Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 26.09.2011, Az.: 11 A 3420/10

Altfallregelung; Änderung der Sachlage; Aufenthaltserlaubnis; Bestandsschutz; Integrationsprognose; Vertrauensschutz

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
26.09.2011
Aktenzeichen
11 A 3420/10
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2011, 45279
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Entscheidung über die Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Altfallregelung (hier: § 104a Abs. 2 Satz 2 AufenthG) richtet sich grds. nach der abschließenden Bestimmung des § 104a Abs. 5 AufenthG. Es verstößt gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes in diesem Fall erneut die Erteilungsvoraussetzungen des § 104a Abs. 1 und 2 AufenthG zu überprüfen.

Dies gilt nicht, wenn und soweit sich nach der erstmaligen Erteilung der Aufenthaltserlaubnis die Verhältnisse so verändert haben, dass das Vorliegen der Ersterteilungsvoraussetzungen (hier: die positive Integrationsprognose nach § 104a Abs. 2 AufenthG durch eine Straftat) in Frage gestellt wird (im Anschluss an VG Oldenburg, Beschluss vom 7. März 2011 - 11 B 440/11 - juris).

Tatbestand:

Der am … 1983 geborene Kläger ist chinesischer Staatsangehöriger.

Er reiste am 19. Juni 2000 in die Bundesrepublik Deutschland ein und gab den Namen H. , geb. am … 1985 an. Ein Asylbegehren blieb erfolglos (Bescheid des Bundesamtes vom 11. April 2001; VG Berlin, Urteil vom 21. Februar 2005 - VG 20 X 71.01 -). Der Kläger wurde vom Landeseinwohneramt Berlin zunächst geduldet.

Am 31. Juli 2006 verurteilte ihn das Amtsgericht Berlin-Tiergarten wegen Nötigung und Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe in Höhe von 30 Tagessätzen. Der Kläger hinderte ein Taxi am Wegfahren, knickte den Scheibenwischer ab, beschädigte die Düse der Wasserspritzanlage und hat gegen die Beifahrertür getreten, so dass dort eine Delle entstanden ist.

Im Frühjahr 2008 legte der Kläger einen am 26. Dezember 2004 ausgestellten Reisepass mit seinen richtigen Personalien vor.

Nach Abschluss einer Integrationsvereinbarung erteilte ihm das Landeseinwohneramt Berlin am 2. Juni 2008 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG bis zum 1. Oktober 2010.

Nachdem der Kläger am 23. Juli 2008 nach Wilhelmshaven umgezogen war, änderte die Beklagte diese Aufenthaltserlaubnis am 10. November 2008 ab und erteilte diese nunmehr gem. § 23 AufenthG i.V.m. § 104a Abs. 2 Satz 2 AufenthG bis zum 31. Dezember 2009.

Am 17. November 2009 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis, sinngemäß hilfsweise die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis.

Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 6. Dezember 2010 ab und drohte dem Kläger die Abschiebung nach China an. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden: Der Kläger erfülle nicht die zeitlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis. Darüber hinaus könne auch die Aufenthaltserlaubnis nicht verlängert werden, weil der ihm ursprünglich erteilte Aufenthaltstitel rechtswidrig gewesen sei. Der Kläger habe vorsätzlich über aufenthaltsrelevante Umstände getäuscht, so dass § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach der Altfallregelung entgegengestanden hätte.

Am 21. Dezember 2010 hat der Kläger hiergegen Klage erhoben.

Am 28. Januar 2011 verurteilte ihn das Amtsgericht Wilhelmshaven wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 40 Tagessätzen.

Auf den einstweiligen Rechtsschutzantrag des Klägers wurde die Beklagte mit Beschluss der Kammer vom 7. März 2011 - 11 B 440/11 - im Wege einer einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Kläger bis zur Entscheidung über die Klage zu dulden.

Der Kläger trägt im Wesentlichen vor: Die Versagung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis verstoße gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Das Land Berlin habe die Identitätstäuschung bereits berücksichtigt. An diese Entscheidung sei auch die Beklagte gebunden. Er habe sich an die geschlossene Integrationsvereinbarung gehalten und überwiegend bei seiner Schwester als Koch gearbeitet. Er sei nach Ziffer 2 der Integrationsvereinbarung auch nicht verpflichtet gewesen, an einem Integrationskurs teilzunehmen. Er habe keine Kontakte zu Verwandten in China. Seine Eltern lebten in Spanien, seine Schwester in der Bundesrepublik Deutschland. Im Mai 2011 habe er ein Arbeitsverhältnis in einem Restaurant in Schwentinental in Schleswig-Holstein begonnen. Er habe diese Anstellung jedoch aufgeben müssen, weil die Beklagte die Auffassung vertreten habe, dass er außerhalb Niedersachsens nicht arbeiten dürfe. Er würde dort ein Nettoeinkommen in Höhe von 1.430,- € monatlich erhalten, wenn er hätte weiter arbeiten dürfen. Zur Glaubhaftmachung legte der Kläger zudem Gehaltsabrechnungen für die Zeit von Januar bis Juli 2011 vor.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, ihm eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen nach §§ 104a, 23 AufenthG zu erteilen und den Bescheid der Beklagten vom 6. Dezember 2010 aufzuheben, soweit er dem entgegensteht.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie erwidert im Wesentlichen: Die Weisung der Berliner Senatsverwaltung für Inneres widerspreche Bundesrecht. Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine erneute rechtswidrige Entscheidung. Trotz einer ausdrücklichen Regelung in Ziffer 3 der Integrationsvereinbarung habe der Kläger keinen Integrationskurs besucht. Er sei auch sprachlich nicht integriert und habe keinen Schulabschluss erlangt. Er sei zudem nunmehr erneut straffällig geworden.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens sowie des Rechtsstreits 11 A 1125/11 und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen.

Rechtliche Grundlage ist § 104a Abs. 5 Sätze 2 und 3 AufenthG. Danach wird eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104a Abs. 1 oder 2 AufenthG als Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 AufenthG verlängert, wenn der Lebensunterhalt des Ausländers bis zum 31. Dezember 2009 überwiegend eigenständig durch Erwerbstätigkeit gesichert war oder wenn der Ausländer mindestens seit dem 1. April 2009 seinen Lebensunterhalt nicht nur vorübergehend eigenständig sichert. Dabei müssen für die Zukunft Tatsachen die Annahmen rechtfertigen, dass der Lebensunterhalt überwiegend gesichert sein wird.

Diese Voraussetzungen liegen zwar vor. Dennoch kann die Aufenthaltserlaubnis nicht verlängert werden, weil die Ersterteilungsvoraussetzungen nach § 104 a Abs. 2 Satz 2 AufenthG nicht erfüllt sind. Nach dieser Vorschrift konnte einem Ausländer, der sich als unbegleiteter Minderjähriger am 1. Juli 2007 seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet, oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat, und bei dem gewährleistet erscheint, dass er sich auf Grund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann, eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 AufenthG erteilt werden. Diese positive Integrationsprognose kann im Falle des Klägers nicht getroffen werden.

Der Kläger hat hierzu allerdings im Ansatz zu Recht vorgetragen, dass das Vorliegen dieser Voraussetzungen bei der Entscheidung über die Verlängerung grds. nicht mehr erneut zu prüfen sind. Die Kammer hat hierzu im Beschluss vom 7. März 2011 - 11 B 440/11 - ausgeführt:

"Zwar sind nach § 8 Abs. 1 AufenthG im Verlängerungsverfahren die gleichen Voraussetzungen wie bei der Ersterteilung zu beachten. Dies gilt jedoch nur soweit der Gesetzgeber nicht Sonderregelungen getroffen hat oder dem Sinn und Zweck der Vorschriften oder höherrangiges Recht entgegenstehen (vgl. Dienelt/Rösler in Renner, Ausländerrecht, 9. Aufl. 2011, Rn. 3 ff. zu § 8 AufenthG; Wenger in: Storr u.a., Zuwanderungsrecht, 2. Aufl. 2008, Rn.3 f. zu § 8). Die Kammer ist der Ansicht, dass in § 104 a Abs. 5 und 6 AufenthG eine abschließende Regelung über die Verlängerung einer nach der Altfallregelung erteilten Aufenthaltserlaubnis getroffen worden ist und deshalb jedenfalls eine erneute Überprüfung der in Abs. 1 und 2 vorgeschriebenen besonderen Integrationsvoraussetzungen ausscheidet. Denn in § 104 a Abs. 5 AufenthG finden sich umfangreiche und detaillierte Bestimmungen, die sich allein mit einem Aspekt der Integration, nämlich der Frage der überwiegenden Sicherung des Lebensunterhalts befassen, mit welchem das Ziel verfolgt wird, eine dauerhafte Zuwanderung in die Sozialsysteme zu verhindern (vgl. BT-Drs. 16/5065, S. 202 f.). Es widerspricht auch dem Sinn und Zweck der Bestimmungen der Altfallregelung im Rahmen der Verlängerung einer erteilten Aufenthaltserlaubnis ohne Veränderung der Sach- oder Erkenntnislage erneut in die Prüfung der ursprünglichen Erteilungsvoraussetzungen einzutreten. Denn mit diesen Bestimmungen wird dem Bedürfnis der seit Jahren im Bundesgebiet geduldeten und hier integrierten Ausländer nach einer dauerhaften Perspektive in Deutschland Rechung getragen (vgl. BT-Drs. 15/5065, S. 201 f.). Auch würde es den Grundsätzen der Bestandskraft, des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit widersprechen, bereits abschließend geprüfte und nicht mehr veränderbare Sachverhalte im Rahmen einer Verlängerungsentscheidung erneut zur Beurteilung zu stellen (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 29. Juni 2009 - 9 ME 49/09 - zu § 34 Abs. 3 AufenthG). Die Antragsgegnerin hätte insoweit lediglich die Möglichkeit, die frühere für rechtswidrig angesehene Entscheidung zurückzunehmen, wovon sie jedoch ausdrücklich (vgl. S. 3 der Bescheides vom 6. Dezember 2010) abgesehen hat."

Daher steht der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis auch nicht entgegen, dass § 104a Abs. 2 Satz 2 AufenthG an sich von vornherein nicht anwendbar war, weil der Kläger sich nicht - wie vorausgesetzt - sechs Jahre als unbegleiteter Minderjähriger in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten hat. Denn er ist erst im Alter von knapp 17 Jahren in die Bundesrepublik Deutschland eingereist (vgl. dazu OVG Magdeburg, Beschluss vom 13. August 2009 - 2 M 128/09 - juris; Funke/Kaiser in: GK-AufenthG Rn. 28 zu § 104a).

Dies gilt allerdings nur solange und soweit keine maßgebliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eintritt. Denn Vertrauensschutz und die Bestandkraft von Verwaltungsakten können nur bei gleichbleibenden Verhältnissen Geltung beanspruchen (vgl. VG Gießen, Beschluss vom 17. März 2011 - 7 L 2150/10.GI - juris, Rn 10; Funke-Kaiser a.a.O., Rn 96 zu § 104a; allgemein vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 1995 - 8 C 8.93 - NJW 1996, 737; Beschluss vom 1. Juni 2007 - 4 B 13.07 - juris, Rn. 3 f.).

Eine Änderung der Sachlage in Bezug auf die zu treffende Integrationsprognose ist dadurch eingetreten, dass der Kläger im Januar 2011 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 40 Tagessätzen verurteilt worden ist, was der Beklagten und dem Gericht erst nach der Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zur Kenntnis gelangt ist. Zwar sind im Hinblick auf den sich aus § 104 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG ergebenden Rechtsgedanken fahrlässig begangene Straftaten grds. nicht maßgeblich. Ist jedoch gleichzeitig eine Vorsatztat verwirklicht worden, kann diese berücksichtigt werden (vgl. dazu Funke-Kaiser a.a.O., Rn. 53 zu § 104 a). Dies führt dazu, dass nunmehr unter Heranziehung sämtlicher Umstände des Einzelfalles eine erneute Integrationsprognose zu treffen ist.

Hierbei ist zu berücksichtigen, ob aufgrund konkreter Umstände die begründete Annahme besteht, der Ausländer werde sich künftig in sozialer, wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht in die hiesigen Lebensverhältnisse einfügen. Dabei sind etwa die Kenntnisse der deutschen Sprache, das soziale Umfeld, das Vorhandensein eines festen Wohnsitzes und enger persönlicher Beziehungen zu dritten Person außerhalb der eigenen Familie, die Schul- und Berufsausbildung, die Ausübung von Erwerbstätigkeiten, das bürgerschaftliche Engagement, die Dauer des Aufenthalts, das Lebensalter im Zeitpunkt der Einreise in die Bundesrepublik und die Rechtstreue, insbesondere das Fehlen strafgerichtlicher Verurteilungen in den Blick zu nehmen (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 15. Juni 2010 - 8 LB 117/08 - Nds. Rpfl. 2010, 390 -; Beschluss vom 19. März 2010 - 8 ME 42/10 - juris, Rn. 2). Hierbei ist auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen; ob der Ausländer für ihn ungünstige Umstände insgesamt oder teilweise zu vertreten hat, ist grundsätzlich unerheblich (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 20. Dezember 2010 - 11 LA 480/10 -; Beschluss vom 24. März 2009 - 10 LA 377/08 - juris, Rn. 19)

Bei Anwendung dieser Grundsätze vermag das Gericht im Falle des Klägers keine positive Prognose zu stellen.

Zu seinen Gunsten ist zu berücksichtigen, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt jedenfalls überwiegend durch Erwerbstätigkeit sichern kann. Durch seine nunmehr bereits längere Tätigkeit als Koch hat er sich auch eine gewisse längerfristige berufliche Basis geschaffen. Dennoch kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass er in der Bundesrepublik Deutschland keinen Schulabschluss erworben und keine förmliche Berufsausbildung absolviert hat und er dementsprechend prekären im Niedriglohnsektor tätig sein muss. Seine wirtschaftliche Basis ist daher nicht gefestigt.

Wie die mündliche Verhandlung ergeben hat, ist das soziale Umfeld des Klägers weniger von den Lebensverhältnissen der hiesigen Mehrheitsgesellschaft geprägt. Seine Hauptbezugspersonen sind offenbar seine Schwester und deren Tochter. Nach seinen eigenen Angaben hat er kaum deutsche Freunde, sondern er pflegt hauptsächlich freundschaftliche Kontakte zu anderen Chinesen. Er hat zudem bisher in asiatischen Restaurants gearbeitet. Der Kläger hält sich zwar seit dem Jahr 2000 in der Bundesrepublik Deutschland auf. Sein Aufenthalt war jedoch lediglich von Mitte 2008 bis Ende 2009 rechtmäßig. Er ist zudem erst im Alter von knapp 17 Jahren in die Bundesrepublik Deutschland gelangt, so dass er seine wesentliche Sozialisation in seinem Heimatland erfahren hat. Dort hat er sich nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung nochmals im Jahre 2009 so lange aufgehalten, dass er dort eine Fahrerlaubnis erlangt hat.

Wie die mündliche Verhandlung ergeben hat, ist es auch heute nicht möglich mit dem Kläger ein umfangreicheres Gespräch in deutscher Sprache zu führen. Er konnte der mündlichen Verhandlung nicht immer ohne die Dolmetscherin folgen. Seine Äußerungen in deutscher Sprache blieben häufig undeutlich und beschränkten sich auf einfache Antworten auf die vom Einzelrichter gestellten Fragen. Das verständige Lesen eines Textes über seinen jetzigen Wohnort war ihm praktisch nicht möglich.

Der Kläger ist zudem im Jahre 2006 wegen Sachbeschädigung und Nötigung strafgerichtlich verurteilt worden und hat dabei eine nicht unerhebliche Gewalt gegen Sachen ausgeübt. In diesem Jahr ist er wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis belangt worden. Dass dem eine gewisse tatsächliche Zwangslage zu Grunde gelegen haben mag und der Kläger - wie er behauptet - in seinem Heimatland eine Fahrerlaubnis erworben hatte, vermag dem kein maßgeblich geringeres Gewicht zu geben, zumal hier von der Richtigkeit der strafgerichtlichen Verurteilung auszugehen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. November 2004 - 1 C 31.03 - BVerwGE 122, 193 <197>). Mit der gleichzeitig begangenen fahrlässigen Körperverletzung hat der Kläger insgesamt Geldstrafen in Höhe von 70 Tagessätzen erhalten und liegt damit über der nach § 104 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG maßgeblichen Grenze.

Von Bedeutung ist auch die frühere Identitätstäuschung des Klägers, die er auch noch nach seiner Volljährigkeit jahrelang aufrechterhalten hat. Ihr Gewicht wird dadurch, dass das Landeseinwohneramt Berlin mit Schreiben vom 9. April 2008 (Bl. 124 f. der VV) angeführt hat, dass diese nicht entgegengehalten werden soll, zwar gemindert. Der Kläger musste aber dennoch damit rechnen, dass auch dieser Umstand bei einer Änderung der Verhältnisse im Rahmen einer Gesamtschau wieder zu seinen Lasten berücksichtigt werden kann.

Die Abschiebungsandrohung im Bescheid der Beklagten vom 6. Dezember 2010 findet ihre rechtliche Grundlage in § 59 AufenthG.