Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 22.05.2003, Az.: 3 A 52/01
Barbetrag; Bekleidung; Grundleistungen; Kürzung; Passlosigkeit; Reisefähigkeit; Reiseunfähigkeit
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 22.05.2003
- Aktenzeichen
- 3 A 52/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 48106
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 1a Abs 2 AsylbLG
- § 3 AsylbLG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Für eine Kürzung gemäß § 1a Nr. 2 AsylbLG ist nicht ausreichend, dass der Ausländer nur eine von mehreren die Abschiebung hindernden Ursachen gesetzt hat.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden nicht erhoben.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des festzusetzenden Kostenerstattungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Die Kläger wenden sich gegen die Kürzung ihnen gewährter Leistungen nach dem AsylbLG gemäß § 1a AsylbLG.
Der Kläger zu 1) reiste zusammen mit seiner Lebensgefährtin, der Klägerin zu 2), sowie den damals bereits geborenen Kindern, den Klägern zu 3-7 und 10) im Februar 1992 mit jugoslawischen Pässen in die Bundesrepublik Deutschland ein. Sie stellten Asylanträge und machten geltend, im Kosovo geboren und jugoslawische Staatsangehörige zu sein. Der Kläger zu 1) gab an, Volkszugehöriger der Roma zu sein. Vor ihrer Ausreise hätten sie 17 Jahre in O. in Bosnien-Herzegowina gelebt. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge lehnte die Asylanträge ab. Dabei wurde für den Kläger zu 1) von der Volkszugehörigkeit der Roma ausgegangen; für alle Kläger wurde eine Rückkehr nach Bosnien-Herzegowina für möglich erachtet. Folgeanträge blieben ebenfalls erfolglos. Im April 1998 wurden den Klägern bosnische Reisepässe ausgestellt. Daraufhin planten diese die freiwillige Ausreise nach Bosnien-Herzegowina.
Um ein neugeborenes Kind nachtragen zu lassen, übersandte der Beklagte den Pass der Klägerin zu 2) im Dezember 1999 an die bosnische Botschaft. Trotz mehrfacher Aufforderungen seitens des Beklagten wurde der Pass nicht zurückgesandt. Daraufhin teilten die Kläger im April 2000 mit, dass sie mit einem Schriftsatz gegenüber der bosnischen Botschaft auf die bosnische Staatsangehörigkeit verzichtet hätten. In einem am 27.04.2000 gestellten weiteren Folgeantrag machten sie geltend, Roma zu sein und gegen ihren Willen als bosnische Flüchtlinge behandelt worden zu sein. Sie seien staatenlos, weil sie auf die bosnische Staatsangehörigkeit verzichtet hätten.
Seitdem die Kläger unanfechtbar ausreisepflichtig sind, wurden ihnen seitens des Beklagten wegen der aufgrund fehlender Ausreisepapiere tatsächlich unmöglichen Ausreise und Abschiebung Duldungen erteilt. Die Kläger erhielten seit ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland Leistungen nach dem BSHG bzw. dem AsylbLG. Seit Anfang 1998 legte der Kläger zu 1) bei der Ausländerbehörde des Beklagten immer wieder Bescheinigungen seines Hausarztes vor, nach denen eine Anpassungsstörung mit reaktiver depressiver Symptomatik infolge von Folterungen im Heimatland bestehe und weshalb die Rückkehr nach Bosnien verschoben werden solle. Im Sommer 1998 machte der Kläger zu 1) eine Orientierungsreise nach Bosnien-Herzegowina. Nach der Rückkehr erhoben die Kläger eine Landtagseingabe. Am 06.10.1999 bestätigte der Amtsarzt des Beklagten beim Kläger zu 1) eine reaktive Depression, stellte aber die Flugreisefähigkeit fest. Mit Urteil vom 29.11.1999 bestätigte das Verwaltungsgericht Braunschweig (8 A 467/99) die Ablehnung der Wiederaufnahme des Verfahrens bezüglich § 53 Abs. 6 AuslG wegen der psychischen Erkrankung des Klägers zu 1) seitens des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge.
Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 24.07.2000 schränkte der Beklagte die Leistungen nach dem AsylbLG gemäß § 1a Nr. 2 AsylbLG dahingehend ein, dass der jeweilige Barbetrag für die Kläger nach § 3 Abs. 1 Satz 4 AsylbLG auf ein Viertel und die Grundleistungen gemäß § 3 Abs. 2 AsylbLG um jeweils 30,00 DM bzw. 15,34 EUR gekürzt wurden. Dagegen haben die Kläger am 02.08.2000 Widerspruch erhoben und u.a. auf die psychische Erkrankung des Klägers zu 1) hingewiesen. Mit Bescheid vom 07.02.2001 wies die Bezirksregierung Braunschweig den Widerspruch zurück. Zur Begründung trug sie vor, die Voraussetzungen für eine Anspruchseinschränkung gemäß § 1a Nr. 2 AsylbLG lägen vor, da aufenthaltsbeendende Maßnahmen aus Gründen nicht vollzogen werden könnten, die ausschließlich dem Verantwortungsbereich der Kläger zuzurechnen seien. Im vorliegenden Verfahren könne eine Abschiebung wegen der Passlosigkeit der Kläger nicht erfolgen. Die daraus resultierende fehlende Aufnahmebereitschaft des Herkunftsstaates und damit die Unmöglichkeit der Aufenthaltsbeendigung hätten die Kläger zu vertreten, da sie die Entlassung aus der bisherigen Staatsangehörigkeit selbst beantragt hätten. Die Beschränkung der Leistungen sei auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Die Gewährung des Barbetrages gemäß § 3 Abs. 1 Satz 4 AsylbLG sei nach den Umständen des Einzelfalles nicht unabweisbar geboten, da es sich um Leistungen handele, die über eine reine Existenzsicherung hinausgingen. Auch die Kürzung der Hilfe für Bekleidung sei rechtmäßig, da diese in der Regel auf eine längerfristige Versorgung angelegt sei, die im Fall der Kläger nicht mehr geboten erscheine. Vorerst sei davon auszugehen, dass diese den Bekleidungsbedarf aus einer ausreichend vorhandenen Ausstattung decken könnten.
Dagegen haben die Kläger am 16.02.2001 Klage erhoben und verfolgen ihr Begehren weiter. Zur Begründung verweisen sie darauf, dass sie ihre bosnische Staatsangehörigkeit nicht aufgegeben hätten. Vielmehr hätten sie diese nie besessen, was die bosnischen Behörden festgestellt hätten. Die ursprünglichen Pässe seien zu Unrecht ausgestellt worden, da im Pass des Klägers zu 1) O. als Geburtsort vermerkt worden sei. Die bosnischen Behörden hätten nunmehr festgestellt, dass dieser im Kosovo geboren sei. Deshalb seien die Kinder ebenfalls nicht bosnische Staatsangehörige. Der Kläger zu 3) sowie die Klägerin zu 5) hätten inzwischen im November 2002 jugoslawische Pässe erhalten. Im Übrigen leide der Kläger zu 1) nach wie vor an einer Anpassungsstörung mit reaktiver depressiver Symptomatik wegen Folterung im Heimatland, weshalb eine Rückkehr zu einer Exazerbation der Depression führen könne.
Sie beantragen,
den Bescheid des Beklagten vom 24.07.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Braunschweig vom 07.02.2001 aufzuheben und ihnen für den Zeitraum vom 01.08.2000 bis 07.02.2001 ungekürzte Leistungen gemäß § 3 Abs. 1 AsylbLG zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf die angefochtenen Bescheide. Mögliche krankheitsbedingte Abschiebungshindernisse seien nicht von seiner Ausländerbehörde, sondern lediglich vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge zu prüfen. Dies gelte insbesondere für Personen, die an posttraumatischen Belastungsstörungen leiden und bereits ein Asylverfahren durchlaufen hätten. Im Falle einer Abschiebung des Klägers zu 1) würde aufgrund des bekannten Krankheitsbildes zuvor eine amtsärztliche Untersuchung durch seinen Amtsarzt zwecks Feststellung der Reisefähigkeit erfolgen. Die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis auf der Grundlage des Erlasses vom 15.12.2000 für durch Bürgerkriegserlebnisse hervorgerufene Traumata komme nicht in Betracht, da sich der Kläger zu 1) nicht vor dem 15.12.2000 in fachärztlicher Behandlung befunden habe. Die hier vorliegenden ärztlichen Atteste seien überwiegend von Ärzten der Allgemeinmedizin vorgelegt worden.
Mit bestandskräftigem Beschluss vom 24.09.2002 hat das erkennende Gericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtet auf die Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung ungekürzter Leistungen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG i.V.m. BSHG analog bzw. hilfsweise auf ungekürzte Leistungen gemäß §§ 3 Abs. 1, 1 AsylbLG zurückgewiesen (3 B 191/02).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Gerichtsakte im vorliegenden Verfahren sowie im Verfahren 3 B 191/02 sowie die in sämtlichen Verfahren vorgelegten Verwaltungsvorgänge des Beklagten einschließlich der Ausländerakten und der Vorgänge der Bezirksregierung Braunschweig Bezug genommen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Verpflichtungsklage hat keinen Erfolg. Den Klägern steht kein Anspruch auf ungekürzte Leistungen gemäß § 3 AsylbLG im hier maßgeblichen Zeitraum vom 01.08.2000 bis 07.02.2001 zu.
Die den Klägern zunächst nach § 3 AsylbLG bewilligten Leistungen sind mit dem angefochtenen Bescheid des Beklagten vom 24.07.2000 und dem Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Braunschweig vom 07.02.2001 rechtsfehlerfrei unter Berufung auf § 1a Nr. 2 AsylbLG gekürzt worden. Nach dieser Vorschrift erhalten Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 und 5 sowie ihre Familienangehörigen nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 AsylbLG, bei denen aus von ihnen zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, Leistungen nach diesem Gesetz nur, soweit dies im Einzelfall nach den Umständen unabweisbar geboten ist. Zu vertretende Gründe in diesem Sinne sind dann gegeben, wenn das Verhalten bzw. Unterlassen des Ausländers seit dem Zeitpunkt des Entstehens seiner Ausreisepflicht nach Abschluss des Asylverfahrens in zurechenbarer Weise kausal für die Nichtabschiebbarkeit im Zeitpunkt der Leistungseinschränkung ist (vgl. B. d. Kammer v. 14.04.1999 – 3 B 3040/99 –).
Der Beklagte ist bei der Begründung der Kürzung zu Recht davon ausgegangen, dass die Passlosigkeit der Kläger einen von ihnen zu vertretenden Grund darstellte, der die Vollziehung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen hinderte. Insoweit war – wie es der Beklagte getan hat - auf eine Rückkehr der Kläger nach Bosnien-Herzegowina abzustellen, da sich diese vor ihrer Einreise nach Deutschland dort 17 Jahre aufgehalten hatten und ihnen im April 1998 bosnische Reisepässe ausgestellt worden waren. Dass diese Pässe im Dezember 1999 seitens der bosnischen Botschaft einbehalten wurden, haben die Kläger zu vertreten, da diese mit einem Schreiben an die Botschaft Bosnien-Herzegowinas vom 16.04.2000 eindeutig und unzweifelhaft auf die bosnische Staatsangehörigkeit verzichtet haben (vgl. B. d. Kammer im Eilverfahren der Kläger v. 24.09.2002 – 3 B 191/02 -). Der Vortrag der Kläger im gerichtlichen Verfahren kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Diese haben geltend gemacht, sie hätten die bosnische Staatsangehörigkeit nicht aufgegeben. Vielmehr hätten sie diese nie besessen. Die ursprünglichen Pässe seien, wie die bosnischen Behörden festgestellt hätten, zu Unrecht ausgestellt gewesen, da im Pass des Klägers zu 1) O. als Geburtsort vermerkt worden sei. Die bosnischen Behörden hätten dies bei der Verlängerung festgestellt. Dieser Argumentation kann schon deshalb nicht gefolgt werden, da bereits in dem am 06.04.1998 für den Kläger zu 1) ausgestellten bosnischen Pass sein richtiger Geburtsort, nämlich P. (im Kosovo) und nicht O., eingetragen worden ist. Dem steht auch nicht entgegen, dass keine förmliche Entlassung aus der Staatsbürgerschaft etc. erfolgt ist. Wenn seitens der bosnischen Botschaft in direktem zeitlichen Zusammenhang mit der Übersendung eines schriftlichen Verzichts auf die Staatsangehörigkeit der Pass einbehalten wird, ist dies den Klägern zuzurechnen. Der Nachweis eines anderen Einbehaltungsgrundes wäre bei dieser Situation jedenfalls von den Klägern zu führen.
Im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Leistungskürzung zum 01.08.2000 bzw. dem Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides am 07.02.2001 lagen auch keine anderen die Abschiebung hindernden Gründe vor, die nicht von den Klägern zu vertreten waren und eine Leistungskürzung gehindert hätten. Insbesondere lagen keine derartig substantiierten Hinweise auf eine eventuelle Reiseunfähigkeit des Klägers zu 1), welche zu einer von diesem nicht zu vertretenden objektiven Unmöglichkeit des Vollzugs aufenthaltsbeendender Maßnahmen (vgl. GK AsylbLG: § 1a Rn. 121) hätten führen können, vor.
Bei der Anwendung der Vorschrift des § 1a Nr. 2 AsylbLG ist darauf abzustellen, ob ohne das dem Ausländer vorgeworfene Verhalten einer Abschiebung nichts mehr entgegenstünde. Nicht ausreichend ist es daher, wenn ein Leistungsberechtigter nur eine von mehreren die Abschiebung hindernden Ursachen gesetzt hat (vgl. GK zum AsylbLG, § 1a Rn. 100 unter Berufung auf die Rechtsprechung; VG des Saarlandes, Urt. v. 17.01.2002 – 4 K 155/00 -, recherchiert in Juris). Auch wenn den Beklagten bezüglich des Vorliegens der Voraussetzungen des § 1a Nr. 2 AsylbLG die Darlegungs- und Beweispflicht trifft (vgl. GK-AsylbLG: § 1a Rn. 124; VG Braunschweig, B. v. 14.04.1999, a.a.O.; OVG Hamburg, B. v. 07.05.2001 – 4 Bs 104/01 -), waren die seitens des Klägers zu 1) gemachten Angaben hinsichtlich einer psychischen Erkrankung unter Berücksichtigung der Gesamtsituation zum damaligen Zeitpunkt nicht so substantiiert, dass der Beklagte vor einer Kürzung der Leistungen weitere Ermittlungen zu einer eventuellen Reiseunfähigkeit hätte anstellen müssen. Gegenüber dem Sozialamt des Beklagten hat der Kläger zu 1) lediglich in seinem Widerspruch gegen den Bescheid vom 24.07.2000 auf eine psychische Erkrankung hingewiesen. Das dazu vorgelegte Attest seines Hausarztes verweist nur auf Schlafstörungen und die regelmäßige Einnahme von Tabletten (Bl. 1199 Beiakte A).
Auch soweit man davon ausgeht, dass die vom Kläger zu 1) bei der Ausländerbehörde des Beklagten vorgelegten ärztlichen Unterlagen seitens des Sozialamtes des Beklagten hätten berücksichtigt werden müssen, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Seit Februar 1998 hatte der Kläger zu 1) gegenüber der Ausländerbehörde in regelmäßigen Abständen Atteste seines Hausarztes vorgelegt, wonach bei ihm ein psychovegetatives Syndrom mit Angstzuständen und Schlafstörungen bestehe, weshalb eine Rückkehr nach Bosnien-Herzegowina aufgeschoben werden solle. Trotzdem hat der Kläger zu 1) im Juli 1998 eine zweiwöchige Orientierungsreise nach Bosnien-Herzegowina durchgeführt, da die Kläger beabsichtigten, freiwillig auszureisen. Aufgrund der bei dieser Orientierungsreise gemachten Erfahrungen erhoben die Kläger im August 1998 eine Landtagseingabe, in der keinerlei Bezug auf eine Erkrankung des Klägers zu 1) genommen wurde. Der Aufenthalt des Klägers zu 1) im Kreiskrankenhaus Q. wegen einer reaktiven Depression vom 27. bis 29.07.1999 (zu dem keinerlei differenzierte Angaben über Diagnose und Behandlung gemacht wurden) sowie unterschiedliche Angaben des Hausarztes und eines Internisten zur Reisefähigkeit des Klägers zu 1) im August 1999 führten dann zu einer amtsärztlichen Untersuchung. Insoweit hat der Amtsarzt des Beklagten am 06.10.1999 zwar eine reaktive Depression beim Kläger zu 1) bestätigt, jedoch Flugreisefähigkeit angenommen. Am 29.11.1999 hat das Verwaltungsgericht Braunschweig die Ablehnung eines Wiederaufnahmeantrages im Hinblick auf § 53 Abs. 6 AuslG wegen der psychischen Erkrankung des Klägers zu 1) bestätigt. Im Februar 2000 beabsichtigten die Kläger dann, nach Ablauf des Winters freiwillig auszureisen. In der Folgezeit folgten lediglich Wiederholungen der Diagnose des Hausarztes. In Anbetracht dieser Gesamtsituation lagen zum Zeitpunkt der Kürzung der Leistungen gemäß § 3 AsylbLG am 24.07.2000 und auch im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung am 07.02.2001 keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vor, an der Reisefähigkeit des Klägers zu zweifeln.
Auch der Umfang der erfolgten Leistungseinschränkung entspricht den gesetzlichen Vorschriften. Die unter § 1a Nr. 2 AsylbLG fallenden Leistungsberechtigten erhalten Hilfe nur noch, soweit dies im Einzelfall nach den Umständen unabweisbar geboten ist. Welche Leistungen nach dem AsylbLG und ggf. in welcher Höhe aufgrund der Vorschrift des § 1a Nr. 2 AsylbLG eingeschränkt werden können, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles. Vor diesem Hintergrund ist die Kürzung des Barbetrages aus § 3 Abs. 1 Satz 4 AsylbLG auf ein Viertel nicht zu beanstanden. Damit wird den Leistungsberechtigten für bestimmte, allgemein anerkannte individuelle, soziale und kommunikative Bedürfnisse in einem äußerst bescheidenen Umfang die Möglichkeit zur selbstbestimmten Bedürfnisbefriedigung eingeräumt (vgl. GK, Kommentar zum AsylbLG: § 3 Rn. 50). Der Regelungszweck des § 1a AsylbLG, dem Anreiz einer vom Gesetzgeber als rechtsmissbräuchlich angesehenen Inanspruchnahme von Leistungen durch spürbare Leistungseinschränkungen zu begegnen, wäre kaum zu erreichen, wenn der Barbetrag nach § 3 Abs. 1 Satz 4 AsylbLG hierfür nicht zur Diskussion stünde. Aufgrund seiner Zielrichtung gehört der Barbetrag nicht zum verfassungsrechtlich gebotenen Existenzminimum, sondern stellt eine Zusatzleistung dar, die ihren Hauptzweck gerade nicht in der bloßen Existenzsicherung hat (vgl. für alles Vorstehende OVG Berlin, B. v. 26.01.2000 – OVG 6 S 50/99 – GK AsylbLG, a.a.O., Bd. 2 OVG-Nr. 9). Wenn den Klägern im Rahmen dieser Leistungseinschränkung der monatliche Barbetrag gemäß § 3 Abs. 1 AsylbLG nur gekürzt gewährt wird, so hat dies nicht zur Folge, dass diese nunmehr notwendige persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens nicht mehr befriedigen könnten. Sie sind vielmehr darauf angewiesen, für einen bestimmten notwendigen Bedarf ggf. einen hierauf konkret bezogenen Antrag zur Bedarfsdeckung zu stellen (vgl. OVG Lüneburg, B. v. 30.07.1999 - 12 M 2997/99 -).
Dies gilt auch für die Kürzung der Grundleistungen gemäß § 3 Abs. 2 AsylbLG in Bezug auf den Betrag für Bekleidung in Höhe von 30,00 DM bzw. 15,34 EUR. Ergibt ein Antrag, dass die Kläger einen notwendigen Bedarf konkret nachweisen und gehört dieser Bedarf damit zur unabweisbar gebotenen Hilfe, so besteht weiterhin ein Anspruch auf Bedarfsdeckung. Die Kläger haben nicht glaubhaft gemacht und dargelegt, dass konkret ein Bedarf für Bekleidungsgegenstände bestanden hat.
Der Vollständigkeit halber weist die Kammer jedoch darauf hin, dass eine weitere Kürzung der Leistungen derzeit aufgrund der ungeklärten Situation in Bezug auf eine Reisefähigkeit des Klägers zu 1) fraglich sein dürfte. Aus der Stellungnahme des Beklagten gegenüber dem Gericht vom 15.04.2003 ergibt sich, dass auch der Beklagte bzw. seine Ausländerbehörde davon ausgeht, dass eine Abschiebung des Klägers zu 1) wegen seiner psychischen Erkrankung derzeit möglicherweise objektiv unmöglich sein könnte. Deshalb wird davon ausgegangen, dass jedenfalls vor einer Abschiebung noch eine amtsärztliche Untersuchung erfolgen müsste. In einem solchen Fall dürfte die für Leistungen nach dem AsylbLG zuständige Behörde aufgrund ihrer Darlegungs- bzw. Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1a Nr. 2 AsylbLG (s.o.) vor einer Kürzung verpflichtet sein, die möglicherweise bestehende Reiseunfähigkeit abzuklären. Zumindest nachdem sich der Kläger zu 1) im weiteren Verlauf des Jahres 2001 mehrfach im Niedersächsischen Landeskrankenhaus R. aufgehalten hat und in Anbetracht der nunmehr geäußerten möglichen Suizidabsichten (vgl. nervenärztliche Bescheinigung der Praxis S. (Bl. 71 der Gerichtsakte), dürften nunmehr ausreichende Anhaltspunkte für die Notwendigkeit der Abklärung der Reisefähigkeit bestehen. Insoweit kann auf die noch zu gewinnenden Erkenntnisse bei dem vom Kläger zu 1) in der mündlichen Verhandlung für die nächste Zeit angekündigten Aufenthalt im NLK R. zurückgegriffen werden.
Nach alledem ist die Klage mit der für die Kläger negativen Kostenfolge aus §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.