Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 14.12.2011, Az.: L 7 AS 1235/11 B

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
14.12.2011
Aktenzeichen
L 7 AS 1235/11 B
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2011, 37514
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2011:1214.L7AS1235.11B.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Lüneburg - 08.09.2011 - AZ: S 46 AS 340/11 ER

Tenor:

Der Beschluss des Sozialgerichts Lüneburg vom 08. September 2011 wird bezüglich des abgelehnten Prozesskostenhilfegesuchs geändert.

Der Antragstellerin wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt D., E. ohne Ratenzahlung für das erstinstanzliche Verfahren bewilligt.

Kosten dieses Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Die Antragstellerin wendet sich unter diesem Aktenzeichen gegen die Ablehnung Ihres Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH). In dem zugrundeliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Az: L 9 AS 992/11 B ER) begehrte die Antragstellerin im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) in Gestalt der Kosten für Unterkunft und Heizung.

2

Bei der am 11. September 1991 geborenen Antragstellerin wurde ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 sowie die Merkzeichen "G", "H", "RF", "GL" festgestellt. Die Antragstellerin bewohnt gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrem 1994 geborenen Bruder F. seit 01. November 2008 eine Drei-Zimmer-Wohnung in G ... Die Grundmiete beträgt 370,00 EUR, der Betriebskostenvorschuss seit 01. April 2011 110,00 EUR (insgesamt: 480,00 EUR) monatlich und der Abschlag für die Gaslieferung der H. GmbH seit Januar 2011 monatlich 67,00 EUR. Die Agentur für Arbeit E. bewilligte mit Bescheid vom 31. März 2011 der Antragstellerin, ihrer Mutter und ihrem Bruder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Regelbedarfe inklusive Mehrbedarfe) für die Zeit vom 01. Mai bis 31. Oktober 2011. Der Landkreis E. bewilligte mit Bescheid vom 05. April 2011 Kosten der Unterkunft und Heizung für die Monate Mai bis Oktober 2011 für die Antragstellerin, deren Mutter und Bruder in Höhe von insgesamt 536,00 EUR monatlich. Auf die Antragstellerin entfiel ein Anteil von 178,67 EUR.

3

Vom 07. August 2010 bis 06. Juli 2011 nahm die Antragstellerin an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme im I ... J., teil. Seit dem 10. August 2011 absolviert sie eine Ausbildung beim Berufsbildungswerk in J. als Werkzeugmaschinenspannerin, eine Ausbildung nach §§ 66 BBiG/42m HWO. Sie ist dort unter der Woche in einem einrichtungseigen Internat untergebracht. Die Bundesagentur für Arbeit bewilligte ihr hierfür Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß §§ 97 ff. Drittes Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III) in Verbindung mit § 33 und §§ 44 ff. Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX), und zwar Ausbildungsgeld in Höhe von 104,00 EUR und Reisekosten für Familienheimfahrten.

4

Am 30. Juni 2011 erließ die Agentur für Arbeit in E. einen Änderungsbescheid. Da die Antragstellerin ab 10. August 2011 eine Berufsausbildung vom Berufsbildungswerk (BBW) in J. absolviere und Ausbildungsgeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) erhalte, sei sie nach § 7 Abs. 5 SGB II vom Leistungsbezug ausgeschlossen. Die Entscheidung wurde mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 2011 bestätigt. Dagegen hat die Antragstellerin Klage vor dem Sozialgericht (SG) Lüneburg - S 31 AS 928/11 - erhoben.

5

Mit Bescheid vom 04. Juli 2011 erließ auch der Landkreis E. einen Änderungsbescheid, mit dem der Antragstellerin Kosten der Unterkunft und Heizung für den Monat August 2011 nur noch teilweise (53,60 EUR) und für die Monate September und Oktober 2011 gar nicht mehr bewilligt wurden. Die Mutter und der Bruder der Antragstellerin erhielten weiterhin 178,66 EUR bzw. 178,67 EUR monatlich. Dagegen legte die Antragstellerin Widerspruch ein und führte aus, dass die Regelungen des § 7 Abs. 5 SGB II als Zugang zu existenzsichernden Leistungen nach dem SGB II einschränkend auszulegen seien. Personen, die Ausbildungen im Rahmen von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben absolvieren, seien vom Leistungsausschluss nicht erfasst.

6

Am 10. August 2011 hat die Antragstellerin einen Antrag auf eine einstweilige Anordnung gestellt mit dem Ziel, den Antragsgegner vorläufig zu verpflichten, ihr ab dem 10. August 2011 Kosten für die Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 178,67 EUR zu gewähren. Weder sie noch ihre Mutter könnten die Mietanteile der Antragstellerin bezahlen, sodass sich ein Mietrückstand aufbaue. Sie sei nicht gemäß § 7 Abs. 5 SGB II von den Leistungen des SGB II ausgeschlossen.

7

Über den spätestens im August 2011 an die Wohngeldstelle weitergeleiteten Antrag der Antragstellerin wurde im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens nicht entschieden.

8

Das SG Lüneburg hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sowie den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 08. September 2011 abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Antrag der Antragstellerin als Begehren auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ausgelegt werde, da eine einstweilige Regelungsanordnung in der vorliegenden Konstellation unzulässig sei. Die Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung stehe im Ermessen des Gerichts. Bei der Abwägung sei insbesondere die Erfolgsaussicht des zugrundeliegenden Widerspruchsverfahrens zu berücksichtigen und auf Billigkeitsgesichtspunkte abzustellen. Nach summarischer Prüfung sei der Bescheid vom 04. Juli 2011 jedoch nicht rechtswidrig. Dem Antragsgegner (Landkreis E.) sei es damit verwehrt, der Antragstellerin Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 SGB II zu gewähren, da dieser gemäß § 44a Abs. 5 SGB II an die Feststellungen der Agentur für Arbeit gebunden sei. Darüber hinaus sei die Bundesagentur für Arbeit nach summarischer Prüfung zu Recht von einem Leistungsausschluss ausgegangen. Für die bis zum 31. Dezember 2010 geltende Regelung sei streitig gewesen, ob bei einer dem Grunde nach gemäß § 60 SGB III förderungsfähigen Ausbildung, die gemäß § 102 SGB III im Rahmen der Teilhabe für behinderte Menschen gefördert werde, Leistungen ausgeschlossen seien. Dem Grunde nach förderungsfähig sei eine berufliche Ausbildung bereits dann, wenn sie in einem nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG), der Handwerksordnung (HWO) oder dem Seemannsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungsberuf betrieblich oder außerbetrieblich oder nach dem alten Pflegegesetz betrieblich durchgeführt werde und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden sei. Mangels anderer Hinweise sei vorliegend davon auszugehen, dass die Antragstellerin eine dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung absolviere. Zwar sei die erkennende Kammer für die Vergangenheit davon ausgegangen, dass der Leistungsausschluss nicht für Berufsausbildungsmaßnahmen gelte, die wie hier wegen der Behinderung des Auszubildenden mit Ausbildungsgeld nach §§ 102 ff. SGB III gefördert werde. Nunmehr sei durch die Ergänzung des § 7 Abs. 6 SGB II, der keinen Leistungsausschluss bei Bezug von Ausbildungsgeld nach § 106 Abs. 1 Nr. 1 SGB III bestimme und der Neufassung der Leistungen in § 27 SGB II klargestellt worden, dass auch die mit Ausbildungsgeld geförderten Bildungsmaßnahmen unter den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II fielen. Auch ein Zuschuss zu den Kosten der Unterkunft gemäß § 27 Abs. 3 Satz 1 SGB II komme nicht in Betracht. Bei einer Berufsausbildung mit Unterbringung in einem Wohnheim, Internat, beim Ausbildenden oder in einer besonderen Einrichtung für behinderte Menschen nach § 105 Abs 1 Nr 2 SGB III bestünden Ansprüche nach der ausdrücklichen Regelung nicht. Ob die Antragstellerin einen Anspruch auf Darlehensgewährung gemäß § 27 Abs. 4 SGB II habe, könne mangels Antrages auf Anerkennung eines Härtefalles nicht entschieden werden.

9

Gegen den am 13. September 2011 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 10. Oktober 2011 Beschwerde eingelegt und ausgeführt, dass der Antragsgegner in Abänderung des Beschlusses vom 08. September 2011 zu verpflichten sei, ab dem 10. August 2011 im Wege eines Darlehens Kosten für Heizung in Höhe von 178,67 EUR monatlich bis einschließlich Januar 2012 zu gewähren. Das SG hätte dem tatsächlichen Begehren Rechnung tragend den Antrag der Antragstellerin (hilfsweise) als Darlehensantrag auslegen und als solchen positiv bescheiden müssen. Die Antragstellerin könne ihre Ausbildung nur bei darlehensweise Übernahme der Unterkunft und Heizkostenanteils fortsetzen. Das Internat sei an den Wochenenden und in den Ferienzeiten geschlossen. Die Antragstellerin kehre also wöchentlich in den Haushalt der Mutter zurück und werde dies auch nach Abschluss der Ausbildung tun. Die Mutter könne die Wohnung nur dann halten, wenn die Antragstellerin sich an den Unterkunftskosten beteilige. Auch Prozesskostenhilfe sei zu bewilligen.

10

Der jetzige Antragsgegner (Jobcenter im Landkreis E.) hat in einem Telefonat am 08. Dezember 2011 mit der Berichterstatterin mitgeteilt, dass die Antragstellerin für den Monat Dezember 2011 Wohngeld erhalten habe. Es seien bereits 264,00 EUR ausgezahlt worden, darin sei allerdings ein Anteil für den Bruder F. enthalten. Unklar sei aber, ob der Bedarf der Antragstellerin durch die Wohngeldgewährung vollständig gedeckt werde. Der Bescheid über Wohngeld werde laut Auskunft des zuständigen Sachbearbeiters demnächst ergehen. Wohngeld solle auch rückwirkend gewährt werden. Dies wurde mit Schriftsatz vom 09. Dezember 2011 bestätigt. Am 09. Dezember 2011 hat die Antragstellerin den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Die Beteiligten haben eine hälftige Kostentragung vereinbart.

11

Wegen des weiteren Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte (erster und zweiter Instanz) und die Verwaltungsakten des Antragsgegners Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.

12

II. Die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren ist zulässig und begründet. Insoweit ist der angefochtene Beschluss zu ändern. Darüber hinaus haben die Beteiligten die Hauptsache für erledigt erklärt.

13

Gemäß § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) war Prozesskostenhilfe zu gewähren, da der Rechtsstreit hinreichende Aussicht auf Erfolg bot und nicht mutwillig war. Darüber hinaus liegen die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vor. Hinreichende Aussicht auf Erfolg ist auch dann zu bejahen, wenn eine schwierige Rechtsfrage, deren Ausgang noch nicht absehbar ist, vorliegt.

14

Zu Recht hat das SG ausgeführt, dass sich das zugrundeliegende einstweilige Rechtsschutzverfahren nicht auf den Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG, sondern auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gemäß § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG zu richten hat. Bis heute ist auch noch nicht geklärt, in welcher Höhe die Antragstellerin tatsächlich Wohngeld erhält. Allerdings ist die Gewährung des Wohngelds in der erfolgten Höhe auf die von dem Antragsgegner zu gewährenden Kosten der Unterkunft und Heizung anzurechnen.

15

Bei offenem Ausgang des Eilverfahrens, hat eine allgemeine Abwägung der Beteiligteninteressen unter Berücksichtigung der Erfolgsaussicht stattzufinden. Nach Auffassung des Senats sind die Erfolgsaussichten des Widerspruchs derzeit noch offen. Dabei tendiert der Senat im Hinblick auf den unveränderten Gesetzeswortlaut in § 7 Abs. 5 SGB II dazu, weiterhin keinen Leistungsausschluss nach dieser Vorschrift für diejenigen anzunehmen, die Ausbildungsgeld nach § 104 SGB III beziehen. So hat z. B. das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11. Februar 2008 - L 5 B 10/08 AS ER - ausgeführt, dass die speziellen Regelungen der Förderungsfähigkeit nach § 60 SGB III verdrängt werden, wenn es sich um einen behinderten Menschen handelt, der die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach §§ 97 ff. SGB III und insbesondere für die Bewilligung von besonderen Leistungen nach §§ 102 ff. SGB III erfüllt. Hätte der Gesetzgeber auch insoweit einen Ausschlusstatbestand schaffen wollen, so hätte er auch in der Vorschrift des § 7 Abs. 5 SGB II die entsprechenden Vorschriften (§§ 102 ff. SGB III) in Bezug nehmen können. Dies ist auch nach der Gesetzesänderung zum 01. April 2011 nicht geschehen. Zum Rechtsstand vor der Gesetzesänderung haben auch das Hessische LSG (Urteil vom 24.11.2010 - L 6 AS 168/08 -) und das Schleswigholsteinische LSG (Beschluss vom 14.06.200 - L 3 AS 61/11 B ER -) ausgeführt, dass der Bezug von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach §§ 97 ff. SGB III einer Leistungsberechtigung nach § 7 SGB II nicht entgegensteht. Zielsetzung der Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben sei ein umfassender behindertengerechter Ausgleich und gehe weiter als die allein auf berufliche Eingliederung gerichtete Ausbildungsförderung nach §§ 60 ff. SGB III.

16

Allerdings ist in § 7 Abs. 6 Nr. 2 SGB II mit Wirkung vom 01.04.2011 dahingehend ergänzt worden, dass § 7 Abs. 5 SGB II keine Anwendung auf Auszubildende findet, wenn sich deren ausbildungsbedingte Bedarfe nach § 106 Abs. 1 Nr. 1 SGB III bemessen. Dies könnte dafür sprechen, dass die anderen Fallkonstellationen, in denen Ausbildungsgeld gewährt wird, unter den Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 SGB II zu subsumieren wären. Andererseits wird auch vertreten (Hackethal, juris-PK SGB II, 3. Auflage 2011, § 7 Rdnr. 83), dass Eingliederungsmaßnahmen nach §§ 97 ff. SGB III keine Ausbildung im Sinne des § 7 Abs. 5 SGB II darstellen. Durch die Erwähnung des § 106 Abs. 1 Nr. 1 SGB III in § 7 Abs. 6 Nr. 2 SGB II werde lediglich klargestellt, dass auch behinderte Menschen, die mit Anspruch auf Ausbildungsgeld eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme besuchen und im Haushalt der Eltern leben, einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld unter Anrechnung des Ausbildungsgeldes haben. In der Praxis sei § 7 Abs. 6 Nr. 2 SGB II in Fällen des § 106 Abs. 1 Nr. 1 SGB III zuvor bereits analog angewandt worden sei. Auch aus der Gesetzesbegründung geht hervor, dass die Neufassung des § 7 Abs. 6 Nr. 2 SGB II lediglich im Sinne der gängigen Praxis klarstellt, dass auch behinderte Menschen, die mit einem Anspruch auf Ausbildungsgeld eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme besuchen und im Haushalt der Eltern untergebracht sind, Anspruch auf Alg II oder Sozialgeld (unter Anrechnung des Ausbildungsgeldes) haben (BT Drucks. 13/3404 S. 93).

17

Nichts anderes ergibt sich aus § 27 Abs. 3 SGB II in der Bekanntmachung vom 23. Mai 2011 (gültig ab 01.04.2011). Zunächst bleibt hervorzuheben, dass diese Regelung einen ganz anderen Zweck als der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II verfolgt. § 27 Abs. 3 SGB II will nämlich ergänzende Grundsicherungsleistungen in den Fällen gewähren, in denen die Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach den jeweiligen Vorschriften der Ausbildungsförderung niedriger sind als im SGB II, um eine Unterbrechung der Ausbildung zu verhindern (Hauck/Noftz, SGB II-Kommentar 42. Ergänzungslieferung, § 27 Rdnr. 25 ff. mit weiteren Nachweisen). Darüber hinaus erfasst § 27 Abs. 3 SGB II lediglich die Fallkonstellationen nach § 105 Abs. 1 Nr. 1 und 4 und § 106 Abs. 1 Nr. 2 SGB III, während im hier vorliegenden Fall § 105 Abs. 2 SGB III einschlägig sein dürfte. Auch bereits die Regelung des § 22 Abs. 7 SGB II a. F. nahm lediglich auf die Vorschriften des § 105 Abs. 1 Nr. 1, 4, § 106 Abs. 1 Nr. 2 SGB III Bezug, welches von der Rechtsprechung als Konsequenz eines gesetzgeberischen Irrtums bezeichnet wurde (vgl. LSG Berlin-Brandenburg aaO. Rdnr. 22 - zitiert nach Juris, ebenso Hess. LSG aaO. Rdnr. 35 zitiert nach Juris). Demnach ist es keinesfalls zwingend, dass durch die zum 01. April 2011 erfolgte Gesetzesänderung auch die im Ausbildungsgeldbezug stehenden Behinderten vom Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 SGB II erfasst werden, zumal sie dort nicht ausdrücklich aufgeführt sind.

18

Entgegen der Auffassung des SG steht dem Begehren der Antragstellerin § 44a Abs. 5 Satz 2 SGB II nicht entgegen. Die Vorschrift des § 44a SGB II stellt lediglich im Hinblick auf die funktionale Zuständigkeit der Grundsicherungsträger (§ 6 Abs. 1 SGB II) eine behördeninterne Regelung über die jeweilige Feststellungskompetenz und das Widerspruchsverfahren im Falle eines negativen Kompetenzkonfliktes dar. Der allgemeine Zweck dieser Regelung besteht darin, zu verhindern, dass Hilfebedürftige zuständigkeitshalber auf einen anderen Träger verwiesen werden, ohne die benötigte Hilfe zur Existenzsicherung unverzüglich zu erhalten (ausführlich: Hauck/Noftz, SGB II-Kommentar, Stand: Juni 2011, § 44a Rdnr. 8 ff.). Eine rechtsschutzlose Bindung des Leistungsberechtigten an diese behördeninterne Zuständigkeitsregelung ist dem § 44a SGB II nicht zu entnehmen. Vielmehr richten sich die materiellen Anspruchsvoraussetzungen des Antragstellers ausschließlich nach §§ 7 ff. SGB II, die er unabhängig vom Ausgang des Konfliktlösungsverfahrens nach § 44 a SGB II als eigene subjektive Rechte jederzeit sozialgerichtlich geltend machen kann.

19

Die Beiordnung eines Rechtsanwalts erfolgt gemäß § 121 Abs. 2 ZPO.

20

Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs 4. ZPO.

21

Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).