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  • ab 28.09.2023 (aktuelle Fassung)

Abschnitt 7 RFlUDRdErl - Schlachttieruntersuchung

Bibliographie

Titel
Durchführung der amtlichen Schlachttier- und Fleischuntersuchung - Rotfleisch -
Redaktionelle Abkürzung
RFlUDRdErl,NI
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
78560

Vor der Schlachtung sind nach Artikel 11 der Durchführungsverordnung (EU) 2019/627 alle Tiere einer Schlachttieruntersuchung durch den amtlichen Tierarzt zu unterziehen. Amtliche Fachassistenten können hierbei unterstützen und eine erste Untersuchung vornehmen. Die Erteilung der Schlachterlaubnis obliegt dem amtlichen Tierarzt. Die Schlachttieruntersuchung ist innerhalb von 24 Stunden nach Ankunft der Tiere im Schlachthof und innerhalb von 24 Stunden vor der Schlachtung durchzuführen.

Durch die Schlachttieruntersuchung prüft der amtliche Tierarzt insbesondere, ob Anzeichen dafür vorliegen, dass im Haltungsbetrieb oder auf dem Transport zum Schlachthof gegen Tierschutzvorschriften verstoßen wurde oder dass das Tier sich in einem Zustand befindet, der die Gesundheit von Mensch oder Tier beeinträchtigen kann, wobei Zoonosen und Krankheiten, die Gegenstand tierseuchenrechtlicher Vorschriften der Europäischen Union sind, besonders zu berücksichtigen sind.

Zusätzlich zur routinemäßigen Schlachttieruntersuchung hat der amtliche Tierarzt eine klinische Untersuchung derjenigen Tiere durchzuführen, die der Lebensmittelunternehmer oder ein amtlicher Fachassistent nach Artikel 3 Abs. 1 Buchst. a, ii Delegierte Verordnung (EU) 2019/624 der Kommission vom 8. 2. 2019 mit besonderen Bestimmungen für die Durchführung amtlicher Kontrollen der Fleischerzeugung sowie von Erzeugungs- und Umsetzgebieten für lebende Muscheln gemäß der Verordnung (EU) 2017/625 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. EU Nr. L 131 S. 1), zuletzt geändert durch Delegierte Verordnung (EU) 2022/ 2258 der Kommission vom 9. 9. 2022 (ABl. EU Nr. L 299 S. 5), ausgesondert hat.

7.1
Schlachttieruntersuchung im Herkunftsbetrieb

Gemäß Artikel 5 der Delegierten Verordnung (EU) 2019/624 kann die zuständige Behörde gestatten, dass die Schlachttieruntersuchung im Herkunftsbetrieb durchgeführt wird. Das Ergebnis der Schlachttieruntersuchung im Herkunftsbetrieb hat der amtliche Tierarzt anhand der Gesundheitsbescheinigung gemäß Anhang IV Kapitel 1 der Durchführungsverordnung (EU) 2020/2235 zu dokumentieren. Die Bescheinigung muss das Schlachttier während des Transports begleiten oder vorab übermittelt werden.

Das im Herkunftsbetrieb untersuchte Tier ist am Schlachthof unter Berücksichtigung der Gesundheitsbescheinigung sowie der Informationen zur Lebensmittelkette und auf seine Identität hin vom amtlichen Tierarzt oder vom amtlichen Fachassistenten zu prüfen. In einem Screening ist zudem zu prüfen, ob die tierschutzrechtlichen Bestimmungen eingehalten wurden und keinerlei Anzeichen eines Zustandes vorliegen, der sich nachteilig auf die Gesundheit von Mensch und Tier auswirken könnte.

Nach Artikel 5 Abs. 4 Delegierte Verordnung (EU) 2019/624 gilt die Gesundheitsbescheinigung maximal drei Tage, ansonsten muss eine erneute Schlachttieruntersuchung im Herkunftsbetrieb durchgeführt und eine neue Bescheinigung ausgestellt werden. Werden Tiere mit einer mehr als drei Tage alten Bescheinigung am Schlachthof angeliefert, ist dort eine erneute vollständige Schlachttieruntersuchung durchzuführen. Auf Artikel 3 Abs. 4 Satz 1 der Verordnung (EWG, EURATOM) Nr. 1182/71 des Rates vom 3. 6. 1971 zur Festlegung der Regeln für die Fristen, Daten und Termine (ABl. EG Nr. L 124 S. 1) hinsichtlich der Verschiebung von Fristen durch Sonnabende sowie Sonn- und Feiertage wird hingewiesen.

7.2
Schlachttieruntersuchung bei Notschlachtungen

Auf dem Transport frisch verunfallte Tiere können im Schlachthof notgeschlachtet werden. Der Schlachthofbetreiber hat dabei die Einhaltung der Anforderungen gemäß Anhang III Abschnitt I Kapitel IV Nr. 2 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 sicher zu stellen.

Der amtliche Tierarzt prüft die Einhaltung dieser Verpflichtung.

Gemäß Artikel 43 Nr. 3 Durchführungsverordnung (EU) 2019/627 darf für kranke Tiere keine Schlachterlaubnis erteilt werden (vgl. Nummer 7.3 dieses RdErl.)

Im Falle außerhalb des Schlachthofes notgeschlachteter Tiere ist der zwingend vorzulegende Begleitschein gemäß Anhang IV Kapitel 5 der Durchführungsverordnung (EU) 2020/2235 zu prüfen und eine Plausibilitätsprüfung der Angaben durchzuführen und sind ggf. Maßnahmen bei Abweichungen einzuleiten. Die Dokumentation erfolgt mit dem in der Anlage des Bezugserlasses veröffentlichten "Zusatzdokument zur Plausibilitätsprüfung der Angaben nach Nummer 5 Abs. 3 der Veterinärbescheinigung nach Anhang IV Kapitel 5 der Durchführungsverordnung (EU) 2020/2235".

7.3
Entscheidungen aufgrund der Ergebnisse der Schlachttieruntersuchung

Bezüglich der Entscheidung hinsichtlich der Schlachterlaubnis stehen folgende Optionen zur Verfügung:

  • "erteilt", wenn alle erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind,

  • "mit Auflagen erteilt", wenn Feststellungen bei der Schlachttieruntersuchung Abweichungen vom normalen Schlachtablauf notwendig machen,

    (beispielhafte, nicht abschließende Nennung möglicher Auflagen:

    • Änderung der Schlachtreihenfolge,

    • Nachforderung von Dokumenten, z. B. Lebensmittelketteninformation,

    • Reduzierung der Bandgeschwindigkeit,

    • weitergehende Untersuchungen),

  • "nicht erteilt", wenn Feststellungen bei der Schlachttieruntersuchung eine Schlachtung nicht zulassen,

    (beispielhafte, nicht abschließende Aufzählung möglicher Gründe:

    • fehlender Identitätsnachweis,

    • fehlende Lebensmittelketteninformation,

    • fehlerhafter Equidenpass,

    • Vorstellung mit Ersatzequidenpass,

    • Verdacht auf Rückstände von Tierarzneimitteln oder verbotenen Stoffen,

    • Zoonoseverdacht,

    • Verdacht auf das Vorliegen einer anzeigepflichtigen Tierseuche,

    • vorliegende Tötungsanordnung (z. B. Seuchenbekämpfung),

    • Kachexie,

    • systemische Krankheit (Fieber),

    • Zurückbleiben/Kümmern,

    • dauerhaft gestörtes Allgemeinbefinden,

    • Polyarthritiden,

    • multiple Abszesse).

Bei Durchführung der Schlachttieruntersuchung im Herkunftsbetrieb sind folgende Entscheidungen in Bezug auf die Schlachterlaubnis zu treffen bzw. zu berücksichtigen:

  • erste Entscheidung im Herkunftsbetrieb (Ausstellung der Gesundheitsbescheinigung),

  • zweite Entscheidung am Schlachthof (Prüfung der Gesundheitsbescheinigung, der Identität der Tiere und Screening).

Über die Erteilung der Schlachterlaubnis ist entsprechend den o. g. Kriterien zu entscheiden.

7.4
Maßnahmen bei der Feststellung von Verstößen gegen Tierschutzbestimmungen im Rahmen der Schlachttieruntersuchung

Tierschutzrelevante Verstöße sowie ggf. bereits veranlasste Abhilfemaßnahmen sind in geeigneter Form von der ersten Feststellung bis zum Abschluss der Untersuchungen zu dokumentieren (Daten, Fotos, Zeugen) und der für die Umsetzung von Maßnahmen zuständigen Stelle innerhalb der eigenen Behörde zuzuleiten. Diese informiert die für den Herkunftsbetrieb und/oder das Transportunternehmen zuständige Behörde.

Stellt der amtliche Tierarzt oder der amtliche Fachassistent fest, dass bei einem angelieferten Schlachttier erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden vorliegen, ist das Tier ohne ungerechtfertigte Verzögerung der Schlachtung oder Nottötung zuzuführen.

Sofern der festgestellte Tierschutzverstoß zum Zeitpunkt der Feststellung nicht mehr zu beseitigen ist, sollen die Maßnahmen wirksam und geeignet sein, zukünftige Verstöße gegen Tierschutzbestimmungen zu verhindern.

Die Kontrollvorgaben sowie die entsprechenden Maßnahmen im Schlachthof werden im "Handbuch Tierschutzüberwachung bei der Schlachtung und Tötung" in Kapitel E und F beschrieben. Das Handbuch steht auf der Internetseite des Friedrich-Loeffler-Institutes zum Download bereit.

Außer Kraft am 1. Januar 2029 durch Nummer 12 des RdErl. vom 27. September 2023 (Nds. MBl. S. 698)