Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 02.07.1999, Az.: 4 U 163/98

Aufrechnung der persönlichen und wirtschaftlichen Leistungen der Partner einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft; Ausgleichsanspruch nach den Vorschriften über die bürgerlich-rechtliche Gesellschaft bei Partnern einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft ; Räumliche und wirtschaftliche Trennung der Partner einer nicht ehelichen Ehegemeinschaft

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
02.07.1999
Aktenzeichen
4 U 163/98
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1999, 19640
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1999:0702.4U163.98.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Lüneburg - 26.06.1998 - AZ: 3 O 1/98

Fundstelle

  • OLGReport Gerichtsort 2000, 25-26

In dem Rechtsstreit
hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die mündliche Verhandlung vom 11. Juni 1999
durch
den Vorsitzenden Richter ... sowie
die Richter ... und ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 26. Juni 1998 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer beträgt für die Beklagte 18.441,60 DM.

Tatbestand

1

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.

2

Der Kläger hat gegen die Beklagte gemäß § 426 Abs. 1, Abs. 2 i. V. m. § 607 BGB gegen die Beklagte einen Ausgleichsanspruch in Höhe von 18.441,60 DM.

3

I.

Die Entscheidung des Landgerichts entspricht den Grundsätzen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (FamRZ 1996, 1141; Urteil vom 25. September 1997 - II ZR 269/96).

4

Bei einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft stehen die persönlichen Beziehungen derart im Vordergrund, dass sie auch das die Gemeinschaft betreffende vermögensmäßige Handeln der Partner bestimmen und daher nicht nur in persönlicher, sondern auch in wirtschaftlicher Hinsicht keine Rechtsgemeinschaft besteht. Wenn die Partner nicht etwas Besonderes unter sich geregelt haben, werden dementsprechend persönliche und wirtschaftliche Leistungen nicht gegeneinander aufgerechnet (BGHZ 77, 55, 58 [BGH 24.03.1980 - II ZR 191/79] = FamRZ 1980, 664). Ein Ausgleichsanspruch nach den Vorschriften über die bürgerlich-rechtliche Gesellschaft kann allerdings bestehen, wenn die Partner einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten einen entsprechenden Gesellschaftsvertrag geschlossen haben. Auch wenn ein ausdrücklich oder stillschweigend geschlossener Gesellschaftsvertrag nicht vorliegt, bejaht die Rechtsprechung die Möglichkeit, im Bereich der nicht ehelichen Lebensgemeinschaft u. U. gesellschaftsrechtliche Grundsätze anzuwenden. Das gilt auch für den Fall, dass beide Partner in nicht ehelicher Lebensgemeinschaft durch gemeinsame Leistungen zum Bau und zur Erhaltung eines zwar auf den Namen des einen Partners eingetragenen, aber als gemeinsames Vermögen betrachteten Anwesens beigetragen hatten. Mindestvoraussetzung dafür, derartige Regeln in Betracht zu ziehen, ist aber, dass die Parteien überhaupt die Absicht verfolgt haben, mit dem Erwerb des Vermögensgegenstandes einen - wenn auch nur wirtschaftlich - gemeinschaftlichen Wert zu schaffen, der von ihnen für die Dauer der Partnerschaft nicht nur gemeinsam genutzt werden würde, sondern ihnen nach ihrer Vorstellung auch gemeinsam gehören sollte. Der Grundsatz, dass die Partner einer gescheiterten nicht ehelichen Lebensgemeinschaft in der Regel ihre persönlichen und wirtschaftlichen Leistungen nicht gegeneinander aufrechnen können, steht der Annahme entgegen, das Scheitern der nicht ehelichen Lebensgemeinschaft lasse die Geschäftsgrundlage für die bisher erbrachten Leistungen entfallen.

5

Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung hat das Landgericht hier zutreffend ausgeführt, dem Kläger stehe gemäß § 426 i. V. m. § 607 BGB ein Ausgleichsanspruch in Höhe der Hälfte der von ihm aufgewendeten Leistungen für Tilgung und Zinsdienste des Darlehens zu. Der Kläger hat als Gesamtschuldner von seinem Konto Leistungen auf das Darlehen erbracht, was auch von der Beklagten ernsthaft nicht in Abrede genommen wird. Er kann insoweit Rückgriff bei der Beklagten als weiterer Gesamtschuldnerin nehmen. Zutreffend hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass die Frage, ob tatsächlich eine nicht eheliche Lebensgemeinschaft bestanden habe, dahingestellt bleiben könne, da hier auf Grund der Besonderheiten des Falles ein Ausgleichsanspruch des Klägers auch bei Bestehen einer, nicht ehelichen Lebensgemeinschaft besteht. Die Parteien haben durch den gemeinsamen Erwerb der zweiten Doppelhaushälfte einen gemeinsamen Vermögenswert geschaffen, den sie nicht zum eigenen Bewohnen benutzt haben, sondern zur Erzielung von Mieteinnahmen. Sie haben an der zweiten Miteigentumshälfte ideelles Miteigentum erworben und den Darlehensvertrag bei der bank auch jeweils als Darlehensnehmer unterschrieben. Die Parteien haben sich in dem Verfahren 8 O 17/84 wechselseitig auf Auskunft und Rechnungslegung hinsichtlich der erzielten Mieteinnahmen in Anspruch genommen. Die Parteien haben hier insbesondere im Hinblick auf den erheblichen wirtschaftlichen Wert des Grundstückes Aufwendungen getätigt, die über den normalen Rahmen üblicher Zuwendungen und wechselseitiger Beiträge zum Bestreiten der nicht ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgehen.

6

Soweit die Beklagte vorträgt, die vom Konto des Klägers an die ... bank geflossenen Zahlungen seien tatsächlich von einem gemeinsamen Konto genommen worden, der Kläger habe auch Einnahmen aus den beiden Fischverkaufswagen auf sein Konto geleitet, ist der Vortrag der Beklagten ohne Substanz. Sie teilt die Kontonummer des angeblich gemeinsamen Kontos nicht mit und legt keinerlei Unterlagen vor, aus denen sich die Richtigkeit ihrer Behauptung ergeben könnte, der Kläger habe Gelder von diesem gemeinsamen Konto unberechtigt entnommen oder aber Einnahmen aus den beiden Fischverkaufswagen auf sein Konto umgeleitet. Ansprüche des Klägers sind nicht verwirkt. Auch wenn er seine Ausgleichsansprüche erstmals im Jahre 1990 geltend macht, so reicht allein ein derartiger Zeitablauf nicht aus, auch das sog. Umstandsmoment als Voraussetzung der Verwirkung zu erfüllen. Die Beklagte hat keinerlei Anhaltspunkte vorgetragen, auf Grund derer sie berechtigterweise davon ausgehen durfte, der Kläger werde seine Ausgleichsansprüche auch in Zukunft nicht geltend machen. Allein der vorgetragene Zeitablauf reicht für dieses sog. Umstandsmoment nicht aus.

Entscheidungsgründe

7

II.

Selbst wenn wegen der ideellen gemeinsamen Haushälfte auf Grund der streitigen, von der Beklagten aber behaupteten nicht ehelichen Lebensgemeinschaft keine Ausgleichsansprüche bestünden, so setzt nach der Rechtsprechung sowohl im Rahmen einer ehe- wie im Rahmen einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft die Ausgleichspflicht dann auch ohne besondere Geltendmachung im Fall der dauernden Trennung wieder ein, weil von diesem Zeitpunkt an der Gedanke der "Ein-Topf-Wirtschaft" nicht mehr greift. In dem Vorprozess 8 O 17/84 LG Lüneburg hat die Beklagte als damalige Klägerin einen Auskunftsanspruch mit Abrechnung über Mieteinnahmen beginnend mit dem 1. Juli 1980 mit der Begründung verlangt, die Parteien hätten sich am 30. Juni 1980 räumlich und wirtschaftlich getrennt. Damit steht dem Kläger ein Ausgleichsanspruch wegen seiner Leistungen ab Mitte 1980 auch dann zu, wenn die Parteien früher in einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft verbunden gewesen wären. In den Vorprozessen betreffend die Ausgleichsbeträge von 5.000,00 DM und 6.000,00 DM ist ausgehend von dem Gesamtbetrag von 58.441,60 DM bereits ein erstrangiger Ausgleichsanspruch wegen der Leistungen des Klägers in Höhe von 22.000,00 DM rechtskräftig zuerkannt. Damit ist aber der erste Zeitraum bis Mitte 1980 längst rechtskräftig entschieden, denn die Leistungen des Klägers von 1977 bis Ende 1980 erreichen nicht einmal den Betrag von 22.000,00 DM. Der nach Rechtskraft der Vorentscheidungen im jetzigen Rechtsstreit noch geltend gemachte Ausgleichsbetrag für Leistungen von gut 36.000,00 DM betrifft demgemäß nur noch den Zeitraum, in dem auch nach der Darstellung der Beklagten jedenfalls hinsichtlich des Hauses nicht mehr gemeinsam gewirtschaftet wurde und wegen dessen sie selbst im Rechtsstreit 8 O 17/84 LG Lüneburg aus Ausgleichspflicht des Klägers wegen der Mieteinnahmen behauptet hat.

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III.

Die von der Beklagten erstmals in der Berufungsinstanz geltend gemachte hilfsweise Aufrechnung mit Mietzinsansprüchen gegen den Kläger ist gemäß § 530 Abs. 2 ZPO nicht zulässig. Der Kläger hat der Aufrechnung bereits widersprochen, sie ist auch nicht sachdienlich, da der Kläger die Aufrechnungsforderung der Beklagten der Höhe nach bestritten hat.

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IV.

Die Zinsforderung des Klägers ergibt sich in Höhe von 4% aus den §§ 284, 286, 286 BGB. Den darüber hinaus geltend gemachten Zinssatz hat der Kläger durch die in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgelegten Bestätigung der Volksbank Uelzen-Bevensen eG vom 10. Juni 1999 nachgewiesen.

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Die Nebenentscheidungen im Übrigen ergeben sich aus § 97 Abs. 1, § 708 Nr. 10, §§ 711; 713, § 546 Abs. 2 ZPO.

Streitwertbeschluss:

Der Wert der Beschwer beträgt für die Beklagte 18.441,60 DM.