Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 23.10.2002, Az.: 7 A 242/02

Aufhebung und Neuerstellung einer dienstlichen Beurteilung ; Anforderungen an die erforderliche Befähigung und fachliche Leistung für eine Beamtenlaufbahn; Berufung auf ein arithmetisches Mittel zur Ermittlung der Gesamtnote

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
23.10.2002
Aktenzeichen
7 A 242/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 31964
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGBRAUN:2002:1023.7A242.02.0A

Fundstelle

  • NVwZ-RR 2003, 518-519 (Volltext mit red. LS)

Verfahrensgegenstand

Recht der Bundesbeamten
dienstliche Beurteilung

In der Verwaltungsrechtssache
...
hat das Verwaltungsgericht Braunschweig - 7. Kammer -
durch
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Müller-Fritzsche,
die Richter am Verwaltungsgericht Dr. Nagler und Dr. Allner sowie
die ehrenamtlichen Richter Frau ... und Herr Dr. ...
auf die mündliche Verhandlung vom 23. Oktober 2002
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des gegen ihn festzusetzenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor einer Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Aufhebung und Neuerstellung einer dienstlichen Beurteilung.

2

Der Kläger wurde mit Wirkung vom 01.02.1993 von der Truppenverwaltung des Wehrbereichs II in den Geschäftsbereich des damaligen Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) versetzt. Mit Wirkung zum 01.03.1993 wurde dem Kläger das Amt eines Regierungsamtmanns übertragen und er in eine Planstelle der BesGr A 11 BBesO eingewiesen. Er ist in der Außenstelle Braunschweig des Bundesamtes als Einzelentscheider tätig. Die Regelbeurteilungen vom 01.10.1993 sowie vom 01.10.1996 sprachen dem Kläger jeweils die nach den damaligen Beurteilungsrichtlinien zweitbeste Note "2" zu.

3

Über die Rechtmäßigkeit der zum Stichtag 01.10.1997 anzufertigenden, den Beurteilungszeitraum vom 01.10.1996 bis zum 30.09.1997 betreffenden Regelbeurteilung besteht Streit: Die ursprünglich erstellte, dem Kläger am 08.12.1997 ausgehändigte und am 11.12.1997 vom Erstbeurteiler eröffnete sowie erörterte Regelbeurteilung endete mit der Gesamtnote "6", nachdem mittlerweile durch eine Änderung der Beurteilungsrichtlinien andere Notenstufen (1-5 statt bisher 1-4) und Noten (1-9, mit der Note 9 als Spitzenwert) eingeführt worden waren. Die dem Kläger zugedachte Note "6" bedeutet in der sprachlichen Definition, dass der Kläger "den Anforderungen in jeder Hinsicht entspricht, wobei gelegentlich herausragende Leistungen erbracht werden". Die Note "6" bildet den oberen Bereich der Notenstufe "3".

4

Auf den dagegen erhobenen Widerspruch des Klägers vom 30.12.1997 wurde die Beurteilung aufgehoben und durch eine neu erstellte Beurteilung ersetzt; sie wurde dem Kläger am 16.06.1999 telefonisch eröffnet. Diese hier angegriffene Beurteilung lautet erneut auf die Gesamtnote "6", wobei nach dem von der Beklagten unbestrittenen Vortrag des Klägers sämtliche Leistungs- und Befähigungsmerkmale exakt so bewertet worden sind wie es bereits in der aufgehobenen Beurteilung geschehen war. Grund für die Aufhebung war, dass die Abordnung des Klägers in der Zeit vom 12.05.1997 bis zum 08.08.1997 an die Deutsche Botschaft Kiew nicht in die Beurteilung aufgenommen und der betreffende Beurteilungsbeitrag vom 08.08.1997 nicht berücksichtigt worden war. Gegen diese neu erstellte Beurteilung vom 16.06.1999 erhob der Kläger unter dem 25.06.1999 ebenfalls Widerspruch, den er unter dem 15.12.1999 im Wesentlichen damit begründete, dass die einzelnen Leistungsmerkmale zu schlecht beurteilt worden seien, die Gesamtnote fehlerhaft ermittelt worden, der äußerlich einbezogene Beurteilungsbeitrag der Deutschen Botschaft Kiew inhaltlich unberücksichtigt geblieben und der Kläger insgesamt Opfer der so genannten Notenquotierung geworden sei.

5

Mit Widerspruchsbescheid vom 24.05.2000 (Zustellung: 26.05.2000) wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Daraufhin hat der Kläger am 23.06.2000 vor dem erkennenden Gericht Klage erhoben, zu deren Begründung er im Wesentlichen vorträgt:

6

Die von der Beklagten in ihrem Widerspruchsbescheid abgegebene Darstellung, die Note "6" stelle bereits die obere Grenze des Durchschnitts - nahe an der überdurchschnittlichen Leistung - dar, sei schon deshalb unzutreffend, weil ausweislich des von der Beklagten selbst in der Sonderhausmitteilung Nr. 7/98 veröffentlichten Notenspiegels der Notendurchschnitt aller beurteilten Beamten des gehobenen Dienstes bei 6,95 Punkten gelegen hat. Da der Kläger somit eine unter dem ermittelten Durchschnittswert liegende Beurteilung (Endnote) erhalten habe, könne nicht mehr von einer für den Kläger positiven Beurteilung ausgegangen werden. Vielmehr leide die angegriffene Beurteilung an einer Maßstabverfehlung. Zudem habe der Erstbeurteiler das am 14.11.1997 mit dem Kläger geführte Beurteilungsgespräch bereits mit einem Hinweis auf den "Quotendruck" begonnen, dem er sich als Beurteiler ausgesetzt gesehen habe. Bei der Beschaffung der für die Beurteilung heranzuziehenden Arbeitsergebnisse (Anhörungen und Bescheide) sei unterschiedlich vorgegangen worden: Einige Kollegen seien gebeten worden, selbst eigene Arbeitsergebnisse auszusuchen und vorzulegen. Dagegen habe sich der Erstbeurteiler sowohl von dem Kläger als auch von mindestens einem weiteren Kollegen des Klägers dokumentierte Anhörungen und erstellte Bescheide von einer dritten Person beschaffen und vorlegen lassen. Auffällig sei dabei, dass nur letztlich "Besserbeurteilte" die Möglichkeit gehabt hätten, eine Zufallsauswahl der betreffenden Anhörungsprotokolle und Bescheide auszuschließen. Allerdings hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage erklärt, er habe nicht den Eindruck gewonnen, dass zu seinen Lasten gezielt "schlechte" Akten ausgewählt worden seien.

7

Ferner sei zu beanstanden, dass bei Einhaltung der Quotenrichtlinie schon auf der vergleichsweise kleinen Referatsebene die Wahrscheinlichkeit einer objektiv ungerechten Beurteilung deutlich höher sei als in den Fällen, in denen die Quotenvorgabe auf die gesamte vorgesehene Vergleichsgruppe (gehobener Dienst) angewandt werde. Die aus Sicht des Klägers fehlerhafte Quotenanwendung habe dazu geführt, dass jener objektiv zu schlecht beurteilt worden sei, um einen Teil des unzureichend ausgefüllten Notenspektrums - unterhalb der Note 7 - auszufüllen. Dies seien sachfremde Erwägungen. Indiz dafür sei auch die von dem Kläger als Anlage 23 zu seinem Schriftsatz vom 22.06.2000 überreichte Erklärung des Einzelentscheiders ... vom selben Tag.

8

Dieser ebenfalls zum Stichtag 01.10.1997 von demselben Referatsleiter beurteilte Einzelentscheider hat schriftlich erklärt, der Erstbeurteiler habe ihm gegenüber ausdrücklich geäußert, seine Gesamtnote 9 basiere darauf, dass in der (damaligen) Außenstelle Langenhagen aufgrund der vorgegebenen Quotierung in einem Fall diese Note vergeben werden könne; ohne diese Quotierungsvorgaben hätte der Erstbeurteiler den Einzelentscheider ... nicht mit der Gesamtnote 9 bewertet.

9

Der Kläger beantragt,

die zum Stichtag 01. Oktober 1997 erstellte Regelbeurteilung vom 16. Juni 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 24. Mai 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, eine neue Regelbeurteilung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erstellen.

10

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

11

Zur Begründung beruft sie sich auf ihren Widerspruchsbescheid und trägt vertiefend vor:

12

Der Beurteilungsbeitrag der Deutschen Botschaft Kiew habe durchaus Berücksichtigung gefunden; insoweit verkenne der Kläger, dass der Abordnungszeitraum in Kiew nur knappe drei Monate und damit weniger als ein Viertel des gesamten Beurteilungszeitraumes ausgemacht habe. Die Note "6" stelle ohnehin bereits die obere Grenze des Durchschnitts - nahe an einer überdurchschnittlichen Leistung - dar. Des Weiteren habe der Erstbeurteiler in seiner Stellungnahme ausführlich dargestellt, aus welchen Gründen er zu der beanstandeten Leistungs- und Befähigungsbeurteilung gekommen sei. Für die Mutmaßung des Klägers, er sei aus sachfremden Erwägungen "Quotenopfer" geworden, gebe es ebenso wenig objektive Anhaltspunkte wie für eine Voreingenommenheit des Erstbeurteilers dem Kläger gegenüber. Der von diesem erwähnte Verwaltungsrechtsstreit um die Rückforderung einer Einmalzahlung sei nicht von Mitarbeitern der betreffenden Außenstelle, sondern von der Zentrale des Bundesamtes bearbeitet worden. Entgegen der Auffassung des Klägers sei auch nicht im Wege der arithmetischen Mittelung eine Gesamtnote "7" festzusetzen gewesen. Insoweit verkenne der Kläger, dass über eine rein mathematische Berechnung heraus noch weitere Kriterien herangezogen werden müssten und dürften. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 5 der Klageerwiderung vom 28.08.2000 (Bl. 22 der GA) verwiesen. Die inhaltliche Richtigkeit der schriftlichen Erklärung des Einzelentscheiders ... vom 22.06.2000 werde bestritten; Herr ... sei allein aufgrund seiner Leistungen und Befähigungen mit der Gesamtnote 9 beurteilt worden.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen. Sämtliche Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Klage ist unbegründet.

15

Dienstliche Beurteilungen unterliegen nur in beschränktem Umfang verwaltungsgerichtlicher Kontrolle. Die Entscheidung des Dienstherrn darüber, ob und in welchem Grad ein Beamter die für seine Laufbahn erforderliche Befähigung und fachliche Leistung aufweist, ist nämlich ein dem Dienstherrn vorbehaltener Akt wertender Erkenntnis. Dementsprechend beschränkt sich die verwaltungsgerichtliche Überprüfung darauf, ob der Beurteilende den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hat, oder ob er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat. Hat der Dienstherr - wie hier - Richtlinien für die Beurteilung erlassen, so hat er sich insoweit hinsichtlich des anzuwendenden Verfahrens und der darin festgelegten Maßstäbe nach Maßgabe des Gleichheitssatzes gebunden. Das Gericht kann daher ergänzend prüfen, ob die Richtlinien im Einklang mit höherrangigem Recht stehen und - falls dies zu bejahen ist - sie insoweit eingehalten worden sind (vgl. etwa BVerfG, Beschl. des Zweiten Senats (1. Kammer) vom 29.05.2002, Az.: 2 BvR 723/99, DVBl. 2002, S. 1203, 1204; BVerwG, Urt. vom 26.06.1980, Az.: 2 C 8.78, ZBR 1981, S. 195, 195 jew. m.w.N.).

16

Hieran gemessen ist die angegriffene Beurteilung rechtmäßig. Die seitens des Klägers vorgetragenen Argumente greifen nicht durch. Soweit der Kläger rügt, dass der Beurteilungsbeitrag der Deutschen Botschaft Kiew nicht hinreichend Eingang in die Beurteilung gefunden habe, ist vorab hervorzuheben, dass dieser Beurteilungsbeitrag lediglich einen Zeitraum von knapp drei Monaten abdeckt, während der gesamte von der Beurteilung erfasste Zeitraum ein volles Jahr umfasst. Demgemäß kann die Gewichtung jenes Zeitraumes auch nur in diesem Verhältnis erfolgen. Bei Betrachtung der im Beurteilungsbeitrag der Botschaft angesprochenen Merkmale vermag das Gericht nicht zu erkennen, dass die insoweit relevanten Leistungs- und Befähigungsmerkmale der angegriffenen Beurteilung die Beschreibungen der Botschaft unzutreffend wiedergäben: Die dem Kläger im Beurteilungsbeitrag bescheinigte problemlose Integration in die Arbeitsabläufe und in das kollegiale Umfeld der Botschaft ist durchaus mit der jeweils sowohl vom Erst- als auch vom Zweitbeurteiler vergebenen Note 7, sowohl für das Leistungsmerkmal "Zusammenarbeit" (Ziff. 3.3) als auch für das Leistungsmerkmal "Teamorientiertes Handeln" (Ziff. 4.3) vereinbar. Die Dienstleistungsorientierung des Klägers (Ziff. 3.5) wurde mit der Note 6 bewertet, was in einer dem Gericht nachvollziehbaren Weise der dem Kläger von der Botschaft bescheinigten stets großen Sensibilität für die Sorgen und Nöte der Sprachprüflinge entspricht. Der in dem Beurteilungsbeitrag attestierte engagierte persönliche Einsatz des Klägers findet seine nicht angreifbare Würdigung in der Note 6 für das Leistungsmerkmal Initiative (Ziff. 3.2) und in der Note 7 für das Leistungsmerkmal Verantwortungsbereitschaft (Ziff. 4.1). Daher kann der Kläger hinsichtlich der Leistungsbewertung nicht mit Erfolg geltend machen, der durchaus positive Beurteilungsbeitrag der Deutschen Botschaft Kiew sei inhaltlich unbeachtet gelassen, d.h. nicht - zumindest auch - zur Tatsachengrundlage der Beurteilung gemacht worden.

17

Gleiches gilt letztlich auch für die Befähigungsbeurteilung (Ziff. IV). Dort wurde nicht nur das Merkmal "Verhandlungsgeschick" mit der Einstufung "A" (besonders ausgeprägt) bedacht, sondern darüber hinaus sämtliche weiteren Merkmale mit der Einstufung "B" (stärker ausgeprägt) versehen.

18

Soweit der Kläger unter Berufung auf ein arithmetisches Mittel zur Ermittlung der Gesamtnote verweist und daran anknüpfend die Auffassung vertritt, jenes Mittel hätte zur Vergabe der Gesamtnote 7 führen müssen, wird übersehen, dass eine solche rein mathematische Berechnung zumindest nicht zwingend vorzunehmen ist. Denn das Gesamtergebnis einer Beurteilung fasst deren Einzelergebnisse letztlich erneut in einer Bewertung zusammen. Es beruht einerseits inhaltlich auf den vorhergehenden Einzelbeurteilungen und muss sich deshalb mit deren Gesamtbild (noch) vereinbaren lassen. Andererseits darf nicht übersehen werden, dass es in Anbetracht des unterschiedlichen Gewichts, das den gewürdigten Einzelgesichtspunkten und Merkmalen allgemein oder in Beziehung auf das konkret ausgeübte Amt zukommt, rechtlich ausgeschlossen ist, die Gesamtnote einer Beurteilung streng rechnerisch aus dem mathematischen Durchschnitt der zu den Einzelmerkmalen vergebenen Noten zu gewinnen. Gerade auch bei Berücksichtigung der gewichteten bzw. nichtgewichteten Leistungsmerkmale ist daher keine Fehlerhaftigkeit der Gesamtbeurteilung zu erkennen: Bei den gewichteten Leistungsmerkmalen wurde viermal die Note 6 und jeweils einmal die Noten 7 und 8 vergeben. Bei den nichtgewichteten Leistungsmerkmalen wurde dreimal die Note 7, jedoch siebenmal die Note 6 festgesetzt. Eine Gesamtschau lässt ein deutliches Überwiegen der Note 6 erkennbar werden.

19

Soweit der Kläger eine unterschiedliche Vorgehensweise des Erstbeurteilers bei der Auswahl der Arbeitsergebnisse der zu beurteilenden Beamten behauptet, vermag die Kammer ebenfalls keinen Rechtsfehler zu erkennen. Selbst wenn die von dem Kläger beschriebene und von dem Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung mit Nichtwissen bestrittene Vorgehensweise zu Gunsten des Klägers als wahr unterstellt werden würde, ließe sich daraus nicht die Rechtswidrigkeit der angegriffenen Beurteilung herleiten. Denn es wäre kein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer Zufallsauswahl der Arbeitsergebnisse und einer schlechteren Gesamtnote einerseits und/oder zwischen einer Eigenauswahl der Arbeitsergebnisse und einer besseren Gesamtnote andererseits nachgewiesen oder zumindest substantiiert dargelegt worden. Zudem hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich erklärt, nicht den Eindruck gewonnen zu haben, dass als Tatsachengrundlage für die über ihn anzufertigende Beurteilung gezielt "schlechte" Aktenstücke ausgewählt worden seien. Im Übrigen weist das Gericht in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Auffassungen des Beurteilers und des zu Beurteilenden über die Qualität vorgelegter Arbeitsergebnisse ohnehin nicht selten voneinander abweichen, so dass sich der vermeintliche Vorteil einer Eigenauswahl im Ergebnis nicht immer als solcher darstellt.

20

Auch die von dem Kläger in das Verfahren eingeführte schriftliche Erklärung des Einzelentscheiders ... vermag der Klage nicht zum Erfolg zu verhelfen. Selbst wenn die Kammer die inhaltliche Richtigkeit dieser Erklärung als wahr unterstellte, ließe sich daraus allein folgern, dass jener Einzelentscheider zu Unrecht eine Beurteilung mit der Gesamtnote 9 erhalten, d.h. rechtswidrigerweise eine Bevorzugung erfahren hätte. Daraus ließe sich allerdings auch nach dem Vortrag des Klägers nicht die Konsequenz ziehen, dass dieser gerade deshalb mit der Gesamtnote 6 beurteilt worden wäre, weil sein Kollege ... die Gesamtnote 9 erhalten hat. Es fehlt insoweit an einem inneren Zusammenhang, zumal der Kläger selbst zu erkennen gegeben hat, für sich die Gesamtnote 7 zu reklamieren.

21

Schließlich liegt auch keine Maßstabverfehlung vor. Dieser Vorwurf wäre nur dann begründet, wenn zunächst einmal die in den Beurteilungsrichtlinien vorgegebenen Richtwerte schon objektiv überschritten worden wären und des Weiteren diese Überschreitung der Richtwerte auf einer bundesweiten Missachtung der Notendefinitionen beruhte, während zugleich nur im Fall des Klägers ein strengerer, die Notendefinitionen strikt berücksichtigender Maßstab angewandt worden wäre (vgl. BVerwG, Urt. vom 30.04.1981, DVBl. 1981, S. 1062, 1062 [BVerwG 30.04.1981 - BVerwG 2 C 8/79]). Aus dem in Artikel 3 Abs. 1 GG normierten Gleichheitssatz könnte der Kläger in einem solchen Fall verlangen, ebenfalls nach dem gleichsam milderen, die Notendefinitionen missachtenden Maßstab beurteilt zu werden und so eine bessere Gesamtnote zu erhalten.

22

Die Voraussetzungen einer solchen Maßstabverfehlung können von der Kammer jedoch nicht festgestellt werden. Die hier maßgeblichen Beurteilungsrichtlinien vom 01.07.1997, die insoweit lediglich die von §41 a Bundeslaufbahnverordnung (BLV) zwingend vorgegebenen Quotierungen wiederholen, legen fest, dass der Anteil der Beurteilungen mit der höchsten Note und Notenstufe 9 ("übertrifft die Anforderungen in besonderem Maße") 15 %, der Anteil mit der zweithöchsten Notenstufe (Noten 7-8, "übertrifft die Anforderungen") zusammen 35 % der Beurteilungen in einer Vergleichsgruppe nicht überschreiten sollen. Dabei sind sowohl in der Notenstufe 9 als auch in der Notenstufe 7-8 Überschreitungen um bis zu 5 Prozentpunkte erlaubt.

23

Das von der Beklagten vorgelegte statistische Zahlenmaterial (vgl. Bl. 143 ff. der GA) lässt schon die erste Voraussetzung einer Maßstabverfehlung - eine Überschreitung der Quotenrichtwerte - nicht erkennen: Danach wurde in der Abteilung VI in 16,39 % der Fälle die Notenstufe 9, in 38,52 % der Fälle die Notenstufe 7-8 festgesetzt. In der Abteilung VII wurden 13,54 % der Einzelentscheider mit der Notenstufe 9, 39,58 % mit der Notenstufe 7-8 beurteilt. Demnach wird die vorgegebene Quotierung jedenfalls bei ergänzender Berücksichtigung der zulässigen Toleranz von 5 Prozentpunkten eingehalten. Gleiches gilt bei einer vergleichenden Betrachtung der Notenstufen, mit denen die Beurteilungen aller im Statusamt A 11 eingestuften Beamten abschlossen. Danach wurde in 13,40 % der Fälle die Notenstufe 9 und in zusammen 39,24 % der Fälle die Notenstufe 7-8 vergeben. Schließlich lässt auch die von dem Erstbeurteiler in den Außenstellen Braunschweig und Langenhagen praktizierte Notenvergabe keine Auffälligkeiten erkennen. Es wurden insgesamt 12 Beamte im Statusamt A 11 beurteilt, die allesamt entweder als Einzelentscheider oder als Prozesssachbearbeiter tätig waren. Von diesen 12 Beamten erhielt einer die Notenstufe 9, zusammen vier Beamte wurden mit der Notenstufe 7-8 bedacht, weitere sechs Beamte - darunter der Kläger - mit der Note 6 und schließlich ein Beamter mit der Note 5 bewertet. Die daran erkennbar werdende Einhaltung der Quotenvorgaben schließt eine Maßstabverfehlung aus und ist ferner im Hinblick auf die von dem Kläger aufgestellte Behauptung, mit Rücksicht auf die vorgegebenen Quoten objektiv zu schlecht beurteilt worden zu sein, unergiebig. Zugleich entzieht die dargestellte Notenvergabe allerdings der Behauptung des Klägers den Boden, mit dem Versuch einer Einhaltung der Quotenrichtlinie schon auf der vergleichsweise kleinen Referatsebene sei die Wahrscheinlichkeit einer objektiv ungerechten Beurteilung deutlich höher als in den Fällen, in denen die Quotenvorgabe auf die gesamte vorgesehene Vergleichsgruppe angewandt werde. Der Kläger übersieht dabei, dass die auf der seinerzeit aus den Außenstellen Langenhagen und Braunschweig bestehenden Referatsebene eingehaltenen Quoten letztlich eine Beurteilungspraxis widerspiegeln, die sich ausweislich der für die Bundesebene vorgelegten Zahlen zwangsläufig auch in der ganz überwiegenden Anzahl aller anderen Referate so, d.h. nur mit marginalen Abweichungen, wiederfinden dürfte.

24

Dass solche Leistungen, wie sie dem Kläger bescheinigt werden, in der Mehrzahl der vergleichbaren Fälle üblicherweise mindestens mit der Note 7 bewertet worden wären, lässt sich schließlich auch nicht aus der Hausmitteilung der Beklagten vom 06.09.1999 herleiten. Dort wurde auf S. 2 mitgeteilt, dass nach eingehender Analyse des Beurteilungsdurchlaufes 1997 - erkennbar auf der Basis der Beurteilungsrichtlinien vom 01.07.1997 - eine insoweit "unnatürliche Notenverteilung" festgestellt worden sei, als zusammen 60 % aller Beamten die Noten 9, 8 und 7 erhalten hätten. Anhaltspunkte für eine Maßstabverfehlung zum Nachteil des Klägers lassen sich daraus nicht ableiten, weil bei Hinzuaddierung der pro Notenstufe maximal zulässigen Toleranz von 5 Prozentpunkten durchaus 20 % aller Beamten mit der Notenstufe 9 und weitere zusammen 40 % der Beamten mit der Notenstufe 7-8 beurteilt werden durften, ohne dass die vorgegebene Notenquotierung verletzt gewesen wäre.

25

Im Übrigen weist das Gericht darauf hin, dass ihm auch anhand der vorliegenden Unterlagen keine Anhaltspunkte für eine Voreingenommenheit eines Beurteilers erkennbar geworden sind. Die Vermutung des Klägers, er sei als sog. Quotenopfer ausgewählt worden, weil er sich gegen einen Rückforderungsbescheid des Bundesamtes erfolgreich im Wege einer verwaltungsgerichtlichen Klage gewehrt habe, findet in Anbetracht der obigen Ausführungen keine Grundlage. Dies gilt umso mehr, als mit der damaligen Prozessführung keiner der späteren Beurteiler, sondern die Zentrale des Bundesamtes befasst war.

26

Die Kostenentscheidung folgt aus §154 Abs. 1 VwGO.

27

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §167 VwGO i.V.m. den §§708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.

28

Gründe für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht (§124 VwGO) liegen nicht vor.

29

Rechtsmittelbelehrung

30

Gegen dieses Urteil ist die Berufung nur zulässig, wenn sie von dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg zugelassen worden ist.

31

...

Müller-Fritzsche
Dr. Allner
Dr. Magier