Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 29.04.2002, Az.: 3 A 404/01

Abbruch; Auswahlverfahren; Beförderungsbewerber; Bestenauslese; Bewerbungsverfahrensanspruch; Organisationsermessen; Standesamt; Umsetzung; Versetzungsbewerber; Versetzungsermessen; zureichender Grund

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
29.04.2002
Aktenzeichen
3 A 404/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 43468
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Ein sachlicher Grund das Auswahlverfahren abzubrechen kann auch darin liegen, dass sich die Umsetzung eines der Bewerter als ermessensgerecht herausstellt und deswegen eine "Bestenauslese" nicht (mehr) erforderlich zur Stellen/- Dienstpostenbesetzung ist.

Tatbestand:

1

Der Kläger begehrt die Rückgängigmachung einer Stellenbesetzung im Standesamt der Beklagten und die Neudurchführung eines Auswahlverfahrens für diese Stelle.

2

Der Kläger ist Stadtobersekretär (Besoldungsgruppe A 7) im Hauptamt der Beklagten. Am 18. April 1996 ist der Kläger nach entsprechender Schulung durch die Beklagte auf jederzeitigen Widerruf zum Standesbeamten bestellt worden und wird seitdem vertretungsweise vor allem für die Vornahme von Trauungen herangezogen. In dieser Tätigkeit hat er sich auch nach Auffassung der Beklagten voll bewährt.

3

Die Beklagte schrieb in ihrem Mitteilungsblatt vom 28.Januar 2000 für ihr Standesamt die Stelle eines Standesbeamten aus und zwar nun für Vollbeschäftigte, nachdem die erste Ausschreibung vom 2. November 1999 für mit der Hälfte der wöchentlichen Arbeitszeit Beschäftigte wegen neuerer Personalentwicklungen nicht weiterverfolgt werden konnte. Nach der Neuausschreibung sollte die Stelle mit einem/einer Beamten/Beamtin des gehobenen Dienstes besetzt werden, der Einsatz von Angestellten werde allerdings nicht ausgeschlossen und Frauen werden ausdrücklich gebeten, ihre Bewerbung einzureichen.

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Bis zum 17. Februar 2000 gingen 6 Bewerbungen ein von: Vier weiblichen Angestellten (davon drei in BAT VI b, eine in BAT V c), einem Angestellten (in BAT VI b) und der Beamtin im mittleren Dienst R. (A 8 BBesO). Am 24. Februar 2000 bewarb sich auch der Kläger und am 19. April 2000 teilte die Beklagte ihm mit, dass entschieden worden sei, die ausgeschriebene Stelle mit einer anderen Bewerberin zu besetzen. Die -interne- Entscheidung hatte die Beklagte zuvor zu Gunsten der Frau R. und deren Umsetzung vom Amt 88 (Eigenbetrieb, Abfallwirtschaft, Stadtreinigung) getroffen und später nach Zustimmung des Personalrates zum 22. Mai 2000 vollzogen. Gemäß Aktenvermerk vom 16. März 2000 käme aus dem gesamten Bewerberkreis Frau R. als Beamtin des mittleren Dienstes (A 8) der anzustrebenden Stellen- bzw. Dienstpostenbesetzung mit A 9 - gehobener Dienst - am nächsten. Zudem sollten den Bürgerinnen und Bürgern im Standesamt Standesbeamte (wie der derzeitige Amtsleiter) und Standesbeamtinnen (in Vertretung des Amtsleiters) angeboten werden können, und zwar nicht nur bei Trauungen (für die weitere ausgebildete Standesbeamte aus anderen Ämtern vertretungsweise eingesetzt werden könnten und sollten), sondern auch für die Vielzahl der laufenden Vorgänge im Standesamt (Kirchenaustritte, Oberlandesgerichtsfälle, Namenserklärungen im Ehe- und Familienrecht, deutsche Staatsbürgerschaft bei ausländischen Kindern). Mit der Umsetzung von Frau R. sei auch keine Beförderung verbunden. Dort bleibe sie Stadthauptsekretärin im Amt A 8. Wenn sich die Umsetzung nicht verwirklichen ließe, sei der (beamtete) Kläger im Amt A 7 die beste Wahl.

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Gegen diese Nichtberücksichtigung wandte sich der Kläger am 26. April 2000 mit seinem als Beschwerde bezeichneten Schreiben und bat um Mitteilung der Gründe, die dazu geführt haben, die Stelle mit einer anderen Bewerberin zu besetzen. Es folgte ein umfangreicher Schriftwechsel, in dessen Verlauf der Kläger seine Auffassung darlegte, nach der die Besetzung der Stelle mit Frau R. fehlerhaft sei. Ohne Berücksichtigung des Leistungsgrundsatzes sei eine Frau bevorzugt worden. Auf eine anwaltliche Fristsetzung vom 26. Februar 2001, in dieser Angelegenheit einen rechtsmittelfähigen Bescheid zu erlassen, teilte die Beklagte unter dem 23.März 2001 mit, dass es sich um eine behördeninterne Umsetzung handele. Dafür werde kein rechtsbehelfsfähiger Bescheid erlassen.

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Mit der Klage vom 28.März 2001 vertieft der Kläger seine Auffassung: Die Besetzung der Stelle mit Frau R. sei rechtswidrig. Im Gegensatz zu dieser habe er die erforderliche Ausbildung zum Standesbeamten bereits 1996 absolviert und bisher schon über 100 Trauungen durchgeführt. Im Rahmen dieser Tätigkeit als Standesbeamter habe er sich selbst nach Auffassung der Beklagten voll bewährt. Die Absicht, die ausgeschriebene Stelle mit einer Frau zu besetzen, sei offensichtlich nicht auf der Grundlage der Eignung der Bewerber, sondern ausschließlich im Hinblick auf deren Geschlecht erfolgt. Dies sei fehlerhaft.

7

Soweit die Beklagte sich darauf berufe, den Erwartungen der Heiratswilligen durch das Angebot einer Standesbeamtin entgegenkommen zu wollen, komme es hierauf zum einen nicht an, weil einerseits ungeachtet der Frage, ob derartige Kundenerwartungen tatsächlich bestünden, jedenfalls ein Anspruch hierauf nicht bestehe; andererseits sei in der Vergangenheit auch eine weitere Mitarbeiterin der Beklagten als Standesbeamtin eingesetzt gewesen. Zudem finde dieser Gesichtspunkt in der Stellenausschreibung der Beklagten zum Stichwort Anforderungsprofil keine Stütze.

8

Im übrigen habe er, der Kläger, auch reichhaltige Erfahrungen in Aufgaben der Rechtsanwendung und in der Abwicklung von Publikumsverkehr, auf die die Beklagte nunmehr abstelle. Hierzu macht der Kläger umfangreiche Ausführungen.

9

Mit dem rechtswidrigen Auswahlverfahren und mit der tatsächlichen Umsetzung der Frau R. habe die Beklagte sowohl seinen Auswahlbewerberanspruch als auch seinen Anspruch auf eine ermessensgerechte Umsetzungsentscheidung verletzt.

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Der Kläger beantragt,

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die Beklagte zu verpflichten, die Besetzung der Stelle eines Standesbeamten mit Frau R. rückgängig zu machen, und das Auswahlverfahren zur Besetzung dieser Stelle neu durchzuführen und über die Bewerbung des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie führt aus, dass die vorgenommene Stellenbesetzung nicht zu beanstanden sei. Frau R. habe - entgegen der Auffassung des Klägers - über reichhaltige Erfahrungen in Aufgaben der Rechtsanwendung und in der Abwicklung von Publikumsverkehr verfügt. Diese habe in ihrer Vorstellung den überzeugendsten Eindruck hinterlassen. Schließlich solle nach den Ausführungsbestimmungen zum Personenstandsgesetz als Standesbeamter ein Beamter des gehobenen Dienstes berufen werden. Allerdings sei dieses nicht zwingend. Vor diesem Hintergrund habe sich die Beklagte davon leiten lassen, dass Frau R. als Stadthauptsekretärin der Gewichtigkeit des ausgeschriebenen Dienstpostens am nächsten gekommen sei.

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Als ausschlaggebend, wie dies im Vermerk vom 16. März 2000 festgehalten sei, habe die Beklagte ihre Absicht angesehen, eine planmäßige Standesbeamtin anbieten zu können. Im Bereich des Standesamtes, in dem gerade in jüngster Zeit auf kundenorientierte Ausstattung Wert gelegt werde, sei dies nicht sachfremd, sondern eine sachlich orientierte Erwägung. Die in diesem Zusammenhang vom Kläger angesprochene Mitarbeiterin sei planmäßig im Eigenbetrieb Müllabfuhr und Straßenreinigung und könne vor diesem Hintergrund allenfalls im Vertretungsfall, aber nicht andauernd für Aufgaben im Standesamt zur Verfügung stehen.

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Schließlich bewerte der Kläger seine bisherige Tätigkeit im Standesamt über. Zum einen habe er dort keine Leitungsfunktionen gehabt, sondern vor allem Trauungen vorgenommen. Zum anderen scheine zwar die absolute Zahl der Trauungen durch ihn hoch, tatsächlich handele es sich allerdings nur um 4,4 %  aller Eheschließungen. Bei den vertretungsweise durch Beamte und Beamtinnen aus anderen Ämtern vorgenommenen Trauungen, also ebenso durch den Kläger, solle es auch nach der streitigen Stellenbesetzung bleiben.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig.

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Der Kläger hat erkennbar und deswegen unschädlich unter der nicht zutreffenden Bezeichnung Beschwerde (vgl. dazu Kopp-Schenke VwGO, Kommentar, 12. Auflage 2000, § 69 Rdnr. 5) seiner Nichtauswahl und/oder der Umsetzung von Frau R. widersprechen wollen. Auch wenn beiden Maßnahmen keine Verwaltungsaktsqualität zukommt, wird dadurch der Beamte nicht rechtschutzlos gestellt und der Kläger musste, wollte er seine Rechte gegebenenfalls mit einer Leistungs- oder Feststellungsklage weiterverfolgen, das Vorverfahren durchlaufen (§§ 192 Abs. 3 NBG, 126 Abs. 3 BRRG). Das hat die Beklagte im Schreiben vom 23. März 2001 verkannt, den Widerspruch für unzulässig gehalten und sich geweigert, einen rechtsmittelfähigen (Widerspruchs-)Bescheid zu erteilen. Deswegen ist die Klage vom 28. März 2001 nach § 75 VwGO (als Untätigkeitsklage) zulässig. Auch die Auffassung der Behörde nämlich, dass ein eingelegter Widerspruch nicht zulässig sei, stellt keinen zureichenden Grund i. S. d. § 75 S. 1 VwGO dar, nicht in angemessener Frist hierüber zu entscheiden (VGH Kassel NVwZ RR 1992, 433 [BFH 11.01.1991 - III R 60/89]). Jede Weigerung der Behörde, aus welchen Gründen auch immer, sich mit der Sache zu befassen oder sie durch Bescheid abzuschließen, lässt den zureichenden Grund im ausgeführten Sinne entfallen und macht die Klage sofort zulässig (vgl. Kopp-Schenke aaO, § 75 Rdnr. 15 m.w.N.)

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Beide Klageanträge sind aber unbegründet.

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1) Soweit der Kläger mit seinem ersten Klageantrag (noch) einen Bewerbungsverfahrensanspruch durchsetzen will (erneute Auswahlentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts), übersieht er, dass dieser als akzessorischer Anspruch mit Abbruch des Auswahlverfahrens untergegangen ist. Zudem wäre der Anspruch nicht begründet gewesen, weil ein unechtes Konkurrenzverhältnis zur Frau R. vorlag. Dabei ist die Rechtmäßigkeit der Stellen- oder Dienstpostenbesetzung nämlich allein an den Voraussetzungen zu messen, wie sie für die Umsetzung gelten. Das bedeutet, dass eine echte Auswahl als Bestenauslese im Verhältnis der von einer A 8 Stelle oder einem mit A 8 bewerteten Dienstposten auf einen anderen umzusetzenden Frau R. zum Kläger als potentiellen Beförderungsbewerber (von einer A 7 Stelle oder einem mit A 7 bewerteten Dienstposten) nicht stattfindet. Die Beklagte hat dem Kläger diese Verfahrensabläufe und den Verfahrenswechsel (von Auswahlverfahren zu interner Umsetzung) zwar zunächst gar nicht und dann zögernd oder nur  widersprüchlich mitgeteilt und begründet. An deren materieller Rechtmäßigkeit ändert das gleichwohl nichts, ist allerdings im Rahmen einer Kostenentscheidung nach § 155 Abs. 5 VwGO zu würdigen.

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Ein vorbereitender Aktenvermerk der Beklagten vom 17. Februar 2000 (keine Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes mit nur einem hauptamtlichen Standesbeamten) und der zitierte vom 16. März 2000 enthalten die maßgebliche Begründung für die beanstandete Entscheidung zu Gunsten der Frau R. und zu Lasten des Klägers: Vor dem Hintergrund mehrerer angestellter Bewerber(innen)und der personenstandsrechtlichen Vorgabe, Standesbeamter solle (müsse aber nicht) ein Beamter (des gehobenen Dienstes) sein, komme die beamtete Frau R. im mittleren Dienst (Stadthauptsekretärin A 8) dieser Anforderung am nächsten. Ferner wollte die Beklagte (nicht nur bei Trauungen und vertretungsweise) einen (ständigen) Standesbeamten und eine (ständige) Standesbeamtin anbieten können. Damit hat die Beklagte trotz abweichender Formulierungen und Bekundungen inhaltlich keine Entscheidung nach Leistungsgesichtspunkten getroffen, sondern hat zugleich das Auswahlverfahren abgebrochen und sich mit entsprechenden Ermessenserwägungen für die schlichte Umsetzung zur Lösung des Besetzungsproblems im Standesamt entschieden. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden. Das Gericht folgt hierin dem OVG Rheinland-Pfalz (Beschluss v. 28.11.2001 -10 B 11641/01, IöD 2002, 77), welches zur Konkurrenz eines Versetzungsbewerbers (nach § 26 BBG entsprechend § 32 NBG) zum Beförderungsbewerber ausgeführt hat:

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Entscheidet sich der Dienstherr, ein frei gewordenes Amt mit einem Beförderungsbewerber zu besetzen, so beurteilt sich die Entscheidung zu Lasten eines übergangenen Versetzungsbewerbers grundsätzlich nur nach § 26 Abs. 1 BBG; eine Bestenauslese nach Leistungsgesichtspunkten findet mit Blick auf ihn grundsätzlich nicht statt (Ls).

24

Dabei ist zunächst zu sehen, dass der Dienstherr bei der Besetzung einer Stelle einen weiten Handlungsspielraum besitzt. So kann er - bei entsprechendem Bewerberkreis - eine Stelle im Wege der Beförderung (bzw. Übertragung eines höher bewerteten Dienstpostens), der Versetzung oder der Umsetzung vergeben. Für welche Handlungsform er sich dabei entscheidet, ist weitgehend seinem Organisationsermessens vorbehalten. Entscheidet er sich für die eine oder andere Handlungsform -und damit auch gegen eine bestimmte andere -, so muss sich der Dienstherr bei diesem Verwaltungshandeln an den dafür gesetzlich vorgeschriebenen und ggf. von ihm selbst aufgestellten Voraussetzungen messen lassen.

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Die Voraussetzungen, unter denen der Ast. die Besetzung des hier in Rede stehenden Dienstpostens ... mit ihm begehren kann, bemisst sich nach § 26 Abs.1 BBG.......Daran ändert im Übrigen auch nicht der Umstand, dass für andere Bewerber um diesen Dienstposten .... dessen Besetzung die Vergabe eines höher bewerteten Dienstpostens bedeutet....

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Treffen - wie hier - bei der Stellenbesetzung sowohl Versetzungsbewerber als auch ein Beförderungsbewerber zusammen, und steht der nicht zum Zuge gekommene Versetzungsbewerber inmitten, so ist die ihm gegenüber ergangenen Maßnahme grundsätzlich (lediglich) anhand der Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 BBG zu messen, der die Versetzungsentscheidung in das (weite) Ermessen des Dienstherrn stellt. In diesem Fall gilt im Allgemeinen das Prinzip der Bestenauslese für die in rede stehende Versetzung nicht (ganz h.M. ..).

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Wollte man das anders beurteilen, so würde das nach §§ 26 BBG, 18 BRRG bestehende Versetzungsermessen des Dienstherrn unzulässig eingeschränkt. Denn der Versetzungsbewerber hat ein dem Beförderungsamt entsprechendes Amt bereits inne. Bei Anlegung des Maßstabes der Bestenauslese würde er deshalb in einer häufigen Zahl der Fälle einem Beförderungsbewerber vorzuziehen sein. Für den Dienstherrn bedeutete dies, dass er dem Versetzungsantrag regelmäßig stattgeben müsste. Eine selbstverantwortete Personalverwaltung würde ihm aber damit in gesetzlich nicht vorgesehener Weise erschwert. Das bedeutet, dass letztlich zwischen beiden Versetzungs- und  Beförderungsbewerbern kein Konkurrenzverhältnis besteht.

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Anders liegt es nur dann, wenn der Dienstherr das ihm zustehende (weite) Organisationsermessen erkennbar dahingehend ausgeübt hat, die Stelle - gerade unter Einbeziehung des Versetzungsbewerbers - im Wege der Bestenauslese nach Leistungsgesichtspunkten (Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung) zu besetzen.

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Für den vorliegenden Fall der Konkurrenz zwischen Beförderungsbewerber (dem Kläger) und Umsetzungsbewerberin (Frau R.) muss dieses erst Recht gelten, da das auf einen internen Organisationsakt zielende Umsetzungsermessen der Behörde ein noch weiteres ist als das auch die Interessen des Beamten wahrende und in einem Verwaltungsakt umzusetzende Versetzungsermessens (nach § 32 BBG).

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Der im durch Ausschreibung eröffneten Auswahlverfahren gewonnenen Erkenntnis,  dass das Besetzungsproblem mit organisatorischem Umsetzungsermessen, - ohne einen Beförderungsfall zu schaffen - zu lösen ist, durfte die Beklagte den Abbruch des Auswahlverfahrens aus sachlichem Grund folgen lassen, ohne dass das die Rechtstellung des Klägers als Bewerber berührt und er deswegen die Fortsetzung des Auswahlverfahrens begehren könnte (Vgl. BVerwG U. v. 22.07.1999 - 2 C 14/98 -  , ZBR 2000, 40-43, NVwZ RR 2000, 172, PersV 2000, 122, IöD 2000, 36 im Anschluss an BVerwGE 101, 112). Die Durchführung einer Stellenausschreibung zwingt den Dienstherrn nämlich nicht im Wege einer unumkehrbaren Selbstbindung, den Dienstposten mit einem der Auswahlbewerber nach Leistungsgrundsätzen zu besetzen. Die Ausschreibung ist lediglich ein Hilfsmittel zur Gewinnung geeigneter Bewerber. Der Dienstherr darf ein eingeleitetes Bewerbungs- und Auswahlverfahren aus sachlichen Gründen jederzeit beenden und von einer ursprünglich geplanten Beförderung oder Eröffnung einer Beförderungsmöglichkeit absehen. Das für den Abbruch des Auswahlverfahrens maßgebliche Organisations- und verwaltungspolitische Ermessen ist ein anderes als das bei einer Stellenbesetzung zu beachtende Auswahlermessen.

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Der sachliche Grund für den Abbruch des Auswahlverfahrens ist nachvollziehbar und nicht zu beanstanden. Das gilt insoweit, als aus dem Bewerberfeld nur eine Beamtin von der Gewichtigkeit ihres innegehabten Amtes der regelmäßigen Dienstpostenbesetzung mit einem Beamten des gehobenen Dienstes nahekommt. Das gilt aber auch für die Organisationsentscheidung der Beklagten, neben dem ständigen männlichen Standesbeamten (Amtsleiter) mindestens eine ständige Standesbeamtin vorzuhalten. Diese eigenständige - sachliche - Erwägung, dass gerade im Personenstandsrecht (welches mehr als die Vornahme von Eheschließungen umfasst!) das Bedürfnis besteht, Fragen und Anträge lieber mit einer Frau oder lieber mit einem Mann zu erörtern und entscheiden zu lassen, hat erkennbar nichts mit der Frage Frauenförderung/Bevorzugung im (abgebrochenen) Auswahlverfahren zu tun

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2) Auch der zweite Klageantrag des Klägers ist nicht begründet, denn das organisatorische und zu Gunsten der Frau R. ausgeübte Umsetzungsermessen greift ebenso wenig in die Rechte des Klägers ein, wie die Entscheidung, das Auswahlverfahren aus sachlichen Gründen abzubrechen. Zusätzlich zu den ausgeführten Erwägungen (Beamtin nah am gehobenen Dienst) durfte die Beklagte auch aus Haushaltsgründen unter Vermeidung eines Beförderungsfalles auf das Mittel der Umsetzung zurückgreifen. Das Rückgängigmachen der Umsetzung der Frau R. kann folglich nicht beansprucht werden.

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Nach alledem war die Klage mit den kosten- und vollstreckungsrechtlichen Nebenfolgen aus den §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 5, 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO abzuweisen.

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Die Kammer ist zur Überzeugung gelangt, dass die Verkennung des Widerspruchsverfahrens nach 192 Abs. 3 NBG und die ausdrückliche schriftliche Weigerung, die Beschwerde des Klägers rechtsmittelfähig zu bescheiden, Anlass zur Klage gegeben haben. Zudem hat die Beklagte den Kläger über den tatsächlichen Abbruch des Auswahlverfahrens und den Wechsel zum Umsetzungsverfahren mit dem Rückgriff auf auswahlverfahrenstypische Erwägungen und Formulierungen bis in dieses Klageverfahren hinein im Unklaren gelassen. Die Beklagte hat damit 1/3 der Kosten des Verfahren (mit-)verschuldet i.S.d. § 155 Abs. 5 VwGO.