Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 18.04.2002, Az.: 2 A 561/00
Baugenehmigung; bodenrechtliche Spannungen; Erheblichkeitsschwelle; rückwärtige Bebauung; Umgebungsbebauung; Vorbildwirkung; Wohnhaus
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 18.04.2002
- Aktenzeichen
- 2 A 561/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 43466
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 34 Abs 1 S 1 BBauG
- § 2 Abs 10 BauO ND
- § 75 Abs 1 BauO ND
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines Einfamilienwohnhauses nebst Kfz-Einstellplätzen.
Der Kläger ist Eigentümer des insgesamt 4.371 m² großen Flurstücks ... d. F..., G. V., welches nicht im Geltungsbereich eines rechtsverbindlichen Bebauungsplanes liegt. Das Grundstück grenzt im Osten an die Straße F.; es ist im straßenseitigen Bereich mit einem Einfamilienhaus (Postanschrift: F. ..) bebaut, für das der Beklagte dem Kläger unter dem 19. März 1998 eine Baugenehmigung erteilt hatte. Die nördlich und südlich des Flurstücks ... gelegenen, an die westliche Straßenseite des F. angrenzenden Flurstücke ..., ... u. ... sind jeweils mit einem Wohnhaus und Nebengebäuden bebaut. Die nördlich der (südlich des Flurstücks ... verlaufenden) L. S. bis zum Einmündungsbereich F./G. W. belegenen Grundstücke sind ebenfalls jeweils mit einem Wohnhaus, z.T. auch noch mit Nebengebäuden bebaut.
Unter dem 22. Juni 1999 beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines (weiteren) Einfamilienhauses auf dem Flurstück .... Nach den dem Bauantrag beigefügten Plänen soll das Wohnhaus in einem Abstand von etwa 14 m hinter dem auf dem Flurstück bereits vorhandenen Wohngebäude errichtet werden.
Zu dem Bauvorhaben des Klägers erteilte die Beigeladene durch Stellungnahme vom 29. Juni 1999 ihr gemeindliches Einvernehmen, wobei sie die nähere Umgebung des Baugrundstücks als Dorfgebiet einstufte.
Mit Bescheid vom 15. November 1999 lehnte der Beklagte die Erteilung der vom Kläger beantragten Baugenehmigung ab und führte zur Begründung aus: Die zur Bebauung vorgesehene Fläche liege in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil, so dass das vom Kläger geplante Wohnhaus bauplanungsrechtlich nach § 34 BauGB zu beurteilen sei. Nach § 34 Abs. 1 BauGB sei ein Vorhaben innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden solle, in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge und die Erschließung gesichert sei. Das Bauvorhaben des Klägers füge sich nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Die beabsichtigte Errichtung ein Wohnhauses in sog. zweiter Reihe führe zu einer aus städtebaulichen Gründen unerwünschten Hinterlandbebauung. In der näheren Umgebung des Baugrundstücks finde sich keine Wohnbebauung in zweiter Reihe. Das Bauvorhaben des Klägers sei daher wegen seiner Vorbildwirkung geeignet, bodenrechtlich beachtliche Spannungen auszulösen. Die Errichtung eines Wohnhauses am vorgesehenen Standort könne als Berufungsfall weitere Vorhaben nach sich ziehen; weitere Wohnhäuser in zweiter Reihe wären nicht zu verhindern. Die Folge wäre ein planloses Ausufern und eine Verdichtung der Bebauung auf den einzelnen Grundstücken.
Gegen den Bescheid des Beklagten vom 15. November 1999 legte der Kläger mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 22. November 1999 Widerspruch ein, den er im Wesentlichen wie folgt begründete: Der Beklagte gehe zu Unrecht davon aus, dass ein Wohnhaus in zweiter Reihe errichtet werden solle. Das geplante Wohnhaus liege zwar nicht unmittelbar am F., jedoch innerhalb des Dreiecks F./L. S.. Es fülle eine im Dreieck noch vorhandene Lücke. Aber selbst dann, wenn nur der F. als planungsrechtliche Orientierung ins Auge gefasst werde, sei von einer Bebauung in zweiter Reihe nicht auszugehen. Das Gebäude mit der Hausnummer 6 (richtig: Nr. 9) rage in etwa so weit wie der geplante Neubau, das Gebäude mit der Hausnummer 3 sogar wesentlicher tiefer in den straßenabgekehrten Bereich hinein. Von einer Hinterlandbebauung könne ebenfalls keine Rede sein. Die Wohngebäude F. 3 und 6 (9) lägen so weit westlich, dass dem geplanten Wohnhaus nicht der Charakter eines Hinterbaus zukomme. Von seinem Bauvorhaben gehe auch keine Vorbildwirkung aus. Bei Betrachtung des Dreiecks F./L. S. sei lediglich noch auf dem Flurstück ..., bei Betrachtung nur der Bebauung westlich des Feldwegs auch noch hinter dem Gebäude Nr. 6 (9) eine Bebauung möglich.
Mit Bescheid vom 15. März 2000 wies die Bezirksregierung L. den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid des Beklagten vom 15. November 1999 zurück: Das Bauvorhaben des Klägers sei planungsrechtlich unzulässig. Es füge sich nicht im Sinne von § 34 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Die Umgebung des vorgesehenen Standortes stelle sich als allgemeines Wohngebiet dar und sei charakterisiert durch eine einzeilige Wohnhausbebauung sowohl beidseitig des F. als auch entlang der L. S.. Bei Verwirklichung des Bauvorhabens des Klägers würde erstmals ein zweites Wohngebäude auf einem Grundstück mit Anbindung an den Feldweg entstehen. Auch die vom Kläger beispielhaft angeführten Grundstücke F. 3 und 6 (9) seien nur mit einem Wohnhaus bebaut. Die Zulassung einer Bebauung in zweiter Reihe führte zu einer Vorbildwirkung für die gesamte Umgebung, da andere Bauwillige diesem Beispiel folgen könnten. Eine Durchbrechung der bestehenden Ordnung hätte eine städtebaulich unerwünschte Verdichtung des Gebietes zur Folge. Diese Entwicklung könne wegen der zu erwartenden bodenrechtlichen Spannungen nicht zugelassen werden.
Am 3. April 2000 hat der Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung er im Wesentlichen ausführt: Sein Bauvorhaben füge sich sehr wohl in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Hinsichtlich seiner Art sei dies unstreitig. Dies gelte aber auch hinsichtlich der Grundstücksfläche, die überbaut werden solle. Die nähere Umgebung der zur Bebauung vorgesehenen Fläche sei sehr uneinheitlich, so dass sich hieraus kein enger einzuhaltender Rahmen ableiten lasse. Bemesse man den Rahmen danach, wie weit die bebauten Grundstücksflächen jeweils von der Straße entfernt lägen, so werde dieser zweifellos eingehalten. Das Gebäude F. 6 (9) halte einen ähnlichen Abstand zur Straße ein wie das geplante Wohnhaus, das benachbarte Gebäude F. 3 liege sogar wesentlich weiter entfernt. Angesichts der uneinheitlichen Bebauung in der Umgebung biete sich jedoch bezüglich des einzuhaltenden Rahmens eher eine Betrachtung an, die eine Verbindungslinie zwischen den vorhandenen Gebäuden Nr. 3 und 6 (9) ziehe und sich somit nicht am Abstand zum F. orientiere. Aber auch bei dieser Betrachtungsweise halte sein Bauvorhaben den vorgegebenen Rahmen ein, weil es hinter der gedachten Verbindungslinie zurückbleibe. Stelle man auf die einzelnen Grundstücke in ihren Grenzen ab, so sei das geplante Wohnhaus zwar tatsächlich als zweites Gebäude auf seinem Grundstück anzusehen. Hieran störe sich der Beklagte aber zu Unrecht, denn in der Umgebung des Baugrundstücks lägen, wie aufgezeigt, zahlreiche Gebäude in gewisser Entfernung zur Straße und allein hieraus ergebe sich der einzuhaltende Rahmen. Sein Bauvorhaben füge sich harmonisch in die vorhandene Bebauung ein. Relevant sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts allein das faktisch vorhandene, die (sichtbare) faktische Situation des Vorhabens. Ausgehend hiervon könne kein Zweifel daran bestehen, dass sein Bauvorhaben den vorgegebenen Rahmen einhalte. Aufgrund der uneinheitlichen Bebauung in der Umgebung sei schon eine erste Reihe nicht zu erkennen; dies gelte erst recht für eine zweite Reihe. Sein Vorhaben füge sich weiterhin auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Bei Betrachtung der einzelnen Grundstücke ergebe sich, dass diese im gleichen Maße bebaut seien, wie es sein Grundstück nach Verwirklichung des in Rede stehenden Bauvorhabens wäre. Allerdings komme es auch insoweit nicht auf den Zuschnitt der einzelnen Grundstücke an, sondern allein darauf, was von außen zu erkennen sei. Ausgehend hiervon halte das geplante Wohnhaus den Rahmen der benachbarten uneinheitlichen Bebauung ein. Dabei seien nicht nur die Wohnhäuser auf den Nachbargrundstücken zu berücksichtigen, sondern auch die dort vorhandenen Nebengebäude. Schließlich sei das geplante Wohnhaus, welches lediglich eine Lücke fülle, auch nicht geeignet, bodenrechtliche Spannungen auszulösen, denn in der näheren Umgebung seien weitere Bauvorhaben in zweiter Reihe kaum vorstellbar.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 15. November 1999 sowie den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung L. vom 15. März 2000 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm entsprechend seinem Bauantrag vom 22. Juni 1999 eine Baugenehmigung für die Errichtung eines Einfamilienhauses auf dem Flurstück ... der Flur .., G. V., zu erteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er nimmt Bezug auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden und führt ergänzend aus: Der Kläger trage keine Tatsachen vor, die nicht bereits im Widerspruchsverfahren berücksichtigt worden seien. Die Bezirksregierung L. habe in ihrem Widerspruchsbescheid vom 15. März 2000 insbesondere darauf hingewiesen, dass zwar die Wohnhäuser F. 3 und 6 (9) zurückgesetzt lägen, die Grundstücke jedoch jeweils nur mit einem Haus bebaut seien, während der Kläger auf seinem Grundstück ein zweites Wohnhaus errichten wolle. Auch auf den Grundstücken F. 3 und 9 wäre ein weiteres Wohnhaus nicht zulässig.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag. Sie weist darauf hin, ihr gemeindliches Einvernehmen zu dem Bauvorhaben des Klägers erteilt zu haben.
Die Kammer hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung das zur Bebauung vorgesehene Grundstück des Klägers sowie dessen nähere Umgebung in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der zu dieser beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten (Beiakten B bis D) und der Bezirksregierung L. (Beiakte A) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, denn der Kläger kann die von ihm begehrte Baugenehmigung für die Errichtung eines (weiteren) Einfamilienhauses auf dem Flurstück ... der Flur ..., G. V., nicht beanspruchen.
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 75 Abs. 1 Nds. Bauordnung (NBauO). Nach dieser Vorschrift ist eine Baugenehmigung zu erteilen, wenn die Baumaßnahme, soweit sie - wie hier - genehmigungsbedürftig ist und die Prüfung nicht entfällt, dem öffentlichen Baurecht entspricht. Zum öffentlichen Baurecht gehört nach § 2 Abs. 10 NBauO neben den Vorschriften der NBauO u.a. das städtebauliche Planungsrecht, d.h. die Vorschriften der §§ 30 ff. Baugesetzbuch (BauGB). Die Voraussetzungen, unter denen eine Baugenehmigung zu erteilen ist, sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt, weil das Bauvorhaben des Klägers bauplanungsrechtlich unzulässig ist.
Der zur Bebauung vorgesehene Teil des Flurstücks ..., welches unstreitig nicht im Geltungsbereich eines (qualifizierten) Bebauungsplanes i.S.v. § 30 BauGB liegt, ist - wovon die Beteiligten übereinstimmend ausgehen und wie die Ortsbesichtigung durch die Kammer bestätigt hat - dem Innenbereich der Beigeladenen zuzuordnen, mit der Folge, dass sich die planungsrechtliche Zulässigkeit des Bauvorhabens des Klägers nach § 34 BauGB beurteilt.
Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ein Vorhaben innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Ein Vorhaben fügt sich im Sinne der genannten Vorschrift ein, wenn es dem Ordnungsbild entspricht, welches durch die vorhandene Bebauung sowie die sonstigen städtebaulich relevanten Umstände geprägt ist. Die nähere Umgebung des Baugrundstücks ist einmal insoweit zu berücksichtigen, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann und zweitens insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder beeinflusst (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 - 4 C 9.77 -, BRS 33 Nr. 36). Abzustellen ist dabei auf das in der Umgebung des Vorhabens tatsächlich Vorhandene. Nicht jede Bebauung in der näheren Umgebung bestimmt jedoch ihren Charakter, so dass die Betrachtung in einem zweiten Schritt auf das Wesentliche zurückgeführt werden muss (BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1990 - 4 C 23.86 -, BRS 50 Nr. 75). Es muss alles außer Acht gelassen werden, was die vorhandene Bebauung nicht prägt oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint. Auszusondern sind zum einen solche baulichen Anlagen, die von ihrem quantitativen Erscheinungsbild nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, d.h. die der Betrachter nicht oder nur am Rande wahrnimmt. Zum anderen können auch solche baulichen Anlagen aus der Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung auszusondern sein, die zwar quantitativ die Erheblichkeitsschwelle überschreiten, aber nach ihrer Qualität völlig aus dem Rahmen der sonst in der näheren Umgebung anzutreffenden Bebauung herausfallen. Das wird namentlich dann anzunehmen sein, wenn eine singuläre Anlage in einem auffälligen Kontrast zur übrigen Bebauung steht. Derartige Anlagen dürfen bei der Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung aber nur dann als Fremdkörper ausgeklammert werden, wenn sie wegen ihrer Andersartigkeit und Einzigartigkeit den Charakter ihrer Umgebung letztlich nicht beeinflussen können. Ob dies der Fall ist, muss auf einer dritten Stufe unter Würdigung des tatsächlich Vorhandenen ermittelt werden (BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1990 - 4 C 23.86 -, a.a.O.).
Nach diesen Grundsätzen fügt sich das Bauvorhaben des Klägers nicht i.S.v. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Die für die Beurteilung maßgebliche nähere Umgebung wird durch die Grundstücke F. 9 und 3 sowie L. S. 10 bis 20 gebildet. In den aus der näheren Umgebung abzuleitenden Rahmen fügt sich das von dem Kläger geplante Wohnhaus hinsichtlich der Nutzung dieses Objekts nicht ein. In Fällen rückwärtiger Bebauung ist für die Frage, ob sich das Bauvorhaben nach der Art der Bebauung in den vorhandenen Rahmen einfügt, auf die Nutzung des Objekts abzustellen, mit der Folge, dass ein Einfügen zu verneinen ist, wenn sich im maßgeblichen Gebiet im rückwärtigen Bereich der bereits vorhandenen Wohnhäuser keine weitere, die nähere Umgebung prägende Wohnbebauung befindet (vgl. nur Nds. OVG, Beschluss vom 21. Dezember 1999 - 1 L 3504/99 - unter Bezugnahme auf den Beschluss des BVerwG vom 6. November 1997 - 4 B 172.97 -, NVwZ-RR 1998, 539). So liegt der Fall hier. Die maßgebliche nähere Umgebung des Flurstücks ... ist durch die insoweit
- mit einer Ausnahme - einheitliche Bebauung auf den Grundstücken F. 9 sowie L. S. 10 bis 20 geprägt, die sich dadurch auszeichnet, dass die Grundstücke jeweils im Straßenrandbereich mit einem Wohnhaus und im rückwärtigen Bereich
- teilweise - mit Nebengebäuden bebaut sind, an die sich Grünbereich oder Hausgärten anschließen. Soweit sich auf dem Grundstück F. 3 ein Wohnhaus im rückwärtigen, straßenabgewandten Teil befindet - bei diesem handelt es sich nach der Erklärung des Terminsvertreters der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung um ein älteres, d.h. zeitlich vor den nunmehr im maßgeblichen Bereich vorhandenen Neubauten errichtetes Gebäude, welches früher zu einem landwirtschaftlichen Betrieb gehört hat - ist diese Art der Bebauung für die nähere Umgebung, da es sich hier um einen Einzelfall handelt, nicht prägend, mit der Folge, dass dieses Gebäude aus der Betrachtung auszuschließen ist. In das Ordnungsbild der näheren Umgebung, welches somit durch Wohnhäuser im Straßenrandbereich und durch einen von Wohnbebauung freien rückwärtigen Bereich geprägt ist, fügt sich das Vorhaben des Klägers nicht im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ein.
Dies allerdings nicht schon deshalb, weil das klägerische Bauvorhaben den Rahmen der Umgebungsbebauung überschreitet. Auch ein Vorhaben, welches den durch seine Umgebung gesetzten Rahmen nicht einhält, kann dann zulässig sein, wenn es weder selbst noch in Folge einer nicht auszuschließenden Vorbildwirkung geeignet ist, bodenrechtlich beachtliche Spannungen zu begründen oder zu erhöhen (BVerwG, vgl. nur Beschluss vom 4. Oktober 1995 - 4 B 68.95 -, NVwZ-RR 96, 375). Solche Spannungen bewirkt eine Bebauung in zweiter Reihe u.a. dann, wenn sie in der Form einer zu missbilligenden Vorbildwirkung Unruhe stiftet (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. November 1980 - IV C 30.78 -, BRS 36 Nr. 56). Bei Zugrundelegung dieser Kriterien ist das Bauvorhaben des Klägers auch als rahmenüberschreitendes Vorhaben nicht zulässig, weil es konkret bewältigungsbedürftige bodenrechtlich beachtliche Spannungen unter dem Gesichtspunkt möglicher Folgevorhaben, insbesondere auf den nördlich und westlich des Flurstücks ... gelegenen, jeweils mit einem Wohnhaus bebauten, aber im rückwärtigen Bereich von Bebauung mit Wohnhäusern freigehaltenen Grundstücken F. 9. und L. S. 18, auf denen die Errichtung eines weiteren Wohnhauses im rückwärtigen Bereich möglich wäre, begründet. Die Verwirklichung von Folgevorhaben auf den genannten Grundstücken würde zu einer grundlegenden Änderung des Bebauungscharakters der näheren Umgebung des Grundstücks des Klägers führen. Eine derartige wesentliche Veränderung der Bebauung geht ihrem Umfang nach aber über die Planungskraft des § 34 Abs. 1 BauGB in seiner Funktion als Planersatz hinaus. Die planerische Kraft des § 34 Abs. 1 BauGB kann nur aus dem Vorhandenen abgeleitet werden. Die genannte Vorschrift bietet damit keine Grundlage dafür, eine vorhandene Bebauungsstruktur durch neue Bauvorhaben wesentlich zu verändern. Hierfür bedarf es vielmehr eines Bebauungsplanes.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren nicht für erstattungsfähig zu erklären. Zwar entspricht es regelmäßig der Billigkeit, die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten des notwendig Beigeladenen auch dann auszusprechen, wenn dieser keinen eigenen Antrag gestellt hat. Hier liegt jedoch ein Ausnahmefall vor, denn die Beigeladene hat zu dem Bauvorhaben des Klägers unter dem 29. Juni 1999 ausdrücklich ihr gemeindliches Einvernehmen erteilt und sich damit auf die Seite des - nunmehr unterlegenen - Klägers gestellt.