Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 20.03.2023, Az.: 9 W 24/23

Versicherung Geschäftsführer; Gewerbeuntersagung; Inhaltliche Erfordernisse an die Versicherung des Geschäftsführers nach § 8 Abs. 3 GmbHG

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
20.03.2023
Aktenzeichen
9 W 24/23
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2023, 14479
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2023:0320.9W24.23.00

Verfahrensgang

vorgehend
AG Hannover - 22.02.2023 - AZ: 81 AR 304/23

Fundstellen

  • DStR 2023, 12
  • FGPrax 2023, 112-113
  • GmbH-Stpr. 2023, 244
  • NJW-Spezial 2023, 369
  • NZG 2023, 752-753
  • NotBZ 2024, 40-41
  • RNotZ 2023, 555
  • WM 2023, 1239-1240
  • WuB 2023, 331-332
  • ZIP 2023, 1076-1077

Amtlicher Leitsatz

Die nach § 8 Abs. 3, § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 GmbHG abzugebende Versicherung eines Geschäftsführers, keinem Berufs- oder Gewerbeverbot zu unterliegen, darf sich nicht auf eine für das Registergericht nicht überprüfbare eigene rechtliche Bewertung unter Wiedergabe des Gesetzestextes beschränken, sondern muss eine konkrete subsumierbare Tatsachendarstellung enthalten. Die Versicherung kann bspw. mit Hilfe einer umfassenden, jegliche Art von gerichtlicher oder behördlicher Berufs- und Gewerbeuntersagung betreffenden Formulierung erfolgen.

In der Handelsregister-Beschwerdesache betreffend die
... GmbH, ...,
Antragstellerin und Beschwerdeführerin,
Verfahrensbevollmächtigte:
U., ...,
hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... am 20. März 2023 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerden der betroffenen Gesellschaft vom 17. Februar 2023 (Bl. 6 d. A.) und 2. März 2023 (Bl. 14 d. A.) gegen das Anschreiben und die Zwischenverfügung des Amtsgerichts - Registergericht - Hannover vom 14. und 22. Februar 2023 (Bl. 5 und 13 d. A.) werden zurückgewiesen.

Die betroffene Gesellschaft hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 30.000 € festgesetzt (§ 105 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 GNotKG).

Gründe

I.

Die betroffene Gesellschaft begehrt ihre Eintragung in das Handelsregister. Das Registergericht hat zunächst mit einem Schreiben vom 14. Februar 2023 und anschließend mit einem weiteren, förmlich als Zwischenverfügung bezeichneten und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Schreiben vom 22. Februar 2023 die Auffassung vertreten, die Versicherung der Geschäftsführer nach § 8 Abs. 3 GmbHG sei im Hinblick auf 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 GmbHG mangels konkreter Angaben unzureichend und beschränke sich auf eine vom Registergericht nicht nachprüfbare rechtliche Würdigung.

Dagegen wendet sich die betroffene Gesellschaft mit ihren Beschwerden.

II.

1. Es kann dahinstehen, ob bereits das Schreiben vom 14. Februar 2023, das keine Rechtsbehelfsbelehrung, wohl aber eine Fristsetzung enthält, eine mit der Beschwerde anfechtbare Zwischenverfügung darstellt (vgl. Eickelberg in Sternal, FamFG, 21. Aufl. 2023, Rn. 33, m. w. N. zur Auslegung entsprechender Schreiben im Zweifel als förmliche Zwischenverfügung).

Jedenfalls das inhaltlich gleichgerichtete Schreiben vom 22. Februar 2023, gegen das die Antragstellerin vorsorglich erneut Beschwerde eingelegt hat, stellt eine förmliche Zwischenverfügung dar.

2. Die statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere frist- und formgerecht erhobene Beschwerde erweist sich jedoch aus den zutreffenden Erwägungen der angefochtenen Entscheidungen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, als unbegründet, weil die von den Geschäftsführern der betroffenen Gesellschaft abgegebenen Versicherungen im Hinblick auf § 8 Abs. 3, § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 GmbHG unzureichend sind.

Der Geschäftsführer einer GmbH hat zu versichern, nicht aufgrund eines gerichtlichen Urteils oder einer vollziehbaren Entscheidung einer Verwaltungsbehörde einen Beruf, einen Berufszweig, ein Gewerbe oder einen Gewerbezweig nicht ausüben zu dürfen, sofern der Unternehmensgegenstand ganz oder teilweise mit dem Gegenstand des Verbots übereinstimmt.

Die (wortgleichen) Versicherungen der Geschäftsführer der betroffenen Gesellschaft lauten wie folgt:

"Es liegen keine Umstände vor, aufgrund derer ich als Geschäftsführer nach § 6 Abs. 2 Satz 2 und 3 GmbHG von dem Amt als Geschäftsführer ausgeschlossen wäre: Geschäftsführer kann nicht sein, wer

...

b) aufgrund eines gerichtlichen Urteils oder einer vollziehbaren Entscheidung einer Verwaltungsbehörde einen Beruf, einen Berufszweig, ein Gewerbe oder einen Gewerbezweig nicht ausüben darf, sofern der Unternehmensgegenstand ganz oder teilweise mit dem Gegenstand des Verbots übereinstimmt,...".

Die Versicherungen der Geschäftsführer der betroffenen Gesellschaft enthalten im Streitfall insoweit mithin keine konkreten Angaben, sondern beschränken sich auf die Wiedergabe des Gesetzestextes mit der (eigenen) rechtlichen Bewertung, die tatsächlichen Voraussetzungen der wörtlich wiedergegebenen Vorschrift lägen nicht vor. Zumindest im Hinblick auf die Frage einer Gewerbeuntersagung ist die Versicherung der Geschäftsführer im Registerverfahren nicht im Wege einer Subsumtion überprüfbar. In dieser Hinsicht lässt die Formulierung bspw. auch den Schluss zu, dass gegen die Geschäftsführer womöglich zwar gerichtliche oder behördliche Untersagungen ergangen sind, diese aber (nach Auffassung der Versichernden) nicht - ganz oder teilweise - mit dem Unternehmensgegenstand der angemeldeten Gesellschaft übereinstimmen. Im Hinblick auf eine derartige Schlussfolgerung muss die Versicherung der Geschäftsführer jedoch dem Registergericht tatsächlichen Vortrag an die Hand geben, um eine solche rechtliche Würdigung selber treffen zu können (vgl. etwa OLG Schleswig, Beschluss vom 3. Juni 2014, 2 W 36/14, Rn. 23 f. nach juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 11. Juli 2011, 20 W 246/11, Rn. 20 ff. nach juris; Servatius in Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl. 2022, Rn. 16a zu § 8; Jaeger in BeckOK GmbHG, 54. Edition, Rn. 19 zu § 8; Altmeppen, GmbHG, 11. Aufl. 2023, Rn. 15 zu § 8).

Der abweichenden Auffassung, wonach die Formulierung, es lägen "keine Umstände vor, die der Bestellung nach § 6 Abs. 2 Satz 2 und 3 GmbHG entgegenstehen", als Versicherung nach § 8 Abs. 3 GmbHG zulässig und ausreichend sei (so OLG Stuttgart, Beschluss vom 10. Oktober 2012, 8 W 241/11, Rn. 11 nach juris; Herrler in Münchener Kommentar GmbHG, Rn. 74 zu § 8) vermag sich der Senat ebenso wenig anzuschließen wie das Registergericht. Insbesondere spricht der Beschluss des BGH vom 17. Mai 2010 (II ZB 5/10) entgegen der Auffassung des OLG Stuttgart nicht für eine solche Sichtweise. Der Entscheidung des BGH lag vielmehr ein Sachverhalt zugrunde, in welchem der Geschäftsführer versichert hatte, er sei "noch nie, weder im Inland noch im Ausland, wegen einer Straftat verurteilt worden". Eine derartige Versicherung ermöglicht (a maiore ad minus) die Schlussfolgerung, dass der Betreffende notwendigerweise auch nicht wegen einer der im Katalog des § 6 Abs. 2 GmbHG genannten Straftaten verurteilt worden ist. Die den bloßen Gesetzestext u. a. des § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 GmbHG wiedergebende, im Streitfall verwendete Formulierung steht dem gerade nicht gleich. Anders wäre es, wenn die Geschäftsführer versichert hätten, dass gegen sie keinerlei Gewerbeuntersagung vorliege: Eine solche Formulierung ließe ohne Weiteres auch den Schluss zu, dass dann auch keine Gewerbeuntersagung hinsichtlich eines mit der angemeldeten Gesellschaft übereinstimmenden Unternehmensgegenstandes vorliegen kann (vgl. die von Krafka, Registerrecht, 11. Aufl. 2019, Dritter Abschnitt, Handelsregister Abteilung B, Rn. 953, vorgeschlagene Formulierung: "auch wurde mir weder durch gerichtliches Urteil noch durch vollziehbare Entscheidung einer Verwaltungsbehörde die Ausübung eines Berufs, Berufszweigs, Gewerbes oder Gewerbezweigs untersagt, somit auch nicht im Bereich des Unternehmensgegenstandes der Gesellschaft").

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG.

Der Senat hat die Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 Satz 1 FamFG zugelassen. Die Frage, ob für die vom Geschäftsführer nach § 8 Abs. 3 GmbHG abzugebende Versicherung die Wiedergabe des Gesetzestextes der betroffenen Normen genügt, ist von grundsätzlicher Bedeutung, wobei hierzu in der obergerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur, wie oben ausgeführt, unterschiedliche Auffassungen vertreten werden.