Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 17.06.1991, Az.: 8 L 38/89
Ausschreibung; Landschaftsbau; Untersagung; Straßenbauerhandwerk; Handwerksuntersagung; Gartenbau
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 17.06.1991
- Aktenzeichen
- 8 L 38/89
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1991, 13124
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1991:0617.8L38.89.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Stade - 03.08.1989 - AZ: 1 VG A 32/87
- nachfolgend
- BVerwG - 30.03.1993 - AZ: BVerwG 1 C 26.91
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stade - 1. Kammer Lüneburg - vom 3. August 1989 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der beizutreibenden Beträge abzuwenden.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2) sind erstattungsfähig.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Beigeladene zu 2), ein Betrieb des Garten- und Landschaftsbaus, beteiligte sich im Jahre 1985 an einer Ausschreibung der Samtgemeinde Gellersen für die Außenanlagen einer Sporthalle in der Gemeinde Reppenstedt und erhielt den Zuschlag (Fachlos XIX: Außenanlage, Erd- und Pflasterarbeiten). Die gesondert ausgeschriebenen gärtnerischen Arbeiten wurden ebenfalls der Beigeladenen zu 2) übertragen. Insgesamt war eine Fläche von 4.600 qm zu bearbeiten, die sich in 2.400 qm Verkehrsflächen (Wege, Stellplätze) und 2.200 qm Grünflächen gliederte (siehe Angaben Bl. 53 Prozeßakte).
Die Klägerin, die die mit dem Fachlos XIX vergebenen Arbeiten als solche ansieht, die ausschließlich dem Straßenbauerhandwerk vorbehalten sind, verlangte unter dem 3. September 1986 von der beklagten Stadt, sie möge der Beigeladenen zu 2) den Betrieb des Straßenbauerhandwerks gemäß § 16 Abs. 3 HWO untersagen. Die Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 15. Oktober 1986 mit der Begründung ab, die Außenanlagen der Sporthalle Reppenstedt seien gärtnerisch geprägt. Die Beigeladene zu 2) sei als Unternehmen des Garten- und Landschaftsbaus befugt, auch die dabei anfallenden Pflasterarbeiten zu leisten. Den Widerspruch der Klägerin wies der Landkreis Uelzen mit Bescheid vom 20. Januar 1987 zurück.
Am 19. Februar 1987 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie hat vorgetragen, das Fachlos XIX habe abgesehen von der Aufstellung einiger Gartenbänke und der Verkleidung von Müllboxen ausschließlich Straßenbauarbeiten betroffen. Diese Arbeiten dürfe die Beigeladene zu 2) nicht durchführen. Überdies seien die Außenanlagen der Sporthalle Reppenstedt bei natürlicher Sicht nicht gärtnerisch geprägt. Es handele sich im wesentlichen um gepflasterte Gehwege und Parkplätze. Die Unerheblichkeitsgrenze für handwerkliche Arbeiten sei angesichts des Auftragsvolumens von ca. 175.000,-- DM überschritten.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 15. Oktober 1986 und des Widerspruchsbescheides des Landkreises Uelzen vom 20. Januar 1987 zu verpflichten, der Beigeladenen zu 2) die Ausübung des Straßenbauerhandwerks in ihrem Betrieb in Uelzen gemäß § 16 Abs. 3 HWO zu untersagen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, sie habe bei einer Besichtigung der Außenanlagen festgestellt, daß die gepflasterten Flächen in Grün- und Rasenflächen eingebettet seien. Nach dem Gesamtcharakter überwiege der gärtnerische Tätigkeitsbereich. Auf das Verhältnis der gepflasterten und begrünten Flächen oder die Kostenanteile komme es nicht an. Der gärtnerische Gesamtcharakter werde auch durch die getrennte Ausschreibung nicht berührt. Im übrigen habe der Umfang des Auftrags nur bei ca. 118.000,-- DM inklusive Mehrwertsteuer gelegen.
Die zu 1) beigeladene Industrie- und Handelskammer Lüneburg-Wolfsburg hat keinen Antrag gestellt, jedoch die Rechtsauffassung der Beklagten unterstützt.
Die Beigeladene zu 2) hat - ebenfalls ohne Antrag - vorgetragen, die Herstellung von Außenanlagen für Gebäude gehöre zum traditionellen Arbeitsbereich des Garten- und Landschaftsbaus. Dabei seien in heutiger Zeit regelmäßig Parkplätze mit anzulegen. Dies ändere nichts daran, daß die Herstellung der Gesamtanlage und die Einbindung in Landschaft oder Ortsbild Sache des Landschaftsgärtners sei. Der Auftrag brauche "grüne Arbeiten" nicht einmal zu enthalten. Es komme deshalb weder auf das Verhältnis der gepflasterten zu den begrünten Flächen noch auf die Kostenanteile der gärtnerischen Arbeiten im engeren Sinne an. Das Verlegen von Verbundsteinpflaster sei im übrigen nicht als wesentliche Tätigkeit des Straßenbauerhandwerks anzusehen.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage nach Ortsbesichtigung mit Urteil vom 3. August 1989 abgewiesen. Es hat ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Untersagungsverfügung gemäß § 16 Abs. 3 HWO seien nicht gegeben. Die Beigeladene zu 2) betreibe nicht das Straßenbauerhandwerk entgegen den Vorschriften der Handwerksordnung. Das Gewerbe des Garten- und Landschaftsbauers überschneide sich in Teilbereichen mit dem Straßenbauerhandwerk. Tätigkeiten in diesem Teilbereich seien dem Straßenbauerhandwerk nicht ausschließlich zugeordnet. Nach der Abgrenzungsvereinbarung des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes und des Bundesverbands Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau vom 9. Mai 1985 gehörten hierzu Wege- und Platzarbeiten in Freianlagen, soweit diese landschaftsgärtnerisch geprägt seien. Dies sei bei den Außenanlagen der Sporthalle Reppenstedt der Fall. Die Gesamtanlage stelle sich als eine von Wegen und Parkflächen durchsetzte Grünanlage dar.
Gegen dieses ihr am 28. August 1989 zugestellte Urteil richtet sich die am 19. September 1989 eingegangene Berufung der Klägerin. Sie trägt vor, die streitigen Wege- und Platzarbeiten seien wesentliche Teiltätigkeiten des Straßenbauerhandwerks und diesem ausschließlich zugewiesen. Pflasterarbeiten könnten von Betrieben des Garten- und Landschaftsbaus nur in typischen gärtnerischen Anlagen wie Parks, Friedhöfen oder Gartenanlagen mit einem Anteil von 5 v.H. bis 10 v.H. der Gesamtfläche durchgeführt werden. Dies sei auch in der Aufteilung der Fachlose zum Ausdruck gekommen. Im übrigen gehe die Abgrenzung der Berufsbilder nach optischen Gesichtspunkten fehl. Maßgeblich seien der Zweck der Anlage oder wirtschaftliche Kriterien wie das Umsatzvolumen und das Arbeitsvolumen.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Stade - 1. Kammer Lüneburg - vom 3. August 1989 nach ihrem Klagantrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, das Verwaltungsgericht habe zutreffend eine gärtnerische Prägung der Anlage festgestellt. Die Aufteilung der Fachlose oder das Auftragsvolumen ständen dem nicht entgegen.
Die Beigeladene zu 1) stellt keinen Antrag. Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Die Beigeladene zu 2) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, nach der obergerichtlichen Rechtsprechung (OVG Münster, Urt. v. 17. 3. 1986, GewArch 86, 37) und der Abgrenzungsvereinbarung vom 9. Mai 1985 könnten Wege- und Pflasterarbeiten von Garten- und Landschaftsbaubetrieben immer dann ausgeführt werden, wenn es sich - wie hier - um Freianlagen außerhalb öffentlich-rechtlich gewidmeter Verkehrsflächen handele.
Wegen des weiteren Sachverhalts wird ergänzend auf die Schriftsätze der Parteien sowie die Verwaltungsvorgänge der Stadt und des Landkreises Uelzen (Beiakten A, B) Bezug genommen.
II.
Die Berufung ist zurückzuweisen. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Voraussetzungen für eine Handwerksuntersagung gemäß § 16 Abs. 3 HWO sind nicht gegeben.
Nach § 16 Abs. 3 HWO kann die zuständige Behörde von Amts wegen oder auf Antrag der Handwerkskammer die Fortsetzung des selbständigen Betriebs eines Handwerks untersagen, wenn dieses entgegen den Vorschriften der Handwerksordnung ausgeübt wird. Der Senat vermag nicht festzustellen, daß die Beigeladene zu 2) mit der Herstellung der Außenanlagen der Sporthalle in Reppenstedt unter Verstoß gegen die Vorschriften der Handwerksordnung das Straßenbauerhandwerk ausgeübt hat.
Soll die Zugehörigkeit einer gewerblichen Tätigkeit zum Handwerk festgestellt werden, ist auf die Positivliste der Anlage A zur HWO und die sie ergänzenden Bestimmungen zurückzugreifen. Die Anlage A enthält eine abschließende Aufzählung der Gewerbe, die handwerksmäßig betrieben werden können. Sie beschränkt sich auf die Bezeichnung der handwerklichen Berufe. Auf eine nähere Bestimmung einzelner Arbeitsvorgänge oder Verrichtungen, die einem Handwerk zuzurechnen sind, hat der Gesetzgeber verzichtet. Dies beruht auf der Erkenntnis, daß das Handwerk wie das Erscheinungsbild der Wirtschaft insgesamt einem ständigen Wandel unterliegt. So können einzelne Zweige des Handwerks sich aus der handwerklichen Betriebsform lösen und zu anderen Betriebsformen überwechseln. Auch können sich die verarbeiteten Materialien und die Bearbeitungsmethoden ändern. Auch können neuartige Produktionsformen, die früher der industriellen Fertigung vorbehalten waren, Eingang in das Handwerk finden. Die Gesetzestechnik der Handwerksordnung erlaubt es, solchen Entwicklungen der Berufsbilder Rechnung zu tragen, ohne daß es einer Änderung der formalen Rechtslage bedarf. Bedenken aus verfassungsrechtlicher Sicht sind hiergegen nicht zu erheben (sog. dynamischer Handwerksbegriff, BVerwGE 25, 66, 70 f [BVerwG 16.09.1966 - I C 53/65]; Fröhler, Das Berufsbildsystem der Handwerksordnung, WiVerw 80, 57, 60, 76 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts).
Dieser mit dem dynamischen Handwerksbegriff umschriebene Anpassungsvorgang vollzieht sich allerdings in dem durch die Anlage A vorgegebenen gesetzlichen Rahmen. Zur Trennung oder Zusammenfassung der vorhandenen Berufsbilder bedarf es einer Änderung der Anlage A durch Rechtsverordnungen auf der Grundlage des § 1 Abs. 3 HWO. Die Bedeutung des dynamischen Handwerksbegriffs liegt deshalb vornehmlich in der Abgrenzung der Handwerke zueinander sowie gegenüber der Industrie. Zu einer Verzerrung der überkommenen und tatsächlich bestehenden Verhältnisse im ganzen darf er nicht führen (Fröhler, aaO, S. 78 f.). Die Handwerksordnung bezweckt den Bestandsschutz des Handwerks auf der Grundlage der herkömmlichen handwerklichen Berufsbilder. Sie erlaubt aber nicht, neue Tätigkeitsbereiche zu Lasten anderer, nicht handwerklicher Gewerbe mit Ausschließlichkeitscharakter in diesen Schutz einzubeziehen. Dies wäre mit dem Gesetzesvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG nicht zu vereinbaren (Berg, Gewerbefreiheit und Handwerksmonopol, GewArch 82, 73, 76).
Zur Bestimmung der Tätigkeiten, die im Rahmen eines Handwerks gemäß Anlage A zur Handwerksordnung handwerksmäßig ausgeführt werden können, kann nach einhelliger Auffassung auf die Berufsbilder und die Prüfungsvorschriften für die Meisterprüfung zurückgegriffen werden (BVerwG, Urt. v. 19. 8. 1986, GewArch 87, 126; vgl. auch Schwartz, Der Handwerksbegriff heute, GewArch 88, 4). Diese haben nicht die Funktion, Handwerke verbindlich voneinander und gegenüber nichthandwerklichen Gewerben abzugrenzen. Die verdeutlichen aber, von welchem Entwicklungsstand des Handwerks der Gesetzgeber bei der Fixierung des Berufsbilds für die Meisterprüfung ausgegangen ist, und sind daher ein unverzichtbares Hilfsmittel für die Gesetzesanwendung.
Das Berufsbild des Straßenbauerhandwerks (Gruppe I Nr. 7 der Anlage A zur Handwerksordnung) ergibt sich mittelbar aus der Straßenbauermeisterverordnung vom 2. September 1987 (BGBl I, 2135), die den bis dahin maßgeblichen Erlaß des Bundesministers für Wirtschaft vom 11. April 1958 abgelöst hat. Dem Straßenbauerhandwerk sind gemäß § 1 Abs. 1 VO vom 2. September 1987 zuzurechnen:
1. Planung, Herstellung und Instandsetzung von Verkehrsflächen, insbesondere von Straßen, Wegen und Plätzen, die dem Straßenverkehr zu dienen bestimmt sind, aus wasser-, bitumen-, teer-, zement- und kunststoffgebundenen Materialien, natürlichen und künstlichen Steinen und Platten einschließlich der Randbefestigungen sowie Holzpflaster; hierzu gehören auch Herstellung und Instandsetzung von Deck-, Trag- und Frostschutzschichten sowie von Bodenverfestigungen,
2. (nicht einschlägig)
3. Herstellung und Instandsetzung von Ver- und Entsorgungsleitungen und -anlagen, Verlegung von Erdkabel einschließlich Wiederherstellung der Deckschichten,
4. (nicht einschlägig)
5. Herstellung und Instandsetzung von Sport- und Spielanlagen,
6. Ausführung von Erdarbeiten einschließlich der Sicherungsmaßnahmen,
7. u. 8. (nicht einschlägig),
Die im Fachlos XIX bezeichneten Arbeiten lassen sich im wesentlichen diesen Tätigkeiten zuordnen. Sie dienten der verkehrsmäßigen Erschließung der Sporthalle Reppenstedt (Herstellung von Wegen und Parkplätzen für die Benutzer). Eine Ausnahme bilden Nr. 22 des 1. Bauabschnitts (Errichtung von drei Fahnenmasten) und Nr. 14 - 18 des 2. Bauabschnitts (Aufstellung einer Müllbox und von Gartenbänken, 20 m Böschungsabsicherung aus Palisadenholz).
Der Auffassung der Beigeladenen zu 2), der Tätigkeitsbereich des Straßenbauers beschränke sich auf die dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Verkehrsflächen, ist nicht zu folgen. Nach der Verordnung vom 2. September 1987 kommt es auf die Verkehrsbestimmung, nicht aber darauf an, ob der Benutzerkreis unbeschränkt oder beschränkt ist (vgl. auch OVG Münster, Urt. v. 5. 7. 1967, GewArch 68, 39 und OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 12. 11. 1987, THE "Straßenbauerhandwerk"). Die Verordnung vom 2. September 1987 unterscheidet auch nicht danach, ob die Deckschicht gepflastert, im Verbund verlegt oder auf sonstige Weise hergestellt wird (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 31, 32 VO v. 2. 9. 1987; zur Zugehörigkeit der Pflasterarbeiten zum Straßenbauerhandwerk BVerwG, Urt. v. 8. 6. 1962, THE "Straßenbauer" und BayObLG, Beschl. v. 25. 10. 1979, GewArch 80, 60; Berg, Gewerbefreiheit und Handwerksmonopol, GewArch 83, 73, 74).
Der Bau von Wegen und Parkplätzen ist auch zu den "wesentlichen Tätigkeiten" des Straßenbauerhandwerks i.S. des § 1 Abs. 2 HWO zu zählen. Wesentliche Tätigkeiten, Verrichtungen und Arbeitsweisen eines Handwerks sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts solche, die den Kernbereich gerade dieses Handwerks ausmachen und ihm sein essentielles Gepräge geben. Arbeitsvorgänge, die aus der Sicht des vollhandwerklich arbeitenden Betriebs dieser Sparte als untergeordnet und daher vom Typ her gesehen als unbedeutend oder unwesentlich erscheinen, vermögen die Annahme eines handwerklichen Betriebs nicht zu rechtfertigen (BVerwG, Urt. v. 23. 6. 1983, E 62, 277; Schwarz, aaO, S. 2). Die komplette Anlage von befahrbaren Wegen und Parkplätzen einschließlich der Kabelleitungen, der Regenabläufe und der Randbefestigungen schöpft die Bandbreite der handwerklichen Verrichtungen für diesen Teilbereich des Straßenbauerhandwerks aus. Sie verlangt eine Vielzahl von Kenntnissen und Fertigkeiten aus dem Kernbereich dieses Handwerks und kann nicht vom Typ her als peripher oder untergeordnet angesehen werden.
Stellen bestimmte Arbeitsvorgänge aus fachlich-technologischer Sicht wesentliche Tätigkeiten eines Handwerks dar, so bedeutet dies nicht stets und ohne weiteres, daß sie diesem Handwerk damit ausschließlich zugewiesen sind. Vielmehr kann es selbst dann, wenn eine solche Tätigkeit zum Berufsbild eines der in der Anlage A bezeichneten Gewerbes gehört, innerhalb der Handwerke wie auch im Verhältnis des Handwerks zu nichthandwerklichen Berufen Überschneidungen geben, die den Ausschließlichkeitsanspruch des Handwerks insgesamt oder eines bestimmten Handwerks im Verhältnis zu anderen Handwerken zurückdrängen. Ob dies der Fall ist, muß auf der Grundlage einer vergleichenden Betrachtung der in Rede stehenden Berufsbilder als sozio-ökomomischer beruflicher Einheiten ermittelt werden (Fröhler, aaO, S. 82). Soweit gesetzliche Regelungen eine Abgrenzung nicht zulassen, kommt es auf die Auffassung der beteiligten Wirtschaftskreise und letztlich auf die Verkehrsanschauung an.
Mit dem Verwaltungsgericht ist der Senat der Auffassung, daß sich in bezug auf Wege- und Platzarbeiten verschiedene Berufsbilder überschneiden. Denn solche Arbeiten gehören nicht nur zu den wesentlichen Tätigkeiten des Straßenbauerhandwerks, sondern dürfen auch sowohl von industriell arbeitenden Straßenbauunternehmen (vgl. dazu § 36 Abs. 1 iVm § 8 Ziffer 8 der Verordnung über die Berufsausbildung in der Bauwirtschaft vom 8. 5. 1974, BGBl I, 1167) als auch von dem nichthandwerklichen Gewerbe des Garten- und Landschaftsbaus ausgeführt werden. Letzteres folgt aus dem gesetzlich geregelten Berufsbild des Garten- und Landschaftsbauers, zu dem - ebenso wie zum Straßenbauerhandwerk - die Anlage von Wegen und Plätzen gehört (§ 5 Abs. 6 Nr. 7 der Verordnung über die Berufsbildung im Gartenbau vom 26. 6. 1972, BGBl I, 1027).
Die gleichzeitige Aufnahme eines Arbeitsvorgangs oder eines Gewerks, die zu den wesentlichen Tätigkeiten eines bestimmten Handwerks gehören, in das Berufsbild dieses Handwerks wie auch in nichthandwerkliche Berufsbilder hat für sich genommen allerdings noch nicht zur Folge, daß sie deswegen unbeschränkt in freier Konkurrenz zum Handwerk ausgeübt werden dürfen. Überschneiden sich ein industrielles und ein handwerkliches Berufsbild, so genießen die Vorschriften der Handwerksordnung vielmehr immer dann den Vorrang, wenn der Arbeitsvorgang oder das Gewerk in handwerksmäßiger Betriebsform selbständig ausgeübt wird. Als Unterscheidungsmerkmal versagt die Betriebsform hingegen, wenn sich ein handwerkliches Berufsbild mit dem eines nichthandwerklichen, typischerweise in Klein- oder Mittelbetrieben "handwerksmäßig" ausgeübten Gewerbes überschneidet. Sind beide Berufsbilder gesetzlich geregelt, spricht Überwiegendes dafür, daß Handwerk und nichthandwerkliches Gewerbe in dem sich überschneidenden Bereich der Berufsbilder in Konkurrenz treten dürfen, der Ausschließlichkeitsanspruch der Handwerksordnung also insoweit zurücktritt. Andernfalls entbehrte die gesetzliche Berufsbildbeschreibung der sachlichen Berechtigung (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 1. 6. 1983, GewArch 1984, 86).
Eine solche Konkurrenz besteht zwischen dem Straßenbauerhandwerk und dem nichthandwerklichen Gewerbe des Garten- und Landschaftsbaus in bezug auf Wege- und Platzarbeiten. Denn zum einen gehören diese Arbeiten, wie schon dargelegt, zum Berufsbild beider Gewerbe. Und zum anderen wird der Garten- und Landschaftsbau fast ausnahmslos von kleinen und mittelständischen Betrieben in "handwerksmäßiger" Form ausgeübt (Berg, aaO, S. 74). Der Betrieb der Beigeladenen zu 2) macht mit einer Personalstärke von 24 Betriebsangehörigen hiervon keine Ausnahme. Auch der Einsatz von Maschinen bei Erdarbeiten gibt diesem Betrieb kein anderes Gepräge, insbesondere kann nicht schon deswegen von einer industriellen Fertigung gesprochen und der Betrieb der Beigeladenen den Industriebetrieben zugeordnet werden.
Die aus der wirtschaftlichen und technischen Entwicklung und dem Wandel der gestalterischen Vorstellungen erwachsene Konkurrenz der ursprünglich auf gänzlich unterschiedliche Betätigungsfelder ausgerichteten Gewerbe der Straßenbauer einerseits und der Garten- und Landschaftsbauer andererseits hat zu dem Versuch der Spitzenverbände beider Gewerbe geführt, innerhalb der sich überschneidenden Teile der Berufsbilder zu Abgrenzungen zu gelangen. Das Ergebnis ist die Abgrenzungsvereinbarung des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes und des Bundesverbands Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau vom 9. Mai 1985 (GewArch 86, 64). Sie ordnet unter Nr. 1 a Wege- und Platzarbeiten für Verkehrsflächen, die dem Straßenverkehr zu dienen bestimmt sind, dem Straßenbauhandwerk zu. Dagegen können diese Arbeiten nach Nr. 2 b auch von den Unternehmen des Garten- und Landschaftsbaus ausgeführt werden "bei Neubau, Umbau und Renovierung von Freianlagen, auch Fußgängerzonen, soweit diese nicht unter 1 a - 1 e fallen und landschaftsgärtnerisch geprägt sind". Dabei ergibt eine am Sinn der Vereinbarung orientierte Auslegung, daß in Nr. 1 a zwar Verkehrsflächen jeglicher Art gemeint sind ("insbesondere"), jedoch mit Ausnahme der in Nr. 2 b bezeichneten Verkehrsflächen in landschaftsgärtnerisch geprägten Freianlagen. Wollte man der Nr. 1 a ausnahmslos jede Verkehrsfläche zuordnen, bliebe für die Regelung der Nr. 2 b kein Anwendungsbereich mehr.
Der Senat mißt der Vereinbarung vom 9. Mai 1985 keine selbständige Rechtsqualität bei. Insbesondere legt sie den Anwendungsbereich der Handwerksordnung nicht verbindlich fest. Sie widerspricht jedoch geltendem Recht nicht und kann darüber hinaus als authentische Beschreibung der von den beteiligten Gewerben gegenseitig gebilligten Besitzstände im Grenzbereich von Straßenbau und Garten- und Landschaftsbau gelten. Von der Maßgeblichkeit in diesem Sinne gehen sowohl die bisherige obergerichtliche Rechtsprechung (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 17. 3. 1986, GewArch 86, 294; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 12. 11. 1987, THE "Straßenbauerhandwerk"; Urt. d. erk. Sen. v. 29. 8. 1989 - 8 OVG A 65/87 -) als auch der Beschluß des Bund-Länder-Ausschusses "Handwerksrecht" vom 17. Dezember 1987 (BAnz Nr. 240) aus. Auch aus heutiger Sicht gibt es keine Anhaltspunkte dafür, daß die beteiligten Spitzenverbände die Reichweite der beiden Berufsbilder unzutreffend abgegrenzt haben. Es entspricht vielmehr der historischen Entwicklung des Garten- und Landschaftsbaus, daß die gärtnerische Gestaltung baugewerbliche Elemente einschließt (Nachweise bei OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 17. 3. 1986, aaO). Damit kann als gesichert gelten, daß bei landschaftsgärtnerischen Vorhaben nach Maßgabe der Vereinbarung vom 9. Mai 1985 beide Gewerbe bei Wege- und Platzarbeiten miteinander konkurrieren.
Zu entscheiden bleibt, ob die Außenanlagen der Sporthalle Reppenstedt als ein solches Vorhaben anzusehen sind. Der Senat folgt auch darin der Auffassung des Verwaltungsgerichts, das diese Frage bejaht hat. Auszugehen ist dabei von dem umfassenden Begriff der landschaftsgärtnerisch geprägten Freianlage. Im Blick auf das Berufsbild des Garten- und Landschaftsbaus sind darunter Freiflächen zu verstehen, deren Anlegung und Gestaltung insgesamt als landschaftsgärtnerisches Werk anzusehen ist (§ 14 Abs. 6 Satz 1 der Verordnung vom 26. 6. 1972, aaO). Es bedarf keiner Darlegung, daß dies auf größere Außenanlagen von Gebäuden zutreffen kann.
Ob eine solche Außenanlage eine landschaftsgärtnerische Prägung aufweist, sich also als landschaftsgärtnerisches Werk darstellt, läßt sich entgegen der Auffassung der Klägerin weder anhand eines Vergleichs der Größe der gärtnerisch angelegten, d.h. bepflanzten Flächenanteile mit den Wege- und Parkplatzflächen noch danach bestimmen, ob die Wege- und Platzarbeiten kostenaufwendiger waren als die gärtnerischen. Das Abstellen auf derartige berechenbare Einzelelemente vernachlässigt notwendig den Gesamtcharakter des Werks. Er bestimmt sich danach, ob der gestalterische Auftrag, nämlich die Einfügung des Bauwerks und seiner Nebenanlagen wie Wege und Parkplätze in die umgebende Gebietsstruktur mittels gärtnerischer oder in anderer Weise landschaftsgestaltender Komponenten, die Anlage bei objektiver Betrachtung bestimmt, oder ob sich die Anlage überwiegend als ein Werk des Wege- und Platzbaus darstellt, in das lediglich einige gärtnerische Anlagen ohne gestaltenden Eigencharakter eingefügt sind. Dabei mag es auch auf Größe und Zuordnung der begrünten und der baugewerblich bearbeiteten Flächen zueinander dann ankommen, wenn sie das äußere Erscheinungsbild der Anlage und die darin zum Ausdruck kommende Konzeption bestimmen. Beides hat jedoch lediglich eine Indizfunktion. Entscheidend ist, ob die örtlichen Gegebenheiten im Einzelfall Raum für eine Gestaltung der Anlage nach landschaftsgärtnerischen Gesichtspunkten zulassen und ob der Auftrag auf eine solche Gestaltung gerichtet ist. Läßt sich beides feststellen, kann auch dann von einer landschaftsgärtnerischen Prägung der Anlage ausgegangen werden, wenn erhebliche Flächenanteile der verkehrsmäßigen Erschließung dienen und entsprechend baugewerblich hergerichtet sind. Dies wird bei Außenanlagen von Freizeiteinrichtungen sogar regelmäßig der Fall sein und stellt eine zusätzliche Anforderung an den Gestalter dar, der die Verkehrsbedürfnisse mit dem gärtnerischen Element abzustimmen und in eine Gesamtlösung einzubeziehen hat. Die Klägerin verkennt diese berufstypische Aufgabenstellung des Garten- und Landschaftsbaus, wenn sie eine landschaftsgärtnerische Prägung nur bei einem Anteil der Wege und Plätze von höchstens 5 v.H. bis 10 v.H. anerkennen will. Eine Grenze ist erst erreicht, wenn die reinen Verkehrsflächen so weit überwiegen, daß die verbleibenden Grünflächen nur noch den Charakter von Verzierungen oder Auflockerungen haben. Eine Freianlage dieser Art stellt keine eigenständigen landschaftsgärtnerischen Aufgaben.
So liegt es hier indes nicht. Zwar nehmen die Zuwegungen und Stellplätze für die Benutzer der Sporthalle Reppenstedt nach dem Ausführungsplan des beauftragten Architekten (Anlage 2 zum Schriftsatz vom 16. 3. 1987) und den Arbeitsvorgaben des Fachloses XIX gut die Hälfte der Gesamtfläche ein. Die zur Begrünung vorgesehenen Flächen lassen jedoch genügend Möglichkeiten für eine landschaftsgärtnerische Gestaltung der Anlage. Diese erscheint insgesamt als eine Kombination von Grün- und Verkehrsflächen. Die Grünflächen, insbesondere der Spielrasen mit einer Fläche von allein 700 qm, haben nicht nur eine untergeordnete Nebenbedeutung. Sie setzen einen eigenständigen gestalterischen Akzent und verleihen der Gesamtanlage ein über das Straßenbauerhandwerk hinausweisendes landschaftsgärtnerisches Gepräge. Diese fällt deshalb in den Anwendungsbereich von Nr. 2 b der Vereinbarung vom 9. Mai 1985.
Dem steht auch nicht entgegen, daß das Fachlos XIX sich auf Kabelarbeiten erstreckte (Nr. 10, 11). In die ausschließliche Zuständigkeit des Straßenbauerhandwerks fallen nach Nr. 1 d der Vereinbarung vom 9. Mai 1985 nur Kabelleitungstiefbauarbeiten. Demgegenüber beschränkten die Kabelarbeiten des ersten Bauabschnitts bei der Sporthalle Reppenstedt sich auf die Herstellung von Gräben mit einem Querschnitt von 0,4 × 0,7 m. Sie sind damit dem Wegeunterbau zuzurechnen, der auch dem Garten- und Landschaftsbau obliegt (§ 5 Abs. 7 Ziffer 6 b Verordnung vom 26. 6. 1972).
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO iVm §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Senat läßt gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO die Revision zu, weil er für grundsätzlich klärungsbedürftig hält, nach welchen rechtlichen Maßstäben der materielle Geltungsbereich der Handwerksordnung bei sich überschneidenden, normativ festgelegten Berufsbildern handwerklicher und nicht handwerklicher Berufe zu bestimmen ist.
Dr. Schinkel
Dubslaff
Groepper