalls solange ergänzende landesrechtliche Bestimmungen fehlen, reicht es für den hier streitigen Förderanspruch dem Grunde nach daher aus, dass eine Beratungsstelle i.S.v. § 3 SchKG diese in § 2 SchKG genannten Aufgaben hinreichend sachkundig erfüllt. Dass in § 3 Abs. 4 SFHG noch ausdrücklich vorgeschrieben war, eine Beratungsstelle“ (nach § 3) müsse „zu einer Beratung nach § 2“ (SFHG) „in der Lage sein“, und dass diese Bestimmung aufgehoben worden ist, steht dem nach Ansicht der Kammer nicht entgegen. Es ist davon auszugehen, dass diese Bestimmung als überflüssig angesehen, nicht aber deshalb aufgehoben worden ist, weil zukünftig Beratungsstellen i.S.v. § 3 (SchKG) andere als die in § 2 (SchKG) umschriebenen Aufgaben wahrnehmen sollten.  Andernfalls bliebe unklar, welche Aufgaben dies sein sollten und warum § 2 dann nicht aufgehoben oder gekürzt, sondern mit geringfügigen Ergänzungen im Wortlaut unverändert geblieben ist. Allerdings ist der Bedeutungswandel, den die Beratungsstellen nach § 2 SchKG durch die geschilderte Einführung von eigenständigen Konfliktberatungsstellen erfahren haben, bei der Auslegung des § 2 SchKG, also der Frage, was genau Gegenstand der dort genannten Beratung sein muss, zu berücksichtigen.

38

2.1.3 Zwischen den Parteien ist zu Recht unstreitig, dass die Beratungsstelle des Klägers grundsätzlich in der Lage ist, hinreichend sachkundig Schwangerschaftsberatung durchzuführen. Strittig ist nur die Frage, ob die Grenzen, die katholischen Schwangerschaftsberatungsstellen durch die bischöflichen Richtlinien gesetzt sind, mit dem bundesgesetzlichen Beratungsauftrag einer Schwangerschaftsberatungsstelle im Sinne von § 3 SchKG vereinbar sind und sie deshalb an einer Beratung i.S.d. § 2 SchKG hindern. Die Kammer ist aus den nachfolgend angeführten Gründen der Ansicht, dass eine Beratung i.S.d. § 2 SchKG auch auf der Grundlage der bischöflichen Richtlinien möglich ist, diese also der Qualifikation der Beratungsstelle des Klägers als solche i.S.v. § 3 SchKG nicht entgegenstehen.

39

Zwar ist es den katholischen Schwangerschaftsberatungsstellen gemäß § 4 dieser Richtlinien untersagt,

40

„-Ratsuchende auf Einrichtungen hinzuweisen, die Beratungsbescheinigungen  ausstellen, die eine der Voraussetzungen für eine straffreie Abtreibung sind,

41

Ratsuchende auf Ärzte, Krankenhäuser oder Einrichtungen hinzuweisen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen,

42

Anträge zur Finanzierung von Schwangerschaftsabbrüchen auszulegen, auszufüllen oder dabei unterstützend mitzuwirken oder

43

sich durch Gutachten, Stellungnahmen oder Erteilung von Auskünften an einer ärztlichen Indikationsfeststellung oder deren Vorbereitung zu beteiligen.“

44

Eine ausdrückliche Bestimmung, nach der Schwangerschaftsberatungsstellen im Sinne von § 3 SchKG verpflichtet sind, Ratsuchende etwa auf Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, oder auf Einrichtungen, die Beratungsbescheinigungen ausstellen, hinzuweisen bzw. Anträge zur Finanzierung von Schwangerschaftsabbrüchen auszulegen oder sich an einer Indikationsfeststellung zu beteiligen, enthält § 2 SchKG aber nicht.

45

Eine solche Verpflichtung ergibt sich auch nicht im Wege der Auslegung aus einer der dort angeführten Bestimmungen:

46

2.1.3.1 Aus § 2 Abs. 2 Nr. 6 SchKG folgt dies nicht. Denn über die „Methoden zur Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs, die physischen und psychischen Folgen eines Abbruchs und die damit verbundenen Risiken“ kann – wie auch von dem Kläger unter Bezugnahme auf das Zeugnis des Bischofs des Bistum Hildesheim vorgetragen wird – eine Beratung erfolgen, ohne dadurch gegen die bischöflichen Richtlinien zu verstoßen. Katholischen Beratungsstellen ist es danach nicht verboten, überhaupt über einen Schwangerschaftsabbruch zu sprechen und über seine Folgen aufzuklären; eine Aufklärung über die damit verbundenen Risiken steht vielmehr gerade im Einklang mit dem Ziel der katholischen Beratungsstellen, „sich ausschließlich schützend und fördernd vor das Leben von Mutter und Kind zu stellen“ (vgl. Ziffer 1.4. der Rahmenkonzeption für die Arbeit katholischer Schwangerschaftsberatungsstellen, Beiakte C). Mit diesem – in den bischöflichen Richtlinien niedergelegten – Selbstverständnis ist es allerdings unvereinbar, im Einzelfall die Schwangere bei der Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs zu unterstützen, z.B. durch Hinweis auf entsprechende Einrichtungen oder  Finanzierungsmöglichkeiten für einen Abbruch. Eine dahingehende Beratung schreibt § 2 Abs. 2 Nr. 6 SchKG jedoch nicht vor, denn eine Beratung über Methoden und Folgen eines Schwangerschaftsabbruchs setzt begrifflich nicht voraus, Hilfen zur Durchführung eines Abbruchs zu geben (a.A. ohne nähere Begründung  VG Minden, Urteil vom 24.1.2002 , a.a.O.).

47

2.1.3.2 Auch der Vorgabe des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SchKG, wonach der Anspruch auf Beratung auch Informationen über „Lösungsmöglichkeiten für psychosoziale Konflikte im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft“ umfasst, können katholische Schwangerschaftsberatungsstellen genügen.

48

Allerdings kann man dem Wortlaut nach diese Bestimmung dahingehend verstehen, dass sie sich auch auf die sogenannte Konfliktberatung einschließlich von Hinweisen auf die Möglichkeit eines Schwangerschaftsabbruchs bezieht (in diesem Sinne wohl der Beschluss des Nds. OVG vom 21.1.2002, a.a.O., wonach „Beratungsstellen nach § 2, auch soweit sie nicht anerkannt sind, Schwangerschaftskonfliktberatung leisten können (Abs. 2 Nr. 7), Bescheinigungen nach § 7 SchKG aber nicht ausstellen dürfen“).

49

Eindeutig ist dieser Wortlaut jedoch nicht, da in Nr. 7 nicht ausdrücklich eine erst nachfolgend in den §§ 5 ff. SchKG geregelte Schwangerschaftskonfliktberatung vorgeschrieben wird. Gegen die Annahme, dass mit dieser Bestimmung eine dahingehende Verpflichtung gemeint ist, spricht die Systematik des Gesetzes. Nach der Systematik des SchKG erfüllen die Beratungsstellen nach § 3 SchKG, deren Auftrag in § 2 des Gesetzes umschrieben ist, einen anderen Auftrag als die gesondert geregelten Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen. Unter Bezugnahme auf die Kommentierung bei Ellwanger wird in den o.a. Beschluss des Nds. OVG davon ausgegangen, dass diese Beratung der „Prävention“, also der Vermeidung von Schwangerschaftskonflikten dient, während die Beratung nach §§ 5 ff SchKG der Bewältigung eines eingetretenen Konflikts dienen soll. Diese Differenzierung findet sich bereits im vollständigen Gesetzestitel, der zwischen der Vermeidung und der Bewältigung von Schwangerschaftskonflikten unterscheidet. Nach Ansicht der Kammer wird damit das Aufgabenfeld der Beratungsstellen nach § 3 SchKG jedoch nicht umfassend genug beschrieben. Wie sich aus § 2 Abs. 3 SchKG ergibt, gehört nämlich nicht nur eine Beratung im Vorfeld einer Schwangerschaft, sondern auch eine Betreuung nach einem Schwangerschaftsabbruch oder der Geburt des Kindes mit zu dem Beratungsauftrag gemäß § 2 SchKG. Diese Aufgabenstellung kann schwerlich mit dem Begriff der Prävention umschrieben werden. Hierzu passt der Begriff der „allgemeinen“ oder Grundlagenberatung besser, die allerdings in Abgrenzung zu einer allgemeinen Ehe- oder Familienberatung im Zusammenhang mit einer beabsichtigten, bestehenden oder beendeten Schwangerschaft stehen muss.  §§ 2 und 5 SchKG stehen daher im Verhältnis der allgemeinen zur besonderen Vorschrift (vgl. Ellwanger, a.a.O, Rn. 1 zu § 2). § 2 SchKG regelt allgemeine Ansprüche von – wie in § 2 Abs. 1 ausdrücklich geregelt wird – jeder Frau, insbesondere von Schwangeren, und jedem Mann, während § 5 SchKG eine ganz spezielle Situation voraussetzt, nämlich eine Not- und Konfliktlage der Frau, in der diese einen Schwangerschaftsabbruch erwägt. Bereits diese Überlegungen sprechen dafür, unter der in § 2 Abs. 2 Nr. 7 SchKG umschriebenen Aufgabenstellung eben gerade keine Konfliktberatung im Sinne des § 5 SchKG zu verstehen, sondern eine auch der klägerischen Beratungsstelle mögliche zeitlich vor- oder nachgelagerte allgemeine Beratung über Lösungsmöglichkeiten für Konflikte im Zusammenhang mit einer (ungewollten) Schwangerschaft.

50

Gestützt wird diese Auslegung durch eine weitere Überlegung: Wenn § 2 Abs. 2 Nr. 7 SchKG so verstanden würde, dass er eine Schwangerschaftskonfliktberatung im Sinne § 5 SchKG zwingend mit umfasst, so wäre die gesonderte Regelung von Beratungsstellen nach § 3 SchKG neben den Konfliktberatungsstellen weitgehend bedeutungslos. Denn die damit verbundene Verpflichtung zu einer Konfliktberatung macht nur Sinn, wenn an sie auch die gleichen Anforderungen wie an eine Beratung im Sinne des § 5 SchKG gestellt werden. Diese Anforderungen sind aber erst in den §§ 5 ff SchKG geregelt. Wenn der Gesetzgeber dies gewollt hätte, hätte es außerdem nahe gelegen, nicht die in § 3 Abs. 2 und 3 SFHG enthaltenen Anforderungen an eine Beratungsstelle zu streichen, sondern stattdessen um die bereits im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Mai 1993 (BVerfGE 88, 203 ff) enthaltenen Vorgaben zu ergänzen. Diesen Weg hat der Gesetzgeber jedoch nicht gewählt, sondern sich bewusst für zwei unterschiedliche Arten von Beratungsstellen entschieden. Mit einem solchen Anspruch auf Konfliktberatung gegenüber Beratungsstellen im Sinne von § 3 SchKG wäre zudem für diejenige Schwangere, die sich nach einer Beratung ohne Vorliegen einer Indikation zu einem Abbruch entschließt, das Problem verbunden, sich erneut, nunmehr durch eine gemäß § 9 SchKG anerkannte Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle beraten lassen zu müssen. Denn die für einen straffreien Abbruch ohne Vorliegen einer Indikation erforderliche Beratungsbescheinigung nach § 7 SchKG dürfen Beratungsstellen im Sinne von § 3 SchKG nicht ausstellen.

51

Diese Auslegung wird auch eher der dargelegten Entstehungsgeschichte der Norm gerecht. Eine mit § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SchKG wortgleiche Regelung enthielt zwar bereits das SFHG in § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6. In diesem Gesetz war jedoch die Schwangerenkonfliktberatung nicht gesondert geregelt, wie dies heute der Fall ist. Selbst wenn also mit der Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 SFHG eine Konfliktberatung gemeint war, ist das heute mit der Einführung ausdrücklicher Konfliktberatungsstellen und des dadurch bedingten Bedeutungswandel der „allgemeinen“ Beratung i.S.v. § 2 SchKG nicht mehr der Fall. In der o.a. Gesetzesbegründung (BT-Drs.13/1850, Art. 1 Nr. 5) wird dementsprechend ausgeführt, dass „der Beratungsanspruch nach § 2 SchKG unabhängig davon besteht, ob ein Schwangerschaftsabbruch erwogen wird oder nicht.“

52

Mit dieser Abgrenzung der verschiedenen Aufgaben der Beratungsstellen  ergeben sich für eine schwangere Frau, die an einer „Konfliktberatung“ interessiert ist, keine praktischen Probleme. Nach der Ergänzung der bischöflichen Richtlinien vom November 2000 kann nämlich vor der Beratung darauf hingewiesen werden, dass in den katholischen Beratungsstellen keine Konfliktberatung i.S.v. §§ 5 ff SchKG mit Ausstellung eines Beratungsscheines erfolgt, sondern nur eine allgemeine Beratung i.S.v. § 2 SchkG; andere Beratungsstellen, die sich auf eine Beratung i.S.v. § 2 SchKG beschränken, können entsprechend verfahren.  Im Übrigen ist davon auszugehen, dass dies den meisten Frauen, die sich an eine schon dem Namen nach ausdrücklich als „katholisch“ erkennbare Beratungsstelle – wie die des Klägers - wenden, ohnehin bekannt ist. Hierfür sprechen zudem die vorgelegten Tätigkeitsberichte für diese Beratungsstelle. Danach gab es dort nämlich bereits im Jahr 2000, als sie noch als Konfliktberatungsstelle anerkannt war, keine nennenswerte Nachfrage nach einer Beratung gemäß §§ 5 ff SchKG mehr, nämlich nur in 10 von insgesamt 397 Beratungsfällen. Die im wesentlichen unveränderten Zahlen für das Jahr 2001, also nach dem Wegfall der Anerkennung -  400 allgemeine und eine Konfliktberatung (ohne Ausstellung eines Beratungsscheines) –, belegen schließlich, dass eine solche Unterscheidung zwischen allgemeiner und Konfliktberatung nicht nur Theorie, sondern praktisch möglich ist, und die allgemeine Beratung unverändert angenommen wird.

53

2.1.3.3  Die in § 2 Abs. 2 Satz 2 SchKG geregelte Unterstützung der Schwangeren „bei der Geltendmachung von Ansprüchen sowie bei der Wohnungssuche, bei der Suche nach einer Betreuungsmöglichkeit für das Kind und bei der Fortsetzung ihrer Ausbildung“ bezieht sich aus den gleichen Gründen nicht auf einen bereits eingetretenen Konflikt – hierfür gilt § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SchKG als speziellere Vorschrift - und verpflichtet daher nicht zu einer der Beratungsstelle des Klägers untersagten Mitwirkung an einem Abbruch der Schwangerschaft.

54

Im Übrigen sind mit denjenigen Ansprüchen, bei deren Verwirklichung die Schwangere zu unterstützten ist, ohnehin nicht solche gemeint, die sich auf einen Abbruch der Schwangerschaft beziehen, sondern Hilfen zur Fortsetzung der Schwangerschaft und bei der Betreuung nach der Geburt des Kindes. Dementsprechend bekennt sich der von der Beklagten (sogar) als Konfliktberatungsstelle anerkannte Verein donum vitae nach seinem Selbstverständnis ausdrücklich dazu, dass in seinen Beratungsstellen „keinerlei Hilfe im Verfahren eines Schwangerschaftsabbruches geleistet werden darf“ (vgl. die Anlage zum Schriftsatz des Klägers v. 22.10.2002, Bl. 92 der Gerichtsakte).

55

2.1.3.4 Schließlich folgt nichts anderes aus § 2 Abs. 1 SchKG, wonach jede Frau und jeder Mann das Recht hat, sich... in allen eine Schwangerschaft unmittelbar oder mittelbar berührenden Fragen von einer hierfür vorgesehenen Beratungsstelle informieren und beraten zu lassen.

56

Die Bestimmung ist nach Ansicht der Kammer ohnehin eng auszulegen, da ein solcher Beratungsanspruch, jedenfalls zeitnah und mit eigenen Mitteln, in allen (denkbaren) eine Schwangerschaft betreffenden Fragen kaum erfüllt werden kann. Andernfalls müsste eine Beratungsstelle etwa auch ausländische Männer und Frauen, die sich nach den Tätigkeitsberichten der Beratungsstelle des Klägers durchaus an entsprechende Stellen wenden, darüber beraten, wie sich die Rechtslage zum Schwangerschaftsabbruch in ihren Heimatstaaten darstellt und ob dort entsprechend der Rechtslage gehandelt wird. Ebenso wenig kann jede Beratungsstelle i.S.v. § 2 SchKG verpflichtet sein, darüber zu informieren, ob in Deutschland nicht oder kaum vertretene Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften einem Schwangerschaftsabbruch ablehnend oder unterstützend gegenüber stehen.

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Die Vorschrift kann sich daher nur auf eine umfassende Beratung hinsichtlich der jeweiligen örtlichen Verhältnisse und der dort geltenden Vorschriften beziehen, umfasst allerdings auch bei diesem Verständnis dem Wortlaut nach noch eine Information über die Möglichkeiten eines straffreien Schwangerschaftsabbruchs ohne Vorliegen einer Indikation in Deutschland. Diesem Informationsbedürfnis kann die klägerische Beratungsstelle aber nachkommen. Denn nach der o.a. ergänzenden „authentischen Interpretation“ der bischöflichen Richtlinien kann sie über andere Beratungsstellen, die Konfliktberatung im Sinne von §§ 5 und 6 SchKG durchführen (und eine Beratungsbescheinigung ausstellen), informieren. Mehr, insbesondere eine eigenständige Beratung, kann von einer Beratungsstelle im Sinne des § 3 SchKG aus den vorgenannten Gründen insoweit nicht verlangt werden. Da es „Aufgaben der Beratungsstellen ist, dem Schutz des ungeborenen Lebens zu dienen, nicht aber Gelegenheiten aufzuzeigen, an denen dieses Ziel an sein negatives Ende geführt wird“ (vgl. Ellwanger, a.a.O., § 5, Rn. 11), sind Beratungsstellen insbesondere nicht verpflichtet, Frauen Anschriften von Einrichtungen zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen zu benennen, sondern können sich entsprechenden Wünschen verschließen.

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2.2 Der Beratungsstelle des Klägers steht dem Grunde nach ein Anspruch auf angemessene öffentliche Förderung der Personal- und Sachkosten zu.

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2.2.1 Denn jedenfalls Beratungsstellen im Sinne von § 3, die zur Erfüllung des Sicherstellungsauftrages nach § 3 Abs. 1 SchKG erforderlich sind, sind unabhängig von ihrer Anerkennung als Konfliktberatungsstellen im Sinne von § 8 SchKG gemäß § 4 Abs. 2 SchKG zu fördern.

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Hierfür spricht bereits der Wortlaut des § 4 Abs. 2 SchKG: Als anspruchsberechtigt werden die nach „den §§ 3 und 8 erforderlichen Beratungsstellen“ ausdrücklich nebeneinander genannt. Hingegen steht dort nicht: „Anspruch auf Förderung haben lediglich Beratungsstellen nach § 8“ oder „Beratungsstellen nach § 8, die zugleich Beratungsstelle gemäß § 3 SchKG sind.“.

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Diese Auslegung wird durch die Systematik unterstrichen. Der Förderanspruch ist in § 4 SchKG geregelt. § 4 SchKG befindet sich jedoch noch vor dem Abschnitt 2, in dem die Bestimmungen über die Schwangerschaftskonfliktberatung enthalten sind. Für die Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen wird in § 8 SchKG vielmehr noch einmal ausdrücklich wiederholt, dass die Länder ein ausreichendes, plurales Angebot wohnortnaher Beratungsstellen sicherzustellen zu haben.

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Die o.a. Gesetzesbegründung zu dieser Bestimmung bestätigt dieses Verständnis. Danach sollte klargestellt werden, „dass sich die bisherigen Vorschriften über die öffentliche Förderung der Beratungsstellen sowohl auf die als Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen anerkannten Stellen als auch auf etwaige weitere Beratungsstellen erstrecken, die den Beratungsanspruch des § 2 SchKG erfüllen.“ Zwar erwartete der Gesetzgeber, dass der Beratungsanspruch nach § 2 SchKG „weitgehend durch die als Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen anerkannten Beratungsstellen erfüllt werden wird.“ Dies ist aber nur eine -  zumal mit dem Adjektiv „weitgehend“ eingeschränkte - Erwartung, nicht aber eine Verpflichtung. Gedanklich wird dabei vorausgesetzt, dass auch Beratungsstellen, die nur den Anspruch nach § 2 SchKG erfüllen, einen eigenständigen Förderanspruch haben (können).

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Dem eigenständigen Förderanspruch einer Beratungsstelle nach § 3 SchKG steht unter den zuvor angeführten Voraussetzungen – ihrer Erforderlichkeit zur Erfüllung des Sicherstellungsauftrages - auch der Sinn und Zweck der Regelung nicht entgegen. Durch die Förderung soll eine hinreichende Beratung sowohl im Sinne des § 2 als auch des § 5 SchKG finanziell sichergestellt werden. Der Beklagten ist einzuräumen, dass Schwangerschaftskonfliktberatung und (Grundlagen)Beratung nicht isoliert nebeneinander stehen, sich vielmehr ergänzen und durch eine Verbindung beider Beratungsangebote Kosten gespart werden können, weil nicht gesondert Personal und Sachmittel zur Verfügung gestellt werden müssen. Daher kann es grundsätzlich zulässig sein, gestützt auf § 4 Abs. 3 SchkG – danach regelt das Landesrecht das Nähere – den Förderanspruch auf diejenigen Beratungsstellen zu beschränken, die sowohl Beratung im Sinne des § 2 als auch Schwangerschaftskonfliktberatung gem. § 5 SchKG gleichzeitig anbieten. Das gilt aber nur, soweit dadurch das nach dem SchkG zu fördernde Angebot noch hinreichend abgedeckt wird.  Dem Land steht hingegen nicht die Möglichkeit offen, auch dann nur Beratungsstellen zu fördern, die beide Beratungsangebote umfassen, wenn es hiervon nicht genügend „wohnortnahe“ Beratungsstellen „unterschiedlicher weltanschaulicher Ausrichtung“ in der sich aus § 4 Abs. 1 Satz 1 SchKG ergebenden Dichte gibt. Dadurch würde der bundesrechtliche Sicherstellungsauftrag aus   § 3 Abs. 1 Satz 1 und 3 SchKG verfehlt. 

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2.2.2 Dieser Vorgabe kann vorliegend aber nur bei einer Förderung der klägerischen Beratungsstelle entsprochen werden, so dass die entsprechende Begrenzung der Förderung auf anerkannte Konfliktberatungsstellen in Ziffer 4 des Erlasses des MFAS unbeachtlich ist und unmittelbar aus § 4 Abs. 2 SchKG ein Förderanspruch besteht.

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Nach § 3 Abs. 1 Satz 3 SchKG sollen die Ratsuchenden zwischen Beratungsstellen unterschiedlicher weltanschaulicher Ausrichtung auswählen können. Unter einer Weltanschauung ist eine „mit der Person des Menschen verbundene Gewißheit über bestimmte Aussagen zum Weltganzen sowie zur Herkunft  und zum Ziel des menschlichen Lebens zu verstehen; dabei beschränkt sich eine Weltanschauung im Unterschied zu einer Religion auf innerweltliche Bezüge“ (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.3.1992 – 7 C 21.90BVerwGE 90, 112, 115 mwN). Durch Art. 4 Abs. 1 GG sind religiöse und weltanschauliche Ausrichtung gleichgestellt. Dies gilt auch für die Auslegung des § 3 Abs. 1 Satz 3 SchKG. Dementsprechend soll auch eine Auswahlmöglichkeit zwischen unterschiedlichen religiösen Ausrichtungen bestehen. Solange daher (nur) freie Träger ein solches Beratungsangebot einer bestimmten religiösen Ausrichtung vorhalten und ein hinreichender Beratungsbedarf besteht (vgl. zur Bedeutung des Bedarfs für den Förderanspruch das o.a. Urteil des Nds. OVG vom 26.4.2001), besteht ein Förderanspruch dieser Stellen. Dass insoweit nur eine Wahlmöglichkeit bestehen „soll“, nicht „muss“, steht dem nicht entgegen. Damit wird eine Wahlmöglichkeit (und ein sich darauf beziehender Förderanspruch) nur für atypische Fälle ausgeschlossen. Dies ist wegen der o.a. gesetzlichen Gleichstellung beider Beratungsangebote nicht schon der Fall, wenn sich eine Beratungsstelle auf eine Beratung i.S.d. § 2 oder § 5 SchKG beschränkt, sondern betrifft Gestaltungen, in denen es an einem geeigneten Beratungsträger oder der Nachfrage fehlt, wie dies z.B. für kleinere Religionsgesellschaften der Fall ist.

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In Niedersachsen muss daher jedenfalls sichergestellt sein, dass Ratsuchende eine Beratungsstelle mit christlicher Ausrichtung auswählen können. Im Hinblick auf die Unterschiede innerhalb der christlichen Kirchen hinsichtlich der Bewertung eines Schwangerschaftsabbruches ist nach Ansicht der Kammer darüber hinaus eine Auswahlmöglichkeit zwischen den Beratungsstellen evangelischer Ausrichtung einerseits und katholischen Inhalts andererseits zu gewährleisten. Es besteht zudem ein entsprechender Bedarf nach einer Beratung katholischer Ausrichtung. Dafür spricht schon der Anteil der Katholiken  in der Bevölkerung Niedersachsens; er beträgt - mit regionalen Unterschieden - in den Bistümern zwischen 10% bis zu 45 % (vgl. Fischer-Atlas Deutschland, 2001, S. 63). Die von der Beratungsstelle des Klägers eingereichten Zahlen unterstreichen dies. Danach ist – wie dargelegt - die Zahl ihrer Beratungen nach § 2 SchKG im Jahr 2001 sogar noch geringfügig (auf 400) gestiegen, obwohl in diesem Zeitraum kein Beratungsschein nach § 7 SchKG mehr ausgestellt worden ist. Die Förderpraxis der Beklagten (und des Landes) in der Vergangenheit hat dem Rechnung getragen. Wie sich aus den Beiakten ergibt, hat nämlich die Beklagte für das Land im Regierungsbezirk Braunschweig vier (bzw. mit der Außenstelle in Duderstadt fünf) in katholischer Trägerschaft stehende Schwangerschafts(konflikt)beratungsstellen gefördert, landesweit waren es 31 Stellen. Daher besteht ein Förderanspruch für Beratungsstellen mit katholischer Ausrichtung, auch wenn sie „nur“ gemäß § 2 SchKG beraten.

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2.2.3 Das Land kann jedenfalls bezogen auf die hier streitigen Verhältnisse im Regierungsbezirk Braunschweig insoweit nicht auf die Beratungsstelle (n) des Vereins Donum vitae verweisen.

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Nach Ansicht der Kammer handelt es sich schon nicht um eine Beratungsstelle „katholischer“ Ausrichtung. Nach der Entstehungsgeschichte des Vereins stellt er eine von katholischen Laien getragene Organisation dar, die die Schwangerschaftskonfliktberatung übernehmen wollte, nachdem dies aufgrund der päpstlichen Weisung den Mitgliedern der katholischen Amtskirche nicht mehr möglich war. Aufgrund dieser Weisung ist es in der katholischen Kirche umstritten, ob nach katholischem Kirchenrecht die Schwangerschaftskonfliktberatung durch den Verein Donum vitae überhaupt zulässig ist, soweit sich Katholiken daran beteiligen (vgl. dazu Tillmanns, NJW 2001, 873 ff; Sala, NJW 2001, 1773 ff [BVerfG 16.02.2000 - 1 BvR 420/97] ). In dem Beratungskonzept für Beratungsstellen in der Trägerschaft von Donum vitae (vgl. die Anlage zum Schreiben des Klägers vom 22.10.2002, Bl. 92 der Gerichtsakte; sowie im internet unter  HYPERLINK http://www.donumvitae .org) wird selbst nicht behauptet, dass ihre Beratung auf der Grundlage des katholischen Glaubens erfolgt. Stattdessen wird unter Ziffer 1 (Präambel zum Selbstverständnis) lediglich allgemein auf den „christlichen Glauben“ Bezug genommen. Aus der Vereinssatzung folgt nicht anderes. Diese verweist in § 2 Abs. 2 Satz 3 nämlich gerade auf das zuvor angeführte Beratungskonzept, das – anders als die Satzung – weder die zeitlich überholten „vorläufigen bischöflichen Richtlinien vom 21.11.1995“ noch gar die ihre Stelle getretenen o.a. „endgültigen“ Richtlinien aus dem Jahr 2000 als Beratungsgrundlage benennt. Wenn sich der Verein aber in seinem eigenen Beratungskonzept bewusst nicht eindeutig zu einer Beratung im Sinne des katholischen Glaubens bekennt, so kann auch die Beklagte den Verein hierfür nicht „vereinnahmen“.

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Unabhängig davon reichen jedenfalls für Ratsuchende aus dem Regierungsbezirk Braunschweig die (bis heute) vorhandenen Beratungsstellen des Vereins Donum vitae nicht aus. Hierfür kann dahinstehen, ob es nun auf die Sachlage zu Beginn oder im Verlaufe des Jahres 2001 oder erst zu dem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ankommt. Selbst im jetzigen Zeitpunkt gibt es nämlich nach den in der mündlichen Verhandlung erörterten Vereinsangaben aus dem Internet niedersachsenweit nur elf entsprechende Beratungsstellen. Mit Ausnahme der Beratungsstelle in Hildesheim konzentrieren sich dabei alle Beratungsstellen auf den Bereich des Regierungsbezirkes Weser-Ems. Im Regierungsbezirk Hannover gibt es lediglich eine Beratungsstelle in Hildesheim, in den Regierungsbezirken Braunschweig und Lüneburg überhaupt keine entsprechenden Beratungsstellen. Damit wird jedenfalls kein ausreichend dichtes Beratungsstellennetz vorgehalten. Insoweit kann zwar nicht von der in § 4 Abs. 1 Satz 1 SchKG enthaltenen Vorgabe einer Vollzeitkraft je 40.000 Einwohner ausgegangen werden. Denn dieser „Beratungsschlüssel“ bezieht sich auf die Beratung überhaupt, nicht auf die Beratung einer bestimmten religiösen oder weltanschaulichen Ausrichtung. Ausgehend von der Annahme, dass ein entsprechender Beratungsbedarf – wie vorliegend dargelegt – jedenfalls unter den Katholiken in Niedersachsen gegeben ist, ist dieser Wert vielmehr unter Berücksichtigung des Anteils der Bevölkerung katholischen Glaubens an der Gesamtbevölkerung hochzurechnen. Geht man für den Regierungsbezirk Braunschweig (und Hannover) von je nur 10 % katholischer Bevölkerung aus, so bedeutet das, dass je 400.000 Einwohner eine Vollzeitkraft vorzuhalten ist. Selbst wenn man diesen Wert noch erhöht, weil die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 SchKG vorgeschriebene Vollzeitkraft sowohl eine Beratung nach § 2 als auch nach § 5 SchKG zu gewährleisten hat (vgl. Ellwanger, a.a.O., § 4, Rn. 2), es vorliegend jedoch nur um die Beratung im ersten Sinne geht, und man insoweit einen geringeren Personalaufwand für erforderlich hält, so reicht im Hinblick auf die Bevölkerungszahl des Regierungsbezirks Braunschweig und des Regierungsbezirks Hannover – zusammen etwa 3,8 Millionen Einwohner  (vgl. die Angaben des Nds. Landesamtes für Statistik, Stand 31.12.2001,  HYPERLINK http://www.nls .niedersachsen.de/tabellen/Bevoelkerung) -  für beide Bezirke allein die Beratungsstelle des Vereins Donum vitae in Hildesheim ersichtlich nicht aus, um die erforderliche Versorgungsdichte zu gewährleisten. Die Beratungsstellen des Vereins im Regierungsbezirk Weser-Ems sind – wohl auch aus Sicht der Beklagten – schon auf Grund ihrer örtlichen Lage nicht für eine Beratung von Ratsuchenden aus dem hiesigen Raum, sondern aus der dortigen Bevölkerung bestimmt. 

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Auf die Frage, ob die Beratungsstelle des Vereins donum vitae in Hildesheim für Ratsuchende aus dem Regierungsbezirk Braunschweig noch „wohnortnah“ ist, kommt es daher nicht mehr an.

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Um auch Ratsuchenden im Regierungsbezirk Braunschweig die Möglichkeit zu geben, eine Beratungsstelle katholischer Ausrichtung auswählen zu können, ist daher zumindest die in Braunschweig tätige Beratungsstelle des Klägers erforderlich und hat dementsprechend einen Anspruch auf angemessene Förderung.

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3. Das Gericht kann die im Ermessen des Landes stehende Höhe dieses Anspruches jedoch nicht selbst feststellen, sondern die Beklagte wegen einer insoweit bislang zu Unrecht unterbliebenen Ermessensentscheidung nur zur Neubescheidung gemäß § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO verpflichten.

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Bundesgesetzlich geregelt ist in § 4 Abs. 2 SchKG nur ein Anspruch auf eine „angemessene öffentliche Förderung“ der Personal- und Sachkosten. Die Regelung des „Näheren“ obliegt gemäß § 4 Abs. 3 SchKG dem Landesrecht. Dabei handelt es sich um ein rechtliches Ermessen im Sinne des § 114 VwGO ( vgl. hierzu und zum folgenden das o.a. Urteil des Nds. OVG vom 26. April 2001 mwN). Daraus hat das Nds. OVG zwar abgeleitet, dass „angemessen“ nur eine Förderung der als notwendig anzusehenden Personal- und Sachkosten in Höhe von zumindest 50 % ist. Dieses Urteil bezog sich jedoch auf eine Sachlage, in der nur die Höhe der Förderung von Beratungsstellen, die zugleich beide Beratungsaufgaben wahrnehmen, streitig war. Vorliegend geht es hingegen um die Förderung einer Beratungsstelle, die sich auf eine Beratung i.S.v. § 2 SchKG beschränkt. In § 4 Abs. 2 SchKG ist jedoch nicht geregelt, in welcher Weise die „angemessene“ öffentliche Förderung zwischen Beratungsstellen, die beide Aufgaben erfüllen, und Beratungsstellen, die allein „Grundlagenberatung“ oder nur Konfliktberatung anbieten, aufzuteilen ist. Insoweit steht dem Land vielmehr Ermessen zu (vgl. ebenso Ellwanger, a.a.O., § 4,. Rn. 12 unter Bezugnahme auf die Förderungspraxis in Baden-Württemberg; danach werden Beratungsstellen, die sich auf eine Beratung im Sinne von § 2 beschränken, mit einem geringeren Zuschuss als Beratungsstellen nach § 8 SchKG bedacht). Zudem ist (bislang) weder bundesgesetzlich noch ergänzend durch Landesrecht geregelt, welche Qualifikation das Personal, das eine Beratung im Sinne von § 2 SchKG anbietet, zu erfüllen hat, welche Räumlichkeiten dafür vorzuhalten sind und wie (zeitlich) umfangreich diese Beratung sein muss. Auch insoweit steht dem Land eine vorrangige Ermessensentscheidung zu, dem nach Ansicht des Gerichts nicht durch eine verwaltungsgerichtliche Bestimmung vorgegriffen werden kann.

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Schließlich scheidet auch ein – der Betragsberechnung in dem ursprünglich angekündigten klägerischen Antrag aus der Klageschrift vom 10.4.2002 offenbar zugrunde liegender – Rückgriff auf die bestehende Förderrichtlinie des MFAS vom 15.12.1999 aus, die eine Fallpauschalenförderung vorsieht. Diese Fallpauschalenförderung ist vom Land nämlich ausdrücklich nur für den hier nicht gegebenen Fall bestimmt, dass die begünstigte Beratungsstelle als Konfliktberatungsstelle anerkannt ist und sowohl nach § 2 SchKG als auch nach §§ 5,6 SchKG berät. Im Übrigen ist das darin geregelte Fallpauschalensystem von dem Nds. OVG in seinem Urteil vom 26. April 2001 für unzureichend erklärt worden und muss daher – im Falle der Rechtskraft dieses Urteils – ohnehin überarbeitet werden.

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Dem Hauptantrag auf eine Förderung in Höhe von 50 % der angefallenen Personal- und Sachkosten entsprechend 23.401, 21 EUR oder wenigstens einer Beratungsfallpauschale von 86,10 DM entsprechend  17.917 EUR kann daher nicht entsprochen werden.

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Da die Klage zwar dem Grunde, nicht aber der Höhe nach Erfolg hat und dem Land bei dem Erlass der Regelungen, aus denen sich die Höhe des Förderanspruches ergibt, Ermessen im Sinne des § 114 VwGO zusteht, ist eine Kostenteilung gemäß § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO angemessen.

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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Die Berufung wird gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen der grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.