Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 05.03.1997, Az.: IX 325/92

Anrechnung von Einnahmen aus Kapitalvermögen; Auskunftsersuchen des Finanzamtes zu den Kaptaleinkünften der Kinder der Steuerpflichtigen; Ansammeln von Kapitalvermögen für die Kinder, um diesen die finanzielle Grundlage für ein Studium zu schaffen; Zurechnung von Zinsen aus festverzinslichen Schuldverschreibungen; Inhaber der Guthabenforderung bei Abschluss eines Sparvertrages zugunsten Dritter; Errichten von Konten durch die Eltern als Antragsteller und Vertreter der Kinder

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
05.03.1997
Aktenzeichen
IX 325/92
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1997, 17853
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1997:0305.IX325.92.0A

Fundstellen

  • DStRE 1997, 507-509 (Volltext mit amtl. LS)
  • NWB DokSt 1998, 214

Verfahrensgegenstand

Einkommensteuer 1989

Zurechnung von Zinsen bei den Kindern

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob den Klägern im Streitjahr 1989 Einnahmen aus Kapitalvermögen zuzurechnen sind.

2

Die Kläger sind Eheleute. Sie wurden im Streitjahr zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Der Kläger bezog als Ingenieur Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Klägerin war als Sparkassenkauffrau tätig. In ihrer Steuererklärung 1989 erklärten sie in der Anlage KSO folgende Einnahmen:

Zinsen aus Sparguthaben:135,82 DM / 202,41 DM
Bausparguthaben345,44 DM
3

Wegen des Sparer-Freibetrags von 600 DM und des Werbungskosten-Pauschbetrags von 200 DM ergaben sich daraus keine steuerpflichtigen Einkünfte. Der Steuerbescheid 1989 wurde bestandskräftig.

4

Im November 1990 ging beim Beklagten (das Finanzamt - FA -) eine Mitteilung des Bundesamtes für Finanzen ein, in der mitgeteilt wurde, daß die für den Sohn P (P.), geb. 1979, der Kläger aus Vergütungs-/Erstattungsanträgen bekannten Einnahmen aus Kapitalvermögen 1989 4.353,75 DM betragen haben. Eine entsprechende Mitteilung erging für den Sohn C (CH.), geb. 1983, über 2.768,75 DM.

5

Anschließend richtete das FA an die Kläger ein Auskunftsersuchen zu den Kaptaleinkünften ihrer Kinder, das die Kläger wie folgt beantworteten:

6

Nach den Depotauszügen habe P. 1989 5.011,25 DM, Ch. 3.246,25 DM Einnahmen aus Kapitalvermögen gehabt. Das Vermögen für P. sei ab 1980, das für Ch. ab 1984 aus Geldgeschenken angelegt worden. Die Erträge des Vermögens seien in andere Anlgagen investiert worden.

7

Der vorgelegte Depot-Eröffungsantrag für P. vom 17. Januar 1980, unterschrieben von beiden Klägern, lautet:

Depotinhaber:(Name und Anschrift des Sohnes)
Zeichnungsberechtigt:(Name der Kläger), hinter dem Namen der Klägerin handschriftlich, gestrichen: "Angest. d. KSK"
Es verfügen:(Name der Kläger) jeder für sich.
Erträgnisse:(Kontonummer eines Sparkontos)
8

Der Sparkonto-Eröffnungsantrag (Erträgniskonto, Endziffern 107) vom 13. September 1979 lautet:

Kontoinhaber:(Name und Anschrift des Sohnes)
gesetzliche Vertreter:(Name und Anschrift der Kläger)
Gläubiger der Einlage:kein Eintrag
9

In ähnlicher Weise lautet der ebenfalls von beiden Klägern unterschriebene Depot-Eröffnungsantrag des Sohnes Ch. vom 15. Mai 1984. Als Erträgniskonto wurde auch hier ein Sparkonto angegeben, das ebenfalls als Kapitalrückzahlungskonto vermerkt ist.

10

Der Eröffnungsantrag vom 31. Oktober 1983 für das Sparkonto (Endziffern 721) lautet:

Kontoinhaber:(Name und Anschrift des Sohnes)
gesetzliche Vertreter:(Name und Anschrift der Kläger)
Antragsteller, Kontoinhaber und Gläubiger sind identisch:keine Eintragung
Gläubiger der Einlage soll sein:keine Eintragung
Antragsteller, falls nicht zugleich Kontoinhaber:(angekreuzt, nachfolgend Name der Klägerin)
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Die vorgelegten Depotauszüge lauten auf den jeweiligen Depotinhaber, sind an die Kläger adressiert und tragen in der oberen Hälfte unter dem Namen des Depotinhabers den Zusatz: "Angestelltenkonto". Die Depots enthalten festverzinsliche Schuldverschreibungen mit folgenden Werten:

Depotauszug P. vom18. Januar 1989:66.000 DM (Nennwert)
15. Januar 1990:77.000 DM (Nennwert)
15. Januar 1991:78.800 DM (Nennwert)
Depotauszug Ch. vom18. Januar 1989:51.500 DM (Nennwert)
15. Januar 1990:62.500 DM (Nennwert)
15. Januar 1991:63.500 DM (Nennwert)
12

Im Verwaltungsverfahren legten die Kläger weitere Unterlagen vor:

13

Konto-Eröffnungsblatt für ein Sparkonto des Sohnes P. vom 28. Februar 1989 mit gesetzlicher Kündigungsfrist: Als Kontoinhaber ist der Name und die Anschrift des Sohnes eingetragen. Angekreuzt ist: "Gläubiger der Einlage ist der Kotoinhaber"; Gesetzlicher Vertreter: Name der Kläger; angekreuzt: Antragsteller, falls nicht zugleich Kontoinhaber.

14

Durch Änderungsbescheid vom 27. Juni 1991 rechnete das FA den Klägern insgesamt 8.257 DM Einnahmen aus Kapitalvermögen zu den bisher schon erklärten Zinserträgen hinzu. Der Einspruch blieb erfolglos:

15

Dagegen richtet sich die Klage.

16

Die Kläger tragen vor, das FA vermute zu Unrecht, aufgrund einer Eintragung der Klägerin auf den Eröffnungsunterlagen für ein Sparbuch, die Klägerin sei Inhaber dieser Forderung. nach Auskunft der Sparkasse gebe es keine andere Möglichkeit, ein Sparbuch auf den Namen der Kinder zu eröffnen. Die Kläger hätten ausdrücklich den Willen gehabt, die Sparbeiträge für ihre Kinder anzulegen. Dies sei der Sparkasse gegenüber auch dokumentiert worden. Die jeweiligen Erträge aus dem Depot und den Sparbüchern seien den Konten der Kinder gutgebracht und wieder angelegt worden. Unterhalt oder Anschaffungen seien mit den Erträgen nicht getätigt worden. Auch zur Finanzierung einer Immobilie seien die Mittel der Kinder nicht angegriffen worden.

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Sie - die Kläger - hätten aufgrund fehlender finanzieller Mittel nicht studieren können, weshalb sie bei der Geburt ihrer Kinder beschlossen hätten, durch Ansammeln von Kapitalvermögen für die Kinder diesen die finanzielle Grundlage für ein Studium zu geben. Die Geldbeträge stammten von der Großmutter, den Paten und anderen Verwandten. Kurz vor ihrem Tod habe die Großmutter beispielsweise noch einmal jedem Kind 10.000 DM geschenkt. Auch sie hätten zu bestimmten Anlässen den Kindern Geldgeschenke gemacht. Immer dann, wenn sich auf den Sparbüchern aus den Geschenken und Kapitalrückzahlungen nennenswerte Beträge angesammelt hätten, seien diese in andere, längerfristige Anlagen umgeschichtet worden.

18

Die Depots und Erträgsnissparbücher seien immer noch vorhanden. Die Depotwerte für P. beliefen sich zum 18. März 1996 auf 99.276 DM, die für Ch. auf 76.988 DM.

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Im Klageverfahren legten die Kläger die Ablichtung eines Eröffnungsantrags für ein Sparbuch auf den Namen des Sohnes P. vom 29. August 1991 vor. Danach ist der Sohn Kontoinhaber, die Kläger sind als gesetzliche Vertreter genannt. Die Klägerin ist als Antragstellerin bezeichnet. Es besteht Einzelverfügungsberechtigung.

20

In ähnlicher Weise waren bereits in den Jahren 1979 und 1989 Sparkonten mit 12-monatiger bzw. gesetzlicher Kündigungsfrist auf den Sohn P. angelegt worden. Auf dem Eröffnungsbogen ist angekreuzt: "Gläubiger der Einlage ist der Kontoinhaber".

21

Weiterhin wurde für P. am 21. Mai 1993 ein Sparkassenbrief über 2.500 DM erworben. Die Kaufabrechnung bezeichnet P. als "Sparkassenbriefgläubiger". Der Betrag wurde zu lasten des 1991 eingerichteten Sparkontos des P. gebucht. Als Gegenwertkonto wurde ebenfalls dieses Konto angegeben.

22

Im Januar 1994 eröffneten die Kläger für P. ein Sparkonto (Zuwachssparen), auf dem 10.000 DM für 6 Jahre festgelegt wurden. In der Spalte: "Abweichender Gläubiger der Einlage soll sein" findet sich kein Eintrag.

23

In vergleichbarer Weise wurden für den Sohn Ch. 1991 zwei Sparkonten und ein Zuwachssparvertrag eingerichtet sowie 1993 ein Sparkassenbrief gezeichnet.

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Die Kläger beantragen,

den Änderungsbescheid vom 27. Juni 1991 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. Juni 1992 aufzuheben.

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Das Finanzamt (FA) beantragt,

die Klage abzuweisen.

26

Die Kläger hätten bei der Errichtung der Depot- und Sparkonten klarstellen müssen, dass ihre Verfügungsberechtigung nur im Rahmen des elterlichen Sorgerechts bestehe (§§ 1626 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB -). Das sei nicht geschehen, weshalb ihnen die Erträge zuzurechnen seien. Es sei nicht im Einzelnen nachvollziehbar, wie die Kläger die Erträgnisse konkret wieder angelegt hätten, da die alten Sparbücher nicht hätten vorgelegt werden können.

Entscheidungsgründe

27

Die Klage ist begründet.

28

Der auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung gestützte Änderungsbescheid 1989 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, weil die nachträglich bekanntgewordenen Tatsachen nicht zu einer höheren Steuer führen. Das FA hat Einnahmen aus Kapitalvermögen zugerechnet, obwohl sie nicht Inhaber des Kapitalvermögens waren.

29

1.

Zur Zurechnung von Kapitalerträgen

30

Nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1989 führen Zinsen aus Anleihen ("Kapitalforderungen jeder Art") zu Einkünften aus Kapitalvermögen.

31

Einnahmen aus Kapitalvermögen bezieht, wer Kapitalvermögen gegen Entgelt zur Nutzung überläßt (BFH-Urteil vom 9. März 1982 VIII R 160/81, BFHE 136, 72, BStBl II 1982, 540, m.w.N.). Von diesen Grundsätzen ist der Große Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) im Beschluss vom 29. November 1982 GrS 1/81 (BFHE 137, 433, 438, BStBl II 1983, 272, 274; vgl. auch BFH, Urteil vom 18. Dezember 1986 I R 52/83 (BFHE 149, 440, 445, BStBl II 1988, 521, 524) ausgegangen. Das Schrifttum ist dieser Rechtsprechung weitgehend gefolgt (z.B. Blümich/Stuhrmann, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 13. Aufl.,§ 20 Rz. 27 ff.; Conradi in Litmann/Bitz/Hellwig, Das Einkommensteuerrecht, 15. Aufl., § 20 Rdnr. 15 ff.; Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 15. Aufl., § 20 Rdnr. 12 FF.; Harenberg/Irmer, Die Besteuerung privater Kapitaleinkünfte, 1993, Rdnr. 55 ff.; kritisch dazu Wassermeyer, Steuer und Wirtschaft - StuW - 1988, 283; ders. in Kirchhof/Söhn, EStG, § 20 Rdnr. B 11 ff., B 30, der in der Tatbestandsumschreibung der Rechtsprechung eine "Leerformel" sieht, die von der Literatur weitgehend unkritisch übernommen worden sei).

32

Der erkennende Senat folgt für den Streitfall der höchstrichterlichen Rechtsprechung mit der Maßgabe, dass Zinsen aus festverzinslichen Schuldverschreibungen demjenigen zuzurechnen sind, der im Zeitpunkt der Fälligkeit der Zinsen berechtigter Inhaber der Kapitalforderung ist (so bereits der I. Senat des BFH im Urteil vom 25. September 1968 I 52/64, BStBl. II 969, 18). Im Bereich der Einkünfte aus Kapitalvermögen ist anders als z.B. bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (BFH-Urteile vom 15. April 1986 IX R 52/83, BFHE 146, 415, 447, BStBl II 1986, 605; vom 7. Oktober 1986 IX R 167/83, BFHE 148, 501, 505, BStBl II 1987, 322; vom 7. April 1987 IX R 103/85, BFHE 150,124,127, BStBl II 1987, 707) nicht allein darauf abzustellen, wer die rechtliche und tatsächliche Macht hat, das den in § 20 Abs. 1 EStG genannten Kapitalerträgen zugrundeliegende Kapitalvermögen anderen entgeltlich auf Zeit zur Nutzung zu überlassen.

33

Bei einer Forderung aus einer Spareinlage oder einer Schuldverschreibung ist Inhaber der Kapitalforderung im Regelfall derjenige, der den Vertrag über die Eröffnung des Spar- oder Depotkontos oder den Kaufvertrag mit der Bank abgeschlossen hat. Nur dann, wenn der Vertrag zugunsten eines Dritten geschlossen wurde (§ 328 BGB), ist der Dritte, nicht der Kontoinhaber unmittelbar Gläubiger der Forderung.

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Nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte kommt es für die Frage, wer bei Abschluss eines Sparvertrages zugunsten Dritter Inhaber der Guthabenforderung wird, allein auf den für die Bank erkennbaren Willen dessen an, der den Sparvertrag zugunsten Dritter mit der Bank abschließt und die Einzahlung leistet (vgl. Urteile des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 20. November 1958 VII ZR 4/58, BGHZ 28, 368; vom 22./23. Juni 1965 III ZR 251/63, Wertpapier-Mitteilungen/Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht - WM - 1965, 897; vom 10. Oktober 1966 II ZR 290/63, WM 1966,1246; vom 9. November 1966 VIII ZR 73/64, BGHZ 46, 198; vom 9. Februar 1972 VIII ZR 128/70, WM 1972, 383; im gleichen Sinn BFH-Urteile vom 3. November 1976 VIII R 137/74, BFHE 120, 391, BStBl II 1977, 205; vom 1. Juli 1987 IR 284 - 286/83, BFH/NV 1988, 12). Die Bank geht den Vertrag über die Eröffnung eines Kontos (Sparbuch, Depot) in der Regel zugunsten desjenigen ein, den der Antragsteller für sie erkennbar berechtigen will, weil sie ihre Interessen durch Vereinbarung der eigenen Bankbedingungen wahrt, mit befreiender Wirkung grundsätzlich an jeden Inhaber des Sparbuchs oder den in den Eröffnungsunterlagen genannten Gläubiger des Guthabens oder der Kapitalforderung zu leisten (§§ 808, 362 BGB).

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Richten Eltern ein Spar- oder Depotkonto zugunsten eines minderjährigen Kindes ein, sind die Erträge dem Kind zuzurechnen, wenn die Eltern bei Abschluss des Vertrags über die Einrichtung des Kontos und bei der Einzahlung der Einlagen den Willen hatten, die Guthabenforderung dem Kind sofort zuzuwenden, und dieser Wille für die Bank erkennbar war (Urteil in BFHE 120, 391, BStBl II 1977, 205). Richten die Eltern zwar ein Konto auf den Namen eines Kindes ein, verwalten sie dieses Vermögen aber nicht entsprechend den bürgerlich-rechtlichen Vorschriften über die elterliche Vermögenssorge, sondern wie eigenes Vermögen, so sind die Zinsen den Eltern zuzurechnen (Urteil in BFHE 120, 393, BStBl II 1977, 206).

36

Die Darlegungslast hinsichtlich der Voraussetzungen für eine Besteuerung der Einnahmen bei den Eltern liegt insoweit beim beklagten FA, da es sich bei der Zurechnung um steuerbegründende Merkmale des Besteuerungstatbestands handelt.

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2.

Zur Zurechnung der Kapitalerträge bei den Eltern

38

Im Streitfall gehen die Beteiligten unstreitig davon aus, dass es sich bei den Einnahmen um Zinserträge aus den in den Wertpapierdepots der Kinder verwahrten und verwalteten Schuldverschreibungen handelt. Der Senat ist aufgrund der von den Klägern vorgelegten Unterlagen und ihren Erklärungen zur Entstehung des Kapitalvermögens und zur Verwendung der Erträge der Überzeugung, dass die Kläger nicht Inhaber der Depotvermögen sind und ihnen deshalb die daraus resultierenden Erträge nicht zugerechnet werden können.

39

Die Depotkonten wurden nicht als Verträge zugunsten Dritter (§ 328 BGB) eingerichtet. Vertragspartner der Sparkasse sind vielmehr die Kinder. Die Konten wurden von der Klägerin als Antragstellerin und Vertreterin der Kinder eingerichtet. Als Kontoinhaber wurden ausdrücklich die Kinder bezeichnet. Besondere Gläubigerabreden sind in den Eröffnungsblättern nicht getroffen. Im Verhältnis zwischen Bank und Kontoinhaber ist derjenige Gläubiger, der kraft des Bankvertrags vom Vertragspartner eine Leistung verlangen kann (§ 241 BGB) und der vom Kontoeinrichtenden für die Bank erkennbar als Gläubiger benannt wird. Das ist im Regelfall mangels anderer Abreden der Kontoinhaber (vgl. Müller-Brühl, Die Legitimationsprüfung und andere Steuerthemen für Banken, 8. Aufl. 1992, S. 25, Rdnr. 13 ff.). Im Streitfall ist demnach davon auszugehen, daß die Kinder der Kläger nicht nur Kontoinhaber, sondern auch Gläubiger des im Depot verwahrten und verwalteten Kapitalvermögens sind. Die Eröffnungsblätter lassen weder für die Bank noch für einen außenstehenden Dritten erkennen, daß die Eltern sich die Gläubigerschaft an den Wertpapieren und Kapitalforderungen vorbehalten haben.

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Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, daß die vorgelegten Depotauszüge mit dem Vermerk "Angestelltenkonto" versehen sind. Dieser Hinweis deutet nicht auf eine von den Eröffnungsblättern abweichende Gläubigerbestimmung hin, sondern belegt nur die Tatsache, daß die Depots gebührenfrei und u.U. provisionsermäßigt geführt werden. Aus dem Eröffnungsblatt für P. ist aus dem handschriftlichen, später gestrichenen Vermerk "Ang. d. KSK" zu entnehmen, daß die Klägerin Angestellte der Sparkasse war und deshalb die Konten und Depots aller Familienangehörigen gebührenfrei oder zumindest gebührenermäßigt geführt werden.

41

Der Wille der Kläger, daß Kapitalvermögen ausschließlich für ihre Kinder anzulegen und die Erträge in diesem Sinne zu verwalten wird auch aus den anderen Unterlagen deutlich. Sowohl die Erträgnissparbüber als auch andere Sparbücher und Sparverträge wurden von den Kindern, vertreten durch die Eltern, eingerichtet. Im Eröffnungsblatt der Erträgniskonten Endziffer 107 und 721 ist kein vom Kontoinhaber abweichender Gläubiger bezeichnet. Daraus ist zu schließen, daß die Erträge aus den Depotkonten auf Konten überwiesen wurden, für die ebenfalls die Kinder als Inhaber der Einlagenforderung anzusehen sind.

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3.

Zur Darlegungslast bei Zurechnung von Einnahmen aus Kapitalvermögen

43

Das FA hat zur Überzeugung des Senats nicht hinreichend bewiesen oder auch nur glaubhaft gemacht, daß die Kläger über die Erträgnisse in zurechnungsschädlicher Weise verfügt haben. Es verkennt die Bedeutung der Darlegungslast, wenn es von den Klägern verlangt, sie sollten über die Verwendung der Zinsen und ihre Wiederanlage wie ein Treuhänder Rechenschaft ablegen. Neben der Gläubigerschaft der Kläger gehört es zu den steuerbegründenden Tatbestandsmerkmalen des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG 1989, daß die Kläger über die Erträge nicht ausschließlich im Rahmen ihres Vermögenssorgerechts verfügt haben müssen, um ihnen die formal den Kindern zugewiesenen Erträge zurechnen zu können. Dafür aber hat das FA keine Tatsachen oder Anhaltspunkte vorgetragen. Vielmehr wird aus den weiteren von den Klägern vorgelegten Nachweisen über andere Kapitalanlagen in der Folgezeit (Sparbücher, Zuwachssparverträge und Sparkassenbriefe) deutlich, daß in jedem Fall die Kinder als Inhaber der jeweiligen Konten bzw. der Sparbriefe benannt sind, und keine vom Grundsatz "Kontoinhaber gleich Gläubiger" abweichende Vereinbarung mit der Bank getroffen wurde. Ferner ist zu berücksichtigen, daß die Depots der Kinder kontinuierlich angewachsen sind, häufig Schuldverschreibungen mit geringen Nennwerten, hin und wieder aber auch größere Nennwerte eingestellt wurden und die Depots noch heute vorhanden sind. Dies sind Indizien dafür, daß die Kläger nicht steuerschädlich über die Erträge und Kapitalrückflüsse verfügt haben. Dadurch wird zudem der Vortrag der Kläger über die Entstehung des Kapitalvermögens und die Verwendung der Erträge plausibel. Der klägerische Vortrag und die Indizien sind vom beklagten FA insoweit nicht erschüttert worden.

44

Somit ist davon auszugehen, daß nicht die Kläger, sondern ihre Kinder Inhaber des Kapitalvermögens waren und ihnen deshalb die streitigen Zinsen nicht als eigene Einnahmen zugerechnet werden dürfen.

45

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

46

Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozeßordnung.