Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 19.10.2006, Az.: 1 A 364/05
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 19.10.2006
- Aktenzeichen
- 1 A 364/05
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2006, 44228
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGBRAUN:2006:1019.1A364.05.0A
Verfahrensgang
Amtlicher Leitsatz
- 1.
§ 16 Nr. 3 NIngG verpflichtet die Ingenieurkammer zur Löschung der Eintragung in der Liste der Beratenden Ingenieure, wenn die Voraussetzungen hierfür nicht mehr vorliegen.
- 2.
Die für eine Eintragung erforderliche unabhängige und eigenverantwortliche Tätigkeit i. S. von § 13 Nr. 4 NIngG setzt voraus, dass die Tätigkeit als Berantender Ingenieur hauptberuflich ausgewübt wird.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des festzusetzenden Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Löschung seiner Eintragung in der Liste der beratenden Ingenieure.
Nachdem er im Januar 1989 die Diplom-Prüfung als Bauingenieur abgelegt hatte und zwei Jahre bei einer Planungsgemeinschaft tätig war, beantragte er seine freiwillige Mitgliedschaft bei der Beklagten als "sonstiger Ingenieur" und gab dazu an, als selbständige Einzelperson in freiberuflicher genehmigter Nebentätigkeit als Bauingenieur tätig zu sein. Im Januar 1994 beantragte er sodann seine Aufnahme in die Liste der Beratenden Ingenieure. Diesem Antrag gab die Beklagte mit Bescheid vom 11.03.1994 statt, obwohl der Kläger angeforderte Nachweise zu seiner Tätigkeit - soweit ersichtlich - nicht vorgelegt hatte. Am 01.10.2000 nahm der Kläger eine hauptberufliche Tätigkeit bei der Volkswagen AG auf, wo er gegenwärtig in der Bauabteilung mit der Planung von Anlagentechnik befasst ist.
Anlässlich eines Antrages auf Reduzierung des Kammerbeitrages, den der Kläger mit geringen Einnahmen als Beratender Ingenieur begründete (im Jahr 2004 = 4.400 EUR netto), leitete die Beklagte im Februar 2005 ein Verfahren zur Überprüfung der Eintragungsvoraussetzungen ein. Im Rahmen seiner Anhörung gab der Kläger dazu an, hauptberuflich bei der Volkswagen AG beschäftigt und darüber hinaus geschäftsführender Gesellschafter der F. zu sein, die sich mit der Erschließung und Bebauung privater Grundstücke befasse. Im Rahmen beider Beschäftigungsverhältnisse sei er jedoch nicht als Beratender Ingenieur tätig. Diese Tätigkeit übe er vielmehr daneben selbständig und freiberuflich aus. Zudem gab er an, wegen seiner Eintragung in die Liste der Beratenden Ingeniere zum geschäftsführenden Gesellschafter der F. bestellt worden zu sein.
Daraufhin teilte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 18.11.2005 - dem Kläger zugestellt am 22.11.2005 - mit, dass der Eintragungsausschuss beschlossen habe, seine Eintragung in der Liste der Beratenden Ingenieure zu löschen und führte zur Begründung aus: Der Kläger sei nicht, wie vom Gesetz gefordert, unabhängig und eigenverantwortlich als Bauingenieur tätig. Seine Beschäftigung bei der Volkswagen AG könne insoweit nicht anerkannt werden, weil er dort abhängig beschäftigt sei und als Beratender Ingenieur nur dann unselbständig tätig werden dürfe, wenn er weitgehend selbständig arbeite und die weisungsbefugten Personen ihrerseits ebenfalls Beratende Ingenieure seien. Ob auch seine Tätigkeit in der G. mit den Aufgaben eines Beratenden Ingenieurs unvereinbar sei, weil sich die Gesellschaft wirtschaftlich betätige oder es sich, wie der Kläger behaupte, lediglich um eine Mantelgesellschaft handele, könne dahingestellt bleiben, da jedenfalls eine unabhängige und eigenverantwortliche Tätigkeit des Klägers als Beratender Ingenieur nicht festgestellt werden könne.
Am 19.12.2005 hat der Kläger sodann den Verwaltungsrechtsweg beschritten. Zur Begründung seiner Klage wiederholt sein Vorbringen und führt ergänzend aus: Der Umstand, dass er aus seiner Tätigkeit als Beratender Ingenieur nur geringe Einkünfte erziele, stehe seiner Eintragung nicht entgegen, da das Gesetz diese nicht vom wirtschaftlichen Erfolg des Ingenieurs abhängig mache.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 18.11.2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
und tritt dem Vorbringen des Klägers aus den Gründen der angefochten Entscheidung entgegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig aber unbegründet.
Der angefochtene Bescheid begegnet keinen rechtlichen Bedenken, da der Kläger nicht die Voraussetzungen für eine Eintragung als Beratender Ingenieur erfüllt und die Beklagte deshalb zur Löschung der Eintragung verpflichtet war.
1.Gemäss § 16 Nr. 3 des Niedersächsischen Ingenieurgesetzes - NIngG - vom 30. März 1971 (Nds. GVBl. S. 137), zuletzt geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 11. Dezember 2002 (Nds. GVBl. S. 796) ist die Eintragung in der Liste der Beratenden Ingenieure zu löschen, wenn nach der Eintragung Tatsachen eintreten oder bekannt werden, die im Eintragungsverfahren zu einer Versagung der Eintragung führen müssten (§ 15).
Diese Vorschrift bedarf der Auslegung. Nach dem Wortlaut des dem Klammerzusatz vorangestellten Gesetzestextes ist die Eintragung zwingend in allen Fällen zu löschen, in denen die Eintragungsvoraussetzungen nachträglich weggefallen sind oder Tatsachen bekannt werden, die von vorn herein einer Eintragung entgegen gestanden hätten. Eine Regelung, die eine Eintragung ohne das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ausnahmsweise zulassen würde, enthält das Gesetz nicht. § 15 NIngG, auf den die Bestimmung ergänzend verweist, regelt indes nur den Fall einer Versagung der Eintragung wegen des Fehlens der erforderlichen Zuverlässigkeit. Die Kammer ist der Auffassung, dass der Gesetzgeber die fehlende Zuverlässigkeit als einen von mehreren möglichen Löschungsgründen hervorgehoben hat, weil es sich um eine bedeutsame Fallgruppe handelt und sich allein § 15 NIngG ausdrücklich mit der Versagung der Eintragung befasst. Da eine Eintragung gemäß § 13 NIngG jedoch nur dann erfolgen darf, wenn auch die dort genannten Voraussetzungen vorliegen, kann aus dem Zitat des § 15 NIngG nicht geschlossen werden, dass § 16 Nr. 3 NIngG allein für diese Fälle eine Regelung treffen wollte. Vielmehr ist - wie der Wortlaut der Vorschrift belegt - die Eintragung stets dann zu löschen, wenn die Eintragungsvoraussetzungen der §§ 13 und 15 NIngG weggefallen sind, oder nachträglich bekannt wird, dass sie von Anfang an nicht vorgelegen haben. Damit hat der Gesetzgeber in § 16 Nr. 3 NIngG eine abschließende Regelung zur Löschung der Eintragung geschaffen, die eine ergänzende Anwendung der §§ 48 ff. VwVfG i. V. m. § 1 Nds. VwVfG, welche die Entscheidung in das Ermessen der Behörde stellen würden, nicht zulässt. Hätte der Gesetzgeber in § 16 Nr. 3 NIngG eine Löschung nur für die Fälle des Wegfalls der Zuverlässigkeit regeln wollen, hätte er dies auch durch eine entsprechend enge Formulierung zum Ausdruck gebracht.
Die vorstehende Auslegung wird in systematischer Hinsicht durch das Fehlen einer Verweisung auf die ergänzende Anwendung allgemeiner verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften zur Aufhebung von Verwaltungsakten bestätigt.
Auch der Sinn und Zweck des Gesetzes spricht für eine abschließende Regelung, die ein behördliches Ermessen ausschließt. Die maßgeblichen Bestimmungen der Kammerverfassung, die mit der Schaffung einer Liste der Beratenden Ingenieure einhergingen, wurden im Jahr 1990 verabschiedet, weil der Gesetzgeber im Interesse der Allgemeinheit eine Qualifikationskontrolle sowie eine Überwachung der Tätigkeiten der Ingenieure innerhalb einer Berufsordnung für unerlässlich hielt, um den Schutz der Öffentlichkeit, die Einhaltung des Umweltschutzes und die Erhaltung des Volksvermögens sowie die Qualität der technischen Beratung sicherzustellen (vgl. LT Drs. 11/4761 S. 10 f.). Mit diesen Zielen wäre unvereinbar, es dem Ermessen der Kammer zu überlassen, ob sie die Eintragung in der Liste der Beratenden Ingenieure fortbestehen lässt, auch wenn die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür weggefallen sind.
Schließlich weist auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift darauf hin, dass der Gesetzgeber eine abschließende Regelung treffen wollte. In seiner ursprünglichen Fassung vom 30.03.1971 sah das Gesetz zum Schutze der Berufsbezeichnung ‚Ingenieur‘ - NIngG - (Nds. GVBl. S 137) weder eine Ingenieurkammer, noch die Berufsbezeichnung ‚Beratender Ingenieur‘ vor. Ende der 80er Jahre war der Landesgesetzgeber bestrebt, freiberuflich tätigen Ingenieuren - ähnlich den Architekten - eine berufliche Selbstverwaltung in einer Kammer zu ermöglichen. Daher brachten sowohl die Fraktionen der CDU und FDP (Drs. 11/4761) als auch der SPD (Drs. 11/4663) Entwürfe für ein eigenständiges Ingenieurkammergesetz in den Landtag ein. Auf deren Grundlage empfahl der Ausschuss für Städtebau und Wohnungswesen sodann - ausgehend vom Entwurf der Drucksache 11/4761 - einen konsolidierten Entwurf (Drs. 11/5068), der sowohl die Errichtung einer Ingenieurkammer, als auch die Einführung der Berufsbezeichnung des ‚Beratenden Ingenieurs‘ zum Gegenstand hatte und in das bereits bestehende Nds. Ingenieurgesetz integriert werden sollte. Die hierauf beruhende Novelle mit der noch heute geltenden Fassung des § 16 NIngG wurde am 28.03.1990 verabschiedet (vgl. Nds. GVBl. S. 347).
Die Drucksache 11/5068 enthielt keine Begründung für die getroffene Regelung. Die beiden ursprünglichen Entwürfe sahen als Versagungsgrund für eine Eintragung als Beratender Ingenieur mangelnde Zuverlässigkeit vor und erklärten im Übrigen die Vorschriften des Nds. Architektengesetzes über das Eintragungsverfahren für entsprechend anwendbar (vgl. §§ 2 Abs. 2 und 3 Drs. 11/4761 und §§ 15 Abs. 2 und 17 Satz 5 Drs. 11/4663). Sie enthielten in ihren Begründungen hierzu keine weiteren Angaben. Bei der Abfassung der Gesetzesentwürfe galt das Nds. Architektengesetz - NArchtG - in seiner Fassung vom 23.02.1970 (Nds. GVBl. S. 37). § 5 Abs. 1 und 2 dieses Gesetzes enthielt zwingende und fakultative Versagungsgründe. § 6 Abs. 1 Nr. 3 sah eine Pflicht zur Löschung für den Fall vor, dass nach der Eintragung Tatsachen eintreten, die im Eintragungsverfahren zu einer Versagung der Eintragung führen müssten (§ 5 Abs. 1). Diese Formulierung wurde in die Neufassung des Gesetzes vom 17.07.1990 (Nds. GVBl. S 347) übernommen, das ausschließlich zwingende Versagungsgründe vorsah. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 NArchtG wurde sodann durch Gesetz vom 04.02.2003 sprachlich anders gefasst und lautet nunmehr: "Die Eintragung in die Architektenliste ist zu löschen, wenn die Eintragungsvoraussetzungen nicht vorgelegen haben oder nicht mehr vorliegen". Zudem wurde die Vorschrift um folgenden Satz 2 ergänzt: "Kommt nach Satz 1 Nr. 3 die Rücknahme einer Eintragung in Betracht, so ist § 48 Abs. 2 bis 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes entsprechend anzuwenden". Der Begründung zu dieser Gesetzesänderung ist zu entnehmen, das die Änderung in Satz 1 Nr. 3 NArchtG rein sprachlicher Natur war und diese Vorschrift, in der bis dahin geltenden Fassung eine gegenüber dem Verwaltungsverfahrensrecht abschließende Regelung enthielt. Um das zu ändern empfahl der Ausschuss die Ergänzung um Satz 2, mit dem der allgemeine verwaltungsverfahrensrechtliche Vertrauensschutz einbezogen werden sollte (vgl. LT Drs. 14/4096).
Hieraus folgt, dass eine entsprechende Anwendung des § 48 Abs. 2 bis 4 VwVfG bis zur Novelle im Jahr 2003 nicht vorgesehen war und § 6 Abs. 1 Nr. 3 NArchtG auch in seiner vorangegangen Fassung bereits eine abschließende verwaltungsverfahrensrechtliche Regelung enthielt. Da der Gesetzgeber mit den am 28.03.1990 beschlossenen Änderungen des Nds. Ingenieurgesetzes hinsichtlich des Eintragungsverfahrens die für die Architekten geltenden Regelungen auch für die Beratenden Ingenieure übernehmen wollte, lag es deshalb in seiner Absicht, für das Nds. Ingenieurgesetz hinsichtlich der Eintragung und Löschung in die Liste der Beratenden Ingenieure ebenfalls eine abschließende Regelung zu schaffen.
2.Stand die Löschung in der Liste der Beratenden Ingenieure danach nicht im Ermessen der Beklagten, so begegnet ihr Bescheid vom 18.11.2005 keinen rechtlichen Bedenken, weil der Kläger die Voraussetzungen für eine Eintragung derzeit nicht erfüllt.
Nach § 13 Nr. 4 NIngG ist in die Liste der Beratenden Ingenieure auf Antrag einzutragen, wer im Sinne von § 14 unabhängig und eigenverantwortlich tätig ist. Das ist nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 NIngG derjenige Ingenieur, der die Berufsaufgaben nach Absatz 1 freiberuflich oder sonst selbständig und auf eigene Rechnung wahrnimmt. Da der Kläger angibt, weder im Rahmen seiner Beschäftigung bei der Volkswagen AG, noch als Geschäftsführer der F. Aufgaben eines Beratenden Ingenieurs wahrzunehmen, können diese Tätigkeiten hier außer Betracht bleiben. Unerheblich ist auch seine Rechtsauffassung, wonach die Eintragung in die Liste Beratender Ingenieure nicht von dem Umsatz oder dem erzielten Gewinn aus dieser Tätigkeit abhängen könne. Zwar gibt das Gesetz für eine solche Auslegung tatsächlich nichts her und die in den §§ 4 und 5 der Beitragsordnung der Beklagten i. d. F. vom 05.06.1997 vorgesehenen Beitragsermäßigungen stützen seine Auffassung, dass auch geringe Einkünfte einer Tätigkeit als Beratender Ingenieur nicht entgegenstehen. Grund für die Löschung der Eintragung des Klägers sind aber nicht seine geringen Einkünfte als Beratender Ingenieur, sondern der in zeitlicher und sachlicher Hinsicht geringe Umfang seiner Betätigung auf diesem Gebiet.
Der Kläger ist nicht im Sinne des Gesetzes als Beratender Ingenieur unabhängig und eigenverantwortlich tätig, weil der Umfang seiner Tätigkeit nicht den Anforderungen des Berufsbildes entspricht. Hierzu hat das Oberverwaltungsgericht für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein in einem Urteil vom 21.09.1984 (Az. 8 OVG A 30/83) dargelegt, dass nach den Bestimmungen des Architekten- und Ingenieurkammergesetz des Landes Schleswig-Holstein in die Liste freischaffender Architekten nicht eingetragen werden könne, wer Architektenaufgaben nur gelegentlich oder auch nur einzelne bestimmte Architektenaufgaben freiberuflich ausübe. Gleiches gilt für den Beruf des Beratenden Ingenieurs. Dazu hat das Oberverwaltungsgericht Lüneburg in einem Urteil vom 21.03.1986 (Az. 8 OVG A 28/84, MüLü 39, 399) ausgeführt:
"Die Eintragung in die Liste als ... Beratender Ingenieur ist für den Betroffenen von erheblicher praktischer Bedeutung. Die Eintragung ermöglicht es vielfach erst, sich als ... Ingenieur an öffentlichen Ausschreibungen zu beteiligen, da die Eintragung als Qualifikationsnachweis gilt... Die Beschränkung der Eintragung in die Liste der "Beratenden Ingenieure" auf Bewerber, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen, ist eine Regelung der Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 GG. ...
Dazu können im Rahmen der rechtlichen Ordnung eines Berufsbildes auch Vorschriften gehören, die es verbieten, neben dem in einer bestimmten Form ausgeübten Beruf andere Tätigkeiten auszuüben, die mit dem Beruf nicht vereinbar (inkompatibel) sind. Solche Vorschriften dienen dazu, den Beruf eindeutig zu prägen und das Berufsbild klar zu umgrenzen, in dem sie es vor der Durchdringung und Vermengung mit Merkmalen anderer Berufstätigkeiten bewahren. Sie sind besonders geeignet, das Bild des Berufs in der Öffentlichkeit deutlich darzustellen. Sie erleichtern auch die Aufsicht über die gewissenhafte Erfüllung der Berufspflichten und fördern so das Ansehen des Berufs. ...
Eine ... Grenze für die Zulässigkeit anderweitiger Tätigkeiten des Beratenden Ingenieurs besteht dort, wo diese Tätigkeiten einen Umfang annehmen, dass der Betreffende seine eigentlichen Berufsaufgaben als Beratender Ingenieur nicht mehr vorrangig wahrnimmt und voll abdeckt. In diesem Sinne hat der Senat in seinem Urteil vom 21.09.1984 (a. a. O.) entschieden, dass eine Nebentätigkeit eines Beamten als Freischaffender Architekt nicht möglich ist, da nur eine gelegentliche Ausübung einzelner Tätigkeiten der Berufsaufgaben nicht dem typischen Berufsbild des freiberuflich tätigen Architekten entspricht..."
Dem schließt sich die Kammer an. Die Rechtsauffassung, dass der Gesetzgeber das Berufsbild eines Beratenden Ingenieurs mit einer hauptberufliche Tätigkeit auf diesem Gebiet verbindet, wird auch durch folgende Erwägungen gestützt: Gemäß § 20 Abs. 1 NIngG sind Beratende Ingenieure Pflichtmitglieder der Ingenieurkammer, die nach § 19 Abs. 2 NIngG ermächtigt ist, für ihre Mitglieder und deren Familien eigene Versorgungseinrichtungen zu schaffen. Dies hat die Beklagte getan und hierzu das Ingenieurversorgungswerkes Niedersachsen errichtet. Nach § 13 Abs. 1 der Satzung dieses Versorgungswerkes vom 18.05.1995 besteht für alle Pflichtmitglieder der Ingenieurkammer zugleich eine Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk. Diese führt ihrerseits in der Regel zu einer Befreiung von der Mitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung. Bekanntermaßen sind die Rentenleistungen der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund der heterogenen Zusammensetzung der Rentenbezieher gemessen an den gezahlten Beiträgen in aller Regel deutlich schlechter, als die eigenständiger Versorgungsreinrichtungen mit einem homogenen einkommensstarken Mitgliederbestand. Würde man eine nebenberufliche Tätigkeit für eine Eintragung als Beratender Ingenieur ausreichen lassen, so hätte dies zur Folge, dass der betreffende Ingenieur als Pflichtmitglied der Ingenieurkammer und des Versorgungswerkes aus dem Kreis der gesetzlich rentenversicherten Personen auch dann ausscheiden würde, wenn er - wie der Kläger - hauptberuflich einer abhängigen Beschäftigung nachgeht, aufgrund derer er Pflichtmitglied in der gesetzlichen Rentenversicherung ist. Das lag offensichtlich nicht in der Absicht des Gesetzgebers, dessen Bestreben es ist, zur Stützung der Solidargemeinschaft auch gut verdienende Arbeitnehmer nicht ohne Weiteres aus der Mitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung zu entlassen.
Der Kläger ist - wie er selbst einräumt - nur in geringem Umfang nebenberuflich mit den Aufgaben eines Beratenden Ingenieurs befasst und erfüllt deshalb nicht die Voraussetzungen für eine Eintragung in die Liste der Beratenden Ingenieure. Die von ihm vorgelegte Übersicht über die seit dem Jahr 2000 in dieser Funktion wahrgenommenen Aufgaben und die geringe Höhe seiner dabei erzielten Vergütung lassen in Verbindung mit seiner Vollzeitbeschäftigung bei der Volkswagen AG und seiner weiteren Tätigkeit als Geschäftsführer der H. ebenfalls erkennen, dass er nicht hauptberuflich oder vorrangig als Beratender Ingenieur tätig ist.
Auch höherrangiges Recht - namentlich das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Gebot der Beachtung des Vertrauensschutzes - steht einer Klagabweisung nicht entgegen. Dieses Gebot erfordert eine an den Kriterien der Verhältnismäßigkeit vorzunehmende Abwägung zwischen den Belangen des Allgemeinwohls und den Interessen des Einzelnen am Fortbestand einer Rechtslage, auf die er sich eingerichtet hat und auf deren Fortbestand er vertraute (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. vom 11.04.2001 - 1 BvR 1646/97 -, juris m. w. N.). Vorliegend ist bereits fraglich, ob eine Vertrauensbetätigung des Klägers überhaupt schutzwürdig ist. Denn insoweit muss berücksichtigt werden, dass er schon bei seiner Aufnahme in die Liste der Beratenden Ingenieure trotz Aufforderung der Beklagten keine Nachweise vorgelegt oder Angaben gemacht hatte, aus denen sich das Vorliegen der Eintragungsvoraussetzungen ergeben hätte. Auch seine spätere Aufnahme einer abhängigen hauptberuflichen und einer weiteren nebenberuflichen Tätigkeit, die nicht mit der Wahrnehmung von Aufgaben eines Beratenden Ingenieurs verbunden waren, hatte er der Beklagten nicht angezeigt, die deshalb aus von ihm zu vertretenden Gründen erst im Jahr 2005 in der Lage war, das Vorliegen oder Fortbestehen der Eintragungsvoraussetzungen
zu überprüfen. Im Übrigen wäre aber auch bei einer Abwägung das öffentliche Interesse an der Wiederherstellung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und dem Schutz des Vertrauens in die Richtigkeit der mit der Eintragung verbundenen Erwartungen des Bürgers höher zu bewerten, als das Interesse des Klägers, trotz fehlender Eintragungsvoraussetzungen von einer Löschung abzusehen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG und orientiert sich dabei an der obergerichtlichen Rechtsprechung zu Fällen der vorliegenden Art (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. vom 22.08.2000 - 8 L 1319/00 - OVG Münster, Beschl. vom 15.03.2005 - 4 A 3235/03 -, juris; VGH München, Beschl. vom 03.02.2004 - 22 ZB 03.1519 -, juris).
Gründe für eine Zulassung der Berufung durch das erkennende Gericht (§ 124 a VwGO) liegen nicht vor.