Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 13.02.2008, Az.: L 5 VS 11/05
Geltendmachung eines Anspruchs auf Gewährung von Bestattungsgeld nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG); Voraussetzungen für die Gewährung von Bestattungsgeld; Ausschluss von Leistungen nach den OEG; Kausalität zwischen Gewalttat und Rentenanspruch bzw. Tod; Folgen einer Mitverursachung durch das Opfer
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 13.02.2008
- Aktenzeichen
- L 5 VS 11/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 15514
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2008:0213.L5VS11.05.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Braunschweig - 09.12.2005 - AZ: S 12 VG 12/02
Rechtsgrundlagen
- § 1 Abs. 1 S. 1 OEG
- § 2 Abs. 1 S. 1 OEG
- § 36 Abs. 1 BVG
- § 36 Abs. 3 BVG
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der 1946 geborene Kläger begehrt die Anerkennung einer Tumorerkrankung als Folge einer Wehrdienstbeschädigung sowie die Gewährung von Ausgleich nach § 85 Soldatenversorgungsgesetz (SVG).
Der Kläger leistete vom 1. April 1965 bis 31. März 1977 Wehrdienst als Soldat auf Zeit, zuletzt im Rang eines Oberfeldwebels. Er war als Radar- und Raketenmechaniker an dem Flugabwehrraketensystem "HAWK" eingesetzt, welches u.a. mit einem Radargerät ausgestattet war. Der genaue Zeitraum der Exposition gegenüber Radarstrahlung ist zwischen den Beteiligten streitig: Während die Beklagte behauptet, dass der Kläger nur vom 1. November 1967 bis 27. April 1968 direkt an Radargeräten eingesetzt gewesen sei und danach an den HAWK-Geräten LCHR, Loader, Missile und MTS gearbeitet habe (Aktenvermerk vom 10. Oktober 2002, Bl. 294 WDB-Akte), trägt der Kläger vor, von 1967 bis 1976, also über neun Jahre als Mechaniker an Radargeräten gearbeitet zu haben (vgl. Schriftsatz vom 2. Juni 2004). Im Mai 2001 wurde beim Kläger ein Gehirntumor (Meningeom) diagnostiziert, den er auf die Strahlenbelastung während des Wehrdienstes zurückführt. Wegen dieser Erkrankung wurde der Kläger am 18. Juni und 6. August 2001 im G. (H.), I., operiert. Nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) ist beim Kläger ein Grad der Behinderung (GdB) von 60 anerkannt (Bescheid des Versorgungsamtes J. vom 13. Mai 2002). Diese Feststellung beruht u.a. auf der der Gesundheitsstörung "Seelische Störung, Gleichgewichtsstörung, Narbe nach Hirnoperation" mit einem verwaltungsinternen Einzel-GdB von 50.
Auf den Antrag des Klägers vom 4. Juli 2001, dem er ein Attest des Neurologen Dr. K. vom 29. August 2001 beifügte, zog die Beklagte die den Kläger betreffenden Personal- und medizinischen Unterlagen (einschließlich G-Karte) bei. Außerdem veranlasste sie eine ärztliche Untersuchung durch den Stabsarzt L., M., und eine Berechnung der Personendosis des Klägers gemäß § 35 Röntgenverordnung (RöV) durch Dr. N. (Wehrbereichsverwaltung Nord - Öffentlichrechtliche Aufsicht - Arbeitssicherheit/Technischer Umweltschutz), wonach die Gesamtdosis für die Zeit vom 1. November 1967 bis 27. April 1968 insgesamt 1,09 Millisievert (mSv) betrug. Daraufhin lehnte die Beklagte die Anerkennung der Gesundheitsstörung "Hirntumor" als WDB-Folge sowie die Gewährung von Ausgleich mit der Begründung ab, dass es an einem Ursachenzusammenhang zwischen dem Tumorleiden und der Radarstrahlung fehle. Die beim Betrieb von Radargeräten entstehende Hochfrequenzstrahlung (HF-Strahlung, elektromagnetische Felder) entwickle beim Auftreten auf den menschlichen Körper zwar eine spürbare Wärme, verursache Schädigungen grundsätzlich jedoch nur im Rahmen eines Unfallgeschehens. Die ionisierende Strahlung (Röntgenstrahlung), die ausschließlich beim Betrieb der Anlage auftrete, könne nur bei Tätigkeiten unmittelbar an den Senderschränken zu Gesundheitsschäden führen. Insgesamt habe die Strahlenbelastung des Klägers während seiner Tätigkeit als Flugabwehrraketenelektronikunteroffizier "D" bzw. -feldwebel von November 1967 bis Juni 1975 nur unwesentlich über der nach der Europäischen Grundnorm (RL 96/29/EURATOM) für die allgemeine Wohnbevölkerung zulässigen Jahresdosis von 1 mSv gelegen (Bescheid vom 31. Mai 2002).
Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, dass bei Wartungs- und Reparaturarbeiten die erforderlichen Sicherheitsabstände nicht hätten eingehalten werden können. Es sei zu Hautkontakten gekommen. Bei Reparaturen seien Röhren und Chassis teilweise so heiß gewesen, dass ein Austausch nur mittels Arbeitshandschuhen möglich gewesen sei. Während der Bereitschaftsphasen seien die Radargeräte zu keinem Zeitpunkt ausgeschaltet gewesen. Auch hätten die vorgeschriebenen Sicherheitshandschuhe und Bleischürzen nicht zur Verfügung gestanden. Die Beklagte zog daraufhin die den Kläger betreffenden Behandlungsunterlagen des H. sowie den Bericht der Expertenkommission zur Frage der Gefährdung durch Strahlung in früheren Radareinrichtungen der Bundeswehr und der Nationalen Volksarmee (NVA) - Radarkommission - vom 2. Juli 2003 bei und holte einen Befundbericht des Neurologen Dr. K. sowie beratungsärztliche Stellungnahmen der Dres. O. und P. vom 13. August und 2. September 2003 ein. Sodann wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, dass nach der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung ausschließlich Katarakte (Linsentrübung; grauer Star) und maligne Tumore (mit Ausnahme der chronisch-lymphatischen Leukämie) als Folgen von Radarstrahlung anerkennungsfähig seien. Dagegen handele es sich bei dem Meningeom des Klägers um einen gutartigen Tumor (Widerspruchsbescheid vom 13. April 2004).
Mit der am 27. April 2004 beim Sozialgericht (SG) Hannover erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass bislang nur auf ionisierende Strahlen abgestellt worden sei, die weitaus gefährlichere HF-Strahlung dagegen unberücksichtigt geblieben sei. Eine nochmalige Besprechung u.a. mit Prof. Dr. Q. (Präsident des H.) habe bestätigt, dass wissenschaftlich nach wie vor nicht nachgewiesen sei, dass Radarstrahlung ausschließlich bösartige Tumore verursache. Deshalb belege die hohe Tumorrate unter Radarmechanikern der Bundeswehr den kausalen Zusammenhang. Er habe bei geöffneten Senderschränken und bei laufendem Betrieb Arbeiten durchführen müssen. Das SG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung zwar den Verzicht auf die Einrede der Verjährung erklärt habe, so dass Versorgungsansprüche nach § 85 SVG noch nicht verjährt seien. Allerdings bestehe kein nachweisbarer Zusammenhang zwischen der ionisierenden bzw. der HF-Strahlung der Radargeräte und dem gutartigen Hirntumor des Klägers. Nach den Erkenntnissen der Radarkommission (als Wiedergabe des aktuellen Standes der medizinischen Wissenschaft) sei ein Ursachenzusammenhang ausschließlich bei bösartigen Krebserkrankungen denkbar (Urteil vom 28. Oktober 2005).
Gegen das dem Kläger am 10. November 2005 zugestellte Urteil richtet sich seine am 6. Dezember 2005 eingelegte Berufung. Er vertieft sein Vorbringen dahingehend, dass sich die Diagnose "Falx-Meningeom" im Grenzbereich des wissenschaftlich-medizinischen Kenntnisstandes befinde. Nach Auffassung seiner behandelnden Ärzte lasse sich in einem eventuellen Gutachten ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Meningeom und Radarstrahlung weder bestätigen noch ausschließen. Auch schließe der Bericht der Radarkommission nicht ausdrücklich die Verursachung gutartiger Tumore durch Radarstrahlung aus. Der Kläger beantragt,
- 1.
das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 28. Oktober 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 31. Mai 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13. April 2004 aufzuheben,
- 2.
die Gesundheitsstörung "operativ entferntes Meningeom am hinteren seitlichen Schädel" als Folge einer WDB festzustellen,
- 3.
die Beklagte zu verurteilen, Ausgleich gemäß § 85 SVG nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 25 von Hundert zu gewähren.
Die Beklagte und der Beigeladene beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält unverändert einen Ursachenzusammenhang zwischen Radarstrahlung und gutartigen Tumorerkrankungen für nicht erwiesen.
Der Senat hat zur weiteren Ermittlung des medizinischen Sachverhaltes das Gutachten des Leiters des Tumorzentrums Hannover Prof. Dr. R. (Abteilung Hämatologie, Hämostaseologie und Onkologie der S. -T.) vom 12. Januar 2007 eingeholt. Der Sachverständige hat die Diagnose "Meningeom" bestätigt. Zum Kausalzusammenhang hat er ausgeführt, dass der Bericht der Radarkommission eine "vernünftige und fundierte Quelle" für die Beantwortung der Kausalfrage darstelle. Da zur Frage der Verursachung gutartiger Tumorerkrankungen durch Strahlenbelastung keine befriedigende Datenlage existiere, könne für den beim Kläger vorliegenden Tumor (Meningeom) keine hinreichende Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhangs mit einer Exposition gegenüber Radarstrahlung begründet werden.
Der Kläger sieht seine Auffassung durch das Gutachten bestätigt: Gerade wegen des Fehlens einer befriedigenden Datenlage bei geringer Strahlenbelastung hätte die Radarkommission gutartige Tumore nicht von der Anerkennungsempfehlung ausschließen dürfen. Die Radarkommission sei nicht berechtigt, in seinem Krankheitsfall eine Empfehlung auszusprechen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die den Kläger betreffende WDB-Akte der Beklagten (3 Bände), die Beschädigtenakte des Versorgungsamtes J., die den Kläger betreffende Schwerbehindertenakte des Beigeladenen, den Bericht der Radarkommission vom 2. Juli 2003 sowie die erst- und zweitinstanzliche Gerichtsakte verwiesen. Sie haben der mündlichen Verhandlung zugrunde gelegen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet. Der Kläger hat weder gegenüber der Beklagten noch gegenüber dem Beigeladenen Anspruch auf Anerkennung von WDB-Folgen. Mangels WDB-Folgen besteht auch kein Anspruch auf Gewährung von Ausgleich nach dem SVG.
Nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG kann mit einer Klage die Feststellung begehrt werden, dass eine Gesundheitsstörung Folge einer Schädigung i.S.d. Bundesversorgungsgesetzes (BVG) ist. Hierunter fällt auch die Feststellung einer Gesundheitsstörung als WDB-Folge (vgl. BSG, Urteil vom 16. März 1994 - 9 RV 2/93, SozR 3-1500 § 55 Nr. 18). Eine Wehrdienstbeschädigung ist eine gesundheitliche Schädigung, die durch eine Wehrdienstverrichtung, durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist (§ 81 Abs. 1 SVG). Während die Dienstverrichtung, der schädigende Vorgang und die Gesundheitsstörung (im Sinne eines Primärschadens) vom Anspruchsteller in vollem Umfang bewiesen werden müssen, genügt für den Ursachenzusammenhang zwischen den gesundheitlichen Folgen der Primärschädigung einerseits und dem schädigenden Ereignis andererseits die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs (§ 81 Abs. 6 SVG; BSG, Urteil vom 25. März 2004 - B 9 VS 1/02 R). Eine solche Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhangs liegt dann vor, wenn nach der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht (BSG, Beschluss vom 8. August 2001 - B 9 V 23/01, SozR 3-3900 § 15 Nr. 4; vgl. auch Nr. 81.5.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zu § 41 Abs. 2 und § 86 SVG vom 11. August 1981, BAnz Nr. 151).
Unabhängig vom tatsächlichen Ausmaß der Strahlenexposition, das zwischen den Beteiligten nach wie vor streitig ist, scheitert eine Anerkennung von WDB-Folgen am Fehlen eines hinreichend wahrscheinlichen Ursachenzusammenhangs zwischen dem Einsatz des Klägers am HAWK-Waffensystem und seiner Erkrankung (Meningeom). Denn nach dem derzeitigen Stand der medizinischen Wissenschaft besteht kein nachweisbarer Ursachenzusammenhang zwischen Radarstrahlung einerseits und gutartigen Hirntumoren andererseits.
Entgegen der Auffassung des Klägers (vgl. Schriftsatz vom 27. April 2004) spricht der Abschlussbericht der Radarkommission nicht für, sondern gegen eine Anerkennung des Zustands nach Meningeom-Operation als WDB-Folge. So werden von der Radarkommission ausschließlich bösartige, nicht dagegen gutartige Tumorerkrankungen zur Anerkennung vorgeschlagen (vgl. S. 135, 137 des Abschlussberichts).
Der erkennende Senat folgt bei der Beurteilung des Kausalzusammenhangs dem Abschlussbericht der Radarkommission zumindest insoweit, als gutartige Tumorerkrankungen nicht als gesundheitliche Folgen des Dienstes an Radargeräten anerkannt werden können. Bei dem Abschlussbericht der Radarkommission handelt es sich um ein sog. antizipiertes (d.h. vorweggenommenes) Sachverständigengutachten. Antizipierte Sachverständigengutachten geben über den konkreten Einzelfall hinausgehend die Erfahrungen und den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse über eine bestimmte Frage wieder. Sie können deshalb - vorbehaltlich besserer Erkenntnisse - gerichtlichen Entscheidungen zugrunde gelegt werden (BVerwG, Urteil vom 17. Februar 1978 - I C 102.76, BVerwGE 55, 270). Voraussetzung für eine gerichtliche Verwertung ist, dass das antizipierte Sachverständigengutachten auf wissenschaftlicher Grundlage von Fachgremien ausschließlich aufgrund der zusammengefassten Sachkunde und Erfahrung ihrer sachverständigen Mitglieder erstellt worden ist und dass es immer wiederkehrend angewendet und von Gutachtern, Verwaltungsbehörden, Versicherungsträgern, Gerichten sowie Betroffenen anerkannt und akzeptiert wird (BSG, Urteil vom 2. Mai 2001 - B 2 U 24/00 R, SozR 3-2200 § 581 Nr. 8 mit umfangreichen weiteren Nachweisen; vgl. auch: Keller, Das antizipierte Sachverständigengutachten im Sozialrecht, SGb 2003, S. 254ff.).
Der Abschlussbericht der Radarkommission ist mit der erforderlichen Sachkunde und Fachkenntnis erstellt worden. So beruht die Einsetzung der Radarkommission als unabhängige Expertenkommission auf einer Empfehlung des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages vom 12. Juni 2002. Die Radarkommission wurde als unabhängige Kommission unter Vorsitz des Präsidenten des Bundesamtes für Strahlenschutz Dipl.-Ing. Wolfram König gebildet (vgl. zu den weiteren Mitgliedern der Radarkommission: Bericht der Radarkommission vom 2. Juli 2003, Seite XI, XII), so dass auch die für ein antizipiertes Sachverständigengutachten erforderliche Neutralität und Unabhängigkeit gewahrt ist (vgl. zu dieser Voraussetzung: Keller, SGb 2003, S. 254, 256). Der Abschlussbericht der Radarkommission hat in der Verwaltungspraxis auch bereits allgemeine Anerkennung und Akzeptanz gefunden, da er allen einschlägigen Verwaltungsentscheidungen zugrunde zu legen ist (vgl. Rundschreiben des (damaligen) Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung vom 20. Oktober 2003, Bundesarbeitsblatt 12/2003, Seite 85). Auf der Grundlage des Abschlussberichts ist es nach dem Vortrag der Beklagten auch bereits in 514 Fällen zur Anerkennung von WDB-Folgen gekommen (Stand: Mai 2006, vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 3. Mai 2006). Dagegen ist eine solche Akzeptanz bzw. Verbindlichkeit des Abschlussberichts für die Rechtsprechung (noch) nicht festzustellen. Vielmehr enthalten die Entscheidungen des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 12. Juli 2007 (L 2 VS 55/06) und des Bayerischen LSG vom 13. September 2005 (L 15 VS 22/03) keine abschließende Aussage zur gerichtlichen Akzeptanz. Lediglich das SG Landshut hat in seinem Urteil vom 5. Dezember 2007 den Abschlussbericht der Radarkommission als ein den Anforderungen des BSG genügendes antizipiertes Sachverständigengutachten angesehen (S 115 VS 12/02). Weitere einschlägige sozialgerichtliche Entscheidungen sind - soweit ersichtlich - bislang nicht ergangen bzw. veröffentlich worden. Der erkennende Senat legt den Abschlussbericht der Radarkommission - zumindest soweit gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse für einen Ursachenzusammenhang zwischen gutartigen Tumorerkrankungen und Radarstrahlung verneint werden - gleichwohl seiner Entscheidung zugrunde, weil die Beweisaufnahme im Berufungsverfahren ergeben hat, dass es sich hierbei um die herrschende medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung handelt. Der Sachverständige Prof. Dr. R. hat nachvollziehbar und widerspruchsfrei dargelegt, dass in der medizinischen Wissenschaft nur bei malignen Tumoren Einigkeit darüber besteht, dass diese durch ionisierende Strahlung verursacht werden können. Eine solche eindeutige Aussage sei dagegen für gutartige Tumore nicht zu treffen: So fänden sich sowohl Literaturstellen, die Hinweise auf die Entstehung von gutartigen Erkrankungen nach sehr hohen Strahlendosen gäben, als auch Literaturstellen, wonach ein solcher Ursachenzusammenhang generell ausscheide. Somit lasse sich der Nachweis einer Ursächlichkeit von Radarstrahlung für die Entstehung gutartiger Tumore derzeit nicht führen (vgl. S. 10ff. des Gutachten vom 12. Januar 2007). Insgesamt bewertet der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. R. den Abschlussbericht als "vernünftige und fundierte Quelle" zur Bewertung des Kausalzusammenhangs (vgl. S. 11 des Gutachtens). Dementsprechend können aufgrund der ausschließlich für maligne Tumore (mit Ausnahme der Chronisch Lymphatischen Leukämie (CLL)), für Katarakte (infolge einer einer Exposition gegenüber HF- und/oder ionisierender Strahlung) sowie für Knochenkrebs (nach Inkorporation von radioaktiver Leuchtfarbe) erfolgten Anerkennungsempfehlungen der Radarkommission (S. VIII des Abschlussberichts) gutartige Tumorerkrankungen nicht als gesundheitliche Folgen eines Dienstes an Radargeräten angesehen werden. Dass es sich bei dem Meningeom des Klägers auch tatsächlich um einen gutartigen Tumor gehandelt hat, hat der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. R. ausdrücklich bestätigt (vgl. Seite 8 f. des Gutachtens vom 12. Januar 2007).
Eine Anerkennung des Zustandes nach Meningeom-Operation als WDB-Folge kann auch nicht darauf gestützt werden, dass bislang wissenschaftlich nicht belegt worden sein soll, dass Radarstrahlung ausschließlich bösartige (und nicht u.U. auch gutartige) Tumore verursache (vgl. hierzu. Klagebegründung vom 27. April 2004). Denn eine Anerkennung von WDB-Folgen setzt den positiv geführten Nachweis eines Ursachenzusammenhangs voraus, nicht dagegen einen vom Leistungsträger oder vom Gericht zu führenden Gegenbeweis, wonach die angeschuldigten Belastungen (hier: Radarstrahlen) als Ursache für das Krankheitsbild ausscheiden. Letztlich räumt der Kläger - als Ergebnis der Besprechungen mit seinen behandelnden Ärzten des H. - sogar selbst ein, dass nach dem derzeitigen wissenschaftlich-medizinischen Kenntnisstandes ein kausaler Zusammenhang nicht nachweisbar ist (vgl. Schriftsatz vom 16. Februar 2006). Die Unmöglichkeit dieses Nachweises geht jedoch nach dem im Sozialrecht geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers (vgl. zum Grundsatz der objektiven Beweislast: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 103 Rn 19a mit umfangreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor. -