Landgericht Aurich
Beschl. v. 16.03.2006, Az.: 4 T 28/06
Vergütung des Insolvenzverwalters durch den Nachlass des Erblassers
Bibliographie
- Gericht
- LG Aurich
- Datum
- 16.03.2006
- Aktenzeichen
- 4 T 28/06
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2006, 39764
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGAURIC:2006:0316.4T28.06.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Aurich - 06.12.2005 - AZ: 9 IN 327/02
- nachfolgend
- BGH - 12.02.2009 - AZ: IX ZB 58/06
Rechtsgrundlagen
- § 64 Abs. 3 InsO
- § 3 Abs. 1b InsVV
In dem Insolvenzverfahren
...
hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Aurich
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht R. als Einzelrichter
am 16.03.2006 beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2. - 5 wird der Beschluss des Amtsgerichts Aurich vom 06.12.2005 auf Kosten des Beteiligten zu 1) dahingehend geändert, dass die Vergütung des Insolvenzverwalters festgesetzt wird auf 17.269,81 Euro Nettovergütung.7.490,15 Euro Auslagen insgesamt 24.759,96 Euro zuzüglich 16% Umsatzsteuer 3.961,59 Euro Gesamtbetrag. 28.721,55 Euro Beschwerdewert: 4.006,59 Euro.
Gründe
Das Amtsgericht Aurich - Insolvenzgericht - hat auf Grund des hiermit in Bezug genommenen Antrags des Insolvenzverwalters vom 16.11.2005 durch Beschluss vom 06.12.2005 die Vergütung des Insolvenzverwalters über den Nachlass festgesetzt auf 20.723,77 Euro Nettovergütung, 7.490,15 Euro Auslagen und 4.514,23 Euro Umsatzsteuer.
Wegen aller Einzelheiten wird auf den Beschluss des Amtsgerichts verwiesen.
Gegen diesen ihnen am 08.12.2005 zugestellten Beschluss richtet sich die am 22.12.2005 eingelegte sofortige Beschwerde der Erben der Erblasserin. Diese macht geltend, die vom Amtsgericht zuerkannte Erhöhung der Regelvergütung um 15% für die Sicherung, die Verwaltung und den Verkauf des zum Nachlass gehörenden Grundstücks und um 5% für die Forderungsprüfung sei nicht gerechtfertigt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Beschwerdeschrift vom 22.12.2005 verwiesen.
Der Insolvenzverwalter hat dazu mit Schriftsatz vom 24.02.2006 Stellung genommen. Auf den Schriftsatz wird ebenfalls Bezug genommen.
Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 64 Abs. 3 InsO zulässig und begründet.
Es gehört zum qualitativen Normalfall der Insolvenzverwaltung, dass der Insolvenzverwalter die auf ihn nach§ 80 Insolvenzordnung übertragene Verwaltungs- und Verfügungsmacht dadurch ausübt, dass er das gesamte zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen in Besitz und Verwaltung nimmt, gegen Zugriffe Dritter sichert und es dementsprechend in regelmäßigen Abständen überwacht (vergl. Haarmeyer/ Wutzke/ Förster, Insolvenzrechtliche Vergütung, 3. Aufl., § 2 Randnr. 10.) Insoweit rechtfertigt es keine Erhöhung der Regelvergütung, dass der Insolvenzverwalter - wie er vorträgt - das 767 qm große mit einem Einfamilienhaus bebaute Grundsstück durch Sicherungsmaßnahmen so gesichert hat, dass Dritte nicht in das Gebäude eindringen konnten und er dies während der gut 8 Monate Besitzzeit bis zum Verkauf alle drei bis vier Monate, also zwei- bis dreimal kontrolliert hat. Von einer Hausverwaltung im Sinne § 3 Abs. 1 b InsVV, einer aktiven Nutzung des Grundstücks, beispielsweise durch Vermietung, kann bei diesem Sachverhalt keine Rede sein. Auch der Verkauf des Grundstücks an einen Miterben erforderte entgegen der Auffassung des Insolvenzverwalters an sich keinen besonderen Aufwand und barg auch keine besonderen Risiken, die eine Erhöhung der Regelvergütung rechtfertigen. Für das Grundstück lag ein Wertgutachten vor, so dass der Wert des Grundstücks als Basis für den Kaufpreis leicht zu ermitteln war. Die Verkäuferrisiken hinsichtlich Altlasten, Gewährleistung, rückständige Erschließungsbeiträge und Lastenfreiheit werden üblicherweise bei Kaufverträgen für derartige Wohngrundstücke vertraglich ausgeschlossen. Ein Rechtsanwalt als Insolvenzverwalter kann insoweit gängige notarielle Kaufvertragsentwürfe ohne größeren Aufwand prüfen.
Hinsichtlich der Forderungsanmeldung handelt es sich bei der Prüfung der Forderungen um Regelaufgaben, die der Verwalter in jedem Normalverfahren zu erfüllen hat, ohne dass sich dies, abgesehen von qualitativen.Faktoren, auf seine Vergütung auswirkt. Als Normalfall setzt es wiederum voraus, dass die Forderungsprüfung ohne Einbeziehung sachverständiger Dritter möglich ist und es sich nicht um komplizierte Rechtsfragen handelt (vergl. Haarmeyer, a.a.O., § 2 Randnr. 18).
Ausgehend hiervon ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass lediglich neun Forderungen angemeldet wurden. Erst bei einer großen Zahl von Gläubigern - mehr als 100 - wird eine Erhöhung der Regelvergütung vertreten, und zwar für weitere 100 Gläubiger durch einen Zuschlag um 0,1 Regelsatz (Haarmeyer, a.a.O., § 3 Randnr. 41). Die vom Insolvenzverwalter geltend gemachte Erhöhung für die Prüfung der Forderungen Nr. 4 und 8 der Insolvenztabelle ist insgesamt gesehen nicht gerechtfertigt. Zwar mag diese Forderungsprüfung etwas aufwendiger gewesen sein, sie erforderte jedoch lediglich Kenntnisse des Erb- und BGB-Gesellschaftsrechts, die bei einem Rechtsanwalt als Insolvenzverwalter zu unterstellen sind. Tatsächlich hat der Insolvenzverwalter die Fragestellungen auch ohne Zuhilfenahme Dritter gelöst. Der mit dieser Prüfung verbundene Mehraufwand wird insgesamt kompensiert durch die unterdurchschnittlich geringe Anzahl der Forderungen, die zu prüfen waren, so dass eine Erhöhung der Regelvergütung nicht gerechtfertigt ist.
Mithin ist die Vergütung des Insolvenzverwalters wie folgt festzusetzen:
17.269,81 Euro Nettovergütung
7.490,15 Euro Auslagen
insgesamt 24.759,96 Euro.
3.961,59 Euro Umsatzsteuer
insgesamt 28.721,55 Euro.
Die Kostenentscheidung folgt beruht auf § 91 ZPO.
Der Beschwerdewert wird auf 4.006,59 Euro festgesetzt.