Sozialgericht Oldenburg
Beschl. v. 12.01.2006, Az.: S 47 AS 1027/05 ER
Glaubhaftmachung von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund als Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung; Umfang des Anspruchs auf Leistungen für die Erstausstattung einer Wohnung; Bedarf an Erstausstattung von Wohnraum bei der Auflösung eines vorher gemeinsam geführten Haushalts und der nachfolgenden Gründung zweier getrennter Haushalte; Vorrang der eigenen Bemühungen des Leistungsempfängers um Teilung des vorhandenen Hausrats vor Geltendmachung des Anspruchs auf Erstausstattung einer Wohnung; Rechtmäßigkeit der nur darlehnsweisen Gewährung von Leistungen für die Erstausstattung einer Wohnung
Bibliographie
- Gericht
- SG Oldenburg
- Datum
- 12.01.2006
- Aktenzeichen
- S 47 AS 1027/05 ER
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2006, 20143
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGOLDBG:2006:0112.S47AS1027.05ER.0A
Rechtsgrundlagen
- § 86 b Abs. 2 S. 2, 4 SGG
- § 920 Abs. 2 ZPO
- § 2 Abs. 1 S. 1 SGB II
- § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB II
Fundstelle
- info also 2006, 86-89 (Volltext mit red. LS)
Verfahrensgegenstand
Grundsicherung für Arbeit Suchende (hier: Einmalige Leistungen zur Erstausstattung einer Wohnung)
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Das Tatbestandsmerkmal "Erstausstattung der Wohnung" ist nicht zeitlich, sondern vielmehr bedarfsbezogen zu verstehen.
- 2.
Durch die Auflösung eines vorher gemeinsam geführten Haushalts und der nachfolgenden Gründung zweier getrennter Haushalte durch ein sich trennendes Ehepaar kann grds. ein Bedarf an "Erstausstattung von Wohnraum" entstehen.
- 3.
Sofern es sich um die Erstausstattung einer Wohnung nach Trennung aus einem bereits bestehenden Haushalt handelt, ist der Antragsteller verpflichtet, sich vor der Geltendmachung eines Anspruchs auf Erstausstattung einer Wohnung bei dem Leistungsträger nach dem SGB II zunächst selbst um eine Teilung des vorhandenen Hausrats zu bemühen.
In dem Rechtsstreit
hat das Sozialgericht Oldenburg - 47. Kammer -
am 12. Januar 2006
durch
den Richter am Verwaltungsgericht Wündrich als Vorsitzenden
ohne mündliche Verhandlung
beschlossen:
Tenor:
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller einstweilen ab dem 1. Januar 2006 Arbeitslosengeld II ohne den Abzug von monatlichen Raten in Höhe von 34,50 EURO, mit welchem ein mit Bescheid vom 5. Dezember 2005 gewährtes Darlehn zurückgeführt werden soll, zu gewähren.
Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
Die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers sind zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um Art und Umfang von einmaligen Leistungen hinsichtlich der Erstausstattung einer Wohnung.
Der im Mai 1947 geborene Antragsteller, der türkischer Staatsangehöriger ist, erhielt bis 1995 Arbeitslosengeld und anschließend bis zum Ende des Jahres 2004 Arbeitslosenhilfe. Eine von ihm beantragte Erwerbsunfähigkeitsrente wurde abgelehnt. Der Antragsteller war verheiratet. Die Ehe wurde am 6. Juni 2005 geschieden. Aus der Ehe ist ein im September 1989 geborener Sohn hervorgegangen, der weiter zusammen mit seiner Mutter in der früheren gemeinsamen Ehewohnung in der G. wohnt. Seit dem 1. Januar 2005 erhält der Antragsteller von der Antragsgegnerin laufende Leistungen nach dem SGB II.
Nach der Ehescheidung zog der Antragsteller zum 1. Oktober 2005 in eine eigene Wohnung zur Größe von ca. 35 qm im Dachgeschoss der B. in E.. Im Hinblick auf den Umzug akzeptierte die Antragsgegnerin die vom Antragsteller mit dem Vermieter vereinbarte Miete und gewährte ihm, mit Bescheid vom 5. Oktober 2005, geändert durch Bescheid vom 21. November 2005, ein zunächst noch nicht zurückzahlbares Darlehn für die aufzubringende Kaution beim Vermieter.
Mit Schreiben vom 4. Oktober 2005 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin allgemein die Gewährung von Leistungen für die "Erstausstattung seiner neuen Wohnung" und führte zur Begründung aus, dass er nach der Trennung von seiner Familie außer persönlichen Sachen so gut wie nichts an Wohnungsausstattungsgegenständen habe mitnehmen können. Die Antragsgegnerin veranlasste daraufhin einen Hausbesuch beim Antragsteller durch einen ihrer Mitarbeiter, der am 30. November 2005 stattfand und worüber dieser unter dem 1. Dezember 2005 einen Vermerk (Blatt 125 der Verwaltungsvorgänge) fertigte. In diesem Vermerk sind hinsichtlich einer Vielzahl von Einrichtungsgegenständen unterschiedliche Angaben zum Vorhandensein bzw. Nichtvorhandensein enthalten. Mit zwei Bescheiden vom 5. Dezember 2005 gewährte daraufhin die Antragsgegnerin dem Antragsteller eine einmalige Beihilfe für die Erstausstattung folgender Dinge als Darlehn in Höhe von 431,50 EURO:
Sofa-/Couchgarnitur,
Wohnzimmerschrank bis 250 cm,
Wohnzimmertisch,
Küchentisch,
zwei Küchenstühle,
Einzelbett mit Lattenrost,
Kleiderschrank für das Schlafzimmer, 2- bis 3-türig,
zwei Lampen,
Matratze.
Des Weiteren wurde angeordnet, dass monatlich eine Rate von 34,50 EURO von den laufenden Leistungen nach dem SGB II zur Rückführung des Darlehns abgezogen werde. Sinngemäß lehnte es die Antragsgegnerin ab, darüber hinausgehende Leistungen zu gewähren. Dagegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 12. und 21. Dezember sinngemäß Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, dass es nicht richtig sei, die Beihilfe in Form eines Darlehns zu gewähren. Auch sei die Beihilfe in ihrem Umfang zu gering ausgefallen, denn er benötige noch Leistungen zur Anschaffung folgender fehlender Einrichtungsgegenstände:
zwei weitere Lampen,
eine Nachttischlampe,
ein Kopfkissen/eine Bettdecke,
ein Radio,
zwei Mal Gardinen für zwei Fenster,
einen Wäscheständer,
eine Garderobe,
einen Staubsauger,
zwei Garnituren Bettwäsche (zum Wechseln),
zwei große Handtücher,
zwei kleine Handtücher,
ein Bügeleisen,
ein Bügelbrett,
eine Grundausstattung für den Haushalt: Töpfe, Pfanne, Geschirr, Besteck, Putzutensilien,
einen Nachttisch,
ein Fernsehgerät,
Übernahme der Transportkosten dieser Gegenstände.
Über diesen Widerspruch wurde - soweit ersichtlich - bislang von der Antragsgegnerin noch nicht entschieden.
Bereits am 28. November 2005 hat sich der Antragsteller an das Sozialgericht Oldenburg mit der Bitte um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gewandt. Er macht geltend: Trotz seiner rechtzeitigen Antragstellung am 4. Oktober 2005 habe die Antragsgegnerin zunächst nichts veranlasst. Auch nach dem Hausbesuch vom 30. November 2005 und der darlehnsweisen Gewährung mit Bescheid vom 5. Dezember 2005 sei eine Erledigung des Rechtsstreits nicht eingetreten, da zu Unrecht von seinen laufenden Leistungen ein Ratenbetrag von monatlich 34,50 EURO abgezogen werde. Auch seien zu Unrecht keine Leistungen für die von ihm im Widerspruch im Einzelnen genannten Gegenstände gewährt worden. Im Rahmen des sozio-kulturellen Existenzminimums müssten ihm aber die Pauschalbeträge zuerkannt werden, die bis zum Ende des Jahres 2004 im Rahmen der Leistungen nach dem BSHG von den örtlichen Trägern der Sozialhilfe zuerkannt worden wären.
Die Antragsgegnerin ist dem Begehren entgegengetreten und macht geltend, dass der Antragsteller nach der Ehescheidung und dem Auszug aus der ehelichen Wohnung durchaus einen Teil des Hausrates hätte mitnehmen können. Denn er habe im Scheidungsverfahren angegeben, bereits seit dem Dezember 2003 innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt zu leben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag hat lediglich zum Teil Erfolg.
Gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweiligen Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (so genannte Regelungsanordnung). Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist daher stets, dass sowohl ein Anordnungsgrund (d.h. die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) und ein Anordnungsanspruch (d.h. die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs) glaubhaft gemacht werden (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. mit § 920 Abs. 2 ZPO). Dabei darf die einstweilige Anordnung des Gerichts wegen des summarischen Charakters dieses Verfahrens grundsätzlich nicht die endgültige Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen, weil sonst die Erfordernisse, die bei einem Hauptsacheverfahren zu beachten sind, umgangen würden. Auch besteht die Gefahr, dass eventuell in einem Eilverfahren vorläufig, aber zu Unrecht gewährte Leistungen später nach einem Hauptsacheverfahren, dass zu Lasten des Antragstellers ausginge, nur unter sehr großen Schwierigkeiten erfolgreich wieder zurückgefordert werden könnten. Daher ist der vorläufige Rechtsschutz nur dann zu gewähren, wenn ohne ihn schwere und unzumutbare, anders nicht abzuwendende Nachteile entstünden, zur deren Beseitigung eine spätere Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. BVerfGE 79, 69, 74 [BVerfG 25.10.1988 - 2 BvR 745/88] m.w.N.).
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Antragsteller glaubhaft dargetan, dass ihm sowohl ein Anordnungsgrund als auch ein Anordnungsanspruch darauf zusteht, dass die ihm mit Bescheid vom 5. Dezember 2005 gewährte Beihilfe in Höhe von 431,50 EURO nicht als rückzahlbares Darlehn, sondern als eine nicht rückzahlbare einmalige Beihilfe gewährt wird (dazu unter 1.). Hinsichtlich der im Übrigen weiter vom Antragsteller begehrten Leistungen für weitere Einrichtungsgegenstände fehlt es indessen an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs, da kein allgemeiner Anspruch auf pauschalierte Leistungen besteht, sondern die Notwendigkeit von konkreten Einrichtungsgegenständen glaubhaft dargetan werden muss (dazu unter 2.).
1.
Hinsichtlich einer nicht rückzahlbaren Beihilfe in Höhe von 431,50 EURO hat der Antragsteller einen Anordnungsanspruch glaubhaft dargetan. Grundsätzlich werden durch die regelsatzmäßigen Leistungen nach § 20 SGB II alle einmaligen und laufenden Bedürfnisse zur Sicherung des Lebensunterhalts abgeholten, was insbesondere die Erwähnung des Hausrats in § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II zeigt. Eine abweichende Erbringung von Leistungen ist lediglich ausnahmsweise in § 23 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 SGB II vorgesehen.
Der Antragsteller hat als Leistungsberechtigter nach den §§ 7 ff. SGB II - wobei das Gericht zu Gunsten des Antragstellers davon ausgeht, er sei im Besitz einer Niederlassungserlaubnis im Sinne von § 9 Aufenthaltsgesetz i.V.m. § 8 Abs. 2 SGB II - grundsätzlich Anspruch auf die Leistungen, wie sie in § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II (über die Regelleistungen des SGB II hinaus) ausdrücklich als Leistungen für die Erstausstattung einer Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten vorgesehen sind. Das Tatbestandsmerkmal "Erstausstattung der Wohnung" ist dabei nicht zeitlich, sondern bedarfsbezogen zu verstehen (vgl. Lang in: Eicher/Spellbrink, SGB II, München 2005, § 23 Rdn. 97). Daher betrifft die Regelung nicht nur unmittelbar Einrichtungsgegenstände einer Wohnung wie einen Küchenherd, Kühlschrank, Küchenschränke etc., sondern daneben auch die Ausstattung mit Betten und Wohnmöbel entsprechend den personellen Gegebenheiten der Familie des Hilfebedürftigen bzw. der jeweiligen Bedarfsgemeinschaft. Grundsätzlich können dazu auch die Ausstattung mit den erforderlichen Fußböden, Beleuchtungseinrichtungen, Rollos oder Vorhängen, Teppiche oder Teppichböden, Tapeten und Farbe sowie der gesamte Hausrat und die wohnungsbezogenen Gebrauchsgüter gehören, die nach den sozio-kulturellen Gegebenheiten in der Bundesrepublik Deutschland auch in Bevölkerungskreisen mit geringem Einkommen allgemein üblich sind (vgl. zur Erstausstattung eines vorhandenen Haushalts anlässlich der Geburt eines Kindes: LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 12. Juli 2005 - L 3 ER 45/05 AS - und SG Hamburg, Beschluss vom 23. März 2005 - S 57 AS 125/05 ER -; siehe auch: SG Gelsenkirchen, Beschluss vom 11. April 2005 - S 11 AS 25/05 ER -; SG Braunschweig, Beschluss vom 7. März 2005 - S 18 AS 65/05 ER -; SG Magdeburg, Beschluss vom 15. Juni 2005 - S 27 AS 196/05 ER -).
Auch bei der Auflösung eines vorher gemeinsam geführten Haushalts und der nachfolgenden Gründung zweier getrennter Haushalte durch ein sich trennendes Ehepaar kann ein Bedarf an "Erstausstattung von Wohnraum" im Sinne der Vorschrift entstehen. Denn bei einer derartigen Trennung eines Haushalts kann eine vollständige Bestückung zweier nunmehr getrennter Haushalte mit dem notwendigen Grundbedarf an Möbel, Teppichen, Lampen, Haushaltsgeräten und Geschirr, Haushaltswäsche und Betten etc. in aller Regel mangels einer ausreichenden vorhandenen Masse nicht möglich sein. Denn nach der allgemeinen Lebenserfahrung werden unbedingt erforderliche Elektrogeräte wie Herd, Kühlschrank und Waschmaschine - wie auch zahlreiche andere Haushaltsgegenstände - in einem Haushalt stets nur einmal vorhanden sein. Auch dürfte es nicht immer möglich sein, Betten, Tische und Teppiche ohne Weiteres aufzuteilen. Die bei einer Trennung zu erwartenden Schwierigkeiten bei der Ausstattung zweier neuer Wohnungen ist daher vergleichbar mit den in der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 15/15141) zu der gleich lautenden Anspruchsgrundlage in § 31 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII enthaltenen Beispiele der Neugründung eines Haushalts nach Wohnungsbrand, Erstanmietung nach Haft oder Auszug eines bisher zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden, aber volljährig gewordenen jungen Erwachsenen aus der bisherigen Wohnung (vgl. auch: Hofmann: LPK - SGB II, Baden-Baden 2005, § 23 Rdn. 22; VG Bremen, Beschluss vom 18. Februar 2005 - S 3 V 187/05 -, SG Gelsenkirchen, Beschluss vom 11. April 2005 - S 11 AS 25/05 ER -; SG Oldenburg, Urteil vom 19. Dezember 2005 - S 48 AS 742/05 -).
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat daher die Antragsgegnerin zu Recht mit Bescheid vom 5. Dezember 2005 dem Kläger Leistungen für die in diesem Bescheid im Einzelnen aufgeführten Gegenstände zuerkannt, weil diese Gegenstände im Haushalt des Antragstellers nach seinem Auszug aus dem bisherigen gemeinsamen Haushalt mit seiner ehemaligen Ehefrau fehlten.
Indessen hat die Antragsgegnerin zu Unrecht die in diesem Bescheid genannten Leistungen lediglich darlehnsweise gewährt und zieht - dementsprechend - gegenwärtig von den laufenden Leistungen Raten zur Rückführung dieses Darlehns ab. Denn entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin sind die Leistungen nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 SGB II nicht lediglich als Darlehn zu erbringen. Dies ergibt sich - abgesehen vom Sonderfall der Leistungen nach § 23 Abs. 3 Sätze 3 und 4 SGB II - aus Satz 5 der Regelung. Denn dort wird ausdrücklich die Sach- oder Geldleistung angesprochen, ohne dass die in den Absätzen eins und vier des § 23 SGB II angesprochene Form eines Darlehns ausdrücklich erwähnt wird. Das Gericht schließt sich daher auf Grund der Systematik der Vorschrift der zum Teil in der Kommentierung vertretenen Auffassung an, die Leistungen nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 SGB II seien lediglich als verlorener Zuschuss zu gewähren, (vgl. Hofmann in: LPK - SGB II, § 23 Rdn. 20; Lang in: Eicher/Spellbrink, a.a.O., § 23 Rdn. 93; Behrend in: Schlegel/Voelzke, jurisPK - SGB II, § 23 Rdn. 51).
Ausgehend von diesen Grundsätzen begegnet daher die lediglich darlehnsweise Gewährung der 431,50 EURO im Bescheid vom 5. Dezember 2005 durchgreifenden Bedenken, sodass insoweit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stattzugeben war, da der monatliche Abzug der Raten den Antragsteller auch im Sinne eines Anordnungsgrundes über Gebühr und ohne durchgreifenden Anlass einschränkt.
2.
Allerdings hängt der Umfang des Anspruchs nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II von den tatsächlichen Gegebenheiten ab. Keineswegs kann wegen der Pauschalierungsreglung in Sätzen fünf und sechs der Vorschrift davon ausgegangen werden, allein bei der Geltendmachung einer abstrakt notwendigen Erstausstattung einer Wohnung müsse stets - losgelöst von den konkreten Einzelbedürfnissen - ein bestimmter (pauschalierter) Betrag gewährt werden. Vielmehr kommt es auf die tatsächlichen Notwendigkeiten an, wobei dann dem Leistungsträger auf Grund der gesetzlichen Regelung es gestattet ist, hinsichtlich einzelner Gegenstände Pauschalen auszuwerfen.
Handelt es sich um den Sonderfall der Erstausstattung einer Wohnung nach Trennung aus einem bereits bestehenden Haushalt, so liegt es nach Ansicht des erkennenden Richters auf der Hand, dass sich der Antragsteller zunächst vor der Geltendmachung eines Anspruchs auf Erstausstattung einer Wohnung bei dem Leistungsträger nach dem SGB II zunächst selbst um eine Teilung des vorhandenen Hausrats sich zu bemühen hat. Diese Obliegenheit folgt aus § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Erst danach ist es wegen des Nachranggrundsatzes (vgl. §§ 3 Abs. 3, 9 Abs. 1 SGB II) gerechtfertigt, dass der Leistungsträger Leistungen aus den allgemeinen Steuermitteln zu Gunsten eines Hilfe Suchenden erbringt. Diese Pflicht zur Selbsthilfe schließt auch ein, dass der Antragsteller zur Durchsetzung seiner zivilrechtlicher Ansprüche nötigenfalls gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nimmt (vgl. Berlit in: LPK - SGB II, § 2 Rdn. 17). Es kommt also durchaus darauf an, ob und in welchem Umfang es dem Antragsteller möglich bzw. nicht möglich war, bestimmte Einrichtungsgegenstände aus seiner vormaligen gemeinsamen Wohnung mitzunehmen bzw. diese Ansprüche zeitnah durchzusetzen (vgl. VG Bremen, Beschluss vom 18. Februar 2005 a.a.O., SG Gelsenkirchen, Beschluss vom 11. April 2005 a.a.O.).
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht, dass er die folgenden Gegenstände nicht aus der früheren gemeinsamen Wohnung mit seiner ehemaligen Ehefrau hätte mitnehmen können:
eine Nachttischlampe,
ein Radio,
ein Wäscheständer,
eine Garderobe,
einen Staubsauger,
zwei große Handtücher,
zwei kleine Handtücher,
ein Bügeleisen,
ein Bügelbrett,
eine Grundausstattung für den Haushalt: Töpfe, Pfanne, Geschirr, Besteck, Putzutensilien,
einen Fernseher.
Abgesehen davon, dass vom Antragsteller Leistungen für ein Radio und ein Bügeleisen nicht beantragt wurden, ergibt sich aus dem Vermerk über den Hausbesuch am 30. November 2005, dass durchaus die vorgenannten Gegenstände im früheren Haushalt vorhanden waren, sodass nicht ersichtlich ist, warum der Antragsteller nicht wenigstens einen Teil dieser Gegenstände hat mitnehmen können. Insbesondere hinsichtlich des Fernsehapparates wurde dort vermerkt, dass die Frau über zwei Fernsehapparate verfügt; während der Antragsteller in seinem Widerspruch schlicht nur ohne weitere Begründung ausführt, dass ihm ein Gerät von seiner Familie nicht zur Verfügung gestellt worden sei.
Hinsichtlich der übrigen Gegenstände ergibt sich aus dem vorgenannten Vermerk, dass insoweit ein Bedarf nicht ersichtlich ist. Hinsichtlich der Lampen ist vermerkt, dass zwei Deckenlampen fehlen und dass dafür Leistungen gewährt wurden. Eine Nachttischlampe gehört nicht zum sozio-kulturellen Existenzminimum. Auch ist hinsichtlich des Kopfkissens und der Bettdecke vermerkt, dass diese vorhanden seien; dies gilt ebenso für die Bettwäsche. Hinsichtlich der begehrten Gardinen wurde ausgeführt, dass es sich um eine Wohnung im Dachgeschoss handele, die nicht einsehbar sei. Daher muss die Überprüfung des Bedarfs insoweit einem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Gleiches gilt für den begehrten Staubsauger, da die Wohnung mit einem PVC-Boden ausgestattet ist, der auch feucht gewischt werden kann. Nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand des Gerichts kann daher nicht davon ausgegangen werden, dem Antragsteller stünde im Sinne eines Anordnungsanspruchs ein weitergehender Leistungsanspruch, der über die bereits gewährten Leistungen hinausgeht, zu.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers für erstattungsfähig zu erklären, weil ihm von der Antragsgegnerin zu Unrecht die zuerkannten Leistungen lediglich als Darlehn gewährt worden sind. Für den Antragsteller ist das Verfahren gem. § 183 Satz 1 SGG gerichtskostenfrei.