Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 13.02.2008, Az.: L 5 VG 1/06
Geltendmachung eines Anspruchs auf Gewährung von Bestattungsgeld nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG); Voraussetzungen für die Gewährung von Bestattungsgeld; Ausschluss von Leistungen nach den OEG; Kausalität zwischen Gewalttat und Rentenanspruch bzw. Tod; Folgen einer Mitverursachung durch das Opfer
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 13.02.2008
- Aktenzeichen
- L 5 VG 1/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 14200
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LSGNIHB:2008:0213.L5VG1.06.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Braunschweig - 09.12.2005 - AZ: S 12 VG 12/02
Rechtsgrundlagen
- § 1 Abs. 1 S. 1 OEG
- § 2 Abs. 1 S. 1 OEG
- § 36 Abs. 1 BVG
- § 36 Abs. 3 BVG
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Bestattungsgeld (§ 1 Opferentschädigungsgesetz - OEG - i.V.m. § 36 Bundesversorgungsgesetz - BVG -) nach ihrer am 21. Juni 2000 verstorbenen Tochter H. (im Folgenden: S.).
Die 1982 geborene und am 21. Juni 2000 verstorbene S. kam im März 2000 über ihren damaligen Freund I. erstmals mit Drogen in Kontakt. Nach Auseinandersetzungen mit der Klägerin wegen des Drogenkonsums suchte S. Hilfe bei der Drogenberatungsstelle "J.". Eine dort am 14. Juni 2000 veranlasste Urinkontrolle erbrachte keinen Nachweis eines kürzlich erfolgten Drogenmissbrauchs. Am 20. Juni 2000 hielt sich S., nachdem sie am Morgen bereits eine größere Anzahl von Diazepam-Tabletten eingenommen hatte und auch für Dritte erkennbar unter dem Einfluss dieses Medikaments stand, im Schlosspark in K. auf, einem Treffpunkt der Drogenszene. Da S. wegen Spannungen mit ihrer Mutter nicht nach Hause wollte, sprach sie Personen aus der Drogenszene an, ob sie bei ihnen übernachten könne, u.a. den der S. bis dahin unbekannten L. M ... Nachdem dieser ihr angeboten hatte, bei ihm zu übernachten, konsumierte S. u.a. mit L. M. und N. O. gemeinsam Heroin. Das von N. O. zur Verfügung gestellte Heroin wurde S. von L. M. injiziert, da sie selber hierzu nicht in der Lage war. Im Laufe des Abends wurde der gemeinsame Heroinkonsum in der Wohnung des L. M. fortgesetzt; dieser verabreichte der S. zwei weitere Injektionen Heroin. Infolge des Drogenkonsums fiel S. in einen apathischen Zustand; zeitweise kam es zu Zuckungen. S. wurde daraufhin vom Wohn- in das Schlafzimmer getragen, wo sie - in einem zu diesem Zeitpunkt nicht mehr ansprechbaren und nicht mehr wahrnehmungsfähigen Zustand - von N. O. sexuell missbraucht wurde. In der Folgezeit verschlechterte sich der Zustand der S. weiter, so dass der Rettungsdienst verständigt wurde. Die eingeleiteten Rettungsmaßnahmen blieben jedoch erfolglos. S. verstarb an den Folgen einer kombinierten Schlafmittel-/Heroinintoxikation, wobei die Heroinwirkung im Vordergrund stand (vgl. rechtsmedizinisches Gutachten des Prof. Dr. P., PD Dr. Q. und des Arztes R. vom 21. August 2000). Das Landgericht K. verurteilte N. O. wegen sexuellen Missbrauchs und Verabreichung von Betäubungsmitteln mit Todesfolge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren, L. M. wegen Verabreichung von Betäubungsmitteln mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren (Urteil vom 8. März 2001 -S.).
Den von der Klägerin am 23. Januar 2001 gestellten Antrag auf Bestattungsgeld lehnte der Beklagte mit der Begründung ab, dass S. zwar Opfer einer Gewalttat geworden sei, Versorgung jedoch wegen Unbilligkeit zu versagen sei (§ 2 Abs. 1 Satz 1 OEG). S. habe dem Drogenmilieu angehört, in dem Straftaten an der Tagesordnung und Gewalttaten nicht unüblich seien. S. habe sich bewusst außerhalb der staatlichen Gemeinschaft gestellt und somit einer Selbstgefährdung ausgesetzt (Bescheid vom 10. September 2001). Im Widerspruchsverfahren machte die Klägerin geltend, dass S. weder Rauschgifthändlerin noch Mitglied einer Diebesbande oder sonstigen kriminellen Vereinigung gewesen sei. Sie sei vielmehr als unschuldiges Opfer zum Drogenkonsum verleitet worden. Unmittelbar vor ihrem Tod habe sie eine Drogenberatungsstelle aufgesucht, um von den Drogen loszukommen. Der Widerspruch wurde mit der ergänzenden Begründung zurückgewiesen, dass angesichts der Anzahl der bei der Obduktion festgestellten Einstiche am linken Unterarm schwerlich nur am 20. Juni 2000 Drogen konsumiert worden sein könnten. Zudem fehle es an einer für den Tod verantwortlichen Gewalttat, da sowohl die Diazepam-Tabletten als auch das Heroin freiwillig konsumiert worden seien. Dass S. zudem Opfer einer Sexualstraftat geworden sei, begründe keinen Anspruch auf Bestattungsgeld, da S. nicht an den Folgen der Vergewaltigung gestorben sei (Widerspruchsbescheid vom 15. Januar 2002).
Mit der am 18. Februar 2002 beim Sozialgericht (SG) Braunschweig erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, dass die Verabreichung von Heroin auch bei einer etwaigen Einwilligung des Opfers als Gewalttat i.S.d. OEG anzusehen sei. Die feindselige Willensrichtung ergebe sich bereits allein aus der Strafbarkeit dieser Handlung gem. § 30 Betäubungsmittelgesetz (BtMG). Das SG hat die Klage mit Urteil vom 9. Dezember 2005 abgewiesen. Es hat zwar - entsprechend der Rechtsauffassung der Klägerin - die Verabreichung von Heroin als vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff i.S.d. OEG gewertet, einen Anspruch auf Bestattungsgeld jedoch wegen Mitverursachung der Schädigung versagt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. OEG). Der freiwillige Konsum der Diazepam-Tabletten und des Heroins sei nach Umfang und Bedeutung dem Tatbeitrag der verurteilten Täter jedenfalls vergleichbar. Der Geschehensablauf sei für S. auch vorhersehbar gewesen. Eine Gewährung von Bestattungsgeld scheide zudem wegen Unbilligkeit aus (§ 2 Abs. 1 Satz 2 2. Alt. OEG). S. habe sich durch den erneuten Drogenkonsum bewusst wieder der Drogenszene zugewandt und damit leichtfertig einer Gefahr ausgesetzt. Dieses Verhalten der S. stehe auch einer Leistungsgewährung an die Klägerin entgegen.
Gegen das der Klägerin am 18. Januar 2006 zugestellte Urteil richtet sich ihre am 10. Februar 2006 eingelegte Berufung. Sie ist der Auffassung, dass der - nicht strafbare - freiwillige Drogenkonsum ihrer verstorbenen Tochter gegenüber den Straftaten der beiden Täter (Beibringung von Betäubungsmitteln und Vergewaltigung) keine annähernd gleichwertige Bedeutung erreiche. Eine Vorhersehbarkeit des Geschehensablaufes habe das SG nicht nachvollziehbar dargelegt; S. habe gerade keine Selbsttötungsabsichten gehabt. Eine Gewährung von Bestattungsgeld sei auch nicht unbillig, weil S. nie mit Drogen gehandelt, sondern diese nur in geringem Maße konsumiert habe. Sie sei in die Drogenszene "hineingerutscht", habe sich von den Drogen lösen wollen, sei dann jedoch erneut "verführt" worden. S. habe sich gerade nicht bewusst außerhalb der staatlichen Gemeinschaft stellen wollen.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,
- 1.
das Urteil des SG Braunschweig vom 9. Dezember 2005 sowie den Bescheid des Beklagten vom 10. September 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Januar 2002 aufzuheben,
- 2.
den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Bestattungsgeld zu gewähren.
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte wertet nunmehr ebenfalls - unter Aufgabe seiner im Widerspruchsbescheid vertretenen Auffassung - die Verabreichung des Heroins als vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff. Allerdings habe S. ihren Tod mitverursacht, weil die Tabletteneinnahme und der gemeinschaftliche Heroinkonsum am Nachmittag nach dem rechtsmedizinischen Gutachten annähernd gleichwertige "Tatbeiträge" gewesen seien. Entschädigungsleistungen seien auch wegen Unbilligkeit zu versagen, weil S. einer spezifischen Gefahr des Drogenmilieus erlegen sei. Insoweit sei auch geradezu typisch, dass Jugendliche "unschuldig" in dieses Milieu hineinrutschen.
Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 12. Juli und 18. September 2006 einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die die Tochter der Klägerin betreffende Beschädigtenakte des Beklagten, die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Braunschweig (T.) sowie die erst- und zweitinstanzliche Gerichtsakte verwiesen. Sie haben der Entscheidung zugrunde gelegen.
Entscheidungsgründe
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bestattungsgeld.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG ist auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG zu gewähren, wenn eine Person im Geltungsbereich des OEG oder auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen ihre oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erleidet. Zum Versorgungsanspruch gehört auch der Anspruch auf Bestattungsgeld, wenn ein rentenberechtigter Beschädigter verstirbt bzw. ein nicht rentenberechtigter Beschädigter an den Folgen einer Schädigung stirbt (§ 36 Abs. 1 und 3 BVG). Leistungen nach dem OEG sind jedoch zu versagen, wenn der Geschädigte die Schädigung verursacht hat oder wenn es aus sonstigen, insbesondere in dem eigenen Verhalten des Anspruchstellers liegenden Gründen unbillig wäre, Entschädigung zu gewähren (§ 2 Abs. 1 OEG).
Die von S. erlittene Sexualstraftat begründet bereits deshalb keinen Anspruch auf Bestattungsgeld, weil diese Straftat weder zu einem Rentenanspruch der S. geführt noch ihren Tod verursacht hat. Der Tod ist vielmehr ausschließlich auf die kombinierte Schlafmittel-/Heroinintoxikation zurückzuführen.
Dass die Tochter der Klägerin infolge der Verabreichung von Heroin durch N. O. und L. M. Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs i.S.d. § 1 Abs. 1 OEG geworden ist, ist zwischen den Beteiligten mittlerweile unstreitig. Diese Rechtsauffassung teilt auch der erkennende Senat und verweist zur Begründung auf die diesbezüglichen Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung (S. 6 4. Absatz bis S. 7 2. Absatz des Urteils, § 153 Abs. 2 SGG). Auch ein möglicherweise vorhandenes Einverständnis der S. mit der Verabreichung des Heroins lässt die Strafbarkeit nach § 30 Abs. 1 Nr. 3 BtMG nicht entfallen (vgl. BGH, Urteile vom 11. Dezember 2003 und 25. September 1990 - 3 StR 120/03 und 4 StR 359/90, BGHSt 49, 34 und 37, 179), so dass auch bei einem Einverständnis die Voraussetzungen einer Gewalttat i.S.d. OEG erfüllt sind (vgl. BSG, Urteil vom 18. Oktober 1995 - 9 RVg 7/93, BSGE 77, 11 - zum Einverständnis des Opfers beim sexuellen Missbrauch Minderjähriger).
Der Gewährung von Bestattungsgeld steht jedoch ein Versagungsgrund nach § 2 OEG entgegen. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 OEG sind Entschädigungsleistungen zu versagen, wenn der Geschädigte die Schädigung verursacht hat oder wenn es aus sonstigen, insbesondere in dem eigenen Verhalten des Anspruchstellers liegenden Gründen unbillig wäre, Entschädigung zu gewähren. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, der sich der erkennende Senat anschließt, ist die 1. Tatbestandsalternative (Mitverursachung) stets zuerst zu prüfen (BSG, Urteil vom 29. März 2007 - B 9a VG 2/05 R m.w.N.).
Eine Mitverursachung des Todes durch S. lässt sich im Ergebnis nicht nachweisen. Für eine Mitverursachung des Todes durch S. spricht zwar, dass diese eigenverantwortlich die Diazepam-Tabletten eingenommen hatte. Allerdings stand für den Tod nicht die Tabletteneinnahme, sondern die Heroinwirkung im Vordergrund (vgl. S. 8 des rechtsmedizinischen Gutachtens vom 21. August 2000). Hinsichtlich des Heroinkonsums kann jedoch nicht als nachgewiesen angesehen werden, dass dieser freiwillig und bewusst erfolgte. Denn allein die Einnahme der Diazepam-Tabletten am Morgen des 20. Juni 1998 hatte bereits zu einem auch von Außenstehenden wahrnehmbaren Rauschzustand geführt; in der Folgezeit kam es zu dreimaligen Heroininjektionen. Retrospektiv lässt sich nicht mehr ermitteln, in welchem Zustand sich die S. zum Zeitpunkt der jeweiligen Heroinverabreichungen befand. Unbekannt ist auch, ob der Tod durch die Summe der Heroininjektionen, bereits durch eine einzige Injektion (ggf.: welche) oder aber durch die Art und Weise der Verabreichung einer der Injektionen (insbesondere der Verabreichung auf "türkisch", d.h. mittels Aufkochens ohne Zugabe von Wasser) verursacht worden ist. Wenn jedoch nicht festgestellt werden kann, zu welchem Zeitpunkt die S. noch ausreichend handlungs- und einsichtsfähig war und zudem nicht feststeht, welche Injektion(en) die wesentliche Ursache für den Tod waren, kann eine Mitverursachung des Todes durch die S. nicht als nachgewiesen angesehen werden. Diese Unaufklärbarkeit des Sachverhaltes geht zu Lasten des Beklagten (vgl. zu der vom Leistungsträger zu tragenden objektiven Beweislast bei Versagungsgründen nach § 2 OEG: BSG, Urteile vom 25. März 1999 und 18. Juni 1996 - B 9 VG 5/97 R und 9 RVg 7/94, BSGE 78, 270).
Das ihrem Tod vorangegangene Verhalten der S. begründet jedoch eine Unbilligkeit i.S.d. § 2 Abs. 1 S. 1 2. Alt. OEG. Während bei der 1. Tatbestandsalternative des § 2 Abs. 1 S. 1 OEG (Verursachung) nur die unmittelbaren, nach natürlicher Betrachtungsweise mit dem eigentlichen schädigenden Tatgeschehen, insbesondere auch zeitlich eng verbundenen Umstände berücksichtigt werden können, sind bei der "Unbilligkeitsgeneralklausel" (§ 2 Abs. 1 S. 1 2. Alt. OEG, vgl. zu diesem Begriff: BSG, Urteil vom 29. März 2007 - B 9a VG 2/05 R) auch alle sonstigen, nicht unmittelbaren, sondern lediglich erfolgsfördernden Umstände zu prüfen. Hierzu zählt nach der ständigen Rechtsprechung des BSG auch die sozialwidrige, mit speziellen Gefahren verbundene Zugehörigkeit zum Kreis der Alkohol- oder Dogenkonsumenten, wenn die Tat aus diesem Milieu entstanden ist (BSG, Urteil vom 29. März 2007 - B 9a VG 2/05 R; Urteil vom 25. März 1999 - B 9 VG 5/97 R; Urteil vom 10. November 1993 - 9 RVg 2/93;Urteil vom 24. März 1993 - 9/9a RVg 3/91, BSGE 72, 136).
Im vorliegenden Fall hat sich zu Lasten der S. die spezifische Gefahr des Drogenmilieus realisiert: Nachdem S. bereits im Vorfeld Diazepam-Tabletten eingenommen hatte, kam es im weiteren Verlauf des 20. Juni 2000 zu einer unkontrollierten Einnahme weiterer Betäubungsmittel. Diese wurden der S. - zumindest anfangs mit ihrem Willen - von L. M. verabreicht, der ebenfalls Heroin konsumierte und sich somit ebenfalls in einem Rauschzustand befand. In dieser Situation ist es zusammen mit N. O. zur Verabreichung von Heroin auf "türkisch" gekommen, wovon sich die Beteiligten ein besonders intensives Rauscherlebnis versprochen hatten. Im Rahmen dieses gemeinschaftlichen Drogenmissbrauchs realisierte sich die - allgemein und somit auch S. bekannte - Gefahr schwerster Gesundheitsschäden bzw. des Todes, m.a.W. eine der spezifischen Gefahren des Drogenmilieus.
Gegen das Vorliegen eines Versagungsgrundes nach § 2 Abs. 1 Satz 1 2. Alternative OEG spricht auch nicht, dass S. möglicherweise "unschuldig" in das Drogenmilieu geraten ist. Insoweit hat der Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass die Zugehörigkeit zur Drogenszene oftmals auf schicksalhafte und vom Willen der Betroffenen gerade nicht (vollständig) umfasste Geschehensabläufe zurückzuführen ist. Im Recht der Gewaltopferentschädigung ist jedoch keine Bewertung von Lebensbiographien bzw. von Verantwortlichkeiten für bestimmte gesellschaftliche Phänomene vorzunehmen. Entscheidend ist vielmehr, dass sich S. am 20. Juni 2000 bewusst und freiwillig in den Schlosspark in K. begeben hat, um dort Angehörige der Drogenszene um eine Übernachtungsgelegenheit für die kommende Nacht zu bitten. Der Geschehensablauf bis zur Verabreichung des Heroins war somit vom Willen der S. getragen, so dass das weitere Geschehen im Drogenmilieu etwaigen Entschädigungsansprüchen nach dem OEG entgegensteht. Diese Versagungsgründe stehen auch dem Anspruch der Klägerin (als Mutter des Opfers) entgegen, da sich auch der Anspruch nach § 36 BVG vom Versorgungsanspruch des Beschädigten ableitet (so ausdrücklich für die Versorgung Hinterbliebener: BSG, Urteil vom 7. November 1979 - 9 RVg 2/78, BSGE 49, 104; LSG Saarland, Urteil vom 25. Februar 1997 - L 5/2 VG 1/95).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.